JudikaturJustiz5Ob77/84

5Ob77/84 – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Oktober 1984

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Grundbuchsache betreffend den Anmeldungsbogen des Vermessungsamts in ***** vom 16. Dezember 1982, GZ *****, wegen Herstellung der Grundbuchordnung gemäß § 28 LTG, infolge Revisionsrekurses der F*****, vertreten durch Dr. Günther Pointner, Rechtsanwalt in Tulln, gegen den Beschluss des Kreisgerichts Krems an der Donau als Rekursgericht vom 6. August 1984, GZ 1 a R 453/83 22, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Krems an der Donau vom 25. Oktober 1983, GZ 1 e Nc 444/82 19, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Erstgerichts wird wiederhergestellt.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Zum Gutsbestand der im Alleineigentum von F***** stehenden Liegenschaft EZ ***** des Grundbuchs über die KatGem ***** gehören ua die beiden Grundstücke Nr 1167 und 1232, beide Äcker, Mit dem Anmeldungsbogen vom 16. 12. 1982, GZ *****, teilte das Vermessungsamt in ***** dem Erstgericht als Buchgericht mit, dass die Verbücherung des von J***** und E***** durch Ersitzung erworbenen Eigentums an den in der gleichzeitig vorgelegten Mappenkopie rot schraffiert eingezeichneten beiden Trennstücke der Grundstücke Nr 1167 und 1232 unterblieben sei. Grundlage für dieses Einschreiten des Vermessungsamts war die Mitteilung des Rechtsvertreters der Liegenschaftseigentümerin F***** von der durch Ersitzung eingetretenen Eigentumsveränderung, die in den Gründen des Urteils des Erstgerichts vom 30. 9. 1981, GZ C 1328/79 21, angenommen wurde: mit diesem Urteil war die Klage F***** gegen J***** und E***** auf Unterlassung jeglicher Benützung der näher bezeichneten oben angeführten teile der Grundstücke Nr 1167 und 1232 (rechtskräftig) abgewiesen worden. Das Vermessungsamt in ***** ersuchte das Erstgericht als Buchgericht, die Parteien gemäß § 28 LTG zur Ordnung des Grundbuchstandes aufzufordern.

J***** und E***** stellten in dem vom Erstgericht eingeleiteten Verfahren den Antrag, gemäß § 461 Abs 2 GeO von der Herstellung der Grundbuchordnung abzusehen; sie behaupteten, dass die dazu notwendigen Vermessungskosten und sonstigen Kosten und Gebühren höher seien als der Wert der beiden Trennstücke.

Das Erstgericht wies den auf § 461 Abs 2 GeO gegründeten Antrag der beiden Ersitzungseigentümer ab und wies die beiden an, binnen drei Monaten die Grundbuchordnung bezüglich der beiden durch Ersitzung erworbenen Trennstücke herzustellen.

Das Rekursgericht bestätigte die Abweisung des Antrags, von der Herstellung der Grundbuchordung gemäß § 461 Abs 2 GeO abzusehen, und hob die Anordnung zur Herstellung der Grunbuchordnung gemäß § 28 LTG ersatzlos auf. Es äußerte die Ansicht, dass § 28 LTG nicht gegenüber denjenigen angewendet werden könne, die durch Ersitzung Eigentum erwarben und deshalb nicht in der Lage seien, die zur Verbücherung durch Antrag oder im exekutiven Wege erforderlichen Urkunden vorzulegen.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Liegenschaftseigentümerin F*****, der nicht nur zulässig, sondern auch berechtigt ist.

Der Eigentumserwerb an Grundstücken durch Ersitzung stellt einen der Ausnahmefälle von der Herrschaft des Eintragungsgrundsatzes dar, die nun auch in der Rechtsprechung anerkannt ist (SZ 48/104, JBl 1977, 257, EvBl 1981/156, S 462 uva, zuletzt etwa 2 Ob 538/83). Es ist kein überzeugender Grund ersichtlich, der den (außerbücherlichen) Ersitzungseigentümer (§§ 1468, 1498 ABGB) von der gesetzlichen Verpflichtung zur Ordnung des Grundbuchstandes eximiert. Die vom Rekursgericht angeführten Gründe sind rein ökonomischer Natur, die nur im Rahmen des allgemeinen und durch § 461 Abs 2 GeO die nur Verordnungscharakter hat und deshalb in den Grenzen ihrer gesetzlichen Deckung ausgelegt werden muss ausgedrückten Grundsatzes, dass der Aufwand an Zeit, Arbeit und Kosten nicht in einem mit der Bedeutung des Erfolgs nach den Maßstäben wirtschaftlicher Zumutbarkeit und rechtsstaatlicher Notwendigkeit unvertretbaren Missverhältnis stehen soll, berücksichtigt werden dürfen. Davon, dass sich der hier zur Verbücherung stehende außerbücherliche Eigentumsübergang in jenem Ausnahmerahmen halte, kann in Anbetracht der Tatsache, dass es sich um insgesamt rund 1.700 m² Grundfläche handelt und keine besonderen Vermessungsschwierigkeiten nach dem Bericht des Vermessungsamts in ***** vorliegen, keine Rede sein. Bei einer derart großen Grundfläche sind auch die mit der Verbücherung des Eigentums notwendigen üblichen Kosten und Gebühren wegen der Bedeutung der Eigentumsveränderung nach dem aufgezeigten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht mehr berücksichtigungsfähig. Besondere Schwierigkeiten bei der Beschaffung der erforderlichen Urkunden und notwendigen Erklärungen der Liegenschaftseigentümerin F***** sind nicht zu erwarten, denn diese hat nicht nur die Einleitung des Verfahrens durch ihre Mitteilung an das Vermessungsamt über den Eigentumsübergang durch Ersitzung eingeleitet, sondern auch ausdrücklich angekündigt, jederzeit die erforderlichen Erklärungen abzugeben (S 61).

Aus diesen Erwägungen muss der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt werden.

Im außerstreitigen Verfahren findet, von gesetzlich geregelten Ausnahmefällen abgesehen, grundsätzlich kein Kostenersatz statt.