JudikaturJustizBsw35030/13

Bsw35030/13 – AUSL EGMR Entscheidung

Entscheidung
19. Oktober 2017

Kopf

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Kammer V, Beschwerdesache Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH Co. KG gg. Deutschland, Urteil vom 19.10.2017, Bsw. 35030/13.

Spruch

Art. 10 EMRK - Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht iZm. Unterstellung, Mitglied der Mafia zu sein.

Zulässigkeit der Beschwerde (einstimmig).

Keine Verletzung von Art. 10 EMRK (6:1 Stimmen).

Text

Begründung:

Sachverhalt:

Im September 2008 veröffentlichte die Bf. das Buch »Mafia – von Paten, Pizzerien und falschen Priestern« von Petra Reski, welches von den Verbindungen der Mafia in Deutschland und ihren inneren Strukturen handelte. Auf den Seiten 157 und 158 bezog sich die Autorin auf einen gewissen – im Buch mit seinem vollständigen Namen angeführten – S. P., einen sich in Deutschland aufhaltenden italienischen Staatsangehörigen, der ein Restaurant in Erfurt betrieb. Sie stellte unter anderem die Behauptung auf, dass S. P. Mitglied der »Ndrangheta« – einer Vereinigung der kalabrischen Mafia – sei und die Polizei in seinem Restaurant eine Hausdurchsuchung wegen seiner angeblichen Beteiligung an einem Mord vorgenommen habe. Was die mutmaßliche Zugehörigkeit zur »Ndrangheta« anging, verwies Reski unter anderem auf aus den Jahren 2000 und 2008 stammende – der Öffentlichkeit nicht bekannt gemachte – Berichte des deutschen Bundeskriminalamts. Die von ihr zitierte Passage des Berichts aus 2000 lautete wie folgt: »Wenn man sich die enorme Reputation und das Ansehen verdeutlicht, das S. P. innerhalb der italienischen Gemeinschaft genießt, dann muss man zwangsläufig den Eindruck gewinnen, dass er ein vollwertiges Mitglied des Ndrangheta-Clans ist«. Im 2008 verfassten Bericht wird eine ähnliche Vermutung aufgestellt und der Verdacht geäußert, dass der Bf. und ein weiterer Beteiligter damit beauftragt seien, die Fortschritte beim Drogenhandel zu beaufsichtigen.

S. P. war bereits 1997 im Zusammenhang mit dem organisierten Verbrechen namentlich erwähnt worden. Damals war er anlässlich eines Fernsehberichts über die Machenschaften der »Ndrangheta« in Thüringen interviewt worden, hatte aber eine Mitgliedschaft oder Verbindungen zu ihr abgestritten.

Nach der Veröffentlichung des Buches beantragte S. P. beim Landgericht München den Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Untersagung der Verbreitung der strittigen Passagen. Letzteres gab dem Antrag am 13.11.2008 statt: Zwar bestehe ein öffentliches Interesse an Berichten über das organisierte Verbrechen, jedoch habe Frau Reski im vorliegenden Fall gegen die journalistische Sorgfaltspflicht verstoßen, hätten doch die internen – nicht für die Öffentlichkeit bestimmten – Berichte des Bundeskriminalamts eine ungenügende Quelle für die im Buch enthaltenen Behauptungen dargestellt. Die Untersuchungsbehörden selbst wären zu dem Schluss gelangt, dass keine ausreichenden Beweise für die Begehung einer Straftat seitens des Klägers vorliegen würden. Eine Verdachtsberichterstattung müsse aber auch Umstände anführen, welche die betroffene Partei entlasten würden. Insofern hätte die Autorin angeben sollen, dass die Untersuchungsbehörden keine Hinweise erhalten hätten, welche als Basis für eine Anklage gegen den Kläger dienen hätten können. Ferner sei dem Kläger keinerlei Gelegenheit eingeräumt worden, sich vor der Veröffentlichung zu dem Verdacht zu äußern.

Ein dagegen erhobenes Rechtsmittel der Bf. blieb erfolglos.

Im Hauptverfahren begehrte S. P. Schadenersatz im Ausmaß von € 20.000,–. Das OLG München sprach ihm schließlich mit Urteil vom 29.11.2011 € 10.000,– wegen Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte zu. Zwar seien die Motive der Autorin und der Bf. ehrenwert gewesen, die Öffentlichkeit über die Aktivitäten der »Ndrangheta« in Deutschland zu informieren, jedoch habe die Bf. schuldhaft gehandelt, sei es doch grob fahrlässig gewesen, auf einem bloßen Verdacht beruhende Behauptungen zu verbreiten, ohne dem Kläger zuvor die Möglichkeit einer Stellungnahme einzuräumen und ohne Hinweis darauf, dass die im Buch angesprochene strafrechtliche Untersuchung wegen Mordes eingestellt worden sei. Die Bf. könne sich auch nicht damit entlasten, sich auf Informationen einer Regierungsbehörde gestützt zu haben, habe die Autorin doch lediglich auf interne Analysen und »Einschätzungsberichte« des Bundeskriminalamts zurückgegriffen.

Am 19.11.2013 weigerte sich das von der Bf. angerufene BVerfG, ihre Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung anzunehmen.

Rechtliche Beurteilung

Rechtsausführungen:

Die Bf. behauptet, das Urteil des OLG München [...], in welchem sie zur Leistung von Schadenersatz an S. P. [...] verpflichtet worden sei, habe ihre Meinungsäußerungsfreiheit gemäß Art. 10 EMRK verletzt.

Zur behaupteten Verletzung von Art. 10 EMRK

Zur Zulässigkeit

(31) Laut der Regierung habe die Bf. den innerstaatlichen Instanzenzug nicht ausgeschöpft, da sie es in ihrer Verfassungsbeschwerde verabsäumt habe, die Schlussfolgerung des OLG München anzufechten, wonach die Autorin das in den offiziellen Dokumenten beschriebene Ausmaß des Verdachts übertrieben dargestellt und es verabsäumt habe, entlastende Umstände anzuführen. [...]

(32) Der GH vermerkt, dass es zwischen den Parteien unstrittig ist, dass sich die Bf. vor dem BVerfG auf ihr Recht auf freie Meinungsäußerung berufen und das Urteil des OLG München und [...] dessen Schlussfolgerungen angefochten hat. Er findet, dass die Bf. dem BVerfG die Gelegenheit bot, die vom OLG München getroffene Abwägung zwischen der Meinungsäußerungsfreiheit der Bf. einerseits und den Persönlichkeitsrechten von S. P. andererseits zu überprüfen. Die Bf. hat somit den innerstaatlichen Instanzenweg ausgeschöpft.

(33) Die vorliegende Beschwerde ist nicht offensichtlich unbegründet [...]. Da keine anderen Unzulässigkeitsgründe ersichtlich sind, muss sie für zulässig erklärt werden (einstimmig).

In der Sache

(36) Vorab ist festzuhalten, dass zwischen den Parteien unstrittig ist, dass die Anordnung der Leistung von Schadenersatz einen Eingriff in die Meinungsäußerungsfreiheit der Bf. darstellte und dass dieser gesetzlich vorgesehen war. Der GH akzeptiert ferner, dass der Eingriff das legitime Ziel des »Schutzes des guten Rufs und der Rechte anderer« verfolgte. Der vorliegende Fall erfordert daher eine Prüfung der Frage, ob zwischen der von Art. 10 EMRK gewährleisteten Meinungsäußerungsfreiheit der Bf. und dem Recht von S. P. auf Schutz seines Privatlebens und seines guten Rufs unter Art. 8 EMRK ein gerechter Ausgleich getroffen wurde.

(39) Der GH hat – soweit für den vorliegenden Fall relevant – folgende Abwägungskriterien [...] identifiziert: Beitrag zu einer Debatte von öffentlichem Interesse; Bekanntheitsgrad der betroffenen Person; Gegenstand des Nachrichtenberichts; Art und Weise, wie der Betreffende zu den Informationen gelangte und ihr Wahrheitsgehalt; vorheriges Verhalten der betroffenen Person; Inhalt, Form und Auswirkungen der Publikation; Schwere der auferlegten Sanktion.

Trug der Artikel zu einer Debatte von öffentlichem Interesse bei?

(41) Den innerstaatlichen Gerichten zufolge bestand ein großes öffentliches Interesse an Informationen über kriminelle Organisationen. Das OLG München räumte sogar ein, dass »die Benachrichtigung der Öffentlichkeit über die Aktivitäten der Ndrangheta in Deutschland ehrenwert und anständig« sei. Der GH stimmt daher zu, dass das Buch zu einer Debatte im öffentlichen Interesse beitrug.

Wie gut war die betroffene Person der Öffentlichkeit bekannt und was war der Gegenstand des Berichts?

(43) Die innerstaatlichen Gerichte haben diese Frage nicht explizit diskutiert, sondern lediglich erwähnt, dass S. P. Restaurantbesitzer war. Der GH ist der Meinung, dass Letzterer in seiner Eigenschaft als privates Individuum Anrecht auf besonderen Schutz hatte.

Wie kam die Bf. in den Besitz der strittigen Informationen und waren diese wahr?

(46) Der GH hat bereits festgehalten, dass es der Presse normalerweise gestattet werden sollte, auf den Inhalt amtlicher Berichte (vgl. Bladet Tromsø und Stensaas/N) oder auf von der Pressestelle der Staatsanwaltschaft vorbereitete Informationen (vgl. Axel Springer AG/D) Rückgriff zu nehmen, wenn es um einen Beitrag zu einer öffentlichen Debatte über Angelegenheiten von berechtigtem Interesse geht, ohne dabei selbst unabhängige Nachforschungen betreiben zu müssen. Er hat aber ebenso die Bedeutung der klaren Identifizierung einer solchen Quelle betont (siehe Erla Hlynsdottir/IS [Nr. 3]).

(47) Im vorliegenden Fall [...] wurde die angebliche Zugehörigkeit von S. P. zur »Ndrangheta« von der Bf. als Annahme und nicht als Faktum dargestellt. Die innerstaatlichen Gerichte gingen dennoch davon aus, dass die strittigen Passagen in dem Buch eine Zugehörigkeit als sehr wahrscheinlich implizierten und dass es der Bf. nicht gelungen war, einen derart hohen Verdachtsgrad zu substantiieren. Das OLG München hielt fest, dass einige Aussagen im Buch sogar inkorrekt gewesen wären und die internen Berichte des Bundeskriminalamts nur einen vagen Verdacht hinsichtlich der behaupteten Mitgliedschaft von S. P. geäußert hätten. Die Bf. hätte das Ausmaß des Verdachts [...] hochgespielt und sie wäre außerstande gewesen, den im Buch dargelegten hohen Verdachtsgrad durch zusätzliche Fakten zu belegen. Die deutschen Gerichte hielten ebenfalls fest, dass die [genannten] Berichte [...] nicht zur Veröffentlichung bestimmt waren und Journalisten bzw. Autoren daher nicht von ihrer Pflicht, eigene Recherchen durchzuführen, zu entbinden vermochten.

(48) Der GH anerkennt zwar die Bedeutung interner Dokumente für journalistische Nachforschungen, möchte aber gleichzeitig daran erinnern, dass die Pressefreiheit auch »Pflichten und Verantwortung« mit sich bringt. In diesem Zusammenhang stimmt er mit den innerstaatlichen Gerichten überein, dass eine Unterscheidung getroffen werden muss zwischen öffentlichen amtlichen Berichten bzw. Presseinformationen und internen amtlichen Berichten. Während sich Journalisten auf erstere ohne Durchführung weiterer Nachforschungen beziehen dürfen, kann dasselbe nicht für zweitere gelten. Obgleich interne amtliche Berichte eine bedeutende Quelle darstellen können, ist der GH dennoch der Meinung, dass sie Journalisten nicht von ihrer Verpflichtung entbinden können, ihre Veröffentlichungen auf ausreichende Recherchen zu stützen. Er möchte nochmals betonen, wie wichtig es ist, dass beide Kategorien von Quellen klar identifiziert und die von diesen Quellen stammenden Informationen nicht auf übertriebene Weise dargestellt werden. Dies trifft insbesondere auf Berichte über behauptetes kriminelles Verhalten zu, in denen das Recht des Beschuldigten auf Wahrung der Unschuldsvermutung schlagend wird. Insgesamt betrachtet erachtet der GH daher die Schlussfolgerung der deutschen Gerichte nicht für unangemessen, wonach die Bf. keine ausreichenden Belege zur Erhärtung ihrer Behauptungen beigebracht hätte.

(49) Der GH stimmt auch mit dem OLG München darin überein, dass die Bf. ihren journalistischen Pflichten nicht nachkam, indem S. P. keine Gelegenheit eingeräumt wurde, sich zu verteidigen. Die Erwiderungen, die dieser auf ähnliche Vorwürfe mehr als zehn Jahre zuvor gegeben hatte, entbanden die Bf. nicht von der Verpflichtung, mit ihm in Kontakt zu treten. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass es im gegenständlichen Fall um die Veröffentlichung eines Buches ging und insofern nicht dieselbe Dringlichkeit bestand, die manchmal im Kontext der Veröffentlichung von Neuigkeiten auftreten kann.

(50) Mit Rücksicht auf obige Überlegungen akzeptiert der GH die Schlussfolgerungen des OLG München hinsichtlich des Wahrheitsgehalts der Informationen. Der interne amtliche Bericht für sich allein war eine unzureichende Basis für die im Buch aufgestellten Behauptungen. Zusätzlich sahen die innerstaatlichen Gerichte es als erwiesen an, dass die Bf. und die Autorin keine weiteren Beweise vorlegen konnten, welche das im Gerichtsverfahren erstattete Vorbringen zu untermauern vermochten. [...] Da die Bf. in den Genuss eines kontradiktorischen Verfahrens kam und ihre Argumente entsprechend vorbringen konnte, findet der GH, dass die Weigerung der deutschen Gerichte, die von ihr angebotenen Zeugen anzuhören, ihre Rechte unter Art. 10 EMRK nicht verletzt hat.

Welches frühere Verhalten setzte die betroffene Person vor der Veröffentlichung des Buches?

(51) Das Verhalten der betroffenen Person, welches sie vor der Veröffentlichung des Berichts setzte oder die Tatsache, dass die betreffende Information bereits in einer früheren Publikation erschienen ist, sind ebenfalls Faktoren, die in Betracht gezogen werden müssen.

(52) Das OLG München erwähnte dieses Kriterium kurz, als es zum Schluss kam, dass die Bf. S. P. keine Gelegenheit zur Stellungnahme betreffend die [im Buch aufgestellte] Behauptung gegeben hatte, Mitglied der »Ndrangheta« zu sein. Es wies ferner den Einwand der Bf. zurück, wonach die angebliche Zugehörigkeit [zu diesem Clan] öffentlich bekannt sei, nachdem darüber bereits in italienischen Zeitungen und in einem in Deutschland veröffentlichen Buch berichtet worden wäre. Das OLG München wies nach, dass all diese Publikationen nach dem strittigen Buch veröffentlicht worden waren.

(53) Der GH schließt sich dieser Ansicht an und möchte noch ergänzend bemerken, dass der Fernsehbericht aus 1997 und die von S. P. dazu abgegebenen Kommentare ihn nicht des Schutzes vor späteren Publikationen beraubten.

Inhalt, Form und Auswirkungen der strittigen Publikation

(55) Das OLG München hielt fest, dass das Zusammenspiel vieler individueller Aussagen in dem genannten Buch den Eindruck erweckte, dass ein sehr schwerer Verdacht hinsichtlich einer Zugehörigkeit von S. P. zur »Ndrangheta« bestehe. Da das Buch entlastende Fakten nicht angeführt habe, wäre die Berichterstattung nicht hinreichend ausgewogen gewesen und hätte zu einer Vorverurteilung von S. P. geführt. Das OLG München kam daher zu dem Schluss, dass jener Abschnitt des Buches, der von S. P. handelte, ihm unterstellte, Mitglied der »Ndrangheta« zu sein, und dass die Autorin in dieser Hinsicht die Grenzen eines verantwortlichen Journalismus überschritten hatte.

(56) Der GH hält weiters fest, dass zwar nur zwei der insgesamt 352 Seiten S. P. betrafen und die innerstaatlichen Gerichte es nicht als erwiesen annahmen, dass die Veröffentlichung des Buches besondere Auswirkungen auf ihn gehabt hätte, ist aber mit dem OLG München einer Meinung, wonach die strittigen Passagen einen starken Verdacht gegen diesen äußerten. Er hält daher dessen Schlussfolgerung, die Bf. habe die Grenzen des zulässigen Journalismus überschritten, nicht für unangemessen.

War die Strafe verhältnismäßig?

(59) Der GH hält fest, dass im vorliegenden Fall nicht die einstweilige Verfügung gegen die Veröffentlichung der strittigen Passagen angeprangert wird, sondern die Anordnung zur Leistung von Schadenersatz. Er möchte anmerken, dass das OLG München S. P. lediglich die Hälfte der begehrten Summe zusprach [...]. [...] Der GH stimmt der Schlussfolgerung des OLG München zu, wonach unter den besonderen Umständen des Falles – nämlich eines Buches, das bereits veröffentlicht worden war – der Erlass einer einstweiligen Verfügung allein den Eingriff in den guten Ruf von S. P. nicht vollständig wiedergutmachen hätte können. Ebenso schließt er sich dem Vorbringen der Regierung an, dass im Gegensatz zu einer Veröffentlichung in einer Zeitung ein abgedruckter Widerruf keine effektive Wiedergutmachung dargestellt hätte. [...]

(60) Angesichts der obigen Überlegungen ist der GH der Ansicht, dass der zugesprochene Schadenersatz in der Höhe von € 10.000,– nicht unverhältnismäßig war und angesichts der finanziellen Situation der Bf. weder eine Form der Zensur noch eine Entmutigung mit Blick auf die Veröffentlichung zukünftiger Bücher darstellte.

Ergebnis

(61) Im vorliegenden Fall haben die nationalen Gerichte das Recht der Bf. auf freie Meinungsäußerung mit dem Recht von S. P. auf Achtung seines Privatlebens und Schutz seines guten Rufs sorgfältig abgewogen. Sie räumten dem Wahrheitsgehalt der übermittelten Botschaft, den journalistischen Pflichten und Verantwortlichkeiten der Bf. und dem Inhalt und der Form der strittigen Passagen fundamentale Bedeutung ein. Auch wenn man über den Ausgang des Verfahrens nicht einer Meinung sein muss, müssten in Fällen, in denen die nationalen Instanzen eine Abwägung im Einklang mit den vom GH in seinem Fallrecht niedergelegten Kriterien vornehmen, gewichtige Gründe vorliegen, damit er seine Ansicht an die Stelle der innerstaatlichen Gerichte setzt.

(62) Unter diesen Umständen und mit Blick auf den Ermessensspielraum, den die deutschen Gerichte bei der Abwägung der miteinander konkurrierenden Interessen genossen, kommt der GH zu dem Ergebnis, dass kein gewichtiger Grund dafür besteht, zu einer anderen Meinung als diese zu gelangen. Folglich ist keine Verletzung von Art. 10 EMRK festzustellen (6:1 Stimmen; abweichendes Sondervotum von Richterin Tsotsoria).

Vom GH zitierte Judikatur:

Bladet Tromsø und Stensaas/N v. 20.5.1999 (GK) = NL 1999, 96 = EuGRZ 1999, 453 = ÖJZ 2000, 232

Axel Springer AG/D v. 7.2.2012 (GK) = NLMR 2012, 42 = EuGRZ 2012, 294

Erla Hlynsdottir/IS (Nr. 3) v. 2.6.2015

Hinweis:

Das vorliegende Dokument über das Urteil des EGMR vom 19.10.2017, Bsw. 35030/13, entstammt der Zeitschrift "Newsletter Menschenrechte" (NL 2017, 453) bzw. der entsprechenden Datenbank des Österreichischen Institutes für Menschenrechte, Salzburg, und wurde von diesem dem OGH zur Aufnahme in die Entscheidungsdokumentation Justiz im RIS zur Verfügung gestellt.

Das Urteil im englischen Originalwortlaut (pdf-Format):

www.menschenrechte.ac.at/orig/17_5/Droemer.pdf

Das Original des Urteils ist auch auf der Website des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (www.echr.coe.int/hudoc) abrufbar.

Rechtssätze
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