JudikaturJustiz3Ob580/55

3Ob580/55 – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. Dezember 1955

Kopf

SZ 28/263

Spruch

Der Fruchtgenußberechtigte ist nicht verpflichtet, dem Liegenschaftseigentümer die von diesem bezahlte, auf die Liegenschaft selbst entfallende Vermögenssteuer zu ersetzen.

Entscheidung vom 14. Dezember 1955, 3 Ob 580/55.

I. Instanz: Bezirksgericht Pregarten; II. Instanz: Landesgericht Linz - Nord.

Text

Die Kläger sind Fruchtnießer des den Beklagten gehörigen Hauses in W., EZ. 336 der Katastralgemeinde B. Sie begehren die Verurteilung der Beklagten zur Bezahlung des Betrages von 4000 S mit der Begründung, die Beklagten hätten diesen Betrag eigenmächtig von den den Klägern gehörigen Zinserträgnissen behoben und für sich behalten.

Das Prozeßgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, gemäß § 512 ABGB. habe der Fruchtnießer alle mit der Sache verbundenen Lasten zu tragen; zu diesen Lasten gehöre auch die Vermögenssteuer. Diese sei vom Finanzamt den Beklagten als den Hauseigentümern vorgeschrieben und von diesen auch bezahlt worden, weshalb ihnen gegen die Kläger ein Ersatzanspruch nach § 1042 ABGB. zustehe. Diesen Anspruch hätten die Beklagten durch Erhalt des Klagsbetrages befriedigt erhalten, weshalb sie zur Rückzahlung nicht verpflichtet seien, wobei es gleichgültig sei, ob die Hausverwaltung im Rahmen oder außerhalb des Rahmens ihrer Vollmacht gehandelt habe und ob die Hausverwaltung die Rechtswirksamkeit der Auszahlung an die Beklagten von der Genehmigung der Kläger abhängig gemacht habe.

Das Berufungsgericht hob das Urteil des Prozeßgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Sache zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Urteilsfällung an das Prozeßgericht zurück. Es vertrat die Ansicht, daß die Vermögenssteuer zwar eine Personalsteuer sei, dennoch aber auf den Fruchtnießer überwälzt werden könne, weil sie eigentlich nur eine Nebensteuer zur Einkommensteuer sei, die das Vermögen des Steuerpflichtigen zwar als Bemessungsgrundlage heranziehe, aber doch so geartet sei, daß sie aus dem gemeiniglich zu erwartenden Ertrag des Vermögens geleistet werden könne und aus finanzpolitischen Gründen auch geleistet werden solle. Es sei daher billig, dem vermögenssteuerpflichtigen Gründeigentümer einen Rückersatzanspruch gegenüber dem Fruchtnießer zuzuerkennen, und zwar auch jener Vermögenssteuerbelastung, die auf sein Obereigentum im Sinne des § 357 ABGB. entfalle. Es sei daher der Kapitalswert des Fruchtgenußrechtes festzustellen, bevor beurteilt werden könne, ob und mit welchem Betrag der vom Hausverwalter bezahlte Betrag in Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung oder nur aus Irrtum geleistet worden sei. Es sei auch festzustellen, ob die Zahlung durch den Hausverwalter ohne Ermächtigung der Kläger erfolgt sei und ob die Beklagten von dem Ermächtigungsmangel gewußt hätten.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Kläger Folge und trug dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufung der Kläger auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Ansicht der Vorinstanzen, die Kläger seien zur Tragung bzw. zum Ersatz der von den Beklagten ausgelegten Vermögenssteuer für das Haus als Fruchtnießer verpflichtet, ist verfehlt.

Gemäß § 4 Abs. 1 des Vermögenssteuergesetzes vom 16. Oktober 1934, DRGBl. I S. 1052, in der zuletzt geltenden Fassung (Gleiche Regelung im § 4 Abs. 1 VermögenssteuerG. 1954 und in den §§ 69 Z. 4 und 77 Abs. 1 Z. 2 BewertungsG. 1955.) (das Vermögenssteuergesetz 1954 ist auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden, da es erst mit 1. Jänner 1955 in Kraft getreten ist) unterliegt das gesamte Vermögen des unbeschränkt Steuerpflichtigen der Vermögenssteuer, und es sind für die Wertermittlung die Vorschriften des Reichsbewertungsgesetzes anzuwenden. Aus diesen Vorschriften ergibt sich, daß der Kapitalswert eines Fruchtgenußrechtes vom Wert des Vermögens, hier des Hauses, bei der Wertermittlung des letzteren in Abzug zu bringen ist (§§ 67 Z. 4, 74 Abs. 1 Z. 2 ReichsbewertungsG.). Hat ein Vermögenssteuerpflichtiger es in seiner Vermögenssteuererklärung unterlassen, vom Wert seines Vermögens die im § 74 Abs. 1 ReichsbewertungsG. angeführten Lasten, so insbesondere den Kapitalswert des auf seinem Vermögen haftenden Fruchtgenußrechtes, in Abzug zu bringen, so hat er dies selbst zu vertreten. Ob er sich an das Finanzamt wegen Rückvergütung des zu viel bezahlten Vermögenssteuerbetrages halten kann, ist in diesem Verfahren nicht zu erörtern; jedenfalls besteht kein Rückersatzanspruch gegen den Fruchtnießer wegen der Unterlassung des Abzuges des Kapitalswertes des Fruchtgenußrechtes in der Vermögenssteuererklärung des Eigentümers. Die Vermögenssteuer wird für den Eigentümer und für den Fruchtnießer eines Vermögensobjektes ganz unabhängig voneinander von dem für den einzelnen Steuerpflichtigen zuständigen Finanzamt vorgeschrieben. Aus dem Gesagten ergibt sich, daß die Kläger als bloße Fruchtnießer zur Entrichtung der Vermögenssteuer der Beklagten nicht verpflichtet sind, auch wenn zum Vermögen derselben ein Haus gehört, an dem sie die Fruchtnießung haben, weshalb die Feststellung des Kapitalswertes des Fruchtgenußrechtes überflüssig ist. Die Feststellung des Kapitalswertes dieses Fruchtgenußrechts ist Sache der Finanzbehörde der Kläger, sobald diese die Vermögenssteuer der Kläger bemißt. Ein zivilrechtlich bedeutsamer Zusammenhang zwischen der Vermögenssteuer der Kläger und jener der Beklagten besteht überhaupt nicht. Eine etwa zuviel gezahlte Vermögenssteuer der Beklagten kann niemals einen Bereicherungsanspruch gegen die Kläger begrunden und umgekehrt.

Das Verfahren ist aber auch im übrigen spruchreif, da die Frage, ob der Hausverwalter als Vollmachtsträger der Kläger mit oder ohne deren Einverständnis bei der Auszahlung des Betrages gehandelt hat, ohne Bedeutung ist. Denn die Kläger haben dadurch, daß sie die Klage gegen die Beklagten richteten, eine allfällige Vollmachtsüberschreitung des Hausverwalters, die darin gelegen wäre, daß er ohne Zustimmung der Kläger den gegenständlichen Betrag an die Beklagten auszahlte und aus einem Irrtum die Zahlung aus den Zinserträgnissen, die gemäß § 511 ABGB. den Klägern gehören, leistete, genehmigt und können daher aus dem Rechtsgrunde des § 1431 ABGB., da der dem Bevollmächtigten unterlaufene Irrtum auch gegenüber dem Vollmachtgeber wirkt, die Herausgabe des Betrages von den Beklagten begehren.

Da somit das Verfahren einer Ergänzung nicht mehr bedarf, um über den geltend gemachten Anspruch entscheiden zu können, erfolgte die Aufhebung des erstrichterlichen Urteiles durch das Berufungsgericht zu Unrecht; dieses hätte vielmehr bereits auf Grund der vorliegenden Verfahrensergebnisse in der Sache selbst zu entscheiden gehabt.