JudikaturJustiz8Ob47/13i

8Ob47/13i – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. November 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner, sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei H***** W*****, vertreten durch Mag. Ludwig Vogl, Rechtsanwalt in Mattighofen, gegen die beklagten Parteien 1. J***** B*****, vertreten durch Schopf Zens Rechtsanwälte GmbH in Wien, und 2. A***** R*****, vertreten durch Dr. Armin Grünbart, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wegen jeweils 19.600 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 20. Februar 2013, GZ 2 R 175/12m 32, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 12. Juni 2012, GZ 4 Cg 58/11s, 5 Cg 115/11f 27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 1.189,44 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten 198,24 EUR USt), und der zweitbeklagten Partei die mit 1.189,44 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten 198,24 EUR USt), binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger war Prokurist der B***** GmbH (in weiterer Folge: B*****), deren Unternehmensgegenstand die Ausbildung von Linienpiloten war. Sein Sohn war Geschäftsführer und Mitgesellschafter dieses Unternehmens. Im Frühjahr 2009 hatte die B***** Liquiditätsprobleme, weshalb sich der Kläger bereit erklärte, einen Kredit in Höhe von 200.000 EUR aufzunehmen und diesen Betrag der B***** als Darlehen zur Verfügung zu stellen. Um eine Sicherheit zu erhalten, schloss er mit der B***** am 11. 5. 2009 einen Kaufvertrag über deren acht Flugzeuge, zu denen auch eine Cessna 150, O*****, Baujahr ***** (in weiterer Folge: Cessna 150), gehörte. Der Kaufpreis sollte in Höhe von 200.000 EUR akontiert, der Kaufvertrag bis Ende November 2009 abgewickelt werden. Ebenfalls am 11. 5. 2009 schloss der Kläger mit der B***** einen Pfandbestellungsvertrag, wonach die B***** zur Sicherstellung der geleisteten Anzahlung von 200.000 EUR deren acht Flugzeuge, darunter auch die Cessna 150, dem Kläger verpfändete.

Die Flugzeuge, darunter auch die Cessna 150, befanden sich am Flughafen Salzburg in einem abgegrenzten Bereich, der nur mit einer Zugangsberechtigung zugänglich war. Der Kläger verfügte nicht über eine solche Zugangsberechtigung; sie wurde ihm auch anlässlich der Verpfändung der Flugzeuge nicht eingeräumt. Die Cessna 150 hat ein Leergewicht von etwa 500 kg. Das höchst zulässige Abfluggewicht liegt bei etwa 750 kg. Das Flugzeug lässt sich am Flugfeld und im Hangar, in dem es auch vorübergehend aufbewahrt wurde, unter Einsatz von geringem Kraftaufwand durch eine Person durch Schieben fortbewegen. Nach Ausstellung der Pfandurkunde vom 11. 5. 2009 verblieb die Cessna 150 wie auch die anderen in der Urkunde angeführten Flugzeuge unverändert in dem der B***** zur Verfügung stehenden Bereich am Flughafen Salzburg. Dem Kläger wurden weder die dazugehörigen Zündschlüssel noch irgendwelche Luftfahrzeugpapiere übergeben. Die Luftfahrzeuge waren weiterhin unverändert in der Verfügungsmacht der B*****.

Am 24. 3. 2010 kam es am Flughafen S***** zu einem Flugunfall mit der von den beiden Beklagten gesteuerten Cessna 150, durch den das Flugzeug beschädigt wurde.

Der Kläger begehrt in den verbundenen Verfahren von den Beklagten den Ersatz des bei diesem Unfall am Flugzeug entstandenen Totalschadens von jeweils 19.600 EUR sA. Er stützte seinen Anspruch zunächst auf sein Eigentum am beschädigten Flugzeug, das er mit den weiteren Flugzeugen von der B***** gekauft habe. Im Laufe des Verfahrens brachte er allerdings vor, im Zeitpunkt des Unfalls mangels Eintragung im Luftfahrtregister noch nicht Eigentümer der Flugzeuge gewesen zu sein. Allerdings sei das beschädigte Flugzeug wie auch die anderen vom Kläger erworbenen Flugzeuge mit Pfandbestellungsvereinbarung vom 11. 5. 2009 an den Kläger verpfändet worden. Alle verpfändeten Flugzeuge seien mit Aufklebern versehen worden, die auf das Pfandrecht des Klägers hingewiesen hätten. Er stütze seinen Schadenersatzanspruch daher nunmehr darauf, dass die Beklagten die ihm zum Pfand gegebene Sache schuldhaft zerstört hätten.

Die Beklagten bestritten eine wirksame Verpfändung der Flugzeuge. Ein für die Verpfändung erforderlicher Gewahrsamswechsel habe nicht stattgefunden. Untunlichkeit der Übergabe, die eine Ausnahme vom Faustpfandprinzip rechtfertige, liege nicht vor.

Das Erstgericht wies die Klagebegehren gegen beide Beklagte ab. Dass am Flugzeug als Hinweis auf die Verpfändung Plaketten oder sonstige Hinweise angebracht gewesen seien, erachtete es als nicht feststellbar. Dies sei aber letztlich nicht entscheidend, weil für eine wirksame Pfandrechtsbegründung auf Eigentum habe sich der Kläger zuletzt nicht mehr gestützt ohnedies die (hier ohne besonderen Kraftaufwand durch Schieben und Rollen des Flugzeugs mögliche und tunliche) körperliche Übergabe des Flugzeugs zu fordern gewesen wäre. Diese habe aber nicht stattgefunden. Im Übrigen hätte auch die Übergabe durch Zeichen ein solches Zeichen erfordert, aus dem jedermann die Verpfändung leicht erkennen könne. Es sei fraglich, ob die etwas mehr als visitkartengroßen Pfandzettel auf gleichfärbigem Hintergrund diesem Erfordernis Genüge getan hätten.

Das Berufungsgericht gab der vom Kläger gegen dieses Urteil erhobenen Berufung nicht Folge. Der Kläger habe seine Ersatzforderung zuletzt ausdrücklich und ausschließlich darauf gestützt, dass er ein Pfandrecht an der Cessna 150 erworben habe. Den ursprünglich erhobenen Klagegrund des Eigentums habe er explizit fallen gelassen. Soweit sich der Kläger in der Berufung erstmals auf seine obligatorische Anwartschaft auf einen Eigentumserwerb stütze, handle es sich um eine unbeachtliche Neuerung iSd § 482 ZPO.

Zum wirksamen Erwerb eines Pfandrechts gehöre ein wirksames Grund bzw Verpflichtungsgeschäft, das hier in Form des Pfandbestellungsvertrags vom 11. 5. 2009 vorliege. Allerdings bedürfe es darüber hinaus auch eines Verfügungsgeschäfts. Gemäß § 451 Abs 1 ABGB müsse der mit einem Titel versehene Gläubiger die Sache in Verwahrung nehmen, um das Pfandrecht wirklich zu erwerben. Das Gesetz verlange eine körperliche Übergabe der Pfandsache vom Pfandbesteller an den Pfandgläubiger. Eine Verpfändung durch „Zeichen“ (symbolische Übergabe) iSd § 452 ABGB sei davon abweichend nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn eine Gewahrsamsänderung entweder physisch nicht möglich oder untunlich sei, wofür eine Unzweckmäßigkeit der körperlichen Übergabe aufgrund der Beschaffenheit der Sache (zB Gewicht, Sperrigkeit) genüge. Die Zulässigkeit einer Verpfändung durch Zeichen ändere grundsätzlich nichts daran, dass die verpfändete Sache, soweit möglich, der Zugriffsmacht des Schuldners entzogen und in die Verfügungsmacht des Pfandgläubigers überführt werden müsse.

Im konkreten Fall seien dem Kläger acht Klein- bzw Leichtflugzeuge verpfändet worden. Er habe kein Vorbringen erstattet, dass und warum es unmöglich oder untunlich gewesen sein sollte, diese Klein bzw Leichtflugzeuge in seine Verwahrung zu nehmen, sie sich also körperlich übergeben zu lassen. Auch sonst sei kein triftiger Grund ersichtlich, der gegen die Anwendung des Faustpfandprinzips spreche. Es wäre problemlos möglich gewesen, die Flugzeuge dem Kläger auf ihrem Abstellplatz am Flughafen körperlich zu übergeben und ihm die alleinige Zugangsberechtigung zu dem abgegrenzten Bereich einzuräumen. Ließen Betriebsmittel, die verpfändet werden sollen, eine körperliche Übergabe zu, sei ihre Verpfändung in einer Form, die es ermögliche, sie zur weiteren Benützung im Betrieb des Schuldners zur Verfügung zu halten, ausgeschlossen. Der Wunsch nach einer betrieblichen Weiterverwendung der Pfandsache durch den Pfandbesteller könne die ausnahmsweise Zulässigkeit einer bloß symbolischen Übergabe nicht bewirken, sondern sei nur umsetzbar, wenn sich die Zulässigkeit einer Verpfändung nach § 452 ABGB schon aus anderen, in der körperlichen Beschaffenheit der Pfandsache gelegenen Gründen bejahen lasse. Soweit der Kläger geltend mache, dass bei einer Übernahme der Flugzeuge in seine Gewahrsame Kosten entstanden wären (Stellplatzmiete, Verlust der Mineralölsteuerbefreiung, Wegfall des Flottenrabatts bei der Versicherungsprämie), handle es sich um unbeachtliche Neuerungen iSd § 482 ZPO. Im konkreten Fall sei daher eine Verpfändung der Flugzeuge durch bloße Zeichen nicht zulässig gewesen. Mangels körperlicher Übergabe habe eine wirksame Verpfändung nicht stattgefunden. Auf die Beweisrüge gegen die negative Feststellung des Erstgerichts zur Behauptung des Klägers, dass am Flugzeug Hinweise auf die Verpfändung angebracht waren, brauche daher ebenso wenig eingegangen zu werden, wie auf die Frage, ob allenfalls vorhandene Pfandvermerke hinreichend deutlich gewesen seien.

Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht nachträglich zugelassene Revision des Klägers.

Die Beklagten beantragen die Zurückweisung, hilfsweise die Abweisung der Revision.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, weil für die Entscheidung die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage nicht geklärt werden muss:

I. Auf welche Weise das Pfandrecht an Leichtflugzeugen der hier in Rede stehenden Art zu übertragen bzw ob eine körperliche Übergabe des Pfandgegenstands erforderlich ist, braucht hier nicht geklärt zu werden, weil selbst im Falle der Bejahung der Zulässigkeit der Übergabe durch Zeichen der Kläger eine wirksame Übergabe der Pfandsache nicht einmal behauptet hat.

Der Kläger hat sich nämlich in erster Instanz ausschließlich darauf gestützt, dass am in Rede stehenden Flugzeug auf sein Pfandrecht hinweisende Aufkleber angebracht worden seien; ein größerer Aufkleber habe sich außen, ein kleinerer im Cockpit befunden. Dem zur Illustration dieses Vorbringens vorgelegten Lichtbildern ist zu entnehmen, dass es sich um einen sehr kleinen, nicht in die Augen fallenden Aufkleber im Cockpit und um einen (wenig) größeren im Heckbereich handelt, beide versehen mit einer sechszeiligen Aufschrift in einer angesichts des vorhandenen Platzes notgedrungen nicht sehr großen Schrift. Ob solche Aufkleber überhaupt am hier in Rede stehenden Flugzeug vorhanden waren, steht nicht fest, weil das Berufungsgericht die entsprechende Negativfeststellung des Erstgerichts nicht überprüft hat. Das Erstgericht hat aber völlig zu Recht in Frage gestellt, ob selbst bei Bejahung der Zulässigkeit der Pfandrechtsbegründung durch Zeichen eine derartige Art der Kennzeichnung des Flugzeugs zur wirksamen Pfandrechtsbegründung ausreicht.

Nach § 452 ABGB müssen für die Übergabe Zeichen verwendet werden, aus denen jedermann die Verpfändung leicht erkennen kann. „Jedermann“ ist dabei der an der bestimmten Sache Interessierte zu verstehen. Dieser muss die Zeichen bei gewöhnlicher Aufmerksamkeit erkennen können (SZ 67/78; 3 Ob 2442/96f). Unter den hier gegebenen Umständen die Flugzeuge befanden sich in der ausschließlichen Gewahrsame der B***** in einem nur für diese (und auch nicht für den Kläger) zugänglichen Bereich und wurden uneingeschränkt von der B***** betrieblich genutzt wird die Anbringung zweier Aufkleber der dargestellten Art und Größe diesen Erfordernissen bei einem Flugzeug nicht gerecht. Selbst wenn daher am Flugzeug die vom Kläger beschriebenen Aufkleber angebracht gewesen sein sollten, konnte bei einer derart unzureichenden Kennzeichnung keine Rede sein, dass jeder Interessierte die Verpfändung des Flugzeugs an den Kläger erkennen konnte.

Damit erweisen sich aber die Entscheidungen der Vorinstanzen schon aus diesem Grund als berechtigt.

II. Der Kläger hat den Klageanspruch im Lauf des Verfahrens „ausdrücklich“ (ON 24) auf das Pfandrecht und die Zerstörung der Pfandsache und nicht mehr auf das (bis dahin behauptete) Eigentum gestützt. Bei diesem Vorbringen ist er auch nach ausführlicher Sach und Rechtserörterung des Erstgerichts vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz (ON 24) geblieben. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass es sich bei dem erstmals in der Berufung geltend gemachten Anspruchsgrund einer „obligatorischen Anwartschaft auf einen Eigentumserwerb“ um eine unzulässige und daher nicht zu behandelnde Neuerung iSd § 482 ZPO handle, ist daher nicht zu beanstanden.

Da somit Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität hier nicht zu beantworten waren, war die Revision als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagten haben auf die Unzulässigkeit der Revision in ihren Revisionsbeantwortungen hingewiesen.