JudikaturJustiz5Ob245/98k

5Ob245/98k – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. Oktober 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Mietrechtssachen der Antragstellerin Roberta Spurny B*****, vertreten durch Michaela Schinnagl und Mag. Franz Rötzer, Funktionäre der Mietervereinigung Österreichs (MVÖ), 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 60b, wider die Antragsgegner 1.) A*****GmbH, *****, vertreten durch Dr. Roland Kassowitz, Rechtsanwalt in Wien, und 2.) G***** AG, *****, vertreten durch Dr. Haimo Puschner, Mag. Martin Spernbauer und Mag. Nikolaus Rosenauer, Rechtsanwälte in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, infolge der Revisionsrekurse beider Antragsgegner gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 22. April 1998, GZ 41 R 198/98s-34, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 2. Februar 1998, GZ 46 Msch 131/96z-30, bestätigt wurde, folgenden

Sachbeschluß

gefaßt:

Spruch

Den Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin ist seit 1. 6. 1995 Hauptmieterin der Wohnung top 5 im Haus *****. Grundbücherliche Eigentümerin dieses Hauses war bis 5. 8. 1996 die Erstantragsgegnerin; seither gehört es der Zweitantragsgegnerin, die allerdings die Verwaltung der Liegenschaft schon mit 1. 2. 1996 übernommen hatte.

Im Zuge eines bei der zuständigen Schlichtungsstelle der Stadt Wien eingeleiteten und dann gemäß § 40 Abs 1 MRG an das Gericht gelangten Mietzinsüberprüfungsverfahrens hat das Erstgericht Überschreitungen des zulässigen Hauptmietzinses durch die Vorschreibungen der Antragsgegner in der Zeit vom 1. 6. 1995 bis 31. 1. 1996 bzw vom 1. 2. 1996 bis 30. 10. 1996 festgestellt und die Erstantragsgegnerin zur Zurückzahlung von S 78.450,40 s. A., die Zweitantragsgegnerin zur Zurückzahlung von S 47.356,20 s. A. verpflichtet. Strittig ist dabei nur noch, ob sich die Antragsgegner auf den Belohnungstatbestand des § 46c MRG berufen und von der Antragstellerin statt des Richtwertmietzinses den angemessenen Hauptmietzins verlangen können. Es geht konkret um die Frage, ob die Arbeiten zur Anhebung des Standards der verfahrensgegenständlichen Wohnung bereits vor dem 1. 10. 1993 tatsächlich begonnen haben.

Dazu hat das Erstgericht umfangreiche Feststellungen getroffen (Seite 7 - 18 der ON 30), die sich wie folgt zusammenfassen lassen:

Das Haus ***** befand sich beim Erwerb durch die Erstantragsgegnerin im Mai 1993 in einem zum Teil desolaten Zustand und wurde in monatelanger Arbeit umfassend saniert. Die Baumeisterarbeiten, konkret die Vergrößerung des Stiegenhauses, der Einbau eines Lifts unter Umbau des Lichthofs zu einem Lichtschacht, die Errichtung eines Triebwerksraums im Keller sowie die Demontage sämtlicher Steigleitungen wurden noch vor Oktober 1993 begonnen; es konnte jedoch nicht festgestellt werden, daß im verfahrensgegenständlichen Bestandobjekt vor Oktober 1993 mit irgendwelchen Adaptierungsarbeiten begonnen worden wäre (auf weitere Details ist, wie noch auszuführen sein wird, das Rekursgericht in Erledigung von Argumenten der Antragsgegner eingegangen).

Daraus folgerte das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht, daß es den beweispflichtigen Antragsgegnern nicht gelungen sei, die in § 46c MRG für die Einhebung des angemessenen Hauptmietzinses normierte Tatbestandsvoraussetzung eines Beginns der Arbeiten zur Standardanhebung vor dem 1. 10. 1993 nachzuweisen. Sie könnten daher nur den nach § 16 Abs 2 - 4 MRG zu berechnenden Richtwertmietzins verlangen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

§ 46c MRG gestatte die Vereinbarung eines angemessenen Hauptmietzinses, wenn der Mietgegenstand eine Wohnung der Ausstattungskategorie A oder B in ordnungsgemäßem Zustand ist, deren Standard vom Vermieter nach dem 31. 12. 1967 durch Zusammenlegung von Wohnungen der Ausstattungskategorie B, C oder D, durch eine andere bautechnische Aus- oder Umgestaltung größeren Ausmaßes einer Wohnung oder mehrerer Wohnungen der Ausstattungskategorien B, C oder D oder sonst unter Aufwendung erheblicher Mittel angehoben wurde, oder wenn der Mietgegenstand eine Wohnung der Ausstattungskategorie C in ordnungsgemäßem Zustand ist, deren Standard vom Vermieter nach dem 31. 12. 1967 durch Zusammenlegung von Wohnungen der Ausstattungskategorie D, durch eine andere bautechnische Aus- oder Umgestaltung größeren Ausmaßes einer Wohnung oder mehrerer Wohnungen der Ausstattungskategorie D oder sonst unter Aufwendung erheblicher Mittel angehoben wurde, sofern der Vermieter die Arbeiten zur Standardanhebung vor dem 1. 10. 1993 tatsächlich begonnen hat.

§ 46c MRG enthalte also eine (befristete) Übergangsregelung für nach dem 28. 2. 1994 geschlossene Hauptmietverträge, wobei die weitere Anwendung des Regelungsinhalts des § 16 Abs 1 Z 5 und 6 MRG idF vor dem 3. WÄG normiert worden sei (vgl Ostermayer, Mietrecht2, Anm 1 zu

§ 46c MRG; Würth/Zingher, Miet- und WohnR20, Rz 1 zu § 46c MRG). Hienach seien, weil auch im Bereich der Kategoriemietzinse nicht jede im Haus vorgenommene Investition - gerade etwa durch den Einbau eines Liftes oder durch Vornahme von Verbesserungsarbeiten an allgemeinen Teilen des Hauses - mietzinsrelevant war (vgl MietSlg 37/5; Würth in Rummel2, Rz 15 zu § 16 MRG mwN), kategorieerhöhende Investitionen gefordert. Sonstige Aufwendungen, die für die Kategorieanhebung nicht kausal oder zumindest im Zusammenhang damit nicht notwendig waren, hätten unberücksichtigt zu bleiben. Damit habe man eine Gleichbehandlung mit Vermietern erreichen wollen, die ebenfalls solche Investitionen - ohne kategorieerhöhenden Erfolg - vorgenommen hatten (vgl Würth in Korinek/Krejci, Handbuch zum MRG, 350; MietSlg 37/5, 43/21; WoBl 1995/77 mwN).

Die Beweislast des Vermieters für alle Voraussetzungen der Ausnahmetatbestände des § 16 Abs 1 bzw § 46c MRG sei unstrittig (WoBl 1995/42; MietSlg 40.320/5, 46.282, 47.494).

Soweit Bauarbeiten im Haus ***** feststellbar vor dem 1. 10. 1993 begonnen wurden, hätten sie primär den Lifteinbau und die hiedurch erforderlich gewordene Vergrößerung des Stiegenhausbereiches unter gleichzeitiger Verringerung der Nutzfläche der Wohnung top 5 und nur als Folge dieser kategorieirrelevanten Baumaßnahmen eine Verlegung von Wasser-, Strom- und Gasleitungen sowie des WC-Abfallstranges, weiters Veränderungen im Bereich des Lichthofes, im Kellerbereich (Schaffung eines Triebwerksraumes für den Lift) sowie einen Dachbodenausbau und eine Sanierung der Kamine betroffen. Hiebei handle es sich um nicht kategorierelevante Arbeiten, die in allgemeinen Teilen des Hauses, außerhalb der der Antragstellerin vermieteten Wohnung, vorgenommen wurden. Die unter der festgestellten "Sanierung" zu verstehende Brauchbarmachung bereits vorhandener Kaminanschlüsse als für die Brauchbarkeit von Wohnungen erforderlicher Elemente könnte für sich allein schon aus diesem Grund die Voraussetzungen des § 16 Abs 1 Z 5 und 6 MRG idF vor dem 3. WÄG und damit des § 46c MRG idF nach dem Inkrafttreten des 3. WÄG nicht erfüllen (vgl MietSlg 36.308 mwN).

Für Kategorieanhebungsarbeiten zu fordernde Baumaßnahmen innerhalb der Wohnung (Dirnbacher, Das MRG idF der Novelle 1997, 105) hätten somit erst nach dem 1. 10. 1993 erwiesen werden können, sodaß den Antragsgegnerinnen der Nachweis des in Anspruch genommenen Ausnahmetatbestandes nicht gelungen sei. Das führe zu einer Bestätigung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000,-- übersteigt und der Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß zur Frage der zeitlichen Zuordnung der Generalsanierung eines Hauses zu § 46c MRG unterstellbaren Einzelarbeiten im Inneren einer Wohnung Judikatur des Obersten Gerichtshofes, soweit überblickbar, bislang nicht ergangen sei.

Gegen den rekursgerichtlichen Sachbeschluß haben beide Antragsgegner fristgerecht Revisionsrekurs erhoben. Ihre Argumente lassen sich dahingehend zusammenfassen, daß für den tatsächlichen Beginn standardanhebender Arbeiten nur eine nach außen hin in Erscheinung tretende Handlung gefordert werden könne und daß dies bei einer Gesamtsanierung der Liegenschaft eben der Beginn dieser Arbeiten sei. Dafür spreche auch der Gesetzeswortlaut, der Arbeiten "zur" Standardanhebung verlange. Es sei nicht sachgerecht, die Totalsanierung eines Hauses in einzelne Arbeiten zu zerlegen. Im gegenständlichen Fall seien die Sanierungsarbeiten im August 1993, also zu einem Zeitpunkt begonnen worden, als die Stichtagsregelung des § 46c MRG noch gar nicht abgesehen werden konnte. Man wollte und sollte jene Vermieter schützen, die im Vertrauen auf die Weitergeltung des § 16 Abs 1 Z 5 aF MRG Sanierungsarbeiten in Angriff genommen haben.

Die Revisionsrekursanträge gehen dahin, in Abänderung des zweitinstanzlichen Sachbeschlusses Überschreitungen des zulässigen Mietzinses nur nach Maßgabe des angemessenen Hauptmietzinses festzustellen und dementsprechende Rückzahlungsaufträge zu erlassen.

Von der Antragstellerin liegt dazu eine fristgerecht erstattete Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag vor, die Entscheidung des Rekursgerichtes zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse sind aus den vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; sie sind jedoch nicht berechtigt.

Der erkennende Senat teilt die Rechtsansicht des Rekursgerichtes und findet in den Rechtsmitteln der Antragsgegner auch keine stichhältigen Gegenargumente, sodaß gemäß §§ 528a, 510 Abs 3 ZPO iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG mit einer kurzen Zusatzbegründung das Auslangen gefunden werden kann.

Es entspricht einer gefestigten Judikatur, daß der Vermieter die Belohnungstatbestände des § 16 Abs 1 Z 5 und 6 aF MRG (für die in § 46c MRG idF des 3. WÄG eine nur geringfügig modifizierte befristete Weitergeltung angeordnet wurde) nur durch solche Investitionen in das Mietobjekt herstellen konnte, die unmittelbar zur Anhebung der Ausstattungskategorie führten. Noch so umfangreiche Arbeiten, mit denen dieser Effekt nicht erzielt wurde, blieben unberücksichtigt (vgl MietSlg 36.308; MietSlg 37/5; WoBl 1995, 167/77). Ebenso klare Trennlinien hat der Gesetzgeber zwischen Erhaltungsarbeiten im engeren Sinn sowie nützlichen Verbesserungen des Hauses und nützlichen Verbesserungen einzelner Mietgegenstände gezogen (vgl §§ 3, 4 Abs 1 MRG).

Vor diesem Hintergrund sind die "Arbeiten zur Standardanhebung", die vor dem 1. 10. 1993 begonnen haben müssen, um den Belohnungstatbestand des § 46c MRG zu erfüllen, eindeutig definiert. Es sind damit Arbeiten gemeint, die den Mietgegenstand in der Weise umgestalten, daß eine gesetzlich festgelegte höhere Ausstattungskategorie erreicht wird. Genau diese Arbeiten müssen "tatsächlich" vor dem 1. 10. 1993 begonnen worden sein, um im Fall einer Neuvermietung "ausnahmsweise" vom Richtwertmietzins abrücken zu können (vgl den AB zu Art II Z 3 des 3. WÄG, abgedruckt bei Würth/Zingher, WohnR 94, 125). Das Wort "zur" Standardanhebung dient der Einschränkung des Begriffs der belohnungsrelevanten Arbeiten auf standardanhebende Maßnahmen und soll nicht etwa ausdrücken, daß schon eine vor dem 1. 10. 1993 in Angriff genommene Generalsanierung des Hauses den Belohnungstatbestand des § 46c MRG herstellen kann, wenn in ihrem Zug - später einmal - auch standardanhebende Investitionen in einzelne Wohnungen anfallen.

Den Rechtsmittelwerbern ist zuzugeben, daß diese Auslegung zu Härtefällen führen kann. Wie sich aus der unmißverständlichen Anknüpfung der Ausnahmeregelung des § 46c MRG auf den "tatsächlichen" Beginn der standardanhebenden Arbeiten ergibt, ist es aber dem Gesetzgeber um eine klar erweisliche, schematische Abgrenzung von Anwendungsfällen alten und neuen Rechts gegangen. Jede Aufweichung des Begriffs der "Arbeiten zur Standardanhebung" würde zu Rechtsunsicherheiten führen, zu deren Vermeidung auch Härtefälle in Kauf zu nehmen sind. Zu Recht haben es daher die Vorinstanzen abgelehnt, den Beginn der Arbeiten an allgemeinen Teilen des Hauses als Beginn von Arbeiten zur Anhebung des Standards des verfahrensgegenständlichen Mietobjekts gelten zu lassen, mag auch im Zuge der Generalsanierung des Hauses von Anfang an auch die Wohnungsverbesserung geplant gewesen sein.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden, zumal die Beweislast für die Erfüllung des Belohnungstatbestandes des § 46c MRG richtigerweise den Antragsgegnern aufgebürdet wurde (vgl Würth zu WoBl 1995, 168/78).

Rechtssätze
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