JudikaturJustiz8Ob81/97p

8Ob81/97p – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. Juni 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer, Dr.Rohrer, Dr.Adamovic und Dr.Spenling als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Staatsanwalt Wien, 1082 Wien, Landesgerichtsstraße 11, wider die beklagten Parteien 1.) Kurt H*****, 2.) Rosa H*****, vertreten durch Dr.Herbert Eisserer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ehenichtigkeit infolge außerordentlicher Revision der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 10.Dezember 1996, GZ 45 R 1060/96g-36, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision der zweitbeklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung können Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, nicht mehr in der Revision gerügt werden (SZ 62/157; JBl 1990, 535; EFSlg.

64.136 u.v.a.). Dieser Grundsatz hat unter anderem dann keine Geltung, wenn das Berufungsgericht wegen unrichtiger Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften eine Erledigung der Mängelrüge unterlassen hat, wie dies etwa dann der Fall ist, wenn das Berufungsgericht von Amts wegen Stoffsammlungsmängel der ersten Instanz zu beheben gehabt hätte (ÖA 1987, 113; EFSlg. 57.821 u.a.). Es liegt dann ein Mangel des Berufungsverfahrens selbst vor, der gemäß § 503 Z 3 ZPO bekämpft werden kann.

Im Verfahren über die Nichtigerklärung einer Ehe ist gemäß § 460 Z 1 ZPO das persönliche Erscheinen einer Partei nur bei Wichtigkeit für die von Amts wegen zu führende Untersuchung (§ 460 Z 4 ZPO) durchzusetzen. Die Unterlassung der Anwendung von Zwangsmitteln im Sinne des § 87 GOG begründet daher nur unter der Voraussetzung der dadurch bewirkten abstrakten Eignung, die Unrichtigkeit der Entscheidung herbeizuführen, einen Verfahrensmangel (vgl. 9 Ob 1502/96).

Die Zweitbeklagte bestreitet nicht, die mehrfachen Ladungen zur Parteienvernehmung erhalten zu haben. Sie behauptet auch nicht, daß sie diesen nicht hätte Folge leisten können und sie erstattet keinerlei Vorbringen, inwieweit im Falle der Erzwingung ihres Erscheinens durch ihre Aussage dem Verfahren eine für sie günstigere Wendung hätte gegeben werden können. Damit vermag sie aber nicht die sachliche Wichtigkeit ihres persönlichen Erscheinens und eine relevante Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes darzustellen. Aus diesem Grund ist es auch unerheblich, ob einzelnen der verlesenen Urkunden die erhöhte Beweiskraft des § 292 ZPO zukommt.