JudikaturJustizRS0096159

RS0096159 – OGH Rechtssatz

Rechtssatz
17. Januar 2018

Das Berufungsgericht darf nach Aufhebung eines freisprechenden Urteils - aus welchen Gründen immer - nur dann in der Sache selbst entscheiden, wenn es im Urteil die Tatsachen, die bei richtiger Anwendung des Gesetzes dem Erkenntnis zugrunde zu legen wären, nach einem mängelfreien Verfahren mit unbedenklicher Begründung festgestellt findet. Andernfalls muß es - von dem im § 470 Z 3 StPO geregelten Fall abgesehen - in der Berufungsverhandlung, die den Charakter einer neuen, mit erhöhten Garantien für die Ermittlung der Wahrheit und des Rechts ausgestatteten Hauptverhandlung hat, den Grundsätzen der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit gemäß, das vom Erstgericht durchgeführte Beweisverfahren wiederholen und ergänzen. Dies ergibt sich schon aus der Erwägung, daß eine Prozeßpartei, die durch die Entscheidung erster Instanz nicht beschwert wurde und daher kein Anfechtungsrecht hatte, nicht schlechter gestellt werden darf als jene Prozeßpartei, gegen die schon in erster Instanz ein (schuldigsprechendes) Urteil ergangen ist und die daher in der Lage war, eine Verfahrensrüge und Mängelrüge zu erheben. Nur so kommt das Gericht seiner im § 3 StPO niedergelegten Verpflichtung zur Erforschung der materiellen Wahrheit nach.

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8