JudikaturJustiz6Ob46/06t

6Ob46/06t – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. März 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Firmenbuchsache der L*****, über den Revisionsrekurs der Geschäftsführer 1. Mag. Werner W*****, 2. Dr. Martin W*****, und

3. der Gesellschaft, ***** alle vertreten durch Dr. Georg Prantl, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 11. Jänner 2006, GZ 4 R 346/05i-31, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Verhängung von Zwangsstrafen gegen alle Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist sachlich gerechtfertigt und führt weder zu einer gleichheitswidrigen Benachteiligung von Gesellschaften mit mehreren Geschäftsführern noch übt das Gericht damit einen unverhältnismäßigen Zwang aus (stRsp 6 Ob 14/00b; 6 Ob 207/05t; RIS-Justiz RS0115833, RS0113283, RS0113282, RS0113285). Ob die jedem Geschäftsführer auferlegte Zwangsstrafe angesichts einer Mehrzahl von Geschäftsführern angemessen ist, hängt - wie alle Fragen zur Angemessenheit von Zwangsstrafen - von den Umständen des Einzelfalles ab und verwirklicht keine erhebliche Rechtsfrage. Angesichts der beharrlichen Weigerung der Gesellschaft vertreten durch ihre Organe, den gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen, bedeutet die Auffassung der Vorinstanzen, die mit je 2.300 EUR über jeden der beiden Gesellschafter verhängte Zwangsstrafe sei angemessen, keine im Rahmen eines außerordentlichen Rechtsmittels aufzugreifende Fehlbeurteilung.

Rechtssätze
4
  • RS0113282OGH Rechtssatz

    14. September 2021·3 Entscheidungen

    1. Die zwingenden Offenlegungsvorschriften der §§ 277 ff HGB an die gesetzlichen Vertreter von Kapitalgesellschaften richten sich an alle Geschäftsführer. Adressaten der Zwangsstrafenandrohung sind alle Mitglieder eines kollegialen Vertretungsorganes, unabhängig von einer Geschäftsverteilung. Die Verhängung von Zwangsstrafen gegen jeden Geschäftsführer führt weder zu einer gleichheitswidrigen Benachteiligung von Gesellschaften mit mehreren Geschäftsführern, noch übt das Gericht damit unverhältnismäßigen Zwang aus. 2. Die Offenlegungsbestimmungen und Sanktionsbestimmungen wurden durch das GesRÄG 1996 in richtlinienkonformer Umsetzung der 1. und 4. gesellschaftsrechtlichen Richtlinie des Rates (Publizitäts-RL 68/151/EWG und Bilanz-RL 78/660/EWG) formuliert, die ihrerseits auf Art 44 Abs 2 lit g EG beruhen. Danach liegt der Zweck in der Koordination von Schutzbestimmungen, die den Gesellschaften in ihren Mitgliedstaaten im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu halten. Die detaillierten Bestimmungen dieser Richtlinien lassen dem nationalen Gesetzgeber nur geringen Umsetzungsspielraum; er ist auch dann zur Umzusetzung verpflichtet, wenn dies nur unter Verletzung von Grundrechten möglich wäre. 3. Es besteht kein Zweifel, dass die Offenlegungsbestimmungen und Sanktionsbestimmungen der 1. und 4. Richtlinie des Rates mit den Grundrechten der Gemeinschaft vereinbar sind.