JudikaturJustiz3R9/23z

3R9/23z – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
01. März 2023

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Iby als Vorsitzenden sowie die Richterinnen MMag. a Pichler und Dr. in Maier in der Rechtssache der klagenden Partei A* B* m.b.H. , FN **, **, vertreten durch Gloß Pucher Leitner Gloß Enzenhofer Rechtsanwälte in St. Pölten, wider die beklagte Partei C* Beteiligungs GmbH , FN **, **, vertreten durch Dr. Lisa-Maria Fidesser, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unwirksamerklärung und Löschung einer Dienstbarkeit

(EUR 500.000,00 s.A.), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg vom 2.1.2023, 4 Cg 89/22m-7, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschl uss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben und die erstinstanzliche Entscheidung dahin abgeändert, dass die Einrede der Streitanhängigkeit abgewiesen wird.

Dem Erstgericht wird die Durchführung des gesetzmäßigen Verfahrens über die Klage unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.179,98 (darin enthalten EUR 363,33 USt) bestimmten Kosten des Zwischenstreits zu Handen der Klagevertreter zu ersetzen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.721,24 (darin enthalten EUR 453,54 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu Handen der Klagevertreter zu ersetzen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 30.000,--.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt den Ausspruch der Unwirksamkeit und die Löschung der ob der Liegenschaft EZ B* (gemeint wohl EZ D*), KG E*, zu CLNR 8a (TZ 1519/2022) zu Gunsten der Beklagten einverleibten Dienstbarkeit der Errichtung und des Betriebs von Windenergieanlagen gemäß § 2. bis 4., Servitutsvertrag 2022-02-02 und brachte dazu vor, für die Realisierung des geplanten Windparks im Gemeindegebiet ** bestehe zugunsten der Klägerin auf dem Grundstück 143, EZ D*, KG E* zur TZ 7411/2019 die Dienstbarkeit der Herstellung des Bestandes und Betriebes einer Windkraftanlage mit allen erforderlichen Bauteilen, Leitungen, Anlagenteilen und des Luftraums im Umfang des Punktes 1 des Dienstbarkeitsvertrages vom 22.5.2019. In Punkt 4.2. dieses Dienstbarkeitsvertrages habe sich die Eigentümerin F* gegenüber der Klägerin verpflichtet, keine Windkraftanlagen anderer Betreiber auf eigenen Grundstücken im Umkreis von 600 m von den Grenzen der vertragsgegenständlichen Grundstücke zu dulden, sowie das vertragsgegenständliche Grundstück und die in seinem Eigentum stehenden benachbarten Grundstücke von jeglicher Nutzung freizuhalten, welche die Nutzung der Windkraftanlagen beeinträchtige. Weiters habe sich die Grundeigentümerin verpflichtet, keiner anderen Person das vertragsgegenständliche Grundstück für Zwecke der Erforschung oder Nutzung der Windenergie, in welcher Form auch immer, zur Verfügung zu stellen. Schließlich habe die Grundeigentümerin auch die Verpflichtung übernommen, einer aus technischen oder behördlichen Gründen geringfügigen Verschiebung der Windkraftanlage und der dadurch beanspruchten Fläche zuzustimmen.

Am 20.6.2022 habe die Klägerin Kenntnis davon erlangt, dass die Beklagte aufgrund des Servitutsvertrages vom 2.2.2022 mit F* eine Dienstbarkeit der Errichtung und des Betriebes von Windenergieanlagen gemäß § 2-4 des Servitutsvertrages vom 2.2.2022 auf dem Grundstück 143, EZ D*, KG E*, begründet habe. Ob dieser Liegenschaft sei im Lastenblatt aufgrund des oben erwähnten Dienstbarkeitsvertrages vom 22.5.2019 mit der Klägerin bereits zugunsten dieser die Dienstbarkeit der Herstellung, des Bestandes und Betriebes einer Windkraftanlage mit allen erforderlichen Bauwerken, Leitungen, Anlagenteilen und des Luftraumes im Umfang des Punktes 1 des Dienstbarkeitsvertrages vom 22.5.2019 hinsichtlich des Grundstückes 143 einverleibt. Die nachrangige Dienstbarkeit der Beklagten sei mit der vorrangingen Dienstbarkeit der Klägerin auf dem Grundstück 143, EZ D*, KG E*, nicht vereinbar.

Sollten beide Streitparteien an den von ihnen jeweils grundbücherlich gesicherten Standorten eine Windkraftanlage in einer aktuell üblichen Größe errichten und betreiben wollen, sei dies für beide Betreiber mit wesentlichen technischen und wirtschaftlichen Nachteilen verbunden. Bei aktuellen Windkraftanlagentypen könne an dem vertraglich gesicherten Standort von einem Abschattungsverlust der Anlage der Klägerin von 1.400 MWh pro Jahr ausgegangen werden. Die technische Unvereinbarkeit der beiden Dienstbarkeiten wirke sich auch auf Genehmigungsverfahren der Windkraftanlage der Klägerin nachteilig aus.

Die Voraussetzung für den Erfolg der Löschungsklage, nämlich die Verletzung eines im Grundbuch eingetragenen Rechts der Klägerin, sei hier erfüllt.

Die Klägerin habe die Beklagte dazu mit Schreiben vom 23.9.2022 aufgefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben und in die Löschung ihrer nachrangigen Dienstbarkeit einzuwilligen. Dies habe die Beklagte mit dem Schreiben ihres Rechtsanwalts MMag. G* vom 6.10.2022 mit ungenügender Begründung abgelehnt.

Die Beklagte erhob in ihrer Klagebeantwortung unter anderem den Einwand der Streitanhängigkeit. Über denselben in der Klage geltend gemachten Streitgegenstand (Löschung der Servitut C-LNR 8a, EZ D*, KG E*) sei beim Landesgericht Korneuburg zu 10 Cg 44/22p bereits eine Klage zwischen denselben Parteien anhängig. In diesem bereits anhängigen Verfahren beantrage die Klägerin (dort Erstklägerin): „Die Beklagte sei gegenüber der Erstklägerin schuldig, in die Löschung der für sie ob der Liegenschaft EZ D*, KG H* (richtig KG E* zu C-LNR 8a einverleibten Dienstbarkeit einzuwilligen.“

Der rechtserzeugende Sachverhalt sei in beiden Verfahren gleich. Auch das Rechtsschutzziel der Klägerin sei sowohl in dem bereits seit 7.11.2022 beim Landesgericht Korneuburg streitanhängigen Verfahren 10 Cg 44/22p als auch im gegenständlichen Verfahren ident: Es sei auf die Löschung derselben Dienstbarkeit (C-LNR 8a, EZ D*, KG **) gerichtet.

In ihrer Äußerung bestritt die Klägerin , dass Streitanhängigkeit vorliege. Der rechtserzeugende Sachverhalt sei nicht in beiden Verfahren gleich. Im Verfahren zu 10 Cg 44/22p werde das Urteilsbegehren zu Punkt 1., dass die Beklagte gegenüber der Erstklägerin schuldig sei, in die Löschung der für sie ob der Liegenschaft EZ D* KG E* C-LRN 8a einverleibten Dienstbarkeit einzuwilligen, ausschließlich auf die Rechtsgründe der §§ 1 iVm 15 UWG sowie auf den Eingriff in ihre Forderungsrechte gestützt. Eine Löschungsklage auf der Grundlage anderer Rechtsnormen habe sich die Klägerin ausdrücklich vorbehalten.

Dazu habe die Klägerin im Verfahren zu 10 Cg 44/22p vorgebracht, die Beklagte habe F* durch unlautere (irreführende) Aussagen dazu verleitet, einen weiteren Dienstbarkeitsvertrag mit ihr zu schließen, obwohl ihr der Dienstbarkeitsvertrag zwischen der Klägerin und F* bekannt habe sein müssen.

Im gegenständlichen Verfahren behaupte die Klägerin, dass die Eintragung der Dienstbarkeit auf dem Grundstück 143, EZ D*, KG E* zu Gunsten der Beklagten auf einem materiell unwirksamen Titel beruhe, weil die beiden Dienstbarkeiten nicht miteinander vereinbar seien. Der rechtserzeugende Sachverhalt im gegenständlichen Verfahren (4 Cg 89/22m) sei nicht abhängig von einer unlauteren (irreführenden) Geschäftspraktik oder Handlung der Beklagten. Sollte der Punkt 1. des Klagebegehrens zu 10 Cg 44/22p abgewiesen werden, weil ein entsprechender Sachverhalt im Sinne eines „Verleitens zum Vertragsbruch“ nicht festgestellt werden könne, so stünde dies einer Stattgebung der gegenständlichen Klage nicht entgegen. Die rechtserzeugenden Sachverhalte in den beiden Verfahren seien nicht vergleichbar.

Außerdem sei im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsgestaltungsklage erhoben worden, während es sich beim Urteilsbegehren zu Punkt 1. im Verfahren zu 10 Cg 44/22p um eine Leistungsklage handle. Die Sachanträge seien somit ebenfalls unterschiedlich.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht die Klage wegen Streitanhängigkeit zurück und führte rechtlich aus, das Prozesshindernis der Streitanhängigkeit setze bei zwei nacheinander anhängig gewordenen Verfahren die Identität der Parteien und des Streitgegenstands voraus. Nach der herrschenden zweigliedrigen Streitgegenstandstheorie sei Streitanhängigkeit gegeben, wenn der in der neuen Klage geltend gemachte prozessuale Anspruch sowohl hinsichtlich des Begehrens als auch des rechtserzeugenden Sachverhaltes, also des Klagegrundes, identisch sei mit jenem des Vorprozesses. Dies sei hier der Fall. Beide Urteilsbegehren seien auf die Löschung der zu Gunsten der Beklagten zu C LNr 8a einverleibten Dienstbarkeit auf der Liegenschaft EZ D*, KG E* gerichtet. Die rechtliche Qualifikation, welche die Klägerin in der Klage vornehme, trete im Lichte der zweigliedrigen Streitgegenstandstheorie in den Hintergrund. Auch dass für das Unterlassungsbegehren des Vorprozesses weitere Tatsachen von Bedeutung seien, ändere daran nichts.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, ihn aufzuheben, die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen und diesem die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens über die Klage unter Abstandnahme vom herangezogenen Zurückweisungsgrund aufzutragen.

Die Beklagte beantragt, dem Rekurs keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

1.1. Mit der Zustellung der Klage an den Beklagten wird der geltend gemachte Anspruch streitanhängig; während der Dauer der Streitanhängigkeit darf über denselben Anspruch weder bei demselben noch bei einem anderen Gericht ein Rechtsstreit durchgeführt werden. Eine während der Streitanhängigkeit wegen desselben Anspruchs eingebrachte Klage ist auf Antrag oder von Amts wegen zurückzuweisen (§ 233 Abs 1 ZPO). Die Zurückweisung einer Klage wegen Streitanhängigkeit setzt zwei nacheinander streitanhängig gewordene Prozesse sowie die Identität der Parteien und Ansprüche in diesen beiden Prozessen voraus (RS0039473).

1.2. Mit Klage vom 31.10.2022 zu 10 Cg 44/22p des Landesgerichtes Korneuburg begehrten die Klägerin und die I* Beteiligungs GmbH unter anderem, die Beklagte zu verpflichten, in die Löschung der für sie ob der Liegenschaft EZ D*, KG E* zu C-LNR 8a einverleibten Dienstbarkeit einzuwilligen. Im Rahmen dieser Klage stützt die Klägerin diesen ersten Punkt des Klagebegehrens nur auf die Rechtsgründe §§ 1 iVm 15 UWG und den Eingriff in ihre Forderungsrechte und behielt sich die Erhebung einer Löschungsklage auf der Grundlage anderer Rechtsnormen vor. Die Klägerin stellte mit der I* Beteiligungs GmbH als Zweitklägerin in jenem Verfahren auch umfangreiche Unterlassungsbegehren, deren Sicherung sie durch einstweilige Verfügung begehrten.

1.3. Die Identität der Parteien ist hier gegeben, weil die Klägerin dieses Verfahrens im anderen Verfahren als Erstklägerin auftritt.

1.4. Der gleiche Streitgegenstand liegt nur vor, wenn der in der neuen Klage geltend gemachte prozessuale Anspruch sowohl hinsichtlich des Begehrens als auch des rechtserzeugenden Sachverhaltes, also des Klagsgrundes, ident ist mit jenem des Vorprozesses (RS0039347). Nach dem herrschenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff kann von einer Identität des Streitgegenstands nur dann gesprochen werden, wenn sowohl der Entscheidungsantrag (Sachantrag) als auch die zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen (rechtserzeugender Sachverhalt) dieselben sind (RS0039347 [T24]). Die Identität des Anspruchs, bei der eine neue Klage ausgeschlossen ist, liegt dann vor, wenn der Streitgegenstand der neuen Klage und der Urteilsgegenstand eines schon vorliegenden Urteils gleich sind, also sowohl das Begehren inhaltlich dasselbe fordert, was bereits rechtskräftig zuerkannt oder aberkannt wurde, als auch die zur Begründung vorgebrachten Tatsachen den im Prozess festgestellten entsprechen (RS0039347 [T25]).

Auf die rechtliche Qualifikation des Klagegrundes (im Sinne des dreigliedrigen Streitgegenstandsbegriffs) durch den Kläger kommt es hingegen nicht an. Sie wird allerdings zum Teil von der Rechtsprechung berücksichtigt, sofern sie der Kläger ausdrücklich und ausschließlich vorgenommen hat ( Mayr in Fasching/Konecny 3 III/1 § 233 ZPO Rz 8). Soweit ein bestimmter Rechtsgrund ausdrücklich geltend gemacht wird, ist das Gericht daran gebunden (RS0037610 [T10], vgl auch zB 7 Ob 194/10w und 5 Ob 7/11g).

Hier stützt die Klägerin ihre erste Klage nur auf § 1 iVm § 15 UWG sowie den Eingriff in ihre Forderungsrechte und behielt sich die Erhebung einer Löschungsklage auf der Grundlage anderer Rechtsnormen explizit vor (Beilage ./1 S 16). Bereits dies zeigt den unterschiedlichen Streitgegenstand der beiden Klagen.

1.5. Die Einmaligkeitswirkung ist so wie die Streitanhängigkeit dann nicht gegeben, wenn die rechtserzeugenden Tatsachen nur teilweise übereinstimmen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass völlige Identität des rechtserzeugenden Sachverhalts vorausgesetzt ist. Entscheidend ist vielmehr, ob die (relevanten) Tatsachenbehauptungen im Folgeprozess im Wesentlichen, also im Kern dem (festgestellten) rechtserzeugenden Sachverhalt im rechtskräftig entschiedenen Vorprozess entsprechen (RS0039423 [T1]). Die Nämlichkeit des Rechtsgrundes ist dann nicht gegeben, wenn der neue Anspruch auf einem anderen Rechtsgrund (Klagegrund) oder neuen rechtserzeugenden Tatsachen beruht (RS0039347 [T7]). Die Streitanhängigkeit ist dort ausgeschlossen, wo die Identität der rechtserzeugenden Tatsachen nur eine teilweise ist, also beim weiteren Anspruch zu den im ersten Antrag vorgebrachten Tatsachen weitere rechtserzeugende Tatsachen behauptet werden (RS0039347 [T12]). Hier stützt sich die Klägerin im ersten Verfahren auf wettbewerbswidrige Handlungen und im zweiten Verfahren auf den Grundbuchsstand. Es handelt sich somit um unterschiedliche rechtserzeugende Tatsachen.

1.6. Als Beispiele, wo eine Streitanhängigkeit verneint wurde, seien genannt: idente Unterlassungsbegehren, wenn der Anspruch aus einem anderen Wettbewerbsverstoß abgeleitet wird (RS0039196 [T11]), oder ein Klagebegehren auf Einwilligung in die Einverleibung einer Dienstbarkeit bei zuvor eingebrachter negativer Feststellungsklage (RS0039196 [T19]). Ebenso wurde zwischen einem Begehren auf Löschung einer Dienstbarkeit auf Grund eines Anfechtungstatbestandes und einer Klage auf Duldung der Exekution in die Liegenschaft die „Identität der Ansprüche“ verneint ( Klicka in Fasching/Konecny 3 III/2 § 411 ZPO Rz 47).

Auch zwischen Hypothekarklage, Wechselklage und Klage aus dem Grundgeschäft besteht keine Streitanhängigkeit. Andernfalls wäre der Gläubiger, der seine Forderung durch einen Wechsel und eine Hypothek gesichert hat, nicht in der Lage, Wechsel- und Hypothekarklage nebeneinander einzubringen. Er müßte entweder auf die mit der Wechselklage verbundene Exekution zur Sicherstellung verzichten oder auf die mit der Hypothekarklage verbundene Anmerkung der Hypothekarklage (3 Ob 457/53; Mayr in Fasching/Konecny 3 III/1 § 233 ZPO Rz 18).

Diese Entscheidung kann auch auf den vorliegenden Fall umgelegt werden. Der Anspruch nach dem UWG ist ein anderer als die Löschungsklage nach § 61 GBG. Beide gewähren dem Kläger auch unterschiedliche Sicherungsmittel, nämlich den erleichterten Zugang zur einstweiligen Verfügung nach § 24 UWG sowie die in § 61 GBG geregelte Streitanmerkung. Die Streitanmerkung hat nach § 61 Abs 2 GBG zur Voraussetzung, dass die Wiederherstellung des früheren Buchstandes verlangt wird (RS0060511). Die auf dem UWG beruhende Klage zu 10 Cg 44/22p des Landesgerichtes Korneuburg kann daher nicht im Grundbuch angemerkt werden.

1.7. Eine Identität des Streitgegenstandes wurde zwar zwischen einer Klage auf Unterfertigung einer Urkunde über die Zustimmungserklärung und einer Klage auf unmittelbare Abgabe derselben Erklärung angenommen, wenn in Ansehung eines bücherlichen Rechtes aus einem gegebenen Rechtsgrund nur noch die Einwilligung des Buchberechtigten zu erteilen ist, wobei der Unterschied der Form auch am prozessualen Wesen der den Streitgegenstand bildenden Erklärung nichts ändert (RS0039347 [T2]). Hier zielt jedoch die erste Klage auf die Verpflichtung zur Einwilligung in die Löschung der Dienstbarkeit ab, während sich die vorliegende Klage direkt auf Löschung richtet.

Die Löschungsklage ist eine Rechtsgestaltungsklage (vgl zB 4 Ob 188/19d), die erste Klage ist aber eine Leistungsklage. Streitanhängigkeit setzt aber grundsätzlich eine Gleichheit der Begehren voraus. Bei verschiedenen Begehren, mögen sie auch aus demselben Sachverhalt abgeleitet sein, besteht in der Regel keine Streitanhängigkeit. Die Verschiedenheit der Begehren kann sich darin äußern, dass es sich um unterschiedliche Klagstypen handelt (Leistungs-, Feststellungs- oder Rechtsgestaltungsklage), oder dass der Inhalt der begehrten Leistung, Feststellung oder Rechtsgestaltung nicht identisch ist, wie etwa bei einem Begehren auf Bildnisschutz und einem Begehren auf Unterlassung ehrenrühriger und rufschädigender Behauptungen ( Mayr in Fasching/Konecny 3 III/1 § 233 ZPO Rz 9). Es fehlt hier somit für die Streitanhängigkeit auch an der Gleichheit der Begehren.

1.8. Dem Rekurs war daher Folge zu geben und der angefochtene Beschluss im Sinne der Abweisung der Einrede der Streitanhängigkeit abzuändern. Die Klägerin hat zwar nur einen Aufhebungsantrag gestellt, der grundsätzlich keinen Abänderungsantrag in sich schließt (vgl RS0041802, RS0043552), doch ist aus dem Rechtsmittelvorbringen ohne Zweifel ableitbar, welche Abänderung sie im Ergebnis anstrebt (vgl Lovrek in Fasching/Konecny 3 IV/1 § 506 ZPO Rz 7; OLG Wien 3 R 71/20p).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 Satz 3 iVm §§ 50, 41 ZPO. Die Klägerin obsiegte im Zwischenstreit über die Frage der Streitanhängigkeit, sodass ihr die Beklagte die Kosten der allein diesem Streit zuzuordnenden Prozesshandlungen zu ersetzen hat. Dabei handelt es sich um die Äußerung ON 6 und den Rekurs. Die weiteren erstinstanzlichen Prozesshandlungen der Klägerin sind auch im Verfahren über die Hauptsache verwertbar und daher im Zwischenstreit nicht zu entlohnen (RS0035955; Obermaier , Kostenhandbuch 3 Rz 1.331). TP 3A für die Äußerung ist zulässig (vgl zB OLG Wien 16 R 104/22i). Die verzeichneten Rekurskosten waren jedoch um die Pauschalgebühr zu kürzen, weil sie für den Rekurs nicht zu entrichten ist (vgl Anmerkung 1. zu TP 2 GGG).

3. Der Ausspruch nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO folgt der unbedenklichen Bewertung der Klägerin.

4. Der ordentliche Revisionsrekurs war mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von der Qualität des § 528 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen. Die Frage der Identität der Ansprüche hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (RS0044453).