JudikaturJustiz6Ob434/59

6Ob434/59 – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Januar 1960

Kopf

SZ 33/13

Spruch

Frist zur einredeweisen Bestreitung der Gültigkeit eines Pfandrechtes infolge Bestreitung der gleichzeitig damit einverleibten Löschung des Belastungsverbotes.

Entscheidung vom 27. Jänner 1960, 6 Ob 434/59.

I. Instanz: Kreisgericht Leoben; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.

Text

Ursula M., die Mutter der Beklagten, hat die Liegenschaft EZ. 140 Grundbuch K. ihrem Sohn Primus M., dem Bruder der Beklagten, mit Übergabsvertrag vom 29. Dezember 1951 übergeben. Entsprechend den von Primus M. im Übergabsvertrag übernommenen Pflichten wurde im Grundbuch unter COZ. 16 bei der Liegenschaft nebst der Dienstbarkeit der Wohnung und der Reallast des Ausgedinges bzw. der Leibrente das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der Ursula M. einverleibt. Der Nachlaß der am 28. April 1953 verstorbenen Ursula M. wurde am 4. Februar 1955 der Beklagten als der Alleinerbin eingeantwortet. Der Kläger ist einer Darlehensverbindlichkeit des Primus M. gegenüber der Raiffeisenkasse T. als Bürge und Zahler beigetreten und mußte aus diesem Rechtsgrund am 20. April 1957 an die Gläubigerin 21.365 S 20 g zahlen. Mit Rang vom 4. Dezember 1953 wurde vom Bezirksgericht Murau als Grundbuchsgericht zu TZ. 644/53 auf Antrag des Primus M. bei der EZ. 140 Grundbuch K. auf Grund der die Ursula M. betreffenden Sterbeurkunde die Löschung der Dienstbarkeit der Wohnung und des Belastungs- und Veräußerungsverbotes und gleichzeitig auf Grund einer von Primus M. am 24. November 1953 ausgestellten Pfandbestellungsurkunde das Pfandrecht für die Forderungen des Klägers, welche allenfalls aus dem bestehenden Bürgschaftsverhältnis erwachsen, bis zum Höchstbetrag von 16.960 S einverleibt. Der Grundbuchsbeschluß wurde dem Einschreiter, seinem Bevollmächtigten, dem Kläger, der Finanzlandesdirektion und dem Verlassenschaftsgericht nach Ursula M. zugestellt. Mit Rang vom 13. September 1954 wurde in EZ. 140 Grundbuch K. bei der Eigentumseinverleibung des Primus M. die Klage der Verlassenschaft nach Ursula M. auf Löschung der Eigentumseinverleibung angemerkt. Diese Klage, die auf die Behauptung gestützt wurde, daß Ursula M. von Primus M. durch ungerechte und gegrundete Furcht zu dem Übergabsvertrag vom 29. Dezember 1951 veranlaßt worden sei, wurde zunächst in zwei Instanzen abgewiesen; dann wurde die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligt, und im wiederaufgenommenen Verfahren hat Primus M. den gegen ihn erhobenen Anspruch anerkannt, wogegen die Beklagte in einem gleichzeitig abgeschlossenen Vergleich - nebst anderen Gegenleistungen als Gegenleistung für das Anerkenntnis - gegenüber Primus M. auf einen Rückgriffsanspruch verzichtete, der ihr allenfalls aus der Tilgung der Hypothekarforderung des Klägers entstehe. Darauf wurde auf Grund des Anerkenntnisurteiles das Eigentumsrecht der Beklagten im Rang der Streitanmerkung (13. September 1954) einverleibt.

Das Erstgericht hat die Beklagte im Sinne des Klagebegehrens schuldig erkannt, dem Kläger 16.900 S samt 4% Zinsen seit 19. März 1958 bei Exekution in die Liegenschaft EZ. 140 Grundbuch K. binnen 14 Tagen zu zahlen. Das Veräußerungs- und Belastungsverbot sei als höchstpersönliches Recht mit dem Tod der Ursula M. erloschen und sei daher auf Antrag des Primus M. zu Recht gelöscht worden. Abgesehen davon komme eine Schlechtgläubigkeit des Klägers nicht in Frage. Die Beklagte hafte als Pfandschuldnerin mit der ihr gehörigen Pfandliegenschaft für das pfandrechtlich sichergestellte Kapital samt den Zinsen hievon ab Mahnung.

Das Berufungsgericht hat der Berufung der Beklagten nicht Folge gegeben. Es teilt hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes die Rechtsansicht des Erstgerichtes. Schon im Hinblick auf diese durch die oberstgerichtlichen Entscheidungen ZBl. 1936 Nr. 278 und SZ. XVII 156 gestützte Rechtsansicht der Untergerichte könnte selbst bei anderer Rechtsansicht Unredlichkeit des Klägers wegen unrichtiger Beurteilung der Rechtslage keinesfalls angenommen werden. Auf andere Tatsachen werde aber die behauptete Unredlichkeit des Klägers nicht gestützt. Die Behauptung, der Beschluß über die Einverleibung des Pfandrechtes zugunsten des Klägers sei mangels Zustellung an einen Verlassenschaftskurator oder an die Erbin noch nicht in Rechtskraft erwachsen, stelle sich als unbeachtliche Neuerung dar. Überdies sei die Frist des § 64 GBG. 1955 abgelaufen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Beklagte irrt, wenn sie in der Revision ausführt, der Kläger habe im Sinne des § 62 GBG. 1955 unmittelbar durch die nach Ansicht der Beklagten fehlerhafte Einverleibung der Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes sein gegenständliches Pfandrecht erworben. Durch diese Löschung wurde unmittelbar nur der damalige Liegenschaftseigentümer Primus M. (der entgegen der Revisionsbehauptung diese Löschung auch beantragt hat) von einer Last befreit. Der Kläger wurde daher vom Berufungsgericht richtig als "dritte Person" im Sinne der §§ 63 f. GBG. 1955 behandelt. Daß die Einverleibung der Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes und die Einverleibung des Pfandrechtes zugunsten des Klägers gleichzeitig (§ 21 GBG. 1955) erfolgten, ändert nichts daran, daß von der Beklagten die Einverleibung des Pfandrechtes des Klägers nur deshalb als fehlerhaft bekämpft wird, weil sie auf der von der Beklagten als ungültig bestrittenen Einverleibung der Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes beruht. In erster Linie richtet sich die Bestreitung der Beklagten also gegen die Einverleibung der Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes; in dieser Einverleibung ist nach Ansicht der Beklagten der Fehler gelegen, der auch das Pfandrecht des Klägers anfechtbar machen soll. Durch diese Einverleibung der Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes hat aber der Kläger - wie bereits ausgeführt - weder unmittelbar ein Recht erworben, noch ist er dadurch von einer Last befreit worden. Wird sogar davon ausgegangen, daß die vorschriftsmäßige Verständigung der Verlassenschaft nach Ursula M. oder der Beklagten von der Bewilligung der Einverleibung der Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes unterblieb - der Inhalt des Aktes TZ. 644/53 des Bezirksgerichtes Murau wurde vom Erstgericht vorgetragen, so daß ein ihn betreffendes Vorbringen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes keine unzulässige Neuerung dar stellt -, dann hat gemäß § 64 GBG. 1955 die dreijährige Frist zur - auch einredeweisen - Bestreitung dieser Einverleibung als ungültig gegenüber dem Kläger als einer dritten Person, die auf Grund der bestrittenen Einverleibung eine weitere Einverleibung im guten Glauben erwirkt hat, in dem Zeitpunkt, in dem die angefochtene Einverleibung beim Grundbuchsgericht angesucht worden ist, also am 4. Dezember 1953, zu laufen begonnen, ist also bereits am 4. Dezember 1956 abgelaufen, während die gegenständliche Klage erst am 20. Dezember 1958 überreicht wurde. Was die Frage anlangt, ob der Kläger sein Pfandrecht im guten Glauben erworben hat, ist auf die zutreffenden, in der Revision nicht bekämpften Ausführungen des Berufungsgerichtes zu verweisen, denen das Revisionsgericht beitritt.

Da wegen des gedachten Fristablaufes die Beklagte den Klageanspruch nicht mehr bestreiten kann, erübrigt sich ein Eingehen auf die sonstigen Revisionsausführungen, insbesondere zu der Frage, ob die Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes zu Recht bewilligt wurde.