JudikaturJustiz3R52/23y

3R52/23y – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
28. August 2023

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Iby als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. a Klenk und den Kommerzialrat Braimeier in der Rechtssache der klagenden Partei A* , geb **, **, vertreten durch Mag. Julian A. Motamedi, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B * GmbH , FN **, **, vertreten durch KUHN RECHTSANWÄLTE GMBH in Wien, wegen EUR 126.742,10 sA und Feststellung (Streitwert EUR 40.000), über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 8.3.2023, 62 Cg 37/22m-20, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 3.540,12 (darin EUR 590,02 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig .

Text

Entscheidungsgründe

Am 30.6.2019 zu Mittag wurde der Kläger im Krankenhaus der Beklagten zur Durchführung einer für den nächsten Tag geplanten Koloskopie stationär aufgenommen. Um 12:27 Uhr erhielt er das Abführmittel Picoprep in Pulverform, das der Kläger aufgelöst in Wasser im Abstand von drei bis vier Stunden zweimal einnehmen sollte. Dazu wurde ihm das Pulver mit einem ca. 1-Liter-Wasserkrug und einem Glas neben das Bett gestellt, mit der Aufforderung, das Pulver mit Wasser aufzulösen und ausreichend Wasser zu trinken. Der Kläger wurde auch auf die Teeküche hingewiesen und die Möglichkeit, sich dort einen Tee zu machen. Ihm wurde weiters mitgeteilt, dass er nach Einnahme des Medikaments in seinem Zimmer bleiben soll, um in der Nähe der Toilette zu sein. Es wurde ihm auch gesagt, dass er sich bei Unwohlsein melden soll.

Die diensthabende Ärztin klärte den Kläger im Zuge des Aufnahmegesprächs darüber auf, dass er eine vorgegebene Menge an Abführmittel mit Wasser einzunehmen hat. Sie wies den Kläger auf die dafür vorgesehene einzunehmende Wassermenge und auf den Zeitraum hin, in dem das Pulver eingenommen werden muss. Weiters teilte die Ärztin dem Kläger mit, dass er je nach Durstgefühl, aber möglichst ausreichend, klare Flüssigkeiten zu sich nehmen soll. Die Frage des Klägers, ob auch das Trinken von Softdrinks in Ordnung sei, bejahte die Ärztin.

Dem Kläger wurde nicht gesagt, dass er aufgrund der Einnahme des Medikaments Picoprep nicht alleine aufstehen dürfe oder nicht alleine zur Toilette gehen dürfe. Er wurde nicht darauf hingewiesen, dass es durch die Einnahme des Abführmittels zu Schwindelgefühl oder Stürzen kommen könne.

Etwa drei Stunden später nahm der Kläger den zweiten Teil des Pulvers. Um 18:06 Uhr erfolgte eine pflegedienstliche Kontrolle, bei der festgehalten wurde, dass der Kläger ausreichend Stuhl hatte. Weiters wurde am Abend eine Blutdruckmessung durchgeführt, die keine Auffälligkeiten aufwies.

Um 1:46 Uhr fand der Zimmernachbar des Klägers diesen am Boden liegend und löste den Notruf aus. Die Ursache des Sturzes konnte nicht festgestellt werden.

Die Anwendung des Picoprep-Pulvers zur Herstellung einer Lösung zum Einnehmen erfolgte entsprechend der therapeutischen Indikation zur Darmreinigung vor endoskopischen Untersuchungen und war lege artis. Es lag keine Gegenanzeige zur Einnahme von Picoprep vor. Es ist laut Fachinformation keine besondere Überwachung von gesunden Personen erforderlich, die Picoprep zur Vorbereitung auf eine Darmspiegelung einnehmen. Die Einnahme von Picoprep kann folglich auch in häuslicher Umgebung erfolgen und erfordert keine stationäre Aufnahme und Überwachung.

Es lag beim Kläger zum Zeitpunkt der Verabreichung von Picoprep kein medizinischer Zustand vor, der eine besondere Aufmerksamkeit oder sorgfältige Überwachung erforderlich gemacht hätte.

Der Kläger war mit der geplanten Untersuchung und der erforderlichen Vorbereitung, insbesondere den Maßnahmen zur Darmreinigung vor der Darmspiegelung vertraut, weil bereits im Februar 2019 eine Darmspiegelung bei ihm durchgeführt worden war.

Im englischen Sprachraum werden Wirkstoffe von Arzneimitteln, bei denen das Sturzrisiko von Patienten erhöht sein kann, mitunter als Fall Risk Increasing Drugs (FRIDS) bezeichnet. Picoprep enthält keine darunter fallende Wirkstoffe.

Im Zusammenhang mit der Einnahme von Picoprep ist eine ausreichende begleitende Aufnahme von Flüssigkeit nicht nur zur Reinigung der Darmschleimhaut von Verdauungsresten erforderlich, sondern auch zur Stabilisierung des Kreislaufs, zur Vermeidung von Salz- und Flüssigkeitsverlusten des Körpers und einem Absinken des Blutdrucks. Aufgrund des Verlustes von Salz und Flüssigkeit ist nach Einnahme von Abführmitteln wie Picoprep das Risiko eines Auftretens von Schwäche und Schwindel und von Stürzen erhöht (Auftreten bei weniger als 1 % der Behandelten). Eine entsprechende Aufnahme von Flüssigkeit ist daher zur Vermeidung von Salz- und Flüssigkeitsverlusten des Körpers erforderlich.

Es bestand beim Kläger kein erhöhtes Risiko für das mit der Einnahme von Picoprep gelegentlich ( 1/100 Personen) verbundene Auftreten von Nebenwirkungen wie Schwäche, Schwindel oder Stürzen, das eine besondere Überwachung erforderlich gemacht hätte.

Der Kläger begehrt Schadenersatz, nämlich EUR 92.400 Schmerzengeld, EUR 18.000 für Pflegeaufwand, EUR 31,25 für Medikamente, EUR 710,85 als Zuzahlung zur Reha und EUR 15.600 als Verdienstentgang, sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für zukünftige Schäden. Er habe zur Vorbereitung der Koloskopie ein Abführmittel bekommen. Dabei sei ihm nicht mitgeteilt worden, dass er ohne pflegedienstliche Assistenz sein Bett nicht verlassen und die Toilette nicht aufsuchen dürfe. Der Kläger sei nicht darüber aufgeklärt worden, dass durch die abführende Wirkung Schwindel, Taumel und Gleichgewichtsverlust auftreten können und somit Sturzgefahr gegeben sei. Der Kläger sei daher nicht ausreichend über das Medikament und die Nebenwirkungen informiert worden; es habe kein ärztliches Aufklärungsgespräch gegeben. Außerdem habe die Beklagte gegen ihre Pflichten aus dem Krankenaufnahmevertrag verstoßen, welche auch die Wahrung der körperlichen Sicherheit der Patienten umfassen.

Das dem Kläger verabreichte Abführmittel gehöre zur Gruppe der FRIDS (Fall Risk Increasing Drugs); bei diesen sei begriffsimmanent ein erhöhtes Sturzrisiko der einnehmenden Personen gegeben.

Der Kläger sei am 1.7.2019 gegen 1:30 Uhr nach der Rückkehr von der Toilette gestürzt und habe sich dabei ein Schädel-Hirn-Trauma zugezogen.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach, beantragte Klagsabweisung und wendete ein, dass kein Behandlungsfehler vorliege. Eine permanente pflegedienstliche Observation des Klägers nach der Einnahme des Darmreinigungspräparats Picoprep sei nicht indiziert gewesen. Dem Kläger sei das Abführmittel in der Mittagszeit verabreicht worden und er sei über die Folgen des Abführmittels informiert worden. Im Übrigen sei jedem Erwachsenen bekannt, dass man sich bei wiederkehrenden Durchfällen schwach fühlen könne. Im Lauf des Nachmittags seien zahlreiche Stuhlgänge und Kontrollen durch das Pflegepersonal erfolgt. Der Zustand des Klägers sei unauffällig gewesen, weshalb weitere ärztliche oder pflegerische Maßnahmen nicht indiziert gewesen seien.

Der Sturz des Klägers sei nicht auf das verabreichte Abführmittel zurückzuführen. Hätte der Kläger in der Toilette Schwindel verspürt, hätte er den unmittelbar neben der Toilette befindlichen Notruf betätigen können. Dem Kläger sei ein Schwesternotruf sowohl am Bett als auch auf der Toilette zur Verfügung gestanden; er habe diesen nicht verwendet.

Mit der angefochtenen Entscheidung wies das Erstgericht das gesamte Klagebegehren ab. Ausgehend von den eingangs der Entscheidung zusammengefasst wiedergegebenen und auf den Seiten 3 bis 6 der Urteilsausfertigung ersichtlichen Feststellungen, auf die verwiesen wird, kam das Erstgericht rechtlich zu dem Schluss, dass keine Verletzung der Aufklärungspflicht vorliege. Ein Hinweis des Krankenhauspersonals auf eine allfällige Sturzgefahr sei im konkreten Fall weder erforderlich noch indiziert gewesen, weil bei der Einnahme von Picoprep kein erhöhtes Risiko einer Sturzgefahr bestehe und Picoprep auch nicht in der Liste der FRIDS aufscheine. Es habe beim Kläger kein erhöhtes Risiko für das mit der Einnahme von Picoprep gelegentlich ( 1/100 Personen) verbundene Auftreten von Nebenwirkungen wie Schwäche, Schwindel oder Stürzen bestanden, das eine besondere Überwachung erforderlich gemacht hätte. Dem Kläger sei die Form der medikamentösen Darmreinigung mit Abführmitteln und das Erfordernis der ausreichenden Flüssigkeitsaufnahme bekannt gewesen. Die Einnahme von Picoprep könne laut Fachinformation sogar in häuslicher Umgebung erfolgen, wo in der Regel keine Pflegeperson vorhanden sei, die den Patienten zur Toilette begleite.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und hilfsweise wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagsstattgebenden Sinn abzuändern; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt .

1.1 Der Kläger meint, dass eine Aufklärung über schädliche Folgen nur dann nicht erforderlich sei, wenn diese nur in äußerst seltenen Fällen auftreten; dies sei hier nicht der Fall, weil Schwindel, Bewusstseinsverlust oder unterdrücktes Bewusstsein als gelegentliche Nebenwirkungen auftreten. In diesem Zusammenhang rügt der Kläger das Fehlen der Feststellung, dass sich der Sturz bei Begleitung des Klägers (beim Aufsuchen der Toilette) durch das Personal nicht ereignet hätte.

Da der beim Kläger geplante Eingriff nicht dringend gewesen sei – was ebenfalls als sekundärer Feststellungsmangel geltend gemacht werde -, sei eine umfangreichere Aufklärung geboten gewesen, weshalb auch auf äußerst seltene Nebenwirkungen hinzuweisen gewesen wäre.

Da sich beim Kläger das mit der Nichtaufklärung über die Nebenwirkungen der Einnahme des verabreichten Arzneimittels verbundene gelegentlich auftretende Risiko des Schwindels und Bewusstseinsverlusts tatsächlich verwirklicht habe, hafte die Beklagte.

1.2 Die Rechtsprechung zur ärztlichen Aufklärungspflicht, die nicht nur bei operativen Eingriffen, sondern auch bei medikamentöser Heilbehandlung gilt (RIS-Justiz RS0026529 [T7]; 1 Ob 84/08x), kann wie folgt zusammengefasst werden:

1.2.1 Der Arzt muss nicht auf alle nur denkbaren Folgen der Behandlung hinweisen (RS0026529). Eine Aufklärung über mögliche schädliche Folgen einer Behandlung ist etwa dann nicht erforderlich, wenn die Schäden nur in äußerst seltenen Fällen auftreten und anzunehmen ist, dass sie bei einem verständigen Patienten für seinen Entschluss, in die Behandlung einzuwilligen, nicht ernsthaft ins Gewicht fallen (RS0026529 [T14]). Die Pflicht des Arztes zur Aufklärung ist um so umfassender, je weniger dringlich der vorgesehene Eingriff erscheint (RS0026772). Auch bei medizinischen Behandlungen oder Eingriffen, die zwar nicht im engsten Sinn des Wortes dringlich sind, aber doch im Regelfall zu deutlichen gesundheitlichen Vorteilen gegenüber einer Unterlassung der Maßnahme führen, ist nicht auf jede nur denkbare nachteilige Konsequenz hinzuweisen. Gerade in solchen Fällen ist auch zu bedenken, dass Patienten durch das Aufzählen von verschiedenen - jeweils höchst unwahrscheinlichen - denkbaren Nebenwirkungen davon abgehalten werden könnten, eine an sich sinnvolle und in der Regel gesundheitsfördernde Maßnahme vornehmen zu lassen, zumal eine Vielzahl von Patienten mit Wahrscheinlichkeitsangaben im 10.000stel- oder 100.000stel-Bereich nichts anfangen kann (1 Ob 14/12h).

1.2.2 Die Aufklärung soll den Patienten in die Lage versetzen, die Tragweite seiner Erklärung, in die Behandlung einzuwilligen, zu überschauen (RS0026413). Der Patient kann nämlich nur dann wirksam seine Einwilligung geben, wenn er über die Bedeutung des vorgesehenen Eingriffs und seine möglichen Folgen ausreichend aufgeklärt wurde (RS0026499). Für den Umfang der Aufklärungspflicht ist auf einen verständigen Patienten abzustellen und zu fragen, welche Informationen für eine freie Willensentscheidung typischerweise erforderlich sind (1 Ob 14/12h).

1.3.1 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger hier gar nicht vorgebracht hat, er hätte bei ordnungsgemäßer Aufklärung die Behandlung nicht durchführen lassen. Die zur Aufklärungspflicht ergangene Rechtsprechung stellt aber darauf ab, dass dem Patienten durch die Aufklärung die Grundlage für die Entscheidung geliefert wird, ob er in die Behandlung einwilligt. Erstmals in der Berufung meint der Kläger, er hätte bei ordnungsgemäßer Aufklärung das Bett nicht ohne Begleitung durch eine Pflegeperson verlassen.

1.3.2 Eine Aufklärungspflicht dahingehend, dass der Kläger nicht ohne Beiziehung einer Pflegeperson das Bett verlassen und die Toilette aufsuchen dürfe, kann nach den Grundsätzen der dargestellten Rechtsprechung keinesfalls angenommen werden, weil laut der Fachinformation keine besondere Überwachung von gesunden Personen erforderlich ist, die Picoprep zur Vorbereitung auf eine Darmspiegelung einnehmen (US 5).

1.4.1 Den Feststellungen ist allerdings zu entnehmen, dass Schwäche und Schwindel gelegentlich (bei weniger als 1 % der Patienten) auftretende Nebenwirkungen sind infolge des Verlustes von Salz und Flüssigkeit nach der Einnahme des Abführmittels. Die Anführung von Sturzgefahr als mögliche Nebenwirkung kann nur dahin verstanden werden, dass aufgrund von Schwäche und Schwindel die Sturzgefahr erhöht ist. Sturzgefahr an sich ist keine Nebenwirkung des Arzneimittels, sondern lediglich eine mögliche Folge von Schwindel und Schwäche.

1.4.2 Ob eine konkrete Aufklärungspflicht zu den Nebenwirkungen Schwäche und Schwindel zu bejahen ist, kann im Anlassfall aufgrund der getroffenen Feststellungen dahingestellt bleiben. Nach diesen ist nämlich eine ausreichende begleitende Aufnahme von Flüssigkeit erforderlich, um den Kreislauf zu stabilisieren und ein Absinken des Blutdrucks zu vermeiden. Da der Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, ausreichend Wasser, Tee oder auch Softdrinks zu trinken, ist von einer ausreichenden Aufklärung in diesem Zusammenhang auszugehen. Ergänzend ist darauf zu verweisen, dass einem durchschnittlich verständigen Patienten bekannt ist, dass es im Zuge von mehrmaligen Darmentleerungen zu einem Flüssigkeitsverlust kommt, der wiederum zu Kreislaufschwierigkeiten führen kann. Über dieses Allgemeinwissen ist in der Regel nicht ausdrücklich aufzuklären.

1.5.1 Außerdem gilt grundlegend, dass der Arzt auch im Fall der Verletzung einer Aufklärungspflicht nur für die Verwirklichung des Risikos haftet, auf das er hätte hinweisen müssen (RS0026783 [T9]), und das pflichtwidrige Verhalten – der ohne ausreichende Aufklärung erfolgte und daher rechtswidrige Eingriff – den geltend gemachten Schaden verursacht haben muss (RS0026783 [T6, T11]; 5 Ob 231/10x). Die Beweislast dafür trifft grundsätzlich den Kläger (RS0026209 [T3, T4]; 4 Ob 137/07m). Im Arzthaftungsprozess werden an den Kausalitätsbeweis zwar geringere Anforderungen gestellt (RS0038222); ist der ursächliche Zusammenhang aber nicht zu erweisen, geht das zu Lasten des Patienten (8 Ob 68/19m).

1.5.2 Die von der Rechtsprechung bei Vorliegen ärztlicher Fehler angenommene Beweislastumkehr zu Lasten des behandelnden Arztes gelangt erst dann zur Anwendung, wenn vorher der geschädigte Patient - wenn auch im Rahmen eines erleichterten Kausalitätsbeweises - den Nachweis erbracht hat, dass die Wahrscheinlichkeit eines Schadeneintritts durch den ärztlichen Fehler (hier: Verletzung der Aufklärungspflicht) nicht bloß unwesentlich erhöht wurde; erst dann liegt es am Arzt zu beweisen, dass die ihm zuzurechnende Sorgfaltsverletzung mit größter Wahrscheinlichkeit nicht kausal war (RS0038222 [T11, T12]).

1.5.3 Für den Anlassfall bedeutet das, dass die Negativfeststellung, wonach die Ursache des Sturzes nicht festgestellt werden konnte, zu Lasten des Klägers geht. Es steht nämlich gerade nicht fest, dass der Kläger an Schwindel oder Schwäche litt oder dass er wegen Schwindel oder Bewusstseinsverlust gestürzt ist. Damit steht nicht fest, dass sich das Risiko der Nebenwirkung von Schwäche, Schwindel oder Bewusstseinsverlust tatsächlich verwirklicht hat.

1.6 Eine Haftung der Beklagten scheidet daher aus. Auf die begehrten zusätzlichen Feststellungen kommt es bei dieser Sachlage nicht an, sodass auch keine sekundären Feststellungsmängel vorliegen.

2. Aus diesen Gründen liegt auch keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens darin, dass kein Sachverständigengutachten zur Frage der Dringlichkeit des Eingriffs eingeholt wurde. Im Übrigen hat der Kläger einen entsprechenden Antrag im erstinstanzlichen Verfahren nicht gestellt.

3. Ergänzend ist festzuhalten, dass der Kläger in seiner Berufung zu Recht nicht mehr auf sein Vorbringen zurückkommt, die Beklagte hätte gegen ihre dem Krankenaufnahmevertrag entspringenden Sorgfaltspflichten verstoßen, weil ihn das Pflegepersonal nicht bei jedem Gang zur Toilette begleitet hat. Nach den getroffenen Feststellungen war beim Kläger eine besondere Aufmerksamkeit oder sorgfältige Überwachung nicht erforderlich (US 6).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

5. Die ordentliche Revision ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig, weil der Umfang der Aufklärungspflicht nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist (RS0026763 [T5]).