JudikaturJustiz5Ob502/77

5Ob502/77 – OGH Entscheidung

Entscheidung
01. Februar 1977

Kopf

SZ 50/12

Spruch

Die in § 2 Ausbeutungsverordnung normierte Provisionsabgrenzung ist zwingendes Recht, auch wenn die Richtlinien für das Gewerbe der Hypothekenvermittler höhere Provisionssätze vorsehen

OGH 1. Feber 1977, 5 Ob 502/77 (OLG Graz 2 R 121/76; LGZ Graz 9 Cg 931/76)

Text

Der Beklagte erteilte am 27. Mai 1975 der klagenden Partei den Auftrag zur Beschaffung eines Kredites in Höhe von 1 300 000 S zur Errichtung eines Pferdegestütes, wobei die Besicherung auf den dem Beklagten gehörenden Liegenschaften EZ 33, 35 und 84 KG L im ersten Rang erfolgen sollte. Voraussetzung hiefür war eine Rangweichungserklärung des Voreigentümers Zölestin K, die vom Beklagten aber nicht erwirkt werden konnte. Die Vermittlungsprovision wurde mit 5% des bewilligten Bruttokredites vereinbart.

Der Beklagte unterfertigte in diesem Zusammenhang einen Blankowechsel. Mit der am 25. November 1975 beim Erstgericht eingebrachten Wechselklage erwirkte die klagende Partei auf der Grundlage dieses Wechsels vom 27. Mai 1975 die Erlassung eines Wechselzahlungsauftrages, womit dem Beklagten die Zahlung der Wechselsumme von 65 000 S samt 6% Zinsen seit 1. November 1975 und der mit 2665.84 S bestimmten Kosten aufgetragen wurde. Der Beklagte beantragte in den rechtzeitig erhobenen Einwendungen die Aufhebung dieses Wechselzahlungsauftrages, weil die klagende Partei den von ihm blanko unterfertigten Wechsel vereinbarungswidrig ausgefüllt habe.

Darüber hinaus wurde auf die "Ausbeuteverordnung aus dem Jahr 1938" verwiesen, die nur eine Provisionshöhe von maximal zwei Prozent vorsehe.

Die klagende Partei schränkte ihr Begehren zufolge einer bereits am 28. Mai 1975 erfolgten Zahlung von 6500 S auf den Betag von 58 500 S samt Anhang ein.

Das Erstgericht hielt seinen Wechselzahlungsauftrag vom 26. November 1975 mit diesem Betrage samt 6% Zinsen seit 1. Jänner 1975 aufrecht.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei teilweise Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß dieser Wechselzahlungsauftrag nur mit dem Betrage von 32 500 S samt 6% Zinsen seit 1. November 1975 aufrecht erhalten, das Klagebegehren im weiteren Umfange aber abgewiesen wurde.

Den Entscheidungen der Untergerichte liegt folgender für das Revisionsverfahren bedeutsamer Sachverhalt zugrunde:

Der Beklagte übernahm es im Rahmen des der klagenden Partei am 27. Mai 1975 erteilten Kreditvermittlungsauftrages, zur Ermöglichung der Hypothekarbesicherung des Kredites im ersten Rang eine entsprechende Rangweichungserklärung des aus einem Leibrentenvertrage bücherlich berechtigten Voreigentümers Zölestin K zu erwirken. Mehrere diesbezügliche Versuche schlugen aber fehl. Es war den Beklagten auch nicht möglich, andere Besicherungen, insbesondere auf einer Liegenschaft seines Bruders, zu erreichen. Es erwiesen sich auch die im Rahmen seiner Selbstauskunft angegebenen vermögensrechtlichen Verhältnisse als übertrieben günstig dargestellt. Da der Beklagte trotz mehrfacher Aufforderungen keine andere Liegenschaft zur Besicherung des Kredites zur Verfügung stellen konnte, stornierte die klagende Partei mit Schreiben vom 23. Oktober 1975 den Kreditauftrag und gab dem Beklagten die Provision mit 65 000 S bekannt. Bei Zahlung bis 31. Oktober 1975 bzw. 20. November 1975 wurde eine Ermäßigung auf 40 000 S bzw. 25 000 S in Aussicht gestellt. Der Beklagte leistete aber über eine bereits am 28. Mai 1975 erfolgte Zahlung von 6500 S hinaus keine weiteren Zahlungen an die klagende Partei.

Das Erstgericht beurteilte diesen Sachverhalt dahingehend, daß die klagende Partei berechtigt gewesen sei, vom Kreditbeschaffungsauftrag zurückzutreten, weil der Beklagte, der ausdrücklich bei Auftragserteilung übernommenen Verpflichtung zur Beschaffung von Sicherheiten für die Darlehensaufnahme nicht nachgekommen sei. Der klagenden Partei gebühre im Rahmen der Vereinbarung eine Vermittlungsprovision von 5%. Da eine Provision in dieser Höhe als ortsüblich anzusehen sei und hinsichtlich der Höhe der Provision die ortsübliche als gerechtfertigt erscheine, könne die "Ausbeuteverordnung des Jahres 1938", die nur eine Provision von maximal 2% vorsehe, nicht zum Tragen kommen.

Das Berufungsgericht ging bei seiner rechtlichen Beurteilung der für unbedenklich befundenen und übernommenen erstgerichtlichen Sachverhaltsfeststellungen demgegenüber davon aus, daß bei Hypothekarkreditvermittlungen nicht die Ortsüblichkeit die Höhe der Provision bestimme, sondern die Verordnung vom 17. März 1933, BGBl. 66, auf die auch die vom Kläger selbst herangezogenen Richtlinien für die Gewerbe der Realitäten-, Hypotheken-, Geschäfts- und Wohnungsvermittlung bezug nehmen. Diese bezeichne das Honorar für die Vermittlung von Hypothekardarlehen mit 2% der Darlehenssumme, zu der nur noch bei erfolgreicher Vermittlungstätigkeit ein Spesenpauschale von 1% hinzukomme. Es bestehe daher für den Beklagten trotz der gegenteiligen Vereinbarung keine Verpflichtung, mehr als höchstens 3% der gewünschten Kreditsumme als Provision der klagenden Partei bezahlen zu müssen. Dies ergebe nach Abzug der Teilzahlung von 6500 S den Betrag von 32 500 S. Auch nach dem im vorliegenden Fall heranzuziehenden Grundsätzen des § 1336 Abs. 2 ABGB erscheine ein Provisionsbetrag nur in diesem Ausmaße angemessen und ausreichend.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten Folge. Das angefochtene Urteil und das erstgerichtliche Urteil wurden dahin abgeändert, daß es unter Berücksichtigung der als unangefochten unberührt gebliebenen Abweisung eines Mehrbegehrens zu lauten hat:

Der Wechselzahlungsauftrag des Landes- als Handelsgerichtes Graz vom 26. November 1976, 9 Cg 931/76, mit 65 000 S, bei der Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung vom 29. März 1976 eingeschränkt auf 58 500 S, bleibt im Umfange von 19 500 S samt 6% Zinsen seit 1. November 1975 aufrecht.

Der Wechselzahlungsauftrag wird im darüber hinausgehenden Betrag von 39 000 S samt 6% Zinsen seit 1. November 1975 aufgehoben und das Klagebegehren in diesem Umfange abgewiesen ....

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Als Revisionsgrund wird lediglich unrichtige rechtliche Beurteilung im Hinblick auf "§ 2 der Verordnung der Ausbeutung Kreditsuchender i. d. F. BGBl. 50/1948" geltend gemacht.

Was die von der klagenden Partei in Zweifel gestellte Geltung der Verordnung der Bundesregierung vom 17. März 1933, BGBl. 66, gegen die Ausbeutung Kreditsuchender i. d. F. der Bundesgesetze BGBl. 445/1936 und 50/1948 (AusbeutungsV) anlangt, so ist davon auszugehen, daß die Rechtskontinuität und weitere Gültigkeit weder durch Art. 2 des Verfassungs-Überleitungsgesetzes vom 1. Mai 1945, StGBl. 4, der nur Normen auf verfassungsrechtlicher Ebene betraf, noch durch die Bestimmungen des Rechts-Überleitungsgesetzes vom 1. Mai 1945, StGBl. 6, berührt wurde, das sich auf alle nach dem 13. März 1938 erlassenen Rechtsvorschriften bezogen hat. Die Ausbeutungsverordnung wurde daher auch in der jüngeren Judikatur ohne weiteres angewendet (so HS 1916; 5 Ob 438, 439/59; 1 Ob 176/71 = SZ 44/108; 1 Ob 84/72; 1 Ob 221/72). Die Sonderbestimmungen dieser Verordnung sind nach ihrer Präambel unter anderem bei Kreditgewährung gegen Sicherstellung auf Liegenschaften anzuwenden. Sie enthalten im § 1 Abs. 1 Strafbestimmungen auch für den Fall, der Forderung einer übermäßigen Gegenleistung bei Vermittlung eines Darlehens. Gemäß dem § 2 ist als übermäßig eine Gegenleistung oder Belastung anzusehen, wenn bei Vermittlung von Darlehen die von einem oder von beiden Teilen an alle an dem Geschäft beteiligten Vermittler zu leistenden Aufwendungen insgesamt 2 von 100 des Darlehensbetrages übersteigen. § 4 dieser Verordnung gibt einen Rückforderungsanspruch bei Erbringung derartiger übermäßiger Gegenleistungen. Daraus erhellt, daß es sich entgegen der Auffassung der klagenden Partei bei der Begrenzung der dem Kreditnehmer bei Vermittlung eines Darlehens anlastbaren Aufwendungen mit insgesamt 2% des Darlehensbetrages um eine Bestimmung zwingenden Rechtes handelt, die durch anders lautende Vereinbarungen nicht ausgeschaltet werden kann. Insoweit in den Richtlinien für das Gewerbe der Hypothekenvermittler die Provisionssätze in diesem Gewerbe unter Bezugnahme auf die Ausbeutungsverordnung mit 2% der Darlehenssumme und darüber hinaus im Falle erfolgreicher Vermittlungstätigkeit mit einem Spesenpauschale von 1% der Darlehenssumme beziffert werden, findet dies keine Deckung in dieser Verordnung (vgl. Handbuch der Bundesinnung der Gebäudeverwalter, Realitätenvermittler, Inkassobüros und der angeschlossenen Gewerbe 1971/72, 67; Zedtwitz, Handelsvertretergesetz[2], 81, 82, 125).

Da der klagenden Partei eine Vermittlungsprovision sohin nur in der Höhe von 2% der Darlehenssumme zusteht, wovon eine bereits geleistete Zahlung von 6500 S abzuziehen ist, kann der Wechselzahlungsauftrag nur hinsichtlich einer Wechselsumme von 19 500 S aufrecht erhalten werden.