JudikaturJustiz5Ob46/18b

5Ob46/18b – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. April 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin E*****, vertreten durch Dr. Christian Frühwirth, öffentlicher Notar in Bad Radkersburg, wegen Grundbuchshandlungen u.A. ob der EZ 44 KG *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 17. November 2017, AZ 4 R 222/17x, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Feldbach vom 29. Juni 2017, TZ 4503/2017, teilweise abgeändert und teilweise bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass er einschließlich seines bereits in Rechtskraft erwachsenen stattgebenden Teils insgesamt zu lauten hat wie folgt:

Urkunden

1 Übergabsvertrag vom 30.12.2016

2 Bescheid vom 12.01.2017

3 Rechtskraftbestätigung vom 13.02.2017

4 Geburtsurkunde vom 14.05.1975

BEWILLIGT wird

1 in EZ 472 KG *****

auf Anteil B-LNR 1

1 ANTEIL: ½

E*****

zu 1/2 (hinsichtlich der Liegenschaft)

auf Anteil B-LNR 2

2 ANTEIL: ½

J*****

zu 1/2 (hinsichtlich der Liegenschaft)

die Einverleibung des Eigentumsrechtes

für Ev*****

2 in EZ 472 KG *****

Einverleibung der Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechtes gemäß Absatz

„Viertens“ des Übergabsvertrages vom 30.12.2016

für E*****

J*****

3 in EZ 472 KG *****

Einverleibung Belastungs- und Veräußerungsverbot, sowie dessen Ersichtlichmachung im B-Blatt

für E*****

J*****

4 in EZ 516 KG *****

auf Anteil B-LNR 1

1 ANTEIL: ½

E*****

zu 1/2 (hinsichtlich der Liegenschaft)

auf Anteil B-LNR 2

2 ANTEIL: ½

J*****

zu 1/2 (hinsichtlich der Liegenschaft)

die Einverleibung des Eigentumsrechtes

für E*****

5 in EZ 516 KG *****

Einverleibung Belastungs- und Veräußerungsverbot, sowie dessen Ersichtlichmachung im B-Blatt

für E*****

J*****

6 in EZ 365 KG *****

auf Anteil B-LNR 1

1 ANTEIL: ½

E*****

zu 1/2 (hinsichtlich der Liegenschaft)

auf Anteil B-LNR 2

2 ANTEIL: ½

J*****

zu 1/2 (hinsichtlich der Liegenschaft)

die Einverleibung des Eigentumsrechtes

für Ev*****

7 in EZ 365 KG *****

Einverleibung Belastungs- und Veräußerungsverbot, sowie dessen Ersichtlichmachung im B-Blatt

für E*****

J*****

8 in EZ 44 KG *****

1 ANTEIL: 1/1

E*****

zu 1/1 (hinsichtlich der Liegenschaft)

die Einverleibung des Eigentumsrechtes

für Ev*****

9 in EZ 44 KG *****

Einverleibung Belastungs- und Veräußerungsverbot, sowie dessen Ersichtlichmachung im B-Blatt

für E*****

J*****

Verständigt wird:

1. Dr. C*****

2. Ev*****

3. E*****

4. J*****

5. Marktgemeinde T*****

6. Finanzamt O*****.

Text

Begründung:

Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist nur mehr die Einverleibung des Eigentumsrechts für die Antragstellerin sowie eines Belastungs und Veräußerungsverbots für die Übergeber ob der Liegenschaft EZ 44 KG ***** aufgrund des Übergabsvertrags vom 30. Dezember 2016. Zum Gutsbestand dieser Liegenschaft gehören Grundstücke, die in der Marktgemeinde K***** liegen. Diese ist Vorbehaltsgemeinde iSd § 14 des Steiermärkischen Grundverkehrsgesetzes (idF StmkGVG), in der Beschränkungszonen für Zweitwohnsitze gemäß § 30 Abs 2 StROG festgelegt sind.

Das Erstgericht wies das Gesuch mit der Begründung ab, der vorgelegte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft S***** stelle lediglich fest, dass eine Genehmigung gemäß § 6 StmkGVG nicht erforderlich sei. Eine Erklärung gemäß § 17 StmkGVG bzw die rechtskräftige Feststellung, dass eine Erklärung nicht erforderlich sei, fehle.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin in Bezug auf die Liegenschaft EZ 44 KG ***** nicht Folge. Mangels geeigneten urkundlichen Nachweises stehe nicht zweifelsfrei fest, dass die Grundstücke dieser Liegenschaft nicht den Verkehrsbeschränkungen des II. Abschnitts des StmkGVG unterliegen, der vorgelegte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft S***** lasse diese Frage offen. Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu, weil es der höchstgerichtlichen Rechtsprechung gefolgt sei.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, er ist auch berechtigt.

1. Die Antragstellerin macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, den Bestimmungen des I. Abschnitts des StmkGVG, welche den Verkehr mit land und forstwirtschaftlichen Grundstücken regeln, komme der Anwendungsvorrang vor den Bestimmungen des II. Abschnitts dieses Gesetzes hinsichtlich des Verkehrs mit Baugrundstücken zu. Wenn die Grundverkehrsbehörde einen Sachverhalt richtigerweise unter den ersten Abschnitt dieses Gesetzes subsumiert habe, sei das Grundbuchsgericht daran gebunden. Der Wortlaut des § 30 Abs 2 StmkGVG lasse keinen gegenteiligen Schluss zu. § 18 Abs 2 StmkGVG komme nur dann zur Anwendung, wenn es sich nicht um ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück iSd I. Abschnitts dieses Gesetzes handle, was hier nicht der Fall sei.

Diesen Ausführungen ist im Wesentlichen zu folgen.

2.1. Das Rekursgericht hat die Rechtslage nach dem StmkGVG richtig dargestellt. Während der I. Abschnitt des StmkGVG lediglich den Verkehr mit land und forstwirtschaftlichen Grundstücken regelt und – unter anderem – in § 5 Abs 1 Z 1 die Übertragung des Eigentums für genehmigungspflichtig erklärt, gilt der II. Abschnitt sachlich (§ 13 StmkGVG) für Rechtsgeschäfte betreffend Baugrundstücke, unter die gemäß § 13 Abs 2 auch Baugrundstücke fallen, die ganz und teilweise landwirtschaftlich genutzt werden und den Bestimmungen des I. Abschnitts unterliegen, in räumlicher Hinsicht (§ 14 StmkGVG) allerdings nur für Vorbehaltsgemeinden, in denen Beschränkungszonen für Zweitwohnsitze gemäß § 30 Abs 2 des Stmk ROG festgelegt sind, darunter die Gemeinde K*****. Für diese Baugrundstücke wird – unter anderem – die Übertragung des Eigentums als erklärungspflichtig festgelegt (§ 16 Abs 1 Z 1 StmkGVG). Während bei land und forstwirtschaftlichen Grundstücken die Grundverkehrsbehörde nach § 6 Abs 3 StmkGVG zu bestätigen hat, dass eine Genehmigung für einen Rechtserwerb nach § 5 nicht erforderlich ist, hat die Grundverkehrsbehörde bei Baugrundstücken in Vorbehaltsgemeinden gemäß § 18 Abs 2 StmkGVG auf Antrag der Vertragspartei, die Rechte nach § 16 erwerben soll, zu bestätigen, dass eine Erklärung iSd § 17 Abs 1 StmkGVG nicht erforderlich ist.

2.2. § 30 StmkGVG regelt die Zulässigkeit der Grundbuchseintragung. Während gemäß Abs 1 ein Recht (§ 5) an einem land und forstwirtschaftlichen Grundstück (§ 2 Abs 1) im Grundbuch nur eingetragen werden darf, wenn dem Grundbuchsgericht die rechtskräftige Genehmigung beigeschlossen ist (§§ 8, 9 oder 11) oder die rechtskräftige Feststellung, dass eine Genehmigung nicht erforderlich ist (§ 6 Abs 2), darf ein Recht an einem Baugrundstück im Grundbuch nur eingetragen werden, wenn dem Grundbuchsgesuch beigeschlossen ist 1. eine Erklärung (§ 17) oder 2. die rechtskräftige Feststellung, dass eine Erklärung (§ 17 Abs 2) nicht erforderlich ist. Aus dieser Gesetzeslage ist abzuleiten, dass eine kumulative Anwendung sowohl des I. als auch des II. Abschnitts des StmkGVG auf dasselbe Grundstück nicht in Betracht kommt (in dem Sinn schon 5 Ob 215/00d; vgl auch Schneider Handbuch Österreichisches Grundverkehrsrecht 319 ff).

2.3. Welche Urkunden als Voraussetzung für die Grundbuchseintragung vorzulegen sind, hängt somit nach § 30 StmkGVG davon ab, ob es sich um ein land und forstwirtschaftliches oder aber um ein Baugrundstück (in einer Vorbehaltsgemeinde) handelt. Neben der Flächenwidmung stellt das Gesetz für diese Beurteilung (§ 13 Abs 2 StmkGVG) auf die ganz oder teilweise land und forstwirtschaftliche Nutzung ab. Zur Klärung dieser Frage in Zweifelsfällen sieht § 2 Abs 3 StmkGVG ein besonderes Verfahren vor. Die Grundverkehrsbehörde hat, wenn Zweifel bestehen, ob es sich um ein land oder forstwirtschaftliches Grundstück handelt, auf Antrag der Vertragspartei, die Rechte nach § 5 erwerben soll, darüber mit Bescheid zu entscheiden. Die Klärung dieser Frage in Zweifelsfällen ist nach dem StmkGVG somit der Grundverkehrsbehörde vorbehalten ( Kodek in Kodek , Grundbuchsrecht 2 § 94 Rz 135/2 unter Hinweis auf Rassi 2 Grundbuchsrecht Rz 547).

2.4. Macht das landesgesetzliche Grundverkehrsrecht die Zulässigkeit einer Eintragung durch das Grundbuchsgericht von der Vorlage bestimmter Urkunden abhängig, darf das Grundbuchsgericht ohne Vorlage dieser Urkunden die Eintragung des genehmigungspflichtigen Rechtserwerbs nicht bewilligen (RIS Justiz RS0127001), das Grundbuchsgericht hat im Rahmen des § 94 Abs 1 GBG keine Möglichkeit, allfällige Zweifel am Erfordernis einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung auszuräumen (5 Ob 215/00d). Die Eintragung in das Grundbuch ist nur zulässig, wenn entweder die Zustimmung der Grundverkehrsbehörde zu dem Rechtserwerb oder ein Bescheid der Grundverkehrsbehörde, aus dem sich ergibt, dass eine derartige Zustimmung nicht erforderlich ist, oder eine Bestätigung vorliegt, dass das Grundstück nicht den grundverkehrsrechtlichen Bestimmungen unterliegt. Bei Zweifelsfreiheit hat die Behörde eine Negativbestätigung zu erteilen. In keinem Fall ist das Grundbuchsgericht zur Beurteilung dieser Frage berufen (vgl RIS-Justiz RS0060508 zum TirGVG und KtnGVG). An rechtskräftige Bescheide der Verwaltungsbehörden sind die Gerichte selbst dann gebunden, wenn sie fehlerhaft oder gesetzwidrig sein sollten, der Bescheid ist nicht auf inhaltliche Richtigkeit zu prüfen (RIS Justiz RS0036981). Diese Bindungswirkung schließt auch die Prüfung aus, ob der Bescheid durch das Gesetz gedeckt ist (RIS-Justiz RS0036864) oder ob die Behörde gesetzmäßig vorgegangen ist (vgl RIS-Justiz RS0107881; Kodek in Kodek , Grundbuchsrecht 2 § 94 Rz 135). Sie erfasst allerdings nur den Spruch des Bescheids (RIS Justiz RS0036880 [T12]; RS0036948).

2.5. Die Antragstellerin legte hier einen Bescheid der Grundverkehrsbehörde vor, wonach für die Übertragung des Eigentums an der Liegenschaft EZ 44 KG ***** laut Übergabsvertrag vom 30. 12. 2016 eine Genehmigung auf der Rechtsgrundlage des § 6 StmkGVG nicht erforderlich sei. Aus dem Spruch dieses Bescheids ergibt sich zweifelsfrei, dass die Grundverkehrsbehörde den Erwerb dieser Grundstücke nach dem – nur land- und forstwirtschaftliche Grundstücke betreffenden – I. Abschnitt des StmkGVG beurteilte, sie den Verkehrsbeschränkungen des II. Abschnitts des StmkGVG nach Auffassung der Grundverkehrsbehörde somit gar nicht unterliegen können. Die Grundverkehrsbehörde hatte vielmehr – bei gesetzmäßiger Vorgangsweise – jedenfalls zu prüfen, ob es sich beim Gutsbestand der Liegenschaft EZ 44 KG ***** um land- und forstwirtschaftliche Grundstücke im Sinn des I. Abschnitts des StmkGVG handelte. Mit der hier erteilten Negativbestätigung – die nur bei land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken in dieser Form in Betracht kommt – hat sie dies bejaht, zumal die im Spruch erwähnte Anwendung von § 6 StmkGVG nur bei land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken iSd I. Abschnitts in Betracht kommt. Die im Hauptbuch des Grundbuchs wiedergegebenen Eintragungen des Grundsteuer oder Grenzkatasters über die Benützungsarten (hier: Wald) weisen zwar keine konstitutive Wirkung für die Flächenwidmung auf (5 Ob 193/05a = NZ 2006, 124 [ Hoyer ]), stehen aber ebenso im Einklang mit dieser Beurteilung der Grundverkehrsbehörde wie der Übergabsvertrag, wonach sich auf der EZ 44 KG ***** keine Gebäude befinden.

2.6. Im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Vorinstanzen liegt somit kein – diesfalls nur von der Grundverkehrsbehörde im Weg eines Verfahrens nach § 2 Abs 3 StmkGVG zu klärender – Zweifelsfall vor, ob es sich um land- und forstwirtschaftliche Grundstücke iSd I. Abschnitts dieses Gesetzes handelt. Da nach § 30 Abs 1 und 2 StmkGVG eine kumulative Anwendung der Bestimmungen des I. und II. Abschnitts des StmkGVG über die vorzulegenden Urkunden auf ein und dasselbe Grundstück ausgeschlossen ist und andere Abweisungsgründe nicht ersichtlich sind, war das Gesuch in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen zur Gänze zu bewilligen.

Rechtssätze
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