JudikaturJustiz6Nd506/91

6Nd506/91 – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Mai 1991

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel und Dr. Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Otto MURR, Facharzt für Unfallchirurgie, 6580 St. Anton am Arlberg, vertreten durch Dr. Anke Reisch, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Luisa CAMPANELLA, Via Pola 21, 00141 Rom, wegen S 4.180, hier Ordination gemäß § 28 JN, den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Antrag, ein inländisches Bezirksgericht als zuständiges Gericht zur Verhandlung und Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache zu bestimmen, wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Der Kläger, ein Unfallchirurg, begehrt von der Beklagten, die ihren Wohnsitz in Italien hat, für ärztliche Behandlung am 18. August 1989 ein Honorar von S 4.180. Erfüllungsort sei St.Anton am Arlberg gewesen. Im Hinblick darauf sei die inländische Gerichtsbarkeit gegeben. Eine Verfolgung der Forderung im Ausland sei wegen deren geringer Höhe und der unverhältnismäßig hohen Kosten der Betreibung unzumutbar.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 28 Abs 1 JN hat der Oberste Gerichtshof, soferne für eine bürgerliche Rechtssache die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichtes im Sinne der Jurisdiktionsnorm oder einer anderen Rechtsvorschrift nicht gegeben sind, aus den sachlich zuständigen Gerichten eines zu bestimmen, das für die fragliche Rechtssache als örtlich zuständig zu gelten hat, wenn entweder Österreich auf Grund eines völkerrechtlichen Vertrages zur Ausübung von Gerichtsbarkeit verpflichtet ist oder die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder unzumutbar wäre.

Die Neufassung dieser Bestimmung durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 hat am Erfordernis der inländischen Gerichtsbarkeit nichts geändert. Nach wie vor muß eine ausreichende Inlandsbeziehung gegeben sein, damit überhaupt ordiniert werden kann (SZ 58/109 mwN). Eine enge Inlandsbeziehung der angestrebten Rechtsverfolgung muß hier bejaht werden. Der im Inland als Arzt tätige Kläger war nach seinem Vorbringen im Rahmen eines ärztlichen Behandlungsvertrages für die Klägerin tätig und hat seine vertragliche Leistung bereits erbracht; auch die Erfüllung seitens der Beklagten sollte im Inland erfolgen. Soweit die Voraussetzungen des § 88 Abs 1 JN erfüllt sein sollten, kommt eine Ordination nicht in Betracht, weil dann ohnedies die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichtes im Sinne der Jurisdiktionsnorm gegeben wäre. Trifft dies aber nicht zu, weil die Erfüllung im Inland auch durch die Beklagte nur mündlich vereinbart oder von beiden Parteien stillschweigend vorausgesetzt wurde, so kommt der Sachverhalt dem Gerichtsstand des § 88 Abs 1 JN immerhin sehr nahe.

Für das Vorliegen der Ordinationskriterien Unmöglich- keit oder Unzumutbarkeit der Rechtsverfolgung im Inland im Sinne des § 28 Abs 1 Z 2 JN haben Lehre und Rechtsprechung den Grundsatz entwickelt, daß diese ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis voraussetzen, so ua daß diese bei Stillstand der Rechtspflege in dem an sich berufenen ausländischen Staat, bei einer die Rechtsverfolgung faktisch vereitelnden Verfahrensverzögerung oder den Rechtszugang faktisch ausschließenden Kostspieligkeit des ausländischen Verfahrens, in gesellschaftlichen oder politischen Verhältnissen im Auslandsstaat oder auch in dem Umstand liegen, daß die Entscheidungen der Gerichte des berufenen Staates in Österreich vollstreckt werden müßten, hier aber nicht vollstreckbar sind (SZ 51/34; Schwimann JBl 1984, 12; Fasching, Lehrbuch2 Rz 78 mwN ua). Diese Kriterien liegen hier nicht vor. Das zwischen Österreich und Italien bestehende Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (BGBl 521/1974) gewährleistet die gegenseitige Anerkennung und Durchsetzung gefällter rechtskräftiger Entscheidungen. Es kann auch nicht von einem so kostspieligen Verfahren im Nachbarstaat gesprochen werden, daß dadurch der Rechtszugang faktisch ausgeschlossen wäre. Die Tatsache, daß bei geringen Forderungen die Kosten eines gerichtlichen Verfahrens im Verhältnis zur Forderung hoch sein können, trifft auch im Inland zu. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung der Unzumutbarkeit der Rechtsverfolgung geht im Zweifel der Schutz des Beklagten vor (Fasching aaO Rz 78).

Der Ordinationsantrag war daher abzuweisen.