JudikaturJustiz4Ob253/00k

4Ob253/00k – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Dezember 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Brandl Talos, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. E***** GmbH Co KG, 2. E*****-GmbH, 3. Andreas M*****, alle vertreten durch Dr. Egon Sattler und Dr. Reinhard Schanda, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung, Rechnungslegung, Zahlung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 810.000 S), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Klägerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 28. August 2000, GZ 4 R 149/00k-16, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 6. Juli 2000, GZ 10 Cg 104/00b-5, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen, die in ihrem stattgebenden Teil als nicht in Beschwerde gezogen unberührt bleiben, werden im abweisenden Teil und im Kostenausspruch dahin abgeändert, dass die Entscheidung insoweit wie folgt zu lauten hat:

"Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin gegen die Beklagten auf Unterlassung markenverletzender Handlungen, worauf die Unterlassungsklage gerichtet ist, wird den Beklagten aufgetragen, es ab sofort und bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr das Arzneimittel PROSCARR in einer Aufmachung gemäß der angeschlossenen Abbildung (Beilage ./J) und/oder einer ähnlichen Aufmachung, die den Eindruck erweckt, als stecke die zu etwa einem Sechstel sichtbare Originalverpackung in einem Überkarton, in Österreich in Verkehr zu bringen. Ausgenommen von diesem Unterlassungsgebot sind die Herstellung einer neuen Außenverpackung (Gegenstand des Verfahrens 3 Cg 198/98v) sowie das Neuanbringen der Marke PROSCARR (Gegenstand des am 26. 4. 2000 zu 10 Cg 152/99g geschlossenen Teilvergleichs).

Die Beklagten haben ihre Äußerungskosten endgültig selbst zu tragen."

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; die Beklagten haben die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist ein Unternehmen des Pharmakonzerns M***** Co Inc, USA. Sie vertreibt in Österreich (ua) das Arzneimittel PROSCAR. PROSCAR ist eine eingetragene Marke von M***** Co Inc. M***** Co Inc hat der Klägerin die Befugnis eingeräumt, die Marke zu nutzen und Markenverletzungen durch Dritte abzuwehren.

Die Erstbeklagte importiert Arzneimittel parallel. Die Zweitbeklagte ist persönlich haftende Gesellschafterin der Erstbeklagten; der Drittbeklagte ist Geschäftsführer der Zweitbeklagten. Die E***** A***** GmbH mit dem Sitz in P***** in Deutschland ist Kommanditistin der Erstbeklagten und Alleingesellschafterin der Zweitbeklagten.

Die Erstbeklagte vertreibt seit 1. 9. 1998 die parallel importierte Arzneispezialität PROSCAR in Österreich. PROSCAR wird von Unternehmen des Pharmakonzerns M***** Co Inc. hergestellt und in Spanien auf den Markt gebracht. Die Erstbeklagte kauft das Arzneimittel bei Großhändlern in Spanien.

Die Erstbeklagte ließ das Arzneimittel ursprünglich in P***** umpacken. Mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 27. 4. 1999, 4 Ob 63/99i, wurde ihr auf Antrag der Klägerin im Verfahren 3 Cg 198/98v des Landesgerichts Salzburg untersagt, umverpackte Arzneispezialitäten PROSCAR in Österreich anzubieten und/oder zu vertreiben, wenn diese Arzneimittel im Herkunftsland in gleicher Zusammensetzung (Zahl der Tabletten) wie in Österreich verpackt und vertrieben werden. Das Mehrbegehren, den Beklagten zu untersagen, beim Vertrieb der Arzneispezialität PROSCAR unordentliche, rufschädigende und/oder qualitativ schlechte Verpackungen zu verwenden, insbesondere Verpackungen gemäß der dem Beschluss angeschlossenen Abbildung, wurde abgewiesen.

In der Folge vertrieb die Erstbeklagte PROSCAR nicht in neuen Außenverpackungen, sondern in den Originalpackungen, die sie jedoch mit vollflächigen Aufklebern versehen ließ. Die Aufkleber waren gleich gestaltet wie die ursprünglich verwendeten neuen Außenverpackungen ("Schuberverpackungsdesign").

Mit einstweiliger Verfügung vom 15. 2. 2000, 4 Ob 33/00g, untersagte der Oberste Gerichtshof auf Antrag der Klägerin den Beklagten im Verfahren 10 Cg 152/99g des Landesgerichts Salzburg, im geschäftlichen Verkehr beim Vertrieb der Arzneimittel PROSCARR und CO-RENITECR die Marken PROSCARR und/oder CO-RENITECR neu anzubringen, wenn diese Produkte im Herkunftsland in der gleichen Zusammensetzung (Zahl der Tabletten) wie in Österreich verpackt und vertrieben werden; dies insbesondere durch Neuaufbringen der Marken PROSCARR und CO-RENITECR mittels Etiketten.

Nunmehr vertreibt die Erstbeklagte PROSCAR in den Originalpackungen, die sie wiederum mit Aufklebern im "Schuberverpackungsdesign" versehen lässt. Der Unterschied zu den zuvor verwendeten vollflächig überklebten Packungen besteht darin, dass der Markenname "PROSCAR" ausgespart ist und daher nicht neu aufgebracht wird:

Die in den Packungen enthaltenen Blisterstreifen sind auf der Rückseite mit vollflächigen Aufklebern versehen, welche wie folgt bedruckt sind:

Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen,

a) im geschäftlichen Verkehr das Arzneimittel PROSCARR in einer Aufmachung gemäß der angeschlossenen Abbildung (Beilage ./J) und/oder einer ähnlichen Aufmachung, die den Eindruck erweckt, als stecke die zu etwa einem Sechstel sichtbare Originalverpackung in einem Überkarton, in Österreich in Verkehr zu bringen, wobei ausgenommen von diesem Unterlassungsgebot sind die Herstellung einer neuen Außenverpackung (Gegenstand des Verfahrens 3 Cg 198/98v) sowie das Neuanbringen der Marke PROSCARR (Gegenstand des am 26. 4. 2000 zu 10 Cg 152/99g geschlossenen Teilvergleichs),

b) im geschäftlichen Verkehr das Arzneimittel PROSCARR versehen mit der für die Erstbeklagte zu AT 175053 geschützten Wort-Bild-Marke ("Eurim-Pharm" mit bunten Quadraten) in Österreich in Verkehr zu bringen,

c) die für den geschäftlichen Verkehr bestimmten Original-Blisterstreifen von PROSCARR mit Aufklebern zu versehen, ohne gleichzeitig auf den Importeur des Arzneimittels (derzeit: Eurim-Pharm Arzneimittel GmbH) hinzuweisen.

Die Beklagten umgingen mit der nunmehr verwendeten Aufmachung die vom Obersten Gerichtshof erlassene einstweilige Verfügung. Sie verletzten damit bereits zum dritten Mal die Markenrechte der Klägerin.

Die Beklagten beantragen, den Sicherungsantrag abzuweisen. Der Oberste Gerichtshof habe zu 4 Ob 63/99i die "Schuberverpackung" gebilligt und in diesem Umfang das Begehren der Klägerin abgewiesen. Durch die deutliche Abgrenzung der Marke des Parallelimporteurs von der des Herstellers werde der Weg des Produkts nachvollziehbar gemacht. Der Ursprung der Ware werde in keiner Weise verschleiert. Soweit überhaupt ein Eingriff in den spezifischen Gegenstand des Markenrechts der Klägerin vorliege, sei dieser notwendig. Müssten mehrere kleine Aufkleber verwendet werden, wäre die Packung nicht verkehrsfähig.

Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren zu den Punkten b) und

c) des Sicherungsantrags statt; das Mehrbegehren zu Punkt a) wies es ab. Das Begehren zu Punkt a) könne nicht berechtigt sein, weil der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen habe, dass die "Schuberverpackung" nicht zu beanstanden sei. Die beiden anderen Begehren seien hingegen berechtigt, weil die davon erfassten Angaben eine Täuschung über die Herkunft des Arzneimittels bewirkten.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Der Oberste Gerichtshof habe zu 4 Ob 63/99i das Begehren abgewiesen, den Beklagten die "Schuberverpackung" zu verbieten. Gegenstand der Entscheidung zu 4 Ob 33/00g sei das Überkleben mit vollflächigen Etiketten gewesen, nicht aber auch die Frage der Zulässigkeit der "Schuberverpackung". Es sei daher nach wie vor davon auszugehen, dass die "Schuberverpackung" nicht zu beanstanden sei. Dass bei ungenauer Betrachtung eine vollflächige Etikettierung angenommen werden könnte, vermöge ein Verbot des "Schuberverpackungsdesigns" nicht zu rechtfertigen. Es sei nicht notwendig, die Marke "Eurim-Pharm" anzubringen; dazu komme die mit der Anbringung der Marke verbundene Gefahr einer Herkunftstäuschung. Die Klägerin sei nach § 51 MSchG aktiv legitimiert; ihre Klagelegitimation sei hinreichend klargestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin richtet sich gegen den die Abweisung des Begehrens zu Punkt a) des Sicherungsantrags bestätigenden Beschluss; der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die angefochtene Entscheidung der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs widerspricht; der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Die - zwischen denselben Parteien und zu demselben Arzneimittel

ergangenen - Entscheidungen 4 Ob 63/99i (ÖBl 1999, 289 = wbl 1999/374

= ZfRV 1999/67 - Schuberverpackung I) und 4 Ob 33/00g (ÖBl-LS 2000/82

= ZfRV 2000/62 - Schuberverpackung II) gehen im Sinne der

Rechtsprechung des EuGH davon aus, dass sich ein Markeninhaber auf die Marke berufen kann, um einen Importeur am Vertrieb eines Arzneimittels zu hindern, das vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung in einem anderen Mitgliedstaat in den Verkehr gebracht worden ist, wenn der Importeur die Marke entfernt und neu anbringt, eine andere Marke anbringt oder die vom Hersteller angebrachte Marke belässt und nur Inhalt und Aussehen einer äußeren Originalverpackung verändert. Kein Untersagungsrecht hat der Markeninhaber aber dann, wenn erwiesen ist, dass die Geltendmachung der Marke durch den Markeninhaber zu dem Zweck, sich dem Vertrieb der umgepackten Waren unter der Marke zu widersetzen, zu einer künstlichen Abschottung der Märkte zwischen den Mitgliedstaaten beitragen würde (Slg 1996 I-3603, Eurim Pharm/Beiersdorf AG, Boehringer Ingelheim KG, Farmitalia Carlo Erba GmbH, Randnr 38; Slg 1999 I-6927, Pharmacia Upjohn SA/Paranova A/S, Randnr 32).

Der EuGH nimmt eine künstliche Abschottung insbesondere dann an, wenn das gleiche Arzneimittel in unterschiedlichen Packungsgrößen in verschiedenen Mitgliedstaaten in den Verkehr gebracht wird und daher umgepackt werden muss, weil das Aufkleben von Etiketten in der Sprache des Einfuhrmitgliedstaats nicht ausreicht, um eine verkehrsfähige Packung zu schaffen. In diesem Fall muss der Markeninhaber das Umpacken hinnehmen, wenn weitere - hier nicht relevante - Voraussetzungen erfüllt sind (Slg 1996 I-3603, Eurim Pharm/Beiersdorf AG, Boehringer Ingelheim KG, Farmitalia Carlo Erba GmbH, insbesondere Randnr 42, 45; Slg 1996 I-3457, Bristol-Myers Squibb/Paranova A/S ua, Randnr 53 ff).

Der EuGH lässt Ausnahmen vom Grundsatz des freien Warenverkehrs nur zu, soweit sie zur Wahrung der Rechte gerechfertigt sind, die den spezifischen Gegenstand des Schutzrechts ausmachen. Bei der Bestimmung des spezifischen Gegenstands des Markenrechts berücksichtigt der EuGH die Hauptfunktion der Marke, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der mit ihr versehenen Ware zu garantieren, indem ihm ermöglicht wird, diese Ware ohne Verwechslungsgefahr von Waren anderer Herkunft zu unterscheiden, und ihm die Sicherheit gegeben wird, dass nicht auf einer früheren Vermarktungsstufe durch einen Dritten ohne Zustimmung des Markeninhabers ein Eingriff vorgenommen worden ist, der den Originalzustand der Ware beeinträchtigt hat (ua Slg 1999 I-6927, Pharmacia Upjohn SA/Paranova A/S, Randnr 15 ff mwN).

Nach der Rechtsprechung des EuGH kann sich der Markeninhaber demnach dem Vertrieb der umgepackten (= veränderten) Waren unter seiner Marke widersetzen, weil derartige Eingriffe die Herkunftsgarantie der Marke beeinträchtigen. Dieses Recht steht ihm jedoch nicht zu, wenn das Umpacken (= Änderung) erforderlich ist, um die Ware im Einfuhrmitgliedstaat vertreiben zu können, und wenn weitere - hier nicht in Betracht kommende - Voraussetzungen erfüllt sind. Die Beurteilung, ob die vom Parallelimporteur vorgenommenen Änderungen in diesem Sinn "erforderlich" sind, ist nach ständiger Rechtsprechung des EuGH Sache der nationalen Gerichte (ua Slg 1997 I-6227, Frits Loendersloot/George Ballantine Son Ltd ua, Randnr 38).

Gegenstand der Entscheidung 4 Ob 63/99i - Schuberverpackung I war das Umpacken von PROSCAR in neue Außenverpackungen, die im "Schuberverpackungsdesign" gestaltet waren. Während den Beklagten untersagt wurde, PROSCAR (und CO-RENITEC) umzupacken, wenn die Arzneimittel im Herkunftsland in der gleichen Zusammensetzung (Zahl der Tabletten) wie in Österreich verpackt und vertrieben werden, wurde das Mehrbegehren, beim Vertrieb dieser Arzneispezialiäten "unordentliche, rufschädigende und/oder qualitativ schlechte Verpackungen" zu verwenden, abgewiesen. Die Klägerin hatte geltend gemacht, dass das "Schuberverpackungsdesign" die Packungen verwirrend und unordentlich erscheinen lasse. Dieser Einschätzung ist der Oberste Gerichtshof nicht gefolgt und hat deshalb das Mehrbegehren abgewiesen. Nicht entschieden wurde aber darüber, ob die Packungen durch das Aufkleben vollflächiger Etiketten im "Schuberverpackungsdesign" gestaltet werden dürfen.

Diese Frage war zu 4 Ob 33/00g - Schuberverpackung II zu entscheiden. Gegenstand dieser Entscheidung war das Überkleben der Packungen mit vollflächigen Etiketten im "Schuberverpackungsdesign". Den Beklagten wurde untersagt, die Marken PROSCARR (und CO-RENITECR) neu anzubringen, wenn diese Produkte im Herkunftsland in gleicher Packungsgröße vertrieben werden; dies inbesondere durch Neuaufbringen der Marken PROSCARR (und CO-RENITECR) mittels Etiketten. Die Herkunftsgarantie werde durch das Überkleben mit vollflächigen Etiketten beeinträchtigt. Vollflächige Etiketten seien nicht notwendig, um eine in Österreich verkehrsfähige Packung zu schaffen; auch nur zum Teil überklebte Packungen seien verkehrsfähig.

Nunmehr überkleben die Beklagten die Packungen mit Etiketten im "Schuberverpackungsdesign", bei denen der Markenname PROSCAR ausgespart ist und daher trotz Anbringens der im Übrigen vollflächigen Etiketten sichtbar bleibt. Sie verstoßen daher nicht gegen die zu 4 Ob 33/00g - Schuberverpackung II ergangene einstweilige Verfügung, erreichen aber auch auf diese Weise, dass die von ihnen parallel importierten Arzneimittel ein einheitliches Erscheinungsbild aufweisen.

Die Beklagten können sich entgegen der Auffassung der Vorinstanzen nicht auf die zu 4 Ob 63/99i - Schuberverpackung I ergangene Entscheidung berufen. Im vorliegenden Fall geht es nicht darum, ob das "Schuberverpackungsdesign" die Verpackung verwirrend und unordentlich erscheinen lässt, sondern maßgebend ist, ob das Aufkleben von den Markennamen aussparenden, aber im Übrigen vollflächigen Etiketten notwendig im Sinne der in 4 Ob 63/99i - Schuberverpackung I und 4 Ob 33/00g - Schuberverpackung II ausführlich wiedergegebenen Rechtsprechung des EuGH ist.

Im Sinne dieser Rechtsprechung ist zu beurteilen, ob vollflächige Etiketten mit ausgespartem Markennamen die Herkunftsgarantie der Marke beeinträchtigen und ob - wenn eine solche Beeinträchtigung zu bejahen ist - das Aufbringen dieser Etiketten notwendig ist, um eine in Österreich verkehrsfähige Packung zu schaffen. Die erste Frage ist im vorliegenden Fall nicht anders zu beurteilen als in dem der Entscheidung 4 Ob 33/00g - Schuberverpackung II zugrundeliegenden Fall. Ebenso wie sich der Verbraucher bei mit vollflächigen Etiketten überklebten Packungen nicht sicher sein kann, ob der Originalzustand des Medikaments nicht auf einer früheren Vermarktungsstufe von einem Dritten verändert wurde, muss dies auch bei vollflächigen Etiketten mit ausgespartem Markennamen gelten, wobei noch hinzukommt, dass den Unterschied in der Etikettierung - wie auch das Rekursgericht zugesteht - nur sieht, wer sehr genau hinschaut.

Auch die zweite Frage kann nicht anders gelöst werden als in der zu 4 Ob 33/00g - Schuberverpackung II ergangenen Entscheidung. Notwendig wäre das Überkleben mit den bis auf den Markennamen vollflächigen Etiketten nur, wenn eine teilweise überklebte Packung nicht verkehrsfähig wäre. Die mangelnde Verkehrsfähigkeit wird nicht schon durch die von den Beklagten behaupteten gewissen Abwehrhaltung von Ärzten, Apothekern und Verwendern gegenüber Arzneimittelpackungen begründet, die - sei es vollflächig oder teilweise - überklebt sind.

Die Beklagten haben darauf hingewiesen, dass zu der zuletzt genannten Frage ein Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Wien beim EuGH anhängig ist und, zu beiden Fragen, ein Vorabentscheidungsersuchen des High Court of Justice, Chancery Division, Patents Court. Das englische Gericht fragt insbesondere an, ob ein Markeninhaber einen Parallelimport auch dann verhindern kann, wenn die Herkunftsgarantie nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigt wird, und ob unter "notwendig" (als Voraussetzung für den Vertrieb im Importstaat) unabdingbar oder wirtschaftlich vernünftig oder was sonst darunter zu verstehen ist.

Im vorliegenden Fall ist - im Gegensatz zu dem dem englischen Vorabentscheidungsersuchen zugrundeliegenden Fall - eine Beeinträchtigung der Herkunftsgarantie durch den Aufkleber mit "Schuberverpackungsdesign" offenkundig. Es kann auch nicht - anders als offenbar in dem vom Oberlandesgericht Wien dem EuGH vorgelegten Fall - davon ausgegangen werden, dass der Verzicht auf die (fast) vollflächige Etikettierung die Marktzutrittschancen der Beklagten gleich einer künstlichen Marktabschottung verschlechterte.

Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.