JudikaturJustiz6Ob165/21i

6Ob165/21i – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Oktober 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden, die Hofräte Univ. Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny, die Hofrätin Dr. Faber und den Hofrat Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers DDr. J* W*, vertreten durch Dr. Dr. Josef Wieser Rechtsanwalts GmbH in Wien, wider die Antragsgegnerin L* STEUERBERATUNGS GMBH, *, vertreten durch Singer Fössl Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Bucheinsicht, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 6. Juli 2021, GZ 6 R 70/21i 29, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die Ausübung des Bucheinsichtsrechts eines GmbH-Gesellschafters durch Bevollmächtigte ist im Allgemeinen nur mit Einverständnis der anderen Gesellschafter zulässig, ohne deren Einverständnis dann, wenn der Gesellschafter zB wegen längerdauernder Erkrankung oder dauernder Abwesenheit nicht selbst Einsicht nehmen kann (vgl 8 Ob 221/66; 8 Ob 354/66). Überdies ist anerkannt, dass der Gesellschafter grundsätzlich befugt ist, bei der Ausübung seines Informationsrechts zur Verschwiegenheit verpflichtete sachverständige Dritte (etwa Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Buchsachverständige) beizuziehen, es sei denn, deren Mitwirkung wäre völlig überflüssig (8 Ob 221/66) oder im Einzelfall in Hinblick auf die damit verbundene Störung des Geschäftsbetriebs der Gesellschaft oder aus anderen Gründen als schikanös oder rechtsmissbräuchlich anzusehen (6 Ob 89/16f).

[2] Dies dient der Wahrung des Interesses der Gesellschaft an der Geheimhaltung von Gesellschaftsinterna (6 Ob 89/16f) und hängt daher nicht davon ab, ob und durch wen sich die Gesellschaft selbst vertreten lässt.

[3] 2. Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller im erstinstanzlichen Verfahren weder Umstände behauptet, die einer Ausübung des Bucheinsichtsrechts durch ihn persönlich entgegenstünden noch die Beiziehung sachverständiger Dritter begehrt. Ob der Antragsteller als Rechtsanwalt und Steuerberater berechtigt wäre, dritte Sachverständige beizuziehen oder sein erstmals im Revisionsrekurs namentlich genannter Angestellter als solcher angesehen werden könnte, muss im Hinblick auf das Neuerungsverbot nicht beantwortet werden.

[4] 3. Das Rekursgericht war der Ansicht, allein der Umstand, dass mit der Bucheinsicht ein gewisser Zeitaufwand verbunden ist, stelle keinen ausreichenden Grund dar, der ausnahmsweise eine Vertretung zuließe; auf die Beiziehung eines sachverständigen Dritten habe sich der Antrag nicht gerichtet. Ein Anspruch auf die beantragte Ausübung des Bucheinsichtsrechts durch einen beliebigen Bevollmächtigten bestehe somit nicht.

[5] Diese Beurteilung findet Deckung in den erörterten Rechtsprechungsgrundsätzen.