JudikaturJustiz5Ob58/01t

5Ob58/01t – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. März 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Werner F*****, vertreten durch die Mietervereinigung Österreich, Landesorganisation Steiermark, Südtirolerplatz 13, 8010 Graz, wider die Antragsgegnerin Gemeinnützige M***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Gudrun Petsch-Lindmayr, Rechtsanwältin in Kapfenberg, wegen § 22 Abs 1 Z 4 iVm § 20 Abs 3 WGG, über den Rekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Leoben als Rekursgericht vom 7. Dezember 2000, GZ 3 R 141/00t-18, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Bruck an der Mur vom 17. März 2000, GZ 7 Msch 1/99m-12, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass der Sachbeschluss des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Text

Begründung:

Der Antragsteller war vom 1. 4. 1987 bis 30. 11. 1998 Mieter einer im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Haus S***** gelegenen Wohnung. Diese wies im Zeitpunkt der Vermietung die Ausstattungskategorie C auf. Der Antragsteller nahm überwiegend im Jahre 1987 mit Zustimmung der Antragsgegnerin verschiedene Investitionen vor. Dabei wurden veraltete Elektro- und Sanitärinstallationen sowie Abflüsse ausgetauscht, ein Bad errichtet, die Ölheizung durch eine Etagenheizung in Form einer Festbrennstoffheizung ersetzt, die Fenster erneuert, eine Wärmdämmung innen angebracht ua.

Zur Finanzierung dieser Investitionen wurde dem Antragsteller von der Sparkasse ***** ein Darlehen über S 110.000 gewährt. Am 21. 12. 1997 gab das Amt der ***** Landesregierung über Antrag des Antragstellers eine Förderungszusicherung für folgende Maßnahmen ab:

Festbrennstoffheizung, Bad, WC, Elektroinstallationen, Fenster und Außentüren. Dem Antragsteller wurde ein Annuitätenzuschuss von 30 % für das Darlehen der Sparkasse ***** auf die Dauer von 10 Jahren gewährt. Er tätigte dann Investitionen im Gesamtbetrag von S 193.288,54. Im Rahmen der Endabrechnung wurden vom Amt der ***** Landesregierung folgende Aufwendungen berücksichtigt: S 35.000 für Heizung, S 35.000 für das Badezimmer und S 12.000 für Elektroinstallationen. Trotz Aufforderung legte der Antragsteller im Rahmen der Endabrechnung keine weiteren Rechnungen vor, ansonsten wäre ihm ein höherer Förderungsbetrag zuerkannt worden. Sohin errechneten sich die gesamtförderungsfähigen Baukosten mit S 84.000. In Abänderung der seinerzeitigen Zusicherung, wurde dem Antragsteller nunmehr ein Annuitätenzuschuss für das Darlehen der Sparkasse ***** im Umfang von S 84.000 gewährt.

Über die geförderten Investitionen hinaus tätigte der Antragsteller weitere Aufwendungen in Höhe von S 49.435,25, worin Investitionen für Türen, Elektro- und Wasserinstallationen, Bad und Küche, Satellitenanschluss und Böden beinhaltet waren.

Am 13. 11. 1998 kündigte der Antragsteller das Mietverhältnis per 30. 11. 1998 auf. Dabei machte er gegenüber der Antragsgegnerin gemäß § 20 Abs 5 WGG Aufwandersatzansprüche in Höhe von S 49.435,25 geltend. Er ging dabei davon aus, dass die geförderten Investitionen im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses bereits zur Gänze abgeschrieben seien. Hinsichtlich der restlichen Investitionen ging er von einer Abschreibungsdauer von 20 Jahren und damit einer jährlichen Quote von 5 % aus. Mit wenigen Ausnahmen waren sämtliche Investitionen 11 Jahre vor Beendigung des Mietverhältnisses getätigt worden. Der Antragsteller ging daher von einer Abschreibung von 55 % der darüber hinaus getätigten Investitionen aus.

Die Antragsgegnerin lehnte eine Zahlung mit dem Argument ab, sämtliche Investitionen seien bereits abgeschrieben.

Mit dem vorliegenden Antrag begehrt der Antragsteller die Feststellung, dass ihm gemäß § 20 Abs 5 WGG ein Aufwandersatzanspruch von S 49.435,25 zustehe und begehrte weiters, der Antragsgegnerin die Zahlung dieses Betrages an ihn aufzutragen.

Die Antragsgegnerin bestritt und beantragte die Abweisung des Begehrens. Die geförderten Aufwendungen, die der Antragsteller getätigt habe, könnten nicht in einen geförderten und einen ungeförderten Teil zerlegt werden und damit jeweils unterschiedlichen Abschreibungsmodalitäten unterworfen werden.

Das Erstgericht wies, der Argumentation der Antragsgegnerin folgend, den Antrag ab. Aus dem Wortlaut des § 20 Abs 5 Z 1 und 2 WGG gehe hervor, dass immer eine Gesamtinvestition, nicht aber einzelne Leistungen gefördert würden. Die Förderungszeit von 10 Jahren sei im Jahr 1997 abgelaufen. Damit seien alle vom Antragsteller getätigten Investitionen abgeschrieben.

Einem dagegen vom Antragsteller erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge. Es hob den angefochtenen Beschluss auf und wies die Außerstreitsache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück.

§ 20 Abs 5 Z 1 WGG unterscheide deutlich zwischen "den in Z 2 lit a und b genannten", "den von einer Gebietskörperschaft aus öffentlichen Mitteln geförderten Aufwendungen" und "sonstigen Aufwendungen". Nur bei den aus öffentlichen Mitteln geförderten Aufwendungen betrage die Abschreibungsquote jenen Bruchteil, der sich aus der Laufzeit der Förderung errechne. Eine Abschreibung nach der Laufzeit der Förderung komme also ausschließlich bei jenen Aufwendungen zu Tragen, für die tatsächlich Förderungsmittel bezogen worden seien. Ein anderer Wortsinn könne der Bestimmung nicht beigemessen werden.

Das bedeute, dass bei einem geförderten Bauvorhaben sehr wohl zwischen geförderten und nicht geförderten Investitionen zu unterscheiden sei, was hinsichtlich der Abschreibung unterschiedliche Konsequenzen nach sich ziehe. Für die tatsächlich nicht geförderten Aufwendungen des Antragstellers sei eine Abschreibung von 1/10 oder 1/20 heranzuziehen.

Von seiner Rechtsansicht ausgehend habe das Erstgericht keine Feststellungen getroffen, die eine Ausmittlung des dem Antragsteller danach zustehenden Betrages zuließen. Wegen dieses relevanten Verfahrensmangels sei mit einer Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung vorzugehen. Das Rekursgericht erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig, weil noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage vorliege, wie bei unterschiedlichen Abschreibungssätzen innerhalb ein und derselben Investition vorzugehen sei, wenn ein Teil der Aufwendungen gefördert, ein Teil hingegen nicht gefördert worden sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Antragsgegnerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinn einer Abweisung des Antrags. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Antragsteller hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Antragsgegnerin ist aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig.

Er ist im Sinn einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses auch berechtigt.

Zu der im vorliegenden Rekurs aufgeworfenen Frage findet sich weder im Ausschussbericht zu Art V des 2. WÄG irgendein Hinweis (vgl Würth/Zingher WohnR 91, 178; Materialien zum 2. WÄG in WoBl 1991,

107) noch hat sich die vielfältige Literatur zum Abschreibungsmodell des § 10 MRG idF des 2. WÄG mit der vorliegenden Problematik auseinandergesetzt.

Eine wesentliche materiellrechtliche Bestimmung der Höhe des Aufwandersatzanspruches findet sich im Übergangsrecht: Art V Abs 3 Z 1 lit a bis c des 2. WÄG ordnet zunächst für Aufwendungen zwischen dem 1. 1. 1982 und 1. 3. 1991 eine allgemeine Abschreibungsfrist von 1/20 pro Jahr an. Für alle mit öffentlichen Mitteln geförderten Aufwendungen gilt, wenn der Ersatzanspruch nach dem 1. 3. 1991 fällig geworden ist, § 20 Abs 5 WGG idF des 2. WÄG, also eine Abschreibung um jenen Bruchteil, der sich aus der Laufzeit der Förderung errechnet und schließlich für alle ab 1. 3. 1991 getätigten Aufwendungen die Geltung des neuen Rechts des § 20 Abs 5 WGG idF des 2. WÄG.

Für den Antragsteller bedeutet dies, dass die vor dem 1. 3. 1991 getätigten Aufwendungen entweder der allgemeinen Abschreibungsfrist von 1/20 unterliegen oder aber der 10jährigen Aufteilungsfrist für geförderte Aufwendungen.

Der erkennende Senat teilt die Rechtsauffassung des Rekursgerichtes nicht, dass "Aufwendungen" im Sinn des § 10 MRG bzw § 20 Abs 5 WGG in Teilrechnungen zerlegt werden können, die dann unterschiedlichen Abschreibungsmodellen zu unterwerfen wären. Dies aus folgenden Erwägungen:

Sowohl § 10 Abs 3 MRG als auch § 20 Abs 5 Z 2 WGG definieren die ersatzfähigen Aufwendungen dahin, dass durch sie jeweils ein konkretes Verbesserungsziel erreicht wird. Es geht dabei um den Ersatz der Errichtung oder Umgestaltung von Wasserleitungs-, Lichtleitungs-, Gasleitungs-, Beheizungs- und Wärmeversorgungsanlagen oder sanitären Anlagen, um die gänzliche Erneuerung eines schadhaft gewordenen Fußbodens etc. Für bestimmte derartige Aufwendungsgruppen sind unterschiedliche Abschreibungsmodelle vorgesehen, die dem Umstand stattfindender Amortisation von Aufwendungen Rechnung tragen. Diese durch das Gesetz geregelte lineare Abschreibung nach verschiedenen Abschreibungsmodellen geht von einer fiktiven (wenn auch in ihren Abstufungen nicht nachvollziehbaren) Durchschnittsdauer des Zeitwerts der Investitionen aus (vgl Würth/Zingher WohnR 91 Anm 5 zu § 10 MRG).

An diesem Gesetzeszweck - nämlich der erleichterten Feststellung der Höhe des Aufwandersatzanspruches durch lineare Abschreibung - hat sich die Auslegung des Begriffs "Aufwendungen" zu orientieren. Fällt also eine Aufwendung in eine bestimmte Aufwendungsgruppe, für die eine bestimmte Abschreibungsmodalität vorgesehen ist, kommt deren Zerteilung in einzelne Rechnungen - etwa für Arbeitsleistungen und getrennt davon den Materialaufwand - nicht in Betracht. Bei Konkurrenz zwischen einer ersatzfähigen Aufwendung im Sinn des § 20 Abs 5 Z 2 lit a und lit c WGG ist aus dem Sinnzusammenhang zu schließen, dass die Anknüpfung an die öffentliche Förderung den Vorrang vor der Beurteilung des Inhalts der Aufwendungen haben muss (vgl Würth/Zingher aaO Anm 8 zu § 10 MRG).

Somit gilt, dass sämtliche Aufwendungen, die von einer Gebietskörperschaft aus öffentlichen Mitteln gefördert wurden, oder mit den tatsächlich in bestimmter Höhe geförderten in untrennbarem Zusammenhang stehen, dem Abschreibungsmodell der Förderungslaufzeit zu unterwerfen sind.

Zutreffend hat das Erstgericht aus den Förderungsunterlagen festgestellt, dass sämtliche hier in Frage stehenden Maßnahmen in der Form gefördert wurden, dass für sie ein Annuitätenzuschuss von 30 % für das vom Antragsteller aufgenommene Sparkassendarlehen auf die Dauer von 10 Jahren gewährt wurde. Im Rahmen der Endabrechnung wurde der zu fördernde Betrag mit S 84.000 festgesetzt, ohne dass dabei eine Einschränkung auf bestimmte Aufwendungen vorgenommen worden wäre (Genehmigung der Endabrechnung des Amts der Steiermärkischen Landesregierung Beilage ./G).

Das bedeutet, dass der 10jährigen Abschreibungsfrist (laut Förderungsdauer) nicht nur jene Einzelaufwendungen unterliegen, für die der Antragsteller im Förderungsverfahren Rechnungen vorgelegt hat und die in ihrer Gesamtheit den geförderten Gesamtbetrag ergaben, sondern auch all jene Aufwendungen, die damit in unmittelbaren Zusammenhang standen, selbst wenn sie im Förderungsverfahren nicht geltend gemacht wurden sowie weiters jene, für die eine Förderungszusage gewährt wurde, ohne dass es darauf ankäme, ob im Zuge der Abrechnung der Förderung vom Antragsteller auch die notwendigen Rechnungen dafür gelegt wurden.

Es ist also hinsichtlich der Aufwendungen eine Gesamtbetrachtung unter dem Aspekt eines bestimmten Abschreibungsmodells vorzunehmen.

Soweit damit argumentiert wird, die Aufwendungen für den Fensteraustausch seien überhaupt nicht Gegenstand des Förderungsverfahrens gewesen, ist dem entgegenzuhalten, dass eine solche Maßnahme überhaupt nur dann als "gleichwesentliche Verbesserung" angesehen wird, wenn diese nach einem WohnVG oder dem WSG gefördert wird (MietSlg 42.220). Dies wurde auch bereits für die Errichtung einer Türe ausgesprochen (Miet 37.269/48).

Was die später durchgeführten Arbeiten betrifft, ist zunächst darauf zu verweisen, dass die Anbringung einer Fernsehantenne von der Rechtsprechung nicht als ersatzfähige gleichwertige Aufwendung anerkannt wird (MietSlg 37.269/48).

Was die übrigen Aufwendungen betrifft, die in den letzten Jahren vor Beendigung des Bestandverhältnisses getätigt wurden, hat der erkennende Senat bereits ausgesprochen, dass bei Verwirklichung eines bestimmten Verbesserungsprojekts es gerechtfertigt ist, alle damit direkt oder indirekt zusammenhängenden Arbeiten einheitlich zu beurteilen (5 Ob 60/93).

Hinsichtlich des Aufwands für Parkettboden (vor vier Jahren) in Höhe von S 5.400 und PVC-Boden (vor zwei Jahren) in Höhe von S 1.300 ist klarzustellen, dass nur die gänzliche Erneuerung eines schadhaft gewordenen Fußbodens ersatzfähig ist, kein Aufwandersatz hingegen für die Anbringung eines PVC-Belags oder Verlegung eines Klebeparkettbodens besteht, wenn nicht damit auch eine Reparatur des Unterbodens einherging (vgl LGZ Wien MietSlg 41.221). Unschwer kann hier schon aus der Höhe der angesetzten Positionen gefolgert werden, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der gänzlichen Erneuerung eines schadhaft gewordenen Fußbodens nicht erfüllt sind.

In Stattgebung des Rekurses war daher der erstgerichtliche abweisende Sachbeschluss wiederherzustellen.

Der Ersatz der Kosten rechtsfreundlicher Vertretung kommt gemäß § 37 Abs 3 Z 19 MRG iVm § 22 Abs 4 WGG nicht in Betracht.

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