JudikaturJustiz7Ob688/82

7Ob688/82 – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. September 1982

Kopf

SZ 55/128

Spruch

Der Erwerber eines auf den Inhaber lautenden Schecks muß auch bei einem Verrechnungsscheck die Berechtigung des Veräußerer grundsätzlich nicht prüfen

OGH 16. September 1982, 7 Ob 688/82 (LGZ Wien 45 R 86/82; BG Innere Stadt Wien 39 C 68/79)

Text

Die Beklagte hat im Jahre 1978 einen am 17. 8. 1978 von Helmut R auf die klagende Bank gezogenen Verrechnungsscheck über 4000 DM bei der Ersten Österreichischen Spar-Casse zur Zahlung präsentiert und den Schillinggegenwert für den Scheckbetrag erhalten. Die Klägerin hat den Scheck aus Versehen eingelöst, obwohl er vom Aussteller bereits widerrufen war. Mit der Behauptung, die Beklagte hätte die Einlösung des Schecks schlechtgläubig veranlaßt, verlangt sie den Ersatz des Schillinggegenwertes für 4000 DM.

Das Erstgericht hat dem Klagebegehren stattgegeben, wobei es von folgenden wesentlichen Feststellungen ausging:

Die Beklagte hatte der Firma S GesmbH Co.KG, mit deren Gesellschaftern Johann und Pauline S sie entfernt verwandt ist, ein Darlehen von 300 000 S gewährt. Die genannte Firma hatte den deutschen Staatsbürger Benno R als Gesellschafter in Aussicht genommen, wobei dieser einen Geschäftsanteil von 150 000 S erwerben sollte. Es war vereinbart, daß Benno R diese 150 000 S direkt an die Beklagte zur teilweisen Abstattung der Darlehensschuld der Firma S zahlen sollte. Tatsächlich zahlte er auch eine Rate von 5000 DM, allerdings nicht direkt an die Beklagte, sondern an die Firma, welche die Zahlung an die Beklagte weiterleitete. Am 17. 8. 1978 stellte Helmut A in München auf sein Konto bei der Klägerin einen Verrechnungsscheck über 4000 DM, zahlbar an die U GesmbH, F bei München, oder Überbringer aus. Er sandte diesen Scheck auf dem Postwege der genannten Firma, doch langte der Scheck dort nicht ein, sondern geriet auf ungeklärte Weise in die Hände des Benno R. Dieser schickte den Scheck ohne Begleitschreiben und ohne Absender an die Beklagte. Am 25. 8. 1978 ließ Helmut A, nachdem er vom Verschwinden des Schecks Kenntnis erlangt hatte, diesen bei der Klägerin sperren. Da die Beklagte bereits Zahlungen des Benno R erwartete und annahm, daß der ihr zugegangene Scheck als Abstattung einer weiteren Rate aufzufassen sei, übergab sie ihn am Tage des Einlangens, dem 29. 8. 1978, der Ersten Österreichischen Spar-Casse zur Einlösung. Sie hatte nicht die geringsten Zweifel bezüglich der Herkunft der Schecks. Nach Vorlage dieses Schecks traf die Beklagte am selben Tage das Ehepaar S, dem sie von dem Eingang erzählte. Pauline S zeigte sich erleichtert, daß Benno R Zahlung geleistet habe, wies aber darauf hin, daß der Scheck nicht über die Buchhaltung der Firma S gelaufen und die Weitergabe eines Verrechnungsschecks unüblich sei. Trotz der Sperre wurde der Scheck infolge eines Versehens einer Angestellten der Klägerin honoriert und die Beklagte erhielt Zahlung.

Das Erstgericht führte aus, die Rechtssache sei nach deutschem Recht zu beurteilen. Nach den Grundsätzen der Bereicherung bei Anweisungen könne auch von einem Dritten direkt Ersatz verlangt werden, wenn sowohl das Deckungsverhältnis als auch das Valutaverhältnis mangelhaft seien. Im vorliegenden Fall liege ein solcher Doppelmangel vor, weil einerseits die Klägerin dem Aussteller des Schecks gegenüber verpflichtet gewesen wäre, den Scheck nicht zu honorieren, und andererseits die Beklagte vom Aussteller nichts fordern hätte dürfen. Demnach spiele auch die Gutgläubigkeit der Beklagten beim Erwerb des Schecks keine Rolle.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Es trat zwar der Rechtsansicht des Erstgerichtes bezüglich der Beurteilung der Rechtssache nach deutschem Recht bei, führte aber im wesentlichen aus, der Doppelmangel liege nicht vor, weil der gutgläubige Inhaber eines Schecks Zahlung verlangen könne, ohne daß sein Verhältnis zum Aussteller geprüft werden müsse. Die Gutgläubigkeit der Beklagten bei Erwerb des Schecks ergebe sich aus dem festgestellten Sachverhalt, weil die Umstände des Falles ihre Annahme, es handle sich um eine ihr zustehende Zahlung, gerechtfertigt hätten. Zur Nachprüfung der Identität des Ausstellers sei aber der Erwerber eines Schecks nicht verpflichtet, und zwar auch nicht bei einem Verrechnungsscheck.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

In rechtlicher Hinsicht ist davon auszugehen, daß, wie gar nicht mehr strittig ist, die Rechtssache nach deutschem Recht zu beurteilen ist, die hier maßgebende Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland aber von der Rechtslage in Österreich nicht abweicht.

Nach Art. 21 ScheckG ist der Inhaber eines Schecks, der einem früheren Inhaber irgendwie abhanden gekommen ist, zur Herausgabe nur verpflichtet, wenn er den Scheck in bösem Glauben erworben hat oder ihm beim Erwerb eine grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Grob fahrlässig handelt ein Erwerber erst, wenn er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in einem ungewöhnlichen, besonders schweren Maße verletzt hat. Es muß von ihm das unbeachtet geblieben sein, was im konkreten Fall jedem hätte einleuchten müssen. Da der Besitz eines Inhaberschecks den Inhaber bereits legitimiert, braucht der Erwerber des Schecks grundsätzlich die Berechtigung des Veräußerers nicht zu prüfen. Dies gilt auch bei einem Verrechnungsscheck (Baumbach - Hefermehl, Wechsel- und Scheckgesetz[13] 489). Der sich auf Art. 39 ScheckG stützende Verrechnungsvermerk hat nämlich nur Wirkungen für den Bezogenen (vgl. Baumbach - Hefermehl aaO 536 f.).

Im vorliegenden Fall steht fest, daß die Beklagte eine Forderung gegen eine Firma hatte und daß nach einer auch ihr bekannten Vereinbarung ein deutscher Staatsbürger Zahlungen auf diese Forderung direkt an sie leisten sollte. Bei dieser Sachlage konnte sie der Annahme sein, daß der ihr aus der Bundesrepublik Deutschland zugesandte Scheck der teilweisen Abstattung dieser Forderung dient. Nur nebenbei sei bemerkt, daß die Übermittlung des Schecks tatsächlich durch den wahren Schuldner erfolgt ist. In ihrer nicht unberechtigten Annahme wurde die Beklagte noch durch ihr Gespräch mit den Eheleuten S bestärkt, die keinen Zweifel bezüglich der Herkunft des Schecks äußerten und ebenfalls der Annahme waren, mit diesem Scheck sollte die offene Darlehensschuld beglichen werden. Wenn daher die Beklagte bei dieser Situation den Scheck bei ihrer Bank eingereicht hat, kann dieses Verhalten nicht als grob fahrlässig gewertet werden. Daß sie von der Sperre des Schecks Kenntnis erlangt hätte, wurde nicht festgestellt. Ob die Vorlage innerhalb der gesetzlichen Vorlagefrist erfolgt ist, spielt keine Rolle, weil die nicht rechtzeitige Vorlage des Schecks für den Inhaber lediglich zum Verlust des Rückgriffsrechtes führt (Baumbach - Hefermehl aaO 519).

Die Revision verweist auf die vom Erstgericht angestellten Erwägungen bezüglich der Bereicherung. Hiebei übersieht sie, ebenso wie das Erstgericht, daß die von ihr erwähnten Autoren lediglich die Anweisung im Auge hatten. Für den Scheckverkehr gelten jedoch eigene Bestimmungen. Es ist zwar richtig, daß im vorliegenden Fall das Deckungsverhältnis zwischen dem Aussteller des Schecks und der bezogenen Bank (Klägerin) mangelhaft war, doch liegt der vom Erstgericht angenommene Mangel im Valutaverhältnis nicht vor, weil, redlichen und nicht grob fahrlässigen Erwerb des Schecks vorausgesetzt, das Verhältnis zwischen dem Inhaber des Schecks und dem Aussteller grundsätzlich nicht zu prüfen ist. Dies ergibt sich aus Art. 22 ScheckG, demzufolge dem Inhaber keine Einwendungen entgegengehalten werden können, die sich auf die unmittelbaren Beziehungen des in Anspruch Genommenen zum Aussteller grunden. Die Abstraktheit des Schecks bringt es eben mit sich, daß bereits die bloße Innehabung des Schecks den Inhaber legitimiert. Demnach kann aber die Forderung des gutgläubigen Scheckinhabers, der den Scheck nicht grob fahrlässig erworben hat, nicht mit einem Mangel behaftet sein, der den Erhalt der Schecksumme als Bereicherung erscheinen lassen würde.