JudikaturJustiz9ObA21/12x

9ObA21/12x – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Februar 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky und Dr. Klaus Mayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** B*****, vertreten durch Dr. Hawel, Dr. Eypeltauer, MMag. Gigleitner, Mag. Sallrigler, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei E***** K*****, vertreten durch Mag. Dr. Ernst Reitmayr, Rechtsanwalt in Linz, wegen 1.000 EUR netto sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. November 2011, GZ 11 Ra 88/11g 11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 20. Mai 2011, GZ 36 Cga 12/11z 7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

I. Die Revisionsbeantwortung der Beklagten wird als verspätet zurückgewiesen.

II. Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revision selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Die Revision wurde der Beklagten elektronisch am 5. 1. 2012 zugestellt. Gemäß § 39 Abs 4 ASGG ist die Bestimmung des § 222 ZPO über die Fristenhemmung im arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahren nicht anzuwenden. Damit endete die vierwöchige Frist zur Beantwortung der Revision (§ 507a Abs 1 ZPO), deren Lauf nach § 507a Abs 2 Z 1 ZPO zu berechnen ist, am 2. 2. 2012. Die erst am 3. 2. 2012 elektronisch eingebrachte Revisionsbeantwortung ist daher verspätet.

II. Die Klägerin war bei der Beklagten vom 22. 9. 2010 bis 28. 9. 2010 als Reinigungskraft teilzeitbeschäftigt. Sie teilte der Beklagten am Abend des 28. 9. 2010 mit, dass sie im Krankenstand sei, woraufhin die Beklagte meinte, dass die Klägerin gar nicht mehr zu kommen brauche. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte die Klägerin bei diesem Telefonat beschimpft habe. In weiterer Folge kam es zu mehreren Telefonaten zwischen den Parteien, in denen die Beklagte versuchte, der Klägerin zu erklären, dass sie ua eine Kontonummer benötige, um ihr restliches Entgelt überweisen zu können. Noch vor Erhalt eines schließlich von der Beklagten überwiesenen Betrags von 70 EUR rief die Klägerin neuerlich bei der Beklagten an und sagte, dass sie zur Arbeiterkammer gehen werde, wenn sie nicht innerhalb von zwei Tagen ihr Geld bekomme. Daraufhin meinte die Beklagte, dass die Klägerin ruhig zur Arbeiterkammer gehen könne. Wenn sie der Klägerin aber schon schreibe und telefoniere, dass sie ihr „das“ bekanntgeben solle und die Klägerin dafür zu „blöd“ sei, könne sie nichts dafür. Die Klägerin reagierte ebenfalls aufgebracht und beendete das Telefonat.

In der Folge erhielt die Beklagte ein Aufforderungsschreiben der Arbeiterkammer vom 15. 11. 2010, in dem Ansprüche der Klägerin geltend gemacht wurden. Die Beklagte regte sich darüber „fürchterlich“ auf, auch weil ihr kurz zuvor zwei andere Mitarbeiterinnen, eine davon ebenfalls aus Ex-Jugoslawien, aus ihrer Sicht übel mitgespielt hatten. Sie schrieb noch am selben Tag einen (allerdings mit 16. 11. 2010 datierten) Brief an die Klägerin, der auszugsweise (wörtlich) lautet:

„[...] Das hatten sie wohl dort nicht bekanntgegeben, das es ihre Dummheit ist das sie so spät ihr Gehalt bekommen.

Mit Lügen und schuldenmachen seit ihr Jugoslawen Spitze, und den anderen das leben schwer machen.

Habe sie am 18. Oktober persönlich angeschrieben sie möchten den Zeitnachweis senden. Denn haben sie wieder verspätet gesendet, wohl das ich ihnen aufgefordert habe den pünktlich zu senden. Falls sie zu dumm sind möchte ich sie informieren, das es bestimmte abrechnungszeiträume gibt. Außerdem ist es nicht meine schuld, wenn sie nicht in der Lage sind die richtige Kontonummer bekanntzugeben, musste sie wieder auffordern. Sie hatten ja sowieso nicht vor zu arbeiten, sie wollten mir mit gewalt Ihre schwiegertochter unterjubeln.

Nur solche Leute wie Sie sind, kenne ich zur genüge, ich weiß ja von wo sie kommen. Nur Hände weg.

Außerdem werde ich bei der Überweisung die reinigungskosten für den Arbeitsmantel abziehen. Denn sie haben ihn auch sauber bekommen. Das Geld wird bis am 25. Nov an ihr Konto überwiesen lt Arbeitsvertrag.“

Weitere Kontakte gab es nicht.

Die Klägerin begehrt, gestützt auf die §§ 21, 26 GlBG Schadenersatz. Sie sei von der Beklagten mehrfach beschimpft und aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit diskriminiert worden. Sowohl die telefonischen als auch die schriftlichen Beschimpfungen stellten eine Belästigung gemäß § 21 GlBG dar. Die Klägerin habe sich sehr gekränkt gefühlt und mehrere Nächte nicht schlafen können, ihr stehe daher ein angemessener Schadenersatz zu.

Die Beklagte wandte dagegen ein, dass die Vorschriften des GlBG auf die mehr als 1 ½ Monate nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses gemachten schriftlichen Äußerungen nicht anwendbar seien. Keinesfalls habe die Beklagte ein entwürdigendes oder feindseliges Umfeld für die Klägerin schaffen wollen, sondern sie habe vielmehr ihren Unmut und ihre Empörung über die Vorgehensweise der Klägerin zum Ausdruck bringen wollen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Dass sowohl die telefonischen als auch die schriftlichen Beschimpfungen durch die Beklagte für die Klägerin unerwünscht und unangebracht waren und ihre Würde verletzten, stehe außer Zweifel. Das GlBG schütze allerdings nicht generell vor Beleidigungen. Die telefonische Beschimpfung, wonach die Klägerin „zu blöd dafür“ gewesen sei, erfülle keines der von § 17 GlBG geschützten Merkmale, sodass darin keine einen allfälligen Schadenersatz nach dem GlBG begründende Diskriminierung liege. Darüber hinaus seien die Beschimpfungen nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses erfolgt. Selbst wenn man das Erfordernis des „Zusammenhangs mit dem Arbeitsverhältnis“ in § 17 Abs 1 GlBG weit auslege, ändere dies nichts daran, dass eine rund 1 ½ Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgte Beschimpfung weder objektiv noch subjektiv ein einschüchterndes, feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes oder demütigendes Arbeitsumfeld für die betroffene Person schaffen oder dies bezwecken könne. Wirke sich aber eine Belästigung nicht in dieser Form auf das Arbeitsumfeld aus, liege, da die Voraussetzungen des § 21 Abs 2 GlBG kumulativ vorliegen müssten, keine Belästigung im Sinne des GlBG vor.

Das Berufungsgericht gab der von der Klägerin gegen dieses Urteil erhobenen Berufung nicht Folge. Dem Begriff der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei ein weites Verständnis beizumessen. Habe der Arbeitnehmer noch Ansprüche gegen den Arbeitgeber, lägen Nachwirkungen des Arbeitsverhältnisses vor. Solange solche Nachwirkungen vorlägen, seien Diskriminierungen des Arbeitgebers nach dem GlBG zu beurteilen. Mit ihren schriftlichen Äußerungen habe die Beklagte eine unerwünschte Verhaltensweise im Sinn des § 21 Abs 2 Z 2 GlBG gesetzt, die mit der ethnischen Zugehörigkeit der Klägerin im Zusammenhang stand und für diese unangebracht, unerwünscht und anstößig war. Allerdings lägen die Voraussetzungen des § 21 Abs 2 Z 1 und 3 GlBG nicht vor. Die einmalige Entgleisung der Beklagten, die sich nach Erhalt des Schreibens der Arbeiterkammer „fürchterlich“ aufgeregt habe und der aus ihrer Sicht kurz zuvor eine ebenfalls aus Ex Jugoslawien stammende Mitarbeiterin „übel mitgespielt“ habe, sei nicht als derart schwerwiegende Verhaltensweise anzusehen, die das für die Verletzung der Würde erforderliche Mindestmaß übersteige. Darüber hinaus könne sich das unerwünschte Verhalten der Beklagten nicht mehr auf das Arbeitsklima oder die Arbeitsfähigkeit der Klägerin, die nicht mehr Arbeitnehmerin war, auswirken. Eine Belästigung sei jedoch nur dann vom Schutzzweck des GlBG umfasst, wenn durch die unerwünschte diskriminierende Verhaltensweise ein belastendes Arbeitsklima geschaffen werde, das die Arbeitsfähigkeit des Betroffenen nachhaltig beeinträchtige. Darauf, dass die Klägerin durch das Verhalten der Beklagten bei der Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses bzw beim Arbeiten in anderen Arbeitsumfeldern eingeschüchtert und verunsichert sei, komme es ebenso wenig an wie darauf, dass sich ein nicht vorurteilsfreies Verhalten der Beklagten auf andere Arbeitnehmer auswirken könne.

Das Berufungsgericht erklärte die Revision für zulässig, weil Rechtsprechung zu den hier vorliegenden Fragen zu § 21 Abs 2 GlBG fehle.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist jedoch nicht berechtigt.

1. Gemäß § 26 Abs 11 GlBG hat die betroffene Person im Fall einer Belästigung nach § 21 GlBG gegenüber dem Belästiger Anspruch auf Ersatz des erlittenen Schadens. Eine Belästigung liegt gemäß § 21 Abs 2 GlBG vor, wenn eine unerwünschte Verhaltensweise, die mit einem der Gründe nach § 17 GlBG im Zusammenhang steht, gesetzt wird. Dazu müssen die weiteren in § 21 Abs 2 GlBG genannten Voraussetzungen erfüllt sein. Danach liegt eine Belästigung vor, wenn sie die Würde der betroffenen Person verletzt oder dies bezweckt (Z 1), wenn sie für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist (Z 2) und wenn sie für die betroffene Person ein einschüchterndes, feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes oder demütigendes Umfeld schafft oder dies bezweckt (Z 3).

Der Oberste Gerichtshof hat bereits zu der dem § 21 GlBG nachgebildeten Bestimmung des § 7d BEinstG ausgesprochen, dass es sowohl hinsichtlich der Qualifikation der Verhaltensweise (unerwünscht, unangebracht oder anstößig) als auch bei der Wirkung der Absicht und der Definition des Umfelds (einschüchternd, feindselig, entwürdigend, beleidigend oder demütigend) jeweils ausreicht, wenn alternativ („oder“) eine der Tatbestandsvarianten verwirklicht wurde (8 ObA 8/09y). Mit dem geschützten Merkmal steht die Belästigung dann „im Zusammenhang“, wenn die konkrete belästigende Verhaltensweise der Tatsache, dass ein geschütztes Merkmal vorliegt, zugerechnet werden kann. Spielen mehrere Motive eine Rolle (sogenanntes „Motivbündel“), so genügt es, wenn das geschützte Merkmal (bzw damit in Verbindung stehende Eigenschaften, Handlungen, Verhaltensweisen oder Zustände) innerhalb des „Motivbündels“ eine Rolle spielt, also zumindest mitursächlich für die Belästigung ist (8 ObA 8/09y). Das Erfordernis des Zusammenhangs darf dabei, um den Zweck des Gesetzes zu wahren, Diskriminierungen wegen eines geschützten Merkmals hintanzuhalten, nicht zu eng gesehen werden (8 ObA 8/09y; 1 Ob 189/09i, beide zur Diskriminierung wegen Behinderung).

Diese von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze können auch im hier zu beurteilenden Fall der Beurteilung eines Schadenersatzanspruchs nach den §§ 26, 21 GlBG herangezogen werden (vgl Hopf/Mayr/Eichinger , GlBG § 21 Rz 9).

2. Dass die Beklagte, die auch selbst im Verfahren erster Instanz bedauert hat, in ihren Ausführungen einen unnötigen Bezug zur Nationalität der Klägerin hergestellt zu haben, hier durch ihr Schreiben vom 16. 11. 2010 eine unerwünschte Verhaltensweise im Sinn des § 21 Abs 2 GlBG gesetzt hat, die mit dem in § 17 GlBG genannten Grund der ethnischen Zugehörigkeit der Klägerin im Zusammenhang steht, haben die Vorinstanzen zutreffend dargestellt und ist nicht weiter zweifelhaft. Es trifft zwar zu, dass die Klägerin hier nicht mehr Arbeitnehmerin der Beklagten war, als die Beklagte den Brief verfasste. Sie war aber noch in eine Auseinandersetzung mit ihr über Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verwickelt (vgl zu § 7b BEinstG 9 ObA 118/11k). Vor diesem Hintergrund hat das Berufungsgericht im konkreten Fall auch zutreffend einen Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis im Sinn des § 17 Abs 1 GlBG bejaht.

3. Die belästigende Verhaltensweise muss nach § 21 Abs 2 Z 1 GlBG die Würde der betroffenen Person verletzen oder dies zumindest bezwecken (zum Begriff der Würde des Menschen vgl etwa Hopf/Mayr/Eichinger aaO § 6 Rz 21 ff; 8 ObA 288/01p). Die Verletzung der Würde setzt zwar ein gewisses Mindestmaß an Intensität einer belästigenden Verhaltensweise voraus, allerdings genügt es seit der Novelle des § 21 GlBG mit dem BGBl I 2008/98, dass die Verletzung der Würde bezweckt ist, daher von der betroffenen Person subjektiv als solche empfunden wird ( Hopf/Mayr/Eichinger aaO § 21 Rz 7; ErlRV 415 BlgNR 23. GP 5). Dazu fehlen hier zwar Feststellungen: Es kann jedoch, wie bereits das Erstgericht völlig zutreffend ausgeführt hat, kein Zweifel daran bestehen, dass der in Wortwahl und Formulierung die Klägerin in Bezug auf ihre Nationalität gleich zweimal beleidigende Brief („Mit Lügen und Schuldenmachen seid ihr in Jugoslawien Spitze“; „Nur solche Leute wie Sie sind, kenne ich zur Genüge, ich weiß ja, von wo sie kommen. Nur Hände weg.“) die Würde der Klägerin objektiv verletzt. Daran kann entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts weder die „fürchterliche“ Aufregung der Beklagten noch ihre im Übrigen nicht einmal ansatzweise konkret vorgebrachten „schlechten Erfahrungen“ mit einer Arbeitnehmerin aus „Ex Jugoslawien“ etwas ändern.

4. Dass das Verhalten der Beklagten unerwünscht und unangebracht im Sinn des § 21 Abs 2 Z 2 GlBG war, haben die Vorinstanzen übereinstimmend und vor dem konkreten Hintergrund hier zutreffend bejaht.

5. Entgegen der Rechtsansicht der Revisionswerberin fehlt es allerdings für den von der Klägerin geltend gemachten Schadenersatzanspruch an der Voraussetzung des § 21 Abs 2 Z 3 GlBG. Danach liegt eine Belästigung nur dann vor, wenn sie ein einschüchterndes, feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes oder demütigendes Umfeld für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt. Der Begriff des „Umfelds“ hat dabei ebenso wie die weiteren in dieser Bestimmung verwendeten Begriffe normativen und wertausfüllungsbedürftigen Charakter ( Hopf/Mayr/Eichinger aaO § 21 Rz 14).

6. Der Begriff des „Umfelds“ wird schon in der AntirassismusRL 2000/43/EG verwendet. Art 2 Abs 3 dieser RL lautet auszugsweise: „Unerwünschte Verhaltensweisen, die im Zusammenhang mit der Rasse oder der ethnischen Herkunft einer Person stehen und bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird, sind Belästigungen, die als Diskriminierung im Sinne von Absatz 1 gelten.“ Ganz ähnliche Formulierungen finden sich auch in Bestimmungen vergleichbarer Richtlinien, wie beispielsweise Art 2 Abs 3 Satz 1 GleichbehandlungsrahmenRL 2000/78/EG, oder Art 2 Abs 1 lit c) und d) der GleichbehandlungsRL 2006/54/EG (Neufassung).

7. Deutlicher als die Bestimmung des § 21 Abs 2 Z 3 GlBG bringt die Formulierung der genannten Bestimmungen in den Richtlinien zum Ausdruck, dass durch die Diskriminierung (Belästigung) ein Umfeld bezweckt oder bewirkt wird, das gekennzeichnet ist von beispielsweise Einschüchterungen oder Beleidigungen. Eine diskriminierende Belästigung liegt daher nicht schon vor, wenn durch eine unerwünschte Verhaltensweise die Würde der betroffenen Person verletzt wird. Die Verhaltensweise muss darüber hinaus auch wenn sie nur einmal gesetzt wurde einen gewissen Dauerzustand schaffen oder bezwecken, nämlich ein „Umfeld“, das ganz allgemein von „Einschüchterung“, „Anfeindung“, „Erniedrigung“, „Entwürdigung“ oder „Beleidigung“ gekennzeichnet ist.

8. Dem Wortlaut des Art 2 Abs 3 der GleichbehandlungsrahmenRL 2000/78/EG entspricht im Wesentlichen auch der den Begriff der Belästigung nach deutschem Recht regelnde § 3 Abs 3 AGG. Das Bundesarbeitsgericht hat zu dieser Bestimmung unter ausführlicher Darstellung des Meinungsstands Stellung genommen (BAG 24. 9. 2009, 8 AZR 705/08 = NZA 2010, 387). Maßgeblich sei, ob eine bestimmte Verhaltensweise oder ein bestimmter Vorfall das Umfeld kennzeichne, also für dieses typisch sei. Deshalb führe ein einmaliges Verhalten grundsätzlich nicht zur Schaffung eines feindlichen Umfelds, vielmehr sei dafür regelmäßig ein Verhalten von gewisser Dauer erforderlich. Dies schließe jedoch umgekehrt nicht aus, dass im Einzelfall das Umfeld auch durch ein (besonders schwerwiegendes) Verhalten gekennzeichnet sein könne. Letztlich sei im Rahmen einer wertenden Gesamtschau aller Faktoren zu beurteilen, ob ein „feindliches Umfeld“ im Sinn des § 3 Abs 3 AGG geschaffen werde. Auch in der deutschen Lehre wird vertreten, dass einmalige Handlungen in der Regel nicht geeignet seien, ein feindliches Arbeitsumfeld ( „hostile environment harassment“ nach US-amerikanischem Recht) zu schaffen (vgl Bauer/Göpfert/Krieger , AGG³ § 3 Rz 45; Annuß/Rupp in Henssler/Willemsen/Kalb , Arbeitsrecht § 3 AGG Rz 15 ua). Einschüchterung, Anfeindung, Erniedrigung, Entwürdigung oder Beleidigung seien schon für sich genommen Verhaltensweisen deutlich oberhalb einer bloßen Lästigkeitsschwelle. Ein Umfeld „kennzeichnen“ könnten sie darüber hinaus nur, wenn sie für das fragliche Verhalten des Arbeitgebers prägende Bedeutung entfalten ( Schlachter in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 12 § 3 AGG Rz 17).

9. Zutreffend ist der Hinweis der Revisionswerberin, dass der den §§ 6 (sexuelle Belästigung) und 7 (geschlechtliche Belästigung) GlBG nachgebildete § 21 Abs 2 Z 3 GlBG den Begriff des „Umfelds“ verwendet, während in den §§ 6 Abs 2 Z 1 und 7 Abs 2 Z 1 GlBG, der Begriff der „Arbeitsumwelt“ verwendet wird. Daraus ist hier jedoch für die Klägerin nichts zu gewinnen. Einerseits ist unter Arbeitsumwelt nichts anderes als ein Umfeld im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis der betroffenen Person zu verstehen (vgl Hopf/Mayr/Eichinger aaO § 6 Rz 28). Dies wurde etwa für den Fall sexueller Übergriffe angenommen, durch die ein belastendes Arbeitsklima entsteht, das die Arbeitsfähigkeit der Betroffenen nachhaltig beeinträchtigt (9 ObA 64/04h). Andererseits verwendet der Gesetzgeber den Begriff des Umfelds nicht nur in § 21 Abs 2 Z 3 GlBG, sondern auch im III. Teil des GlBG in der Bestimmung des § 35 Abs 1 Z 2 GlBG oder auch in § 7d Abs 1 BEinstG. Der III. Teil des GlBG regelt die Gleichbehandlung sonstiger Bereiche außerhalb der Arbeitswelt. Der in § 35 Abs 1 Z 2 GlBG verwendete Begriff des Umfelds kann daher nicht ident mit dem von den §§ 6 und 7 GlBG verwendeten Begriff der „Arbeitsumwelt“ sein. Auf den von § 35 Abs 1 Z 2 GlBG verwendeten Begriff des Umfelds ist hier aber mangels Anwendbarkeit dieser Bestimmung nicht weiter einzugehen (vgl dazu Posch in Rebhahn , GlBG § 34 Rz 3).

10. Für das Verständnis des Begriffs des Umfelds in § 21 Abs 2 Z 3 GlBG ist wesentlich, dass der II. Teil des GlBG, in dem diese Bestimmung enthalten ist, wie der I. Teil die Gleichbehandlung in der Arbeitswelt regelt. Beide Teile des GlBG kennen ein Gleichbehandlungsgebot im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis (§§ 3, 17 GlBG), aber auch ein solches in der sonstigen Arbeitswelt (§§ 4, 18 GlBG). Eine Diskriminierung nach § 17 GlBG liegt gemäß § 21 Abs 1 Z 4 GlBG auch dann vor, wenn eine Person durch Dritte außerhalb des Arbeitsverhältnisses, aber wie der Verweis auf § 18 GlBG in § 21 Abs 1 Z 4 GlBG zeigt in der sonstigen Arbeitswelt belästigt wird. Daraus ergibt sich, dass durchaus Fälle denkbar sind, in denen die Beurteilung des Vorliegens eines von § 21 Abs 2 Z 3 GlBG verpönten Umfelds außerhalb eines Arbeitsverhältnisses denkbar sind. Dies kann hier jedoch dahingestellt bleiben, weil die Klägerin im konkreten Fall ohnehin eine Diskriminierung im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis behauptet.

11. Der bloße Umstand, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin bereits beendet war, als sie den Brief der Beklagten erhielt, führt für sich allein genommen daher zwar noch nicht zu dem Schluss, dass dadurch kein von § 21 Abs 2 Z 3 GlBG verpöntes Umfeld mehr geschaffen werden könnte. Dass ein Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis hier im Zeitpunkt des Erhalts des Briefes der Beklagten noch bestand, wurde bereits ausgeführt. Im Ergebnis sind die Vorinstanzen dennoch zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass durch diesen Brief als hier einzig relevanter unerwünschter Verhaltensweise der Beklagten iSd § 21 Abs 2 GlBG ein durch eines der von § 21 Abs 2 Z 3 GlBG verpönten Merkmale gekennzeichnetes Umfeld für die Klägerin nicht geschaffen wurde.

Ausgehend von den Feststellungen bestand hier nämlich zu dem Zeitpunkt, in dem die Klägerin den Brief der Beklagten vom 16. 11. 2010 erhalten hat, nicht nur kein Arbeitsverhältnis der Streitteile mehr, sondern es gab nach Erhalt dieses Briefs überhaupt keine weiteren Kontakte mehr zwischen den Parteien. Dass dieser Brief allein im hier konkret zu beurteilenden Einzelfall daher ein „Umfeld“ im Sinn der Schaffung eines belastenden Klimas geschaffen hätte, hat die Klägerin weder behauptet, noch ergibt sich dies aus den Verfahrensergebnissen. Den lediglich allgemeinen Ausführungen der Revisionswerberin, dass sich das Verhalten der Beklagten „generell“ auf ihr Umfeld ausgewirkt habe und eine Diskriminierung ganz allgemein auch im Zusammenhang mit einer Bewerbung vorliegen könne, liegt kein entsprechendes Vorbringen im Verfahren erster Instanz zugrunde, sodass darauf nicht näher einzugehen ist.

Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

Im Hinblick darauf, dass die Revisionsbeantwortung der Beklagten als verspätet zurückzuweisen war, hatte eine Kostenentscheidung zu entfallen.

Rechtssätze
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