JudikaturJustiz5Ob414/97m

5Ob414/97m – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. November 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Floßmann, Dr.Ehmayr, Dr.Baumann und Dr.Hradil als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin R***** reg. Gen. m.b.H., *****, vertreten durch Dr.Roland Reichl, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Grundbuchshandlungen in EZ ***** je Grundbuch *****, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 18.Juni 1997, GZ 22 R 233/97m, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 30. April 1997, TZ 5369/97, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß auf Grund der in der Pfandurkunde vom 24.2.1997/5.3.1997 enthaltenen Vorrangseinräumungs- erklärungen im Grundbuch ***** noch folgende Eintragungen bewilligt werden:

in EZ ***** die Einverleibung des Vorranges des Pfandrechtes der R***** reg. Gen. m.b.H. für den Höchstbetrag von S 650.000,-- vor dem unter TZ 7888/1980 eingetragenen Fruchtgenußrecht (CLNR 1 a) und Wohnungsrecht (CLNR 2 a) der Franziska W*****;

in EZ ***** die Einverleibung des Vorranges des Pfandrechtes der R***** reg. Gen. m.b.H. für den Höchstbetrag von S 650.000,-- vor dem unter TZ 9092/1995 eingetragenen Wohnungsrecht (CLNR 2 a) für Ludwig W***** .

Hievon werden verständigt:

1.) R***** reg. Gen. m.b.H., *****, unter Anschluß der Originalurkunde;

2.) Gabriele E*****;

3.) Franziska W*****;

4.) Ludwig W*****;

5.) Finanzamt S*****.

Der Vollzug dieses Beschlusses obliegt dem Erstgericht.

Text

Begründung:

Beide Vorinstanzen haben die nunmehr bewilligten Eintragungen mit der Begründung abgelehnt, daß in den Vereinbarungen über die Vorrangseinräumung die zurücktretenden Rechte nicht ausreichend bezeichnet worden seien (das vortretende Recht ergibt sich - unbestrittenermaßen eindeutig - aus der Pfandbestellungsurkunde). Diese Vereinbarungen lauten - von allen Beteiligten beglaubigt unterfertigt - unter dem Titel "Vorrangeinräumung" wie folgt:

"Ludwig W***** räumt dem in dieser Urkunde näher bezeichneten Pfandrecht den Vorrang vor seinem/ihrem (seinen/ihren) unter TZ 9092/1995 haftenden Recht(en) ein und erteilt(en) unter einem seine (ihre) ausdrückliche Einwilligung zur grundbücherlichen Einverleibung dieses Vorranges ob EZ *****.

Franziska W***** räumt dem in dieser Urkunde näher bezeichneten Pfandrecht den Vorrang vor seinem/ihrem (seinen/ihren) unter TZ 7888/1980 haftenden Recht(en) ein und erteilt(en) unter einem seine (ihre) ausdrückliche Einwilligung zur grundbücherlichen Einverleibung dieses Vorranges ob EZ *****".

Das Rekursgericht begründete die mangelnde Verbücherungsfähigkeit dieser Vorrangseinräumungen damit, daß gemäß § 32 Abs 1 lit b GBG Privaturkunden, aufgrund deren eine Einverleibung stattfinden soll, außer den Erfordernissen der 26, 27 GBG auch die ausdrückliche Erklärung desjenigen enthalten müssen, dessen Rechte beschränkt, belastet, aufgehoben, oder auf eine andere Person übertragen werden sollen, daß er in die Einverleibung einwillige. § 32 Abs 1 lit a GBG verlange überdies die genaue Angabe der Liegenschaft oder des Rechts, in betreff deren die Einverleibung erfolgen soll.

Den letztgenannten Bestimmtheitserfordernissen entspreche die vorgelegte Urkunde nicht. Wenn auch überflüssiger Formalismus abzulehnen sei, weshalb etwa eine nähere Präzisierung der Aufsandungserklärung durch den übrigen Urkundeninhalt zulässig erscheine (NZ 1990, 1 71), so könne doch nicht übersehen werden, daß eine Aufsandungserklärung auch den besonderen Zweck habe, den Erklärer jeweils auf die Konsequenzen seiner Erklärung im Hinblick auf ein bestimmtes Recht nochmals aufmerksam zu machen. Dieser Formalismus diene dem Schutz des Aufsandungserklärers. Es könne daher nicht darauf verzichtet werden, daß in der Aufsandungserklärung oder wenigstens im Text der Vertragsurkunde das weichende Recht genau bezeichnet wird, wozu wenigstens die Bezeichnung als Wohnungsrecht bzw als Fruchtgenußrecht gehört hätte. Der bloße Hinweis auf eine TZ, unter welcher das weichende Recht eingetragen ist, genüge nicht, zumal unter TZ 7888/1980 zugunsten der Franziska W***** zwei verschiedenartige Rechte einverleibt sind. Es bedürfte daher jeweils der Einsicht in das Grundbuch, um den Inhalt des oder der weichenden Rechte feststellen zu können. Die Einverleibung eines Rechtes müsse jedoch aufgrund des Urkundentextes allein ohne Notwendigkeit der Einsicht in weitere Urkunden, möglich sein (siehe auch LG Salzburg zu 22 R 35/97).

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und der (ordentliche) Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß zur Frage, wie genau im Fall einer Vorrangseinräumungserklärung das weichende Recht bezeichnet werden muß und ob hiezu die Anführung der TZ der bücherlichen Einverleibung ausreicht, eine Judikatur des Obersten Gerichtshofes fehle.

Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs macht die ohne Verbücherung ihres Vorrangs eingetragene Hypothekargläubigerin geltend, daß § 32 Abs 1 lit a GBG nur die genaue Bezeichnung des vortretenden Rechts, nicht auch des zurücktretenden in der Grundbuchsurkunde verlange. Unabhängig davon sei die Bezeichnung der zurücktretenden Rechte durch die Tagebuchzahlen, unter denen sie im Grundbuch eingetragen sind, ausreichend bestimmt. Wenn unter einer TZ mehrere Rechte eingetragen sind, seien unmißverständlich alle diese Rechte gemeint. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, dem Eintragungsgesuch in Abänderung des angefochtenen Beschlusses auch hinsichtlich der Vorrangseinräumungen stattzugeben.

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er erweist sich auch als berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Richtig ist, daß die unbedingte Verbücherung einer Vorrangseinräumung gemäß § 30 Abs 1 GBG eine Einverleibung erfordert, sodaß Privaturkunden, die zu einer solchen Eintragung führen sollen, eine genaue Angabe des von der Eintragung betroffenen Rechts enthalten müssen (§ 32 Abs 1 lit a GBG). Der Zweck dieser Vorschrift liegt jedoch nicht darin, den über bücherlichen Rechte Verfügenden vor leichtfertigen oder übereilten Geschäftsabschlüssen zu schützen (dazu hätte der Gesetzgeber das Rechtsgeschäft selbst an die Einhaltung besonderer Formvorschriften binden müssen), sondern in der Schaffung völlig eindeutiger Entscheidungsgrundlagen für das bei Prüfung eines Einverleibungsbegehrens allein auf Urkunden angewiesene Grundbuchsgericht. Die hier anzuwendende Bestimmung des § 32 Abs 1 lit a GBG normiert dementsprechend kein formelles, sondern ein inhaltliches Erfordernis der Einverleibungsgrundlagen. Es ist erfüllt, wenn das von der Einverleibung betroffene Recht in der Grundbuchsurkunde so eindeutig und unmißverständlich bezeichnet wird, daß keinerlei Zweifel über den Inhalt der Erklärung aufkommen kann. Nur wenn es zur Entscheidungspflicht einer Auslegung bedarf, die über eine einfache und unmittelbare Schlußfolgerung aus der Urkunde hinausgeht, liegt das Eintragungshindernis einer ungenauen Angabe iSd § 32 Abs 1 lit a GBG vor (vgl SZ 65/123 mit Anm von Pfersmann in ÖJZ 1995, 610; Hoyer, Prüfungsrecht und Prüfungspflicht des Grundbuchsrichters, in FS Kralik, 225).

Die im gegenständlichen Fall gewählte Bezeichnung der zurücktretenden Rechte (Fruchtgenußrecht und Wohnungsgebrauchsrechte) mit jenen Tagebuchzahlen, unter denen sie im Grundbuch (dort unter genauer Angabe des jeweiligen Rechts und des Berechtigten) eingetragen sind, erscheint unter diesem Aspekt ausreichend. Sie läßt keinerlei Interpretationsspielraum und erfüllt damit das in § 32 Abs 1 lit a GBG aufgestellte Genauigkeitskriterium.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Rechtssätze
2