JudikaturJustiz9ObA50/04z

9ObA50/04z – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. Mai 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Ernst Galutschek und Univ. Prof. Mag. Dr. Michaela Windischgrätz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei G***** Versicherung AG, *****, vertreten durch Dr. Roman Moser, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Stefan M*****, Techniker, *****, vertreten durch Schubeck Schubeck, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen EUR 12.747,94 sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 2. Dezember 2003, GZ 12 Ra 102/03m 19, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend hat das Erstgericht das Rechtsmittel der klagenden Partei direkt dem Obersten Gerichtshof als außerordentliche Revision vorgelegt, weil in Streitigkeiten nach § 502 Abs 5 Z 4 ZPO gemäß § 505 Abs 4 ZPO ein Verfahren nach § 508 ZPO nicht stattfindet.

Ob eine Fehlhandlung wegen ihres großen Gewichts oder mehrere, für sich genommen nicht grob fahrlässige Handlungen in ihrer Gesamtheit und Häufung die Annahme grober Fahrlässigkeit rechtfertigen, ist immer von den Umständen des Einzelfalls abhängig (RIS Justiz RS0044262; speziell zum Versicherungsrecht: 7 Ob 14/03i mwN). Die von der Revisionswerberin zitierte Entscheidung 7 Ob 41/98z setzt sich - entsprechend dem dort festgestellten Sachverhalt - grundsätzlich mit der erheblichen Diebstahlsgefahrenerhöhung durch Zurücklassen eines Schlüssels im Handschuhfach auseinander. Dies sei im Regelfall grob fahrlässig, weil Diebe damit rechneten, dort wichtige Unterlagen oder Gebrauchsgegenstände vorzufinden. Das Belassen der Fahrzeugschlüssel in einer Tasche im Wageninneren wird - im Rahmen eines "obiter dictum" - einer Verwahrung im Handschuhfach wohl prinzipiell gleichgehalten, doch kann nicht übersehen werden, dass die dort zitierte deutsche Entscheidung (BGH VersR 1986, 962) für das bloße Belassen der Schlüssel im Fahrzeuginneren - außerhalb des an sich gefährdeten Handschuhfaches - auch auf die Sichtbarkeit von außen als wesentliches Kriterium abstellt.

Nach den Feststellungen hatte der Beklagte, welcher den neuen Pkw im Zuge einer Dienstreise abgeholt und erst dabei die Notwendigkeit eines Reifentausches erkannt hatte, gar keine andere Möglichkeit, als die ausgetauschten Sommerreifen im Laderaum des Kombi - und somit sichtbar - unterzubringen. Weiters stand ihm während des ca 1 ½ Stunden dauernden Restaurantbesuchs in P***** ( 12 Stunden nach Antritt der Dienstreise -) nur der, wenn auch gut beleuchtete, in einer von Fußgängern frequentierten Straße gelegene öffentliche Parkplatz zur Verfügung. Die anlässlich der am selben Tag erfolgten Übernahme des Fahrzeuges übergebenen Reserveschlüssel verwahrte er in einer von außen nicht sichtbaren, zwischen Fahrer- und Rücksitz abgestellten, mit Packpapier verdeckten Laptoptasche. Soweit das Berufungsgericht angesichts dieser singulären, außergewöhnlichen Umstände eine grobe Fahrlässigkeit des beklagten Arbeitnehmers verneinte, liegt darin eine noch vertretbare und somit nicht revisible Rechtsauffassung.