JudikaturJustiz5Ob40/86

5Ob40/86 – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Mai 1986

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik, Dr.Kropfitsch, Dr.Zehetner und Dr.Klinger als Richter in der Mietrechtssache der Mieter 1. Franz R***, 2. Helene G***, 3. Heinz-Peter R***,

4. Rosalia S***, 5. Johann S***, 6. Maria S***, 7. Karin T*** und 8. Christine B***, alle Menzelgasse 15, 1160 Wien, alle vertreten durch Hedwig V***, Sekretärin der Mietervereinigung Österreichs, Kirchstetterngasse 22, 1160 Wien, diese vertreten durch Dr.Heinrich Keller, Rechtsanwalt in Wien, wider den Vermieter Hubert S***, Buchdrucker, Menzelgasse 15, 1010 Wien, vertreten durch Dr.Moritz Franz S***, Immobilienverwalter,

Freyung 6/4, 1010 Wien, wegen der Verteilung der Betriebskosten nach § 37 Abs1 Z 9 und § 17 MRG infolge Revisionsrekurses der Mieter gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 26.November 1985, GZ 41 R 1159/85-22, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hernals vom 27.August 1985, GZ 4 Msch 11/84-18, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Mieter haben Anträge nach § 37 Abs1 MRG bei der Gemeinde anhängig gemacht. Nur gegen die Teilentscheidung, daß der Vermieter bei der Einhebung der Betriebskosten für 1982 durch Vorschreibung der Kosten der Wohnhausgesamtversicherung von S 26.983,90 das gesetzliche Zinsausmaß um S 13.629,90 den antragstellenden Mietern gegenüber anteilsmäßig überschritten und ihnen bestimmte Teilbeträge von zusammen S 3.307,98 zurückzuzahlen habe, rief der Vermieter das Gericht an.

Das Erstgericht wies mit seinem Sachbeschluß das Begehren der Antragsteller auf Feststellung ab, ihnen gegenüber sei in der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 1982 durch die Vorschreibung von S 9.848,-- an Feuerversicherungsprämie das gesetzlich zulässige Zinsausmaß um diesen Betrag überschritten worden.

Das Rekursgericht bestätigte.

Die Vorinstanzen gingen davon aus, daß der Vermieter in der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 1982 die Prämien für die Wohnhausgesamtversicherung mit S 26.983,90 einsetzte. Neben der Leitungswasserversicherungsprämie von S 5.704,-- und der Haftpflichtversicherungsprämie von S 5.972,-- ist an den Versicherer die Feuerversicherungsprämie von S 12.593,-- zu leisten, deren Höhe sich aus der Anwendung des erhöhten Prämiensatzes wegen der Benützung von mehr als einem Drittel und weniger als zwei Dritteln der Gesamtnutzflächen des Hauses durch Gewerbebetriebe ergibt. Die Bestandobjekte Nr.1-3, 6-8 und 10-13 werden vom Vermieter zum Betrieb der "Buchdruckerei T***" benützt, die Bestandobjekte Nr.4 und 5 sind an eine Gastwirtin vermietet. Ohne betriebliche Nutzung von mehr als einem Drittel der Nutzfläche hätte die Feuerversicherungsprämie für das Jahr 1982 nur S 2.745,-- betragen. Wegen der betrieblichen Nutzung ergibt sich eine um S 9.848,-- höhere Prämienbelastung für das Jahr 1982.

Während das Erstgericht meinte, das Begehren der Mieter scheitere schon daran, daß eine rechtsgestaltende Entscheidung zur Verteilung der besonderen Aufwendungen nach dem feststellbaren Verbrauch nicht für die Vergangenheit ergehen könne, weil der Vermieter den Mehraufwand von S 9.848,-- nicht mehr den Verursachern rückwirkend vorschreiben könne und es daher bei den Betriebskosten des Jahres 1982 beim gesetzlichen Verteilungsschlüssel nach § 17 MRG (bzw. § 4 Abs1 und Abs2 MG) bleiben müsse, aber sonst eine Zurechnung der Prämiendifferenz nach dem feststellbaren Verbrauch für gerechtfertigt hielt, lehnte das Rekursgericht ein Abgehen vom Schlüssel nach § 17 MRG ab. Es sei zwar schon bisher in berichtigender Auslegung der Vorschrift des § 4 Abs1 MG bei Verursachung unverhältnismäßig hoher Betriebskosten durch einen Mieter diesem das Übermaß zur Alleintragung auferlegt worden. Daran habe die zwingend anzuwendende Bestimmung des § 17 MRG nichts geändert, die nun die Verteilung der Betriebskosten regle. Ein auf ein erhöhtes Risiko zurückzuführender Prämienanteil an der Feuerversicherung sei aus der allgemeinen Verteilung auszuscheiden und dem Mieter anzurechnen, der die betriebsbedingte höhere Gefahr und damit die Erhöhung des Risikos und der Prämie verursacht habe. Bestimme sich die Prämie für die Feuerversicherung des Hauses aber allein danach, ob und welche Teile des Hauses betrieblich genutzt werden, ohne daß es darauf ankomme, ob die betriebliche Nutzung durch einen Erzeugungs- oder Handelsbetrieb erfolge und ob diese Betriebe eine Feuersgefahr erhöhen, bestehe kein Anlaß, die für das Haus angemessene Feuerversicherungsprämie nach einem anderen als dem im § 17 MRG vorgesehenen Schlüssel zu verteilen. Es könne nicht angenommen werden, daß allein daraus, daß mehr als ein Drittel der Nutzfläche des Hauses für betriebliche Zwecke vermietet sei, mit dem Betrieb des Gasthauses oder der Buchdruckerei ein besonders erhöhtes Risiko verbunden sei oder es sich um offenkundig besonders feuergefährliche Betriebe handle. Nur in einem solchen Fall könne aber vom Schlüssel abgewichen und dem Mieter die Last auferlegt werden, der die Gefahr verursacht habe. Das Rekursgericht ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof nach § 37 Abs3 Z 18 MRG zu. Mit ihrem Revisionsrekurs zielen die Mieter auf Abänderung der Entscheidung der Vorinstanzen dahin ab, daß ausgesprochen werde, ihnen gegenüber sei in der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 1982 der gesetzlich zulässige Mietzins durch die Vorschreibung weiterer S 9.848,-- an Feuerversicherungsprämie überschritten worden, und daß der Vermieter zur Rückzahlung der zu Unrecht eingehobenen Betriebskostenanteile verhalten werde. Der Gegner hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Die Kosten für die angemessene Versicherung des Hauses gegen Brandschaden gelten als Betriebskosten, sofern und soweit die Versicherungssumme dem Betrag entspricht, der im Schadensfall zur Wiederherstellung im Sinne des § 7 Abs1 MRG ausreicht (§ 21 Abs1 Z 4 MRG). Auch diese Betriebskostenpost war nach § 4 Abs1 MG auf die einzelnen Mietgegenstände im Haus nach dem Verhältnis des einzelnen der Berechnung des gesetzlichen Mietzinses zugrunde gelegten Jahresmietzinses zur Gesamtsumme dieser Jahresmietwerte und ist spätestens seit dem 1.1.1984 nach dem Verteilungsschlüssel des § 17 MRG zu verteilen (§ 47 Abs2 MRG). Danach bestimmt sich der Anteil eines Mietgegenstandes an den Gesamtkosten des Hauses nach dem Verhältnis der Nutzfläche des Mietgegenstandes zur Nutzfläche aller vermieteten, vom Vermieter benützten oder trotz ihrer Vermietbarkeit nicht vermieteten Wohnungen und sonstigen Mietgegenständen des Hauses (§ 17 Abs1 MRG). Ein Abgehen von diesem Verteilungsschlüssel setzt eine darüber zustande gekommene schriftliche Vereinbarung zwischen dem Vermieter und allen Mietern des Hauses voraus, soweit nicht die Sonderregelung für die im § 24 MRG angeführten Verbrauchskosten Platz greift (Palten in Korinek-Krejci, HBzMRG, 400). Der Oberste Gerichtshof hat erst kürzlich in der Entscheidung vom 18.3.1986 zu 5 Ob 21/86 die Rechtsansicht gebilligt, daß der Grundsatz der Verteilung der Betriebskosten nach den Nutzflächen nicht nur kraft einer Vereinbarung sondern auch dann durchbrochen wird, wenn es um einen unverhältnismäßig hohen Wasserverbrauch infolge eines Gewerbebetriebes geht und diese berichtigende Auslegung auch im Bereich des Mietrechtsgesetzes geboten ist. Bei Verursachung unverhältnismäßig hoher Betriebskosten ist das Übermaß in Abweichung vom allgemeinen Betriebskostenschlüssel nach Billigkeitsgrundsätzen dem Verursacher aufzuerlegen (Würth in Rummel, ABGB, Rdz 5 zu

§ 17 MRG; MietSlg.25.208). Die von der Rechtsprechung zu

§ 4 Abs1 MG entwickelte und nach der neuen Rechtslage

(§ 17 Abs1 MRG) weiterhin zu treffende gerichtliche Entscheidung über die Tragung eines Mehrverbrauches ist feststellender Natur und daher auch für schon in der Vergangenheit liegende Zeiträume möglich. In der Entscheidung vom 21.11.1973, MietSlg.25.208, hatte der Oberste Gerichtshof zu dieser Frage in einem Rechtsstreit zwischen einem Hauptmieter und einem Untermieter zur Tragung der nach Aufnahme der Lackerzeugung im Unternehmen des Hauptmieters angefallenen erhöhten Feuerversicherungsprämien wegen der eingetretenen Risikoerhöhung ausgeführt, daß auch für die Mehrkosten, die auf Grund eines erhöhten Risikos für eine Feuerversicherung erwachsen, das gelte, was zu den Kosten eines unverhältnismäßig höheren Wasserverbrauches eines gewerblichen Unternehmers gesagt wurde. Mangels abweichender vertraglicher Regelung sei der durch das von einem Bestandnehmer veranlaßte höhere Risiko zurückzuführende Prämienanteil allein dem Mieter anzurechnen, der durch die Art seines Betriebes diese Risikoprämie verursacht habe. Es geht also hier darum, ob die im Vergleich zu einem Haus, in welchem nur eine ein Drittel nicht überschreitende Belegfläche für gewerbliche Betriebe, Verkaufsgeschäfte und/oder Lagerung Verwendung findet, höhere Feuerversicherungsprämie von den Geschäftsraummietern durch eine Risikoerhöhung verursacht wird und daher der Mehraufwand allein von ihnen in Abweichung vom allgemeinen Verteilungsschlüssel zu tragen ist.

Der Mindestprämientarif für Feuer- und Feuerbetriebsunterbrechungs-Versicherungen gültig ab 1.11.1979 sieht im Prämientarif I für Wien einen Prämiensatz von 0,5 %o, für die Versicherung von städtischen Risken bei der Neuwertversicherung von Wohn- und Bürozwecken dienenden Gebäuden unter harter Dachung bei massiver Bauweise hingegen nach Tarif Ia von nur 0,14 %o der Versicherungssumme vor, doch gilt bei Objekten mit gewerblichen Betrieben, Verkaufsgeschäften und/oder Lagerung der Prämientarif V. Danach bestimmt sich der Prämiensatz dann, wenn die Belegfläche, das ist jener Flächenanteil an der Gesamtfläche sämtlicher Geschosse eines Gebäudes, der insgesamt für Tätigkeiten der gewerblichen Betriebe (Verkaufsbetriebe oder Lager, kleingewerbliche Anlagen mit Erzeugung, Be- oder Verarbeitung, Tankstellen, Garagen usw. darunter auch Gast- und Kaffeehäuser) benützt wird, bis zu einem Drittel reicht, unter anderem nach dem Landesprämientarif Ia, so daß der Prämiensatz bei Vorliegen aller anderen Voraussetzungen auch nur 0,14 %o beträgt. Übersteigt die Belegfläche für gewerbliche Nutzung ein Drittel nicht aber zwei Drittel, so kommt dieser regional begünstigende Prämiensatz nach dem Prämientarif Ia nicht zur Anwendung. Der Prämiensatz bestimmt sich nach dem allgemeinen Prämientarif zuzüglich einem Zuschlag von 50 % höchstens aber nach dem Prämientarif V, so daß er 0,75 %o beträgt. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem für ein Haus mit geringer gewerblicher Nutzung und für ein Haus mit einer Belegfläche von mehr als einem aber nicht mehr als zwei Drittel ergibt sich somit nach den Tarifierungsbestimmungen der Versicherer allein aus dem Anteil der Belegfläche ohne Berücksichtigung des besonderen Risikos. Mit Recht weisen zwar die Mieter darauf hin, daß hier eine auf Risikoerwägungen abgestellte Pauschalierung der Prämie stattfindet. Der Mietrechtsgesetzgeber hat aber bei der Schaffung des Verteilungsschlüssels nach § 17 Abs1 MRG ebenfalls nur pauschal auf die Nutzflächen der einzelnen Bestandobjekte abgestellt und damit die Einzelgerechtigkeit gegenüber der Verrechnungsvereinfachung zurückgesetzt. Hatten vor der Einführung des Nutzflächenschlüssels die Geschäftsraummieter schon wegen der in der Regel im Vergleich zu Wohnungen höheren Jahresmietzinse 1914, deren Verhältnis die Verteilung der Betriebskosten bestimmte, meist den höheren Anteil an den allgemeinen Kosten des Hauses aufzuwenden, so wurden nach § 17 Abs1 MRG unterschiedliche Mietwerte zwischen Wohnungen und Geschäftsräumlichkeiten (sonstige Mietgegenstände) nicht mehr berücksichtigt, sondern zur Vereinfachung der objektiv ermittelbare Flächenschlüssel eingeführt. Dabei mußte bekannt sein, daß die vom Vermieter aufgewendeten Kosten für die angemessene Versicherung des Hauses gegen Brandschaden auch durch den Anteil der Nutzung durch gewerbliche Betriebe oder Verkaufsgeschäfte oder Lagerräume beeinflußt werden, ohne daß sich der Gesetzgeber veranlaßt sah, dafür ein Abgehen vom allgemeinen Verteilungsschlüssel vorzusehen. Für den Wohnungsmieter geht es darum, daß die Entrichtung der Feuerversicherungsprämie die Wiederherstellung des Hauses sichert, wenn ein Brandschaden eintritt. Die Angemessenheit der Versicherung wird auch durch andere Faktoren bestimmt, wie Bauweise und Dachung des Hauses, örtliche Lage usw., ohne daß gesagt werden kann, der Mehraufwand an Prämie sei von einem oder dem anderen Geschäftsraummieter durch die Erhöhung der Feuergefahr verursacht. Es handelt sich vielmehr um eine nach den Tariferungsbestimmungen der Versicherungsunternehmungen allgemein vorgenommene Bemessung der Prämie, die alle Mieter des Hauses trifft.

Der Oberste Gerichtshof teilt die Ansicht des Rekursgerichtes, daß daraus ein auf Ausnahmefälle zu beschränkendes Abgehen vom Verteilungsschlüssel in berichtigender Auslegung der gesetzlichen Anordnung des § 17 Abs1 MRG nicht abgeleitet werden kann, weil von einer Verursachung der Mehrkosten durch bestimmte Bestandnehmer nicht gesprochen werden kann.