JudikaturJustiz4Ob33/00g

4Ob33/00g – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Februar 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Hausmaninger Herbst Wietrzyk, Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien, wider die beklagten Parteien 1. E*****-GmbH Co KG, 2. E*****-GmbH, 3. Andreas M*****, alle vertreten durch Dr. Egon Sattler und Dr. Reinhard Schanda, Rechtsanwälte in Wien, infolge Revisionsrekurses der Klägerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 14. Dezember 1999, GZ 3 R 235/99w-12, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 15. Oktober 1999, GZ 10 Cg 152/99g-8, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs der Klägerin wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:

"Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruchs wird den Beklagten bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils verboten, im geschäftlichen Verkehr beim Vertrieb der Arzneimittel PROSCARR und CO-RENITECR die Marken PROSCARR und/oder CO-RENITECR neu anzubringen, wenn diese Produkte im Herkunftsland in der gleichen Zusammensetzung (Zahl der Tabletten) wie in Österreich verpackt und vertrieben werden (ausgenommen durch Umverpacken, was Gegenstand des Verfahrens 3 Cg 198/98v ist); dies insbesondere durch Neuaufbringen der Marken PROSCARR und CO-RENITECR mittels Etiketten.

Die Beklagten haben die Äußerungskosten endgültig selbst zu tragen."

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; die Beklagten haben die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist ein Unternehmen des Pharmakonzerns M***** Co. Inc., USA. Sie vertreibt in Österreich (ua) Arzneimittel der Marken PROSCARR und CO-RENITECR. PROSCARR und CO-RENITECR sind eingetragene Marken der M***** Co. Inc. Die Klägerin ist berechtigt, diese Marken zu gebrauchen. M***** Co. Inc. hat der Klägerin auch die Befugnis eingeräumt, Markenverletzungen durch Dritte abzuwehren.

Die Erstbeklagte importiert Arzneimittel parallel. Die Zweitbeklagte ist die einzige persönlich haftende Gesellschafterin der Erstbeklagten; der Drittbeklagte ist alleiniger Geschäftsführer der Zweitbeklagten.

Die Erstbeklagte kauft bei Großhändlern in Spanien die Arzneispezialitäten PROSCARR und CO-RENITECR, um sie in Österreich zu vertreiben. Ursprünglich ließ die Erstbeklagte die Arzneimittel in Piding (Deutschland) umpacken.

Mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 27. 4. 1999, 4 Ob 63/99i, wurde den Beklagten verboten, umverpackte Arzneispezialitäten PROSCAR und CO-RENITEC in Österreich anzubieten und/oder zu vertreiben, wenn diese Arzneimittel im Herkunftsland in der gleichen Zusammensetzung (Zahl der Tabletten) wie in Österreich verpackt und vertrieben werden.

Die Beklagten vertreiben die Arzneimittel nunmehr nicht in neuen Außenverpackungen, sondern in den Originalpackungen, die jedoch mit vollflächigen Aufklebern versehen sind. Diese Aufkleber sind gleich wie die ursprünglich verwendeten neuen Außenpackungen gestaltet: Es wird der Eindruck erweckt, die zu etwa einem Sechstel sichtbare Originalpackung stecke in einem Überkarton ("Schuberverpackung"). Der "Überkarton" ist mit dem jeweiligen Markennamen beschriftet. Unter "Zulassungsinhaber, Import und Vertrieb" ist die "E***** Vertriebs GmbH Co KG, 5071 Wals" angeführt; darunter findet sich der Aufdruck "Umgepackt durch: E***** Arzneimittel GmbH, ***** P*****". Die Rückseite ist mit Angaben in deutscher Sprache versehen, wie "Für Kinder unerreichbar aufbewahren. Rezept- und apothekenpflichtig. Gebrauchsinformation beachten. Lichtschutz erforderlich."

Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, den Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr beim Vertrieb der Arzneimittel PROSCARR und CO-RENITECR die Marken PROSCARR und/oder CO-RENITECR neu anzubringen, wenn diese Produkte im Herkunftsland in der gleichen Zusammensetzung (Zahl der Tabletten) wie in Österreich verpackt und vertrieben werden (ausgenommen durch Umverpacken, was Gegenstand des Verfahrens 3 Cg 198/98v ist); dies insbesondere durch Neuaufbringen der Marken PROSCARR und CO-RENITECR mittels Etiketten. Der EuGH habe in den "Umpack-Urteilen" klargestellt, dass auch das Kennzeichnungsrecht unter bestimmten Voraussetzungen der Erschöpfung unterliegen könne. Zwischen dem Neuaufbringen der Marke mittels Etiketten und dem Neuaufbringen der Marke anlässlich des Umverpackens bestehe kein Unterschied. Beide setzten die Notwendigkeit voraus, eine künstliche Abschottung der Märkte zu verhindern. Den Beklagten wäre es ohneweiters möglich, eine verkehrsfähige Packung zu schaffen, ohne die Marke neu anzubringen. Sie könnten mehrere kleine Etiketten verwenden, um die Packungen mit den notwendigen Angaben in deutscher Sprache zu versehen. Bei fachgerechter Etikettierung ohne Neuaufbringen der Marke komme es zu keiner Diskriminierung durch Beeinträchtigung der "wirtschaftlichen Absatzfähigkeit".

Die Beklagten beantragen, den Sicherungsantrag abzuweisen. Sie packten die Arzneimittel nicht um, sondern verwendeten die Original-Außenverpackung. Das Neuanbringen der Marke sei dem Umpacken nicht gleichzuhalten. Mit dem Inverkehrbringen der Ware innerhalb des EWR werde auch das Recht des Anbringens der Marke auf der Verpackung erschöpft. Der Markeninhaber könne sich dem weiteren Vertrieb solcher Produkte nur aus einem der in § 10b Abs 2 MSchG genannten berechtigten Gründe widersetzen. Das Anbringen vollflächiger Etiketten sei notwendig, weil mehrere kleine Etiketten die Packungen unordentlich und schlampig wirken ließen. Der österreichische Arzneimittelkonsument sei vielfach überklebte Arzneimittelpackungen nicht gewöhnt. Er sei ihnen gegenüber skeptisch; die Produkte der Beklagten wären demnach diskriminiert, müssten sie mehrfach überklebt werden. Die Beklagten regen an, dem EuGH mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Der EuGH solle insbesondere klären, ob alle Benutzungshandlungen der Erschöpfung unterliegen und ob das Neuaufbringen der Marke durch groß- oder vollflächige Etiketten auf der Original-Außenverpackung auch zulässig ist, um den Kennzeichnungsvorschriften im Einfuhrmitgliedstaat zu genügen, um eine Diskriminierung wegen der Verwendung bloß teilabdeckender Klebeetiketten zu verhindern, um einen effektiven Zugang zum Markt zu gewährleisten und um ein einheitliches Erscheinungsbild sämtlicher Packungsgrößen des parallelimportierten Arzneimittels zu erreichen.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Eine mit mehreren kleinen Etiketten versehene Packung wirkte unordentlich und schlampig. Die Verwendung vollflächiger Aufkleber sei daher notwendig.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Keiner der Entscheidungen des EuGH sei zu entnehmen, dass es unzulässig wäre, die Marke durch Etiketten neu anzubringen, wenn nicht umgepackt werde. Die Erschöpfung des Markenrechts beziehe sich auch auf das Anbringen des Kennzeichens auf der Ware. Der EuGH habe in den Umpackfällen ausgesprochen, dass dies nur zulässig sei, sofern es andernfalls zu einer künstlichen Abschottung der Märkte zwischen den Mitgliedstaaten komme. Dieser Grundsatz könne nicht ohneweiters auf den Fall übertragen werden, dass nicht umgepackt werde. Der EuGH sehe das Anbringen von Aufklebern als milderes Mittel. Es sei nur darauf zu achten, dass die Verpackung nicht schadhaft, von schlechter Qualität oder unordentlich erscheine. Dem Erstgericht sei beizupflichten, dass die Verpackung unordentlich wirkte, würden zahlreiche kleine Aufkleber verwendet. Die zu ./1 vorgelegte Verpackung zeige, dass die Verpackungen unordentlich, rufschädigend oder qualitativ schlecht erschienen, verwendete man mehrere kleine Aufkleber. Dadurch würde das Markenrecht verletzt. Eine vertriebsfähige, ordentlich erscheinende und den guten Ruf der Markeninhaberin wahrende Verpackung könne nur durch vollflächige Etikettierung der Originalverpackung hergestellt werden.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig und berechtigt.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass unter "Umpacken" im Sinne der Rechtsprechung des EuGH nicht nur das Wiederanbringen der Marke auf einer neuen Außenverpackung, sondern jede Änderung von Inhalt und Aussehen der äußeren Originalverpackung falle. Auch das Aufkleben vollflächiger Etiketten sei nur unter den vom EuGH für die Zulässigkeit des Umpackens aufgestellten Voraussetzungen zulässig. Sie seien im vorliegenden Fall nicht erfüllt, weil eine in Österreich verkehrsfähige Packung auch durch das Aufkleben mehrerer kleinerer Etiketten hergestellt werden könne.

Dem halten die Beklagten entgegen, dass das Recht des Markeninhabers, die Marke auf der Ware anzubringen, durch das Inverkehrbringen erschöpft sei. Das Anbringen der Marke durch das Aufkleben neuer Etiketten greife nicht in die Rechte des Markeninhabers ein; das Aufkleben neuer Etiketten sei kein Umpacken. Werde es aber dem Umpacken gleichgestellt, so sei es dennoch zulässig, weil es notwendig sei, um eine in Österreich verkehrsfähige Packung herzustellen. Teilweise etikettierte Packungen wirkten unordentlich und wären für das Produkt in seiner Absatzfähigkeit diskriminierend. Die Klägerin könnte geltend machen, dass ihre Markenrechte wegen Unordentlichkeit der Verpackung verletzt seien. Vollflächige Etiketten seien notwendig, um die Packungen mit den notwendigen Angaben zu versehen und um die "Patienten-Compliance" zu wahren. Ein "Umkennzeichnen" sei nach der EuGH-Rechtsprechung nur dann nicht erlaubt, wenn überhaupt keine objektiven Umstände bestehen, die eine Vermarktung des Produkts erschweren.

Die Beklagten regen an, dem EuGH mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Sie betreffen die Erschöpfung des Kennzeichnungsrechts, die Erfüllung der Kennzeichnungsvorschriften und das Erreichen eines einheitlichen Erscheinungsbilds nicht umgepackter und zulässigerweise umgepackter Arzneimittel als Rechtfertigung für das Anbringen vollflächiger Etiketten und die - bereits vom OLG Wien zu 15 R 166/99p dem EuGH vorgelegte - Frage, ob das Umpacken auch dann im Sinne der EuGH-Rechtsprechung notwendig ist, wenn "ein nicht unerheblicher Teil der Arzneimittelkonsumenten im Importstaat Arzneimitteln misstrauisch gegenübersteht, die ersichtlich für den Markt eines anderen (fremdsprachigen) Staates produziert und deren Verpackungen lediglich durch Aufkleber an die für das Feilhalten von Arzneimitteln geltenden innerstaatlichen Vorschriften angepasst wurden".

Klägerin und Beklagte berufen sich auf Entscheidungen des EuGH, die sie jeweils in ihrem Sinn auslegen. Der erkennende Senat hat sich in der Entscheidung 4 Ob 63/99i (ÖBl 1999, 289 - Schuberverpackung) mit der Rechtsprechung des EuGH befasst und ausgeführt, dass der EuGH darauf abstellt, ob die Geltendmachung einer Marke durch den Markeninhaber zu dem Zweck, sich dem Vertrieb der umgepackten Waren unter der Marke zu widersetzen, zu einer künstlichen Abschottung der Märkte zwischen Mitgliedstaaten beitragen würde. In den verbundenen Rechtssachen C-427/93, C-429/93 und C-436/93 (Bristol-Myers Squibb ua/Paranova SA) hat der EuGH diese Voraussetzung dahin präzisiert, dass sich der Markeninhaber dem Vertrieb der umgepackten Waren unter der Marke nicht widersetzen kann, wenn das Umpacken die Voraussetzung dafür ist, dass die Ware in einem anderen Mitgliedstaat vertrieben werden kann. Als Beispielsfall ("insbesondere") hat der EuGH den Fall genannt, dass der Markeninhaber das gleiche Arzneimittel in unterschiedlichen Packungen in verschiedenen Mitgliedstaaten in den Verkehr gebracht hat und das Umpacken durch den Importeur zum einen erforderlich ist, um das Arzneimittel im Einfuhrmitgliedstaat vertreiben zu können, und zum anderen unter solchen Bedingungen erfolgt, dass der Originalzustand des Arzneimittels dadurch nicht beeinträchtigt werden kann. Weitere Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Umpackens sind bestimmte Angaben auf der neuen Verpackung, eine Aufmachung, die weder den Ruf der Marke noch den ihres Inhabers schädigen kann, und die Einhaltung von Verständigungspflichten. Rufschädigend ist die Verpackung, wenn sie schadhaft, von schlechter Qualität oder unordentlich ist (Slg 1996 I-3457 = ÖBl 1997, 42 [Wollmann] = WBl 1996, 396 [Pöchhacker]).

Der Rechtsprechung des EuGH liegt die Auffassung zugrunde, dass die Erschöpfung des Markenrechts alle Benutzungshandlungen umfasse (s Sack, Zeichenrechtliche Grenzen des Umpackens fremder Waren, GRUR 1997, 1 [4] mwN). Andernfalls wäre nicht zu prüfen, ob sich der Markeninhaber im Sinne des Art 7 Abs 2 MarkenRL (§ 10a Abs 2 MSchG) aus berechtigten Gründen dem weiteren Vertrieb der - ua durch Wiederanbringen der Marke veränderten - Ware widersetzt. Der EuGH vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass Art 7 MarkenRL ebenso wie Art 30 EG den Zweck hat, die grundlegenden Belange des Markenschutzes mit denen des freien Warenverkehrs im Gemeinsamen Markt in Einklang zu bringen. Da mit beiden Bestimmungen dasselbe Ergebnis angestrebt werde, seien sie gleich auszulegen (C-379/97, Pharmacia Upjohn SA/Paranova A/S, Randnr 30 mwN).

Gegenstand der Entscheidungen des EuGH waren nicht nur Fälle, in denen Arzneimittel mit einer neuen Außenverpackung versehen (umgepackt) wurden. So betraf die Entscheidung Slg 1996 I-3603 auch ein Arzneimittel (Sermion), bei dem die Eurim-Pharm Arzneimittel GmbH die Originalpackung verwendet und mit Aufklebern versehen hatte (Randnr 17). Dass sich - wie die Beklagten unter Berufung auf Randnr 11 hervorheben - die Originalpackung in einem Umkarton mit Schaufenster befunden haben soll, vermag an der Relevanz der Ausführungen des EuGH nichts zu ändern. Der EuGH stellt nämlich den Fall, dass der Importeur das Arzneimittel in eine neue äußere Verpackung umgepackt hat, ausdrücklich dem Fall der Veränderung von Inhalt und Aussehen einer äußeren Originalverpackung unter Stehenlassen der darauf vom Hersteller angebrachten Marke gleich (Randnr 70). In der Entscheidung C-349/95, F. Loendersloot/George Ballantine Son Ltd, Slg 1997 I-6244, befasste sich der EuGH mit der Neuetikettierung einer Whiskyflasche. Auch in diesem Fall wandte er die in den Umpackfällen aufgestellten Grundsätze an, obwohl das Neuetikettieren einer Whiskyflasche nicht ein dem Ersetzen der äußeren Verpackung eines Arzneimittels gleiches "Umpacken" ist. Der Versuch der Beklagten, durch die Unterscheidung zwischen "Primärverpackung" (Glasbehälter) und "Außenverpackung" (Papieretiketten) ein "Umpacken" zu konstruieren, überzeugt nicht.

Die Rechtsprechung des EuGH macht deutlich, dass es nicht darauf ankommt, ob der Parallelimporteur die Originalpackung durch Aufkleber verändert, ob er die Ware neu etikettiert oder ob er die Ware in eine neue Außenverpackung umpackt und dabei gleichzeitig die Marke neu anbringt oder ob die (vom Hersteller angebrachte) Marke durch ein Sichtfenster zu sehen ist. Maßgebend ist das all diesen Fällen gemeinsame Kriterium, dass der Parallelimporteur das Erscheinungsbild der Ware verändert. Es wird daher geprüft, ob sich der Markeninhaber gemäß Art 7 Abs 2 MarkenRL (§ 10a Abs 2 MSchG) aus berechtigten Gründen dem weiteren Vertrieb der von ihm innerhalb des EWR in den Verkehr gebrachten Ware widersetzt und ob der spezifische Schutzgegenstand des Markenrechts die damit verbundene Einschränkung des innergemeinschaftlichen Handels rechtfertigt (Art 30 EG). Art 30 EG lässt nämlich Ausnahmen vom Grundsatz des freien Warenverkehrs nur zu, soweit sie zur Wahrung der Rechte gerechtfertigt sind, die den spezifischen Gegenstand des fraglichen gewerblichen Schutzrechts ausmachen. Der spezifische Gegenstand des Markenrechts besteht darin, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der mit der Marke versehenen Ware zu garantieren, indem ihm ermöglicht wird, diese Ware ohne Verwechslungsgefahr von Waren anderer Herkunft zu unterscheiden. Der Verbraucher oder Endabnehmer soll sicher sein können, dass an einer ihm angebotenen mit der Marke versehenen Ware nicht auf einer früheren Vermarktungsstufe durch einen Dritten ohne Zustimmung des Markeninhabers ein Eingriff vorgenommen worden ist, der den Originalzustand der Ware beeinträchtigt hat (C-379/97, Pharmacia Upjohn SA/Paranova A/S, Randnr. 16 mwN). Die Gefahr einer Verfälschung der Herkunftsgarantie ist nach Auffassung des EuGH auch bei einer bloßen Neuettikettierung der Ware gegeben (Slg 1997 I-6244, Randnr. 27).

Damit sich der Markeninhaber auf die Marke berufen kann, müssen fünf Voraussetzungen gegeben sein, von denen im vorliegenden Fall nur die erste strittig ist: Es muss erwiesen sein, dass die Geltendmachung einer Marke durch den Markeninhaber zu dem Zweck, sich dem Vertrieb der umgepackten Waren unter der Marke zu widersetzen, zu keiner künstlichen Abschottung der Märkte zwischen Mitgliedstaaten beitragen würde (Müller-Graff in Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-/EG-Vertrag Art 36 Rz 121 mwN). Fezer (Markenrecht**2 § 24 dMarkenG Rz 80) fasst die vom EuGH aufgestellten Grundsätze dahin zusammen, dass der freie Warenverkehr nicht auf Kosten berechtigter Interessen der Markeninhaber, des Handels und der Verbraucher an einem redlichen und unverfälschten Wettbewerb durchgesetzt werden darf.

Aus der oben genannten ersten Voraussetzung ergibt sich, dass die an der parallel importierten Ware vorgenommenen Änderungen notwendig sein müssen, um die Ware im Einfuhrmitgliedstaat vertreiben zu können. Das setzt voraus, dass der Parallelimporteur dazu gezwungen ist, die Ware umzupacken oder auf andere Weise zu verändern, weil der tatsächliche Zugang zu den Märkten des Mitgliedstaats behindert wäre, falls ihm die Veränderung der Ware verboten wäre; die Absicht des Parallelimporteurs, einen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, reicht hingegen nicht aus (s C-379/97, Pharmacia Upjohn SA/Paranova A/S, Randnr 43f).

Nur bei Bestehen einer derartigen Zwangslage trägt die Berufung auf das Markenrecht zur künstlichen Abschottung der Märkte bei. Ob der Parallelimporteur dazu gezwungen ist, die Ware zu verändern, haben die nationalen Gerichte zu beurteilen (Slg 1997 I-6244, Randnr. 38). Einer Vorlage der von den Beklagten zu diesem Thema formulierten Fragen zur Vorabentscheidung durch den EuGH bedarf es daher nicht.

Im vorliegenden Fall ist eine Neuetikettierung insoweit notwendig, als fremdsprachige Angaben durch Angaben in deutscher Sprache ersetzt werden müssen (§ 7 Abs 1 AMG) und als angegeben werden muss, von wem das Arzneimittel umgepackt worden ist und wer Hersteller ist (Slg 1996 I-3457, Randnr. 70). Dies kann, wie von den Beklagten gehandhabt, durch vollflächige Etiketten oder durch mehrere kleinere Etiketten geschehen, die jeweils überflüssige Angaben verdecken und notwendige Angaben hinzufügen.

Der Entscheidung Slg 1997 I-6244 ist zu entnehmen, dass der EuGH nur das jeweils gelindeste Mittel als zulässig ansieht: Wer Neuetikettierungen vornimmt, muss bei der Verwendung von Mitteln, die den Parallelhandel ermöglichen, den spezifischen Gegenstand des Markenrechts möglichst wenig beeinträchtigen. Der EuGH erachtet es als nicht erforderlich, die Originaletiketten zu entfernen und wiederanzubringen oder zu ersetzen, wenn die dort befindlichen Angaben den Etikettierungsvorschriften des Bestimmungsmitgliedstaats zwar entsprechen, diese aber zusätzliche Angaben vorschreiben, da es dann genügt, auf den fraglichen Flaschen ein Zusatzetikett mit den zusätzlichen Angaben anzubringen. Gegenstand dieser Entscheidung war die Neuetikettierung von Whiskyflaschen, auf deren Luxusimage und hervorragenden Ruf der EuGH als bei der Beurteilung einer allfälligen Beeinträchtigung des Rufs durch eine mangelhafte Aufmachung zu beachtende Kriterien ausdrücklich hingewiesen hat (Slg 1997 I-6244, Randnr. 33). Dass, wie die Beklagten behaupten, der EuGH in diesem Fall die Neuherstellung der "äußeren Etiketten" "zugelassen" hätte, ist nicht richtig. Die Entscheidung nennt nur die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit eine Neuetikettierung zulässig ist.

Werden diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall übertragen, so muss die Notwendigkeit des Aufbringens vollflächiger Etiketten verneint werden. Auch wenn es sich bei Arzneimitteln um einen sensiblen Bereich handelt, in dem die Öffentlichkeit besonderen Wert auf die Qualität und die einwandfreie Beschaffenheit der Ware legt (Slg 1996 I-3603, Randnr. 66), folgt daraus nicht, dass nur zum Teil überklebte Packungen nicht verkehrsfähig wären.

Das Erstgericht hat dazu - entgegen der Behauptung der Beklagten - keine Feststellungen getroffen; es hat nur in der rechtlichen Beurteilung die Auffassung der Beklagten geteilt, dass das Anbringen von mehreren kleinen Etiketten eine unordentlich und schlampig erscheinende Verpackung bewirkte. Das Rekursgericht hat dem beigepflichtet und ausgeführt, dass diesen Umstand nicht zuletzt auch die in diesem Sinn gestaltete und als Beilage ./1 vorgelegte Verpackung bescheinige. Das Bescheinigungsmittel zeige, dass die Verpackungen unordentlich, rufschädigend und qualitativ schlecht erschienen, sollten mehrere kleine Aufkleber angebracht werden.

Diese - rechtliche - Beurteilung kann nicht nachvollzogen werden. Die vorgelegte Packung ist an einigen wenigen Stellen überklebt; sie wirkt deshalb weder unordentlich noch rufschädigend noch qualitativ schlecht. Auch für die von den Beklagten geäußerten Befürchtungen, die Patienten würden durch verschieden gestaltete Packungen desselben Arzneimittels verwirrt, fehlt jeder objektive Anhaltspunkt. Verschieden gestaltete Packungen sind schon deshalb auf dem Markt, weil die Klägerin die Originalpackungen und die Beklagten die - unabhängig davon, ob sie vollflächig oder teilweise überklebt oder umgepackt werden - damit nicht übereinstimmenden parallel importierten Packungen des gleichen Arzneimittels vertreiben. Den Patienten wird auch in jedem Fall bewusst, dass die parallel importierten Arzneimittel nicht für den österreichischen Markt, sondern für den Markt eines anderen Mitgliedstaats erzeugt wurden. Darüber klären schon die ausdrücklichen Hinweise auf das Umpacken auf; ein allenfalls aus diesem Grund bestehendes Misstrauen wird nicht deshalb vergrößert, weil ursprünglich fremdsprachige Angaben überklebt werden. Zu beachten ist auch, dass beide Arzneimittel rezeptpflichtig sind und dem Patienten aufgrund einer ärztlichen Verschreibung in der Apotheke ausgefolgt werden. Schon allein dadurch wird allfälligen Bedenken entgegengewirkt, und zwar unabhängig davon, ob sie sich ganz allgemein gegen parallel importierte Arzneimittel oder gegen durch Aufkleber veränderte Packungen richten. In diesem Sinn spricht auch der EuGH davon, dass die Aufmachung der Ware bei Arzneimitteln, die in Apotheken verkauft werden, zwar von größerer Bedeutung ist als bei Arzneimitteln, die Fachkräfte in Krankenhäusern den Patienten verabreichen; bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sei aber allein schon dieser Umstand geeignet, beim Verbraucher ein gewisses Vertrauen in die Qualität der Ware zu erwecken (Slg 1996 I-3603, Randnr. 67).

Die Beklagten sind demnach offenbar ausschließlich von wirtschaftlichen Erwägungen bestimmt, wenn sie im "Schuberverpackungsdesign" vollflächig überklebte Arzneimittelpackungen in den Verkehr bringen. Sie erreichen damit ein einheitliches Erscheinungsbild sämtlicher von ihnen parallel importierter Arzneimittel, und zwar unabhängig davon, ob sie umgepackt oder in der Originalverpackung belassen werden. Dies mag der Förderung ihres Absatzes dienen, ist aber keine Voraussetzung dafür, die parallel importierten Arzneimittel auch in Österreich vertreiben zu können. Für die gegenteiligen Annahmen des Oberlandesgerichts Wien, die zum Vorlagebeschluss zu 15 R 166/99p geführt haben, bietet der im vorliegenden Fall bescheinigte Sachverhalt keinen Anhaltspunkt.

Dem Revisionsrekurs war daher Folge zugeben.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.