JudikaturJustiz7Ob24/12y

7Ob24/12y – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. Mai 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M* B*, vertreten durch Mag. Mustafa Tuncer, Rechtsanwalt in Kufstein, gegen die beklagte Partei U* AG, *, vertreten durch Dr. Andreas A. Lintl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 16. Dezember 2011, GZ 4 R 225/11m 23, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 11. September 2011, GZ 11 Cg 228/09s 17, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 6.436,30 EUR (darin enthalten 640,55 EUR USt und 2.593 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin wollte im Jahr 2008 ihrem Lebensgefährten Geld leihen. Sie musste dafür einen Kredit aufnehmen, den sie sicherstellen musste. Ihr langjähriger Versicherungsberater A* M* riet ihr, eine Lebensversicherung abzuschließen, die auf den Lebensgefährten lauten und von der Klägerin bezahlt werden sollte. In Abwesenheit des Lebensgefährten füllte M* ein entsprechendes Antragsformular der U* P* AG aus, ohne die Klägerin zum Gesundheitszustand des Lebensgefährten zu befragen. Die Frage der Klägerin, ob sich ihr Lebensgefährte einer ärztlichen Untersuchung unterziehen müsse, verneinte er. Der Lebensgefährte, der M* nicht persönlich bekannt war, unterfertigte das Formular einige Tage später. Das genannte, wie die Beklagte zur U*-Gruppe gehörende Versicherungsunternehmen (im Folgenden Lebensversicherer) nahm den Antrag des Lebensgefährten an; es stellte eine Versicherungspolizze aus, mit der es sich für den Fall des Ablebens des Versicherten im Zeitraum 1. 6. 2008 bis 1. 6. 2023 zur Leistung von 150.000 EUR verpflichtete. Als Versicherungsnehmer und Versicherter war der Lebensgefährte und als Bezugsberechtigte war die Klägerin angeführt. Von dieser wurden in der Folge die Versicherungsprämien bezahlt.

Im Herbst 2008 verstarb der Lebensgefährte. Mit Schreiben vom 2. 3. 2009 lehnte der Lebensversicherer die Auszahlung der Versicherungssumme an die Klägerin mit der Begründung ab, Ursache des Ablebens seien erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen gewesen, die bei Abschluss des Versicherungsvertrags bereits bestanden hätten, im Gesundheitsfragebogen vom Versicherungsnehmer jedoch nicht angegeben worden seien. Die Klägerin wurde im Ablehnungsschreiben darauf hingewiesen, dass sie innerhalb eines Jahres ab Erhalt des Schreibens Klage erheben müsse; nach Ablauf der Frist sei jeder Anspruch aus dem Vertrag erloschen.

Innerhalb der Frist wurde von der Klägerin keine Klage gegen den Lebensversicherer erhoben. Erst nach Fristablauf wollte die Klägerin ihre Ansprüche gegen diesen klagsweise geltend machen und begehrte dazu von der Beklagten, bei der sie damals rechtsschutzversichert war, Rechtsschutzdeckung. Die dem Versicherungsvertrag der Streitteile zugrunde gelegten Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz Versicherung (ARB 2005) enthalten unter anderem folgende, hier maßgebliche Bestimmungen:

„Artikel 9

Wann und wie hat der Versicherer zum Deckungsanspruch des Versicherungsnehmers Stellung zu nehmen?

2. Davon unabhängig hat der Versicherer das Recht, jederzeit Erhebungen über den mutmaßlichen Erfolg der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung anzustellen. Kommt er nach Prüfung des Sachverhaltes unter Berücksichtigung der Rechts und Beweislage zum Ergebnis,

2.1 dass hinreichende Aussicht besteht, in einem Verfahren im angestrebten Umfang zu obsiegen, hat er sich zur Übernahme aller Kosten nach Maßgabe des Artikel 6 (Versicherungsleistungen) bereit zu erklären;

2.2 dass diese Aussicht auf Erfolg nicht hinreichend, d.h. ein Unterliegen in einem Verfahren wahrscheinlicher ist als ein Obsiegen, ist er berechtigt, die Übernahme der an die Gegenseite zu zahlenden Kosten abzulehnen;

2.3 dass erfahrungsgemäß keine Aussicht auf Erfolg besteht, hat er das Recht, die Kostenübernahme zur Gänze abzulehnen.

Artikel 19

Schadenersatz und Straf Rechtsschutz für den Privat , Berufs und Betriebsbereich.

2. Was ist versichert?

Der Versicherungsschutz umfasst

2.1 Schadenersatz Rechtsschutz

Für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts wegen eines erlittenen Personen , Sach oder Vermögensschadens;

3. Was ist nicht versichert?

3.1 Zur Vermeidung von Überschneidungen mit anderen Rechtsschutz Bausteinen umfasst der Versicherungsschutz nicht

3.1.3 die Geltendmachung von Ansprüchen aus schuldrechtlichen Verträgen sowie die Geltendmachung von Ansprüchen wegen reiner Vermögensschäden, die aus der Verletzung vertraglicher Pflichten entstehen und über das Erfüllungsinteresse hinausgehen, oder aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten entstehen (versicherbar in Artikel 23);

Artikel 23

Allgemeiner Vertrags Rechtsschutz

2. Was ist versichert?

2.1 Der Versicherungsschutz umfasst die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus schuldrechtlichen Verträgen des Versicherungsnehmers über bewegliche Sachen sowie aus Reparatur und sonstigen Werkverträgen des Versicherungsnehmers über unbewegliche Sachen.

Als Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus schuldrechtlichen Verträgen gilt auch die Geltendmachung und Abwehr von Ansprüchen wegen reiner Vermögensschäden, die aus der Verletzung vertraglicher Pflichten entstehen und über das Erfüllungsinteresse hinausgehen, oder aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten entstehen.

…“

Die Klägerin begehrte mit der vorliegenden Klage die Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten für die Geltendmachung von vertraglichen und/oder schadenersatzrechtlichen Ansprüchen gegen den Lebensversicherer bis zu einem Kostenhöchstbetrag von 112.500 EUR; dazu wurde ein ähnliches Eventualbegehren erhoben. Zur Begründung des Schadenersatzanspruchs führte die Klägerin aus, durch die unrichtige Beratung des A* M*, dessen Verhalten sich der Lebensversicherer zurechnen lassen müsse, sei ihr ein Schaden in Höhe der Versicherungssumme entstanden.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Der Anspruch der Klägerin aus Vertrag falle nicht unter den Deckungsbaustein des Art 23 ARB („Allgemeiner Vertragsrechtsschutz“), weil nicht die Klägerin, sondern deren Lebensgefährte Versicherungsnehmer gewesen sei. Aber auch für eine Schadenersatzklage bestehe keine Rechtsschutzdeckung, weil sich der Schadenersatz Rechtsschutz nur auf außervertragliche Ansprüche beziehe. Im Übrigen wäre (auch) eine Schadenersatzklage gegen den Lebensversicherer schon deshalb aussichtslos, weil die einjährige Klagefrist nach § 12 Abs 3 VersVG, die auch diesbezüglich gelte, nicht gewahrt worden sei.

Soweit die Klägerin Rechtsschutzdeckung für die Geltendmachung vertraglicher Ansprüche gegenüber dem Lebensversicherer aus dem Lebensversicherungsvertrag begehrte, wurde die Klage bereits rechtskräftig mit Teilurteil abgewiesen.

Das Erstgericht wies im zweiten Rechtsgang auch das restliche Klagebegehren auf Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten für die Geltendmachung schadenersatzrechtlicher Ansprüche der Klägerin gegen den Lebensversicherer und das dazu erhobene Eventualfeststellungsbegehren ab. Zwar habe zwischen der Klägerin und dem Lebensversicherer kein Vertragsverhältnis im engeren Sinn bestanden. Die Klägerin sei aber in das Versicherungsverhältnis als Inkassoverpflichtete und Begünstigte miteingebunden und treibende Kraft für die Anbahnung der Lebensversicherung gewesen, sodass zwischen ihr und dem Lebensversicherer ein vorvertragliches Schuldverhältnis mit Aufklärungs und Informationspflichten bestanden habe. Eine Schadenersatzklage auf Grund allfälliger Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten sei auch nicht von vornherein aussichtslos. Zufolge der Bestimmung des Art 19.3.1.3 der ARB 2005 falle der von der Klägerin beabsichtigte Rechtsstreit aber nicht in die Deckungsverpflichtung aus dem Rechtsschutzverhältnis, sodass auch das restliche Klagebegehren nicht berechtigt sei.

Das von der Klägerin angerufene Berufungsgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichts dahin ab, dass es dem Hauptbegehren stattgab. Es sei allgemein anerkannt, dass präsumtive Vertragspartner schon mit der Kontaktaufnahme zu rechtsgeschäftlichen Zwecken in ein vorvertragliches Schuldverhältnis träten, das von einem späteren Vertragsabschluss unabhängig sei und Schutz , Sorgfalts und Aufklärungspflichten begründe. Die Verletzung dieser Pflichten mache als culpa in contrahendo schon bei Fahrlässigkeit auch für bloße Vermögensschäden haftbar. Die Klägerin habe mit dem Agenten des Lebensversicherers A* M* zwecks Abschlusses einer Versicherung gegen das Risiko des Ausfalls der Kreditrückzahlungen Kontakt aufgenommen und selbst die Verpflichtung zur Leistung der Versicherungsprämien übernommen. Sie sei damit in eine vorvertragliche Beziehung mit dem Lebensversicherer getreten. Für den diesem unstrittig zuzurechnenden Versicherungsagenten M* sei offensichtlich gewesen, dass die Klägerin ein ihr allenfalls durch den Tod ihres Lebensgefährten drohendes Kreditrisiko sichern habe wollen, sodass durch die behauptete falsche oder unvollständige Aufklärung über die Beantwortung von Gesundheitsfragen betreffend den Versicherten vorwiegend, wenn nicht gar ausschließlich, die Interessen der Klägerin verletzt worden seien. Der von der Klägerin gegen den Lebensversicherer erhobene Schadenersatzanspruch sei daher dem Rechtsschutzbaustein des Art 23.2.1 zu unterstellen. Entgegen der Ansicht der Beklagten und des Erstgerichts sei eine Deckung der beabsichtigten (mittlerweile bereits erhobenen) Schadenersatzklage der Klägerin gegen den Lebensversicherer daher gegeben.

Die Beklagte habe den Einwand mangelnder Erfolgsaussichten im Schadenersatzprozess allein damit begründet, dass auch Schadenersatzansprüche aus culpa in contrahendo gemäß § 12 Abs 3 VersVG bei nicht rechtzeitiger Klageerhebung innerhalb eines Jahres verfristeten und diese Jahresfrist im vorliegenden Fall unstrittig bereits abgelaufen sei. Entgegen dieser Ansicht der Beklagten beziehe sich nach dem Wortlaut des § 12 VersVG die dort normierte einjährige Frist zur Klagserhebung nach qualifizierter Ablehnung eines Deckungsanspruchs durch den Versicherer ausschließlich auf den Deckungs /Erfüllungsanspruch, nicht jedoch auf schadenersatzrechtliche Ansprüche, etwa wegen culpa in contrahendo wegen Verletzungen von Schutz , Sorgfalts und Aufklärungspflichten. Eine gegenteilige höchstgerichtliche Rechtsprechung gebe es in Österreich nicht. Dass zweitinstanzliche Gerichte in Deutschland, wie in Prölss/Martin , VVG 27 § 12 Rn 23 angeführt, diesen Standpunkt vertreten hätten, begründe keine Aussichtslosigkeit oder auch nur eine unter 50 % liegende Erfolgschance des von der Klägerin mittlerweile gegen den Lebensversicherer eingeleiteten Schadenersatzprozesses. Solange keine diesbezügliche höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege, dass auch Ansprüche aus culpa in contrahendo den „Ansprüchen aus Versicherungsverträgen“ im Sinn des § 12 VersVG gleichzusetzen seien, könne nicht von einer mangelnden Erfolgsaussicht einer Schadenersatzklage wegen Verfristung ausgegangen werden.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Ob Deckungsschutz für eine beabsichtigte Klagsführung gegeben sei, hänge von den Umständen des Einzelfalls ab. Hinsichtlich der Frage, unter welchen Umständen der Einwand der Aussichtslosigkeit einer Prozessführung durch den Rechtsschutzversicherer berechtigt sei, habe sich das Berufungsgericht an der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung orientiert, sodass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulassung der ordentlichen Revision nicht vorlägen.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten, die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass das erstgerichtliche Urteil wiederhergestellt werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, dem außerordentlichen Rechtsmittel ihrer Prozessgegnerin keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem, den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO), Ausspruch des Berufungsgerichts zulässig und berechtigt.

Wie bereits erwähnt, sind nur mehr die auf Schadenersatz wegen culpa in contrahendo gestützten Ansprüche der Klägerin gegen den Lebensversicherer strittig. Dass die Ansprüche der Klägerin, soweit sie auf den Versicherungsvertrag als solchen gestützt werden, gemäß § 12 Abs 3 VersVG verfristet sind und daher dafür wegen Aussichtslosigkeit keine Rechtsschutzdeckung besteht, bildet keinen Streitpunkt mehr.

Der Ansicht des Berufungsgerichts, für die auf culpa in contrahendo gestützten Schadenersatzansprüche bestehe nach dem Rechtsschutzbaustein „Allgemeiner Vertrags Rechtsschutz“ (Art 23 ARB 2005) grundsätzlich Rechtsschutzdeckung, hält die Revisionswerberin lediglich entgegen, dass keine Deckung gegeben sei, wenn ein Sachverhalt unter keinen der Deckungsbausteine falle. Mit den vom Berufungsgericht angestellten Überlegungen zur Problematik der grundsätzlichen Rechtsschutzdeckung für Ansprüche aus culpa in contrahendo setzt sich die Revisionswerberin nicht weiter auseinander. Das Berufungsgericht hat dazu zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin in eine vorvertragliche Beziehung zum Lebensversicherer trat und ihre Interessen durch eine von ihr nun behauptete falsche oder unvollständige Aufklärung des dem Lebensversicherer zuzurechnenden Versicherungsagenten verletzt wurden. Ihre Schadenersatzansprüche seien daher dem Rechtsschutz Baustein des Art 23 ARB („Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus schuldrechtlichen Verträgen in Bezug auf die Geltendmachung von Ansprüchen wegen reiner Vermögensschäden, die aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten entstehen“) zu unterstellen. Ein nur „aus Gründen äußerster prozessualer Vorsicht“ in diesem Zusammenhang geltend gemachter Grund für die Zulassung der außerordentlichen Revision ist entgegen der Ansicht der Revisionswerberin daher nicht gegeben.

Hingegen wird von dieser eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu Recht in der Frage erblickt, ob auch auf culpa in contrahendo gestützte Schadenersatzansprüche des aus einer Lebensversicherung Begünstigten unter § 12 Abs 3 VersVG fallen. Zweck dieser Bestimmung ist die möglichst schnelle Klärung, ob die Deckungsablehnung des Versicherers rechtens ist, weil durch jede Verzögerung in der Erledigung zweifelhafter Ansprüche die zuverlässige Feststellung der maßgebenden Tatsachen erschwert und zugleich die Übersicht über den wahren Stand des Vermögens des Versicherers beeinträchtigt wird ( Römer in Römer/Langheid VVG 2 § 12 Rn 32). Nach herrschender Meinung ist die Bestimmung eng dahin auszulegen, dass nur Ansprüche, die ihre rechtliche Grundlage in dem betreffenden Versicherungsvertrag haben, die also nach ihrer Rechtsnatur auf dem Versicherungsvertrag beruhen ( Prölss in Prölss/Martin 27 § 12 VVG Rn 5), im Sinn des § 12 Abs 1 VersVG solche „aus dem Versicherungsvertrag“ sind.

Dies trifft auf den hier geltend gemachten Schadenersatzanspruch aus den vom Berufungsgericht zur Frage der Subsumtion unter den Art 23 ARB angestellten Erwägungen zu. Die Klägerin ist nach den festgestellten Umständen des vorliegenden Falls als Bezugsberechtigte des Lebensversicherungsvertrags so zu behandeln wie der Versicherungsnehmer. Dessen Schadenersatzansprüche aus culpa in contrahendo (Verschulden bei bzw vor Vertragsschluss) wurden in Deutschland nach der, der österreichischen ganz vergleichbaren, Rechtslage vor der Reform des VVG als Ersatz für die Versicherungsleistung dem § 12 Abs 3 VVG aF unterstellt (vgl etwa Römer aaO Rn 39; Prölss in Prölss/Martin VVG 28 § 15 Rn 6, jeweils mwN).

Die Beklagte meint, dies müsse auch nach österreichischem Recht gelten und verweist zur Unterstützung dieser Rechtsansicht auf die Entscheidung 7 Ob 229/08i, in der der Oberste Gerichtshof zum Ergebnis gelangte, dass sich die Vinkulierung eines Versicherungsanspruchs auch auf einen Schadenersatzanspruch aus culpa in contrahendo gegen den Versicherer beziehe. Ob die betreffenden Ausführungen des Obersten Gerichtshofs tatsächlich auch für den vorliegenden Fall übertragen werden können, kann aus folgenden Erwägungen hier dahingestellt bleiben: Die von der Klägerin geltend gemachten Schadenersatzansprüche aus culpa in contrahendo haben ihre rechtliche Grundlage in dem von der Klägerin ja initiierten und finanzierten und sie allein begünstigenden Lebensversicherungsvertrag und sollen die Versicherungsleistung ersetzen (vgl Römer aaO Rn 39). Vom deutschen Bundesgerichtshof wurde mit Blick auf Ansprüche aus culpa in contrahendo der allgemeine Rechtsgedanke entwickelt, dass die für vertragliche Erfüllungsansprüche maßgeblichen Verjährungsfristen auch für solche Ansprüche gelten sollten, die wirtschaftlich die Stelle der vertraglichen Erfüllungsansprüche einnehmen und insoweit der „Ersatzwert des ursprünglich Bedungenen“ sind (BGH IV ZR 44/03, VersR 2004, 361 [362]). Der gesetzliche Zweck der kurzen Verjährungsfrist gehe dahin, für beide Ansprüche (für den Erfüllungsanspruch aus dem Versicherungsvertrag und für den Anspruch aus culpa in contrahendo) in gleicher Zeit Rechtsfrieden herzustellen (BGHZ 87, 27 [37]). Diese Überlegungen überzeugen. Der Oberste Gerichtshof ist daher der Ansicht, dass die Bestimmung des § 12 Abs 3 VersVG auch auf die Versicherungsleistung ersetzende Ansprüche aus culpa in contrahendo anzuwenden ist.

Die im Schrifttum mehrfach angestellte Überlegung, § 12 Abs 3 VersVG privilegiere die Versicherer über Gebühr und gehöre daher, wie in Deutschland inzwischen geschehen, abgeschafft (vgl etwa Römer aaO, Rn 32; Gruber in BK § 12 Rn 41 f mwN), kann dieses Ergebnis nicht zu Gunsten der Klägerin verändern; die Bestimmung ist, solange sie in Österreich zum Rechtsbestand gehört, auch entsprechend anzuwenden, wenn sich ein Versicherer, wie hier die Beklagte, darauf beruft. Ob die Frist des § 12 Abs 3 VersVG auch schon von Amts wegen wahrzunehmen wäre ( Gruber aaO Rz 45), muss hier nicht erörtert werden.

Es steht fest, dass die Klägerin die in § 12 Abs 3 VersVG normierte Jahresfrist versäumt hat. Der Einwand der Beklagten, die Verfolgung der Ansprüche sei demnach aussichtslos und Rechtsschutzdeckung deshalb nicht gegeben, ist daher berechtigt. Dass es zur Frage, ob § 12 Abs 3 VersVG auch für einschlägige Schadenersatzansprüche wegen culpa in contrahendo gilt, bislang noch keine oberstgerichtliche Judikatur gab, kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts daran, dass die betreffende Klagsführung objektiv als aussichtslos angesehen werden muss, nichts ändern.

Die Beklagte hat demnach gemäß Art 9.2.3 der ARB 2005 die Rechtsschutzdeckung (auch) für die von der Klägerin aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes aus culpa in contrahendo gegen den Lebensversicherer inzwischen erhobene Klage wegen Aussichtslosigkeit zu Recht abgelehnt. Der Revision ist daher Folge zu geben. Da das Erstgericht im Ergebnis richtig entschieden hat, ist das Ersturteil wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs und des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.