JudikaturJustiz5Ob19/00f

5Ob19/00f – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Februar 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Mietrechtssachen des Antragstellers Magdy Fouad H*****, vertreten durch Mag. Nadja Horvath, Angestellte der Mietervereinigung Österreichs, Reichsratsstraße 15, 1010 Wien, gegen den Antragsgegner Helmut M*****, vertreten durch Dr. Gerhard Schütz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, wegen § 16, 25 und 37 Abs 1 Z 8 MRG, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 29. Juni 1999, GZ 40 R 100/99y-22, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 22. Dezember 1998, GZ 8 Msch 9/98h, 35/98g-13, bestätigt wurde, folgenden

Sachbeschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsgegner ist schuldig, dem Antragsteller binnen 14 Tagen die mit S 34,-- bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (Porto für die Revisionsrekursbeantwortung) zu ersetzen.

Text

Begründung:

Im gegenständlichen Verfahren (die Überprüfung des Hauptmietzinses sowie des Entgelts nach § 25 MRG für eine teilweise möbliert vermietete Eigentumswohnung betreffend) ist in dritter Instanz nur mehr die Frage zu klären, ob der Antragsteller die Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung iSd § 16 Abs 8 MRG (vor allem auch im Hinblick auf den durch die WRN 1997 in diese Gesetzesstelle eingefügten letzten Satz) rechtzeitig geltend gemacht hat.

Die hiefür maßgeblichen Feststellungen lauten wie folgt:

Das Gebäude, in dem sich die verfahrensgegenständliche Wohnung befindet, wurde im Jahr 1904 erbaut.

Das Mietverhältnis begann am 20. 5. 1994. Ihm liegt ein tags zuvor abgeschlossener Mietvertrag zu Grunde, der auf drei Jahre befristet war. Am 10. 4. 1997 haben die Mietvertragsparteien vereinbart, den Vertrag auf weitere drei Jahre bis zum 19. 5. 2000 zu verlängern.

Den ersten seiner Mietzinsüberprüfungsanträge hat der Antragsteller am 3. 6. 1997 bei der zuständigen Schlichtungsstelle eingebracht.

Das Erstgericht ging ohne weitere Begründung von der Rechtzeitigkeit des Mietzinsüberprüfungsantrags aus. Das Rekursgericht befasste sich ausdrücklich mit dieser Frage, verneinte die vom Antragsgegner geltend gemachte Präklusion und führte dazu aus, dass in Anbetracht der Befristung des Mietverhältnisses nach dem klaren Wortlaut des § 16 Abs 8 MRG eine Verlängerung der dreijährigen Präklusionsfrist um sechs Monate eingetreten sei.

Diese Entscheidung enthielt - basierend auf der Feststellung, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000,-- nicht übersteigt - zunächst den Ausspruch, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig sei; auf Antrag des Rechtsmittelwerbers wurde aber dann der Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt, weil noch keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Frage vorliege, ob der durch die WRN 1997 in § 16 Abs 8 MRG eingefügte letzte Satz auch dann Anwendung findet, wenn der Mietvertrag über eine Eigentumswohnung vor Ablauf der ursprünglichen Befristung, aber nach dem Inkrafttreten der WRN 1997 abgeschlossen wurde.

Mit seinem Revisionsrekurs strebt der Antragsgegner die Abweisung sämtlicher Mietzinsüberprüfungsanträge des Antragstellers wegen Versäumung der dreijährigen Frist des § 16 Abs 8 Satz 2 MRG an. Diese sei mit dem 20. 5. 1997 abgelaufen. Auf die Verlängerung der Frist um sechs Monate könne sich der Antragsteller nicht berufen, weil das verfahrensgegenständliche Mietverhältnis als ein solches nach § 29 Abs 1 Z 3 lit b MRG idF des 3. WÄG zu qualifizieren sei. Bei Abschluss des Mietvertrages habe das Gesetz eine Verlängerung der 3-Jahres-Frist um sechs Monate für die Geltendmachung der Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung nur für die in § 29 Abs 1 Z 3 lit c MRG angeführten befristeten Mietverhältnisse vorgesehen. Eine extensive Interpretation dieser Ausnahmeregelung verbiete sich. Die durch die WRN 1997 in § 16 Abs 8 MRG eingefügte Bestimmung, dass die Fristverlängerung auch für die Miete einer Eigentumswohnung in einem Gebäude gelte, das auf Grund einer vor dem 8. Mai 1945 erteilten Baubewilligung neu errichtet wurde, komme nicht zur Anwendung, weil sie zufolge der klaren Übergangsvorschrift des § 49b Abs 1 MRG erst mit 1. 3. 1997 - nach Abschluss des verfahrensgegenständlichen Mietvertrages - in Kraft getreten sei.

Vom Antragsteller liegt dazu eine Rechtsmittelbeantwortung mit dem Antrag vor, den Revisionsrekurs zurückzuweisen oder ihm nicht Folge zu geben. Er versteht die Übergangsregelung des § 49b Abs 1 MRG so, dass der neu gefasste § 16 Abs 8 MRG ab 1. 3. 1997 uneingeschränkt für alle in diesem Zeitpunkt (noch) bestehenden Mietverhältnisse gilt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Vorweg ist zu bemerken, dass dem festgestellten Sachverhalt nicht eindeutig zu entnehmen ist, der verfahrensgegenständliche Mietvertrag unterliege - wie vom Antragsgegner behauptet - der Regelung des § 29 Abs 1 Z 3 lit b MRG idF des 3. WÄG. Bei Abschluss dieses Vertrages stand nämlich noch § 29 Abs 5 MRG in Geltung, dem zu Folge lit b leg cit nicht anzuwenden war, wenn der Vermieter einer "Alt-Eigentumswohnung" Eigentümer der Mehrheit der Miteigentumsanteile oder der Wohnungseigentumsobjekte ist. Dies wurde offenbar nicht geprüft. Eine Ergänzung des Verfahrens zu dieser Frage erübrigt sich jedoch, weil auch die Annahme, der verfahrensgegenständliche Mietvertrag sei zu Recht dem § 29 Abs 1 Z 3 lit b MRG idF des 3. WÄG unterstellt worden, zu keiner Präklusion der Mietzinsüberprüfung führt.

Bereits in der Entscheidung 5 Ob 147/98b (WoBl 1999, 167/76) ist der erkennende Senat - weitgehend konform mit der von Stabentheiner/Wais in "Die Wohnrechtsnovelle 1997" vertretenen Rechtsansicht (ÖJZ-Sonderheft 6A, 11) - zum Schluss gekommen, dass die den Mieter einer "Alt-Eigentumswohnung" begünstigende Regelung des § 16 Abs 8 letzter Satz MRG idF der seit 1. 3. 1997 geltenden WRN 1997 anzuwenden ist, wenn das befristete Mietverhältnis über den 28. 2. 1997 hinaus andauert und die 3-Jahres-Frist des § 16 Abs 8 Satz 2 MRG noch nicht abgelaufen ist (oder auch gar nicht abgelaufen sein kann). Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass der maßgebliche Sachverhalt, der die Präklusionswirkung hätte eintreten lassen, bei Inkrafttreten der Fristverlängerung noch nicht eingetreten ist, wenn die ursprüngliche 3-Jahres-Frist über den 28. 2. 1997 hinausreicht. Dementsprechend habe die Generalklausel des § 49b Abs 13 MRG zur Anwendung zu kommen, dem zu Folge die WRN 1999 (BGBl I Nr 22/1997) ab dem 1. 3. 1997 auch für Mietverträge gilt, die vor seinem Inkrafttreten geschlossen worden sind.

Jüngst hat Vonkilch (Die intertemporale Behandlung der Verlängerung von Verjährungs- und Präklusivfristen am Beispiel der Novellierung des § 16 Abs 8 MRG durch die MRGNov 1997, WoBl 1999, 154) diese Rechtsansicht gebilligt und argumentativ vertieft. Demnach sei die normative Aussage des ersten Satzes des Abs 6 KdmP zum ABGB darauf zu reduzieren, dass nur eine bereits eingetretene Verjährung oder Präklusion durch eine nachträgliche Gesetzesänderung nicht korrigiert wird. Maßgeblicher Gesichtspunkt sei der Vertrauensschutz, der eine generelle Unbeachtlichkeit von Rechtsänderungen für noch laufende Verjährungen und Präklusionen nicht rehtfertigen könne. Die hier behandelte Übergangsproblematik zeige dies deutlich, wäre doch die Ungleichbehandlung von Mietern mit "klassischen" 3-Jahres-Verträgen und Mietern einer nach § 29 Abs 1 Z 3 lit b MRG befristet gemieteten Alteigentumswohnungen nicht plausibel erklärbar. Die Absicht des Gesetzgebers, durch die WRN 1997 die missglückten Befristungsregelungen des 3. WÄG zu sanieren und die schon geschlossenen 3-Jahres-Verträge harmonisch in die neue Rechtslage überzuführen, sei dadurch Rechnung zu tragen, dass auch die laufenden Präklusivfristen in die neue Rechtslage übergeleitet werden und nicht etwa nach der bei Fristbeginn maßgeblichen Rechtslage "versteinern" (aaO, 156).

Der erkennende Senat schließt sich dieser Argumentation an. Demnach ist die Verlängrung der 3-Jahres-Frist des § 16 Abs 8 Satz 2 MRG ab dem Inkrafttreten der WRN 1997 auch bei befristeten Mietverträgen über Alteigentumswohnungen anzuwenden, wenn die genannte Präklusivfrist zu diesem Zeitpunkt (1. 3. 1997) noch nicht abgelaufen war.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG iVm §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.