JudikaturJustiz3Ob37/53

3Ob37/53 – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Februar 1953

Kopf

SZ 26/44

Spruch

Die Übertragung einer Vertretung ist keine wiederkehrende Leistung; die Verpflichtung, eine Vertretung namens oder für Rechnung eines Dritten auszuüben, ist eine Dauerleistung; beides fällt nicht unter die Bestimmungen des § 8 Abs. 1 GesmbHG.

Entscheidung vom 18. Feber 1953, 3 Ob 37/53.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Das Erstgericht wies das Klagebegehren, der Beklagte sei schuldig, über die von ihm in der Zeit vom 1. März 1949 bis 31. Dezember 1949 als Gesellschafter und Geschäftsführer der klagenden Partei für den "B.-Verein" empfangenen Aufträge und die daraus resultierenden Provisionsgewinne Rechnung zu legen, kostenpflichtig in der Erwägung ab, daß ein Verstoß gegen das in § 24 Abs. 1 und 2 GesmbHG. normierte Konkurrenzverbot nicht vorliege. Der übereinstimmende Parteiwille sei - so stellte das Erstgericht fest - dahin gegangen, daß die vier grundenden Gesellschafter die Vertretungen, soweit sie solche bereits besaßen oder zu erhalten die Aussicht hatten, in die Gesellschaft einbringen. Dabei sollten die Vertretungsrechte auf die Gesellschaft selbst übergehen, so daß diese Rechte von der Gesellschaft im eigenen Namen an Stelle des das Recht einbringenden Gesellschafters ausgeübt werden sollten. Der Beklagte habe damals mit Wissen der anderen Gesellschafter die Alleinvertretung des B.- Vereines schon erhalten gehabt. Der klagenden Partei gehe es nicht darum, daß der Beklagte seine Tätigkeit für den B.-Verein ausübe, sondern darum, daß die außerhalb des Rahmens der Gesellschaft erzielten Vergütungen in die Gesellschaft eingebracht werden. Aus dem Gesetz ergebe sich, daß die Einbringung von Vertretungsrechten, wie sie den Gesellschaftern offenbarvorschwebten, überhaupt nur als Sacheinlagen (Apports) in Anrechnung auf die Stammeinlage in Erwägung gezogen werden könnte. Gerade in diesem Punkte sei aber auf die Entscheidung NotZ. 1917, S. 189, zu verweisen, wonach Vertretungsrechte nicht als Sacheinlagen eingebracht werden können, und zwar insbesondere im Hinblick auf die Ungewißheit der erforderlichen Zustimmung des Vertretenen, also des Geschäftsherrn.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil mit dem Ausspruch, daß der Wert des Streitgegenstandes im Berufungsverfahren 10.000 S übersteige. Das Berufungsgericht billigte der Klägerin und Berufungswerberin zu, daß diese nach der allein maßgeblichen Klagserzählung ihr Klagebegehren nicht auf eine Übertretung des für den Geschäftsführer einer Ges. m. b. H. in § 24 GesmbHG. aufgestellten Konkurrenzverbotes gegrundet habe, gelangte jedoch aus folgenden rechtlichen Erwägungen gleichfalls zu einer Abweisung des Klagebegehrens. Gemäß §§ 6, 8 GesmbHG. seien Einbringungsverträge grundsätzlich ein Teil des Gesellschaftsvertrages (Staub - Hachenburg zu § 5 des deutschen GesmbH.- Gesetzes, Anm. 27), die daher im Sinne des § 4 GesmbHG. als Teil des Gesellschaftsvertrages zu ihrer Gültigkeit der Rechtsform des Notariatsaktes bedürfen. Der vorliegende Gesellschaftsvertrag enthalte im Punkt IV nur Bestimmungen über Geldeinlagen der vier Gründer in der Höhe von je 6000 S, aber keine Bestimmungen über Sacheinlagen. Das Berufungsgericht lehnte die Ansicht des Erstrichters ab, daß Vertretungsrechte, wie die des Beklagten gegenüber dem B.-Verein, überhaupt nicht als Sacheinlagen geeignet sein könnten. Die vom Erstrichter diesbezüglich zitierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes NotZ. 1917, S. 189, spreche den Vertretungsrechten diese Eigenschaft nur in dem Zusammenhang ab, daß sie nicht einseitig von der Person des Berechtigten losgelöst in das Eigentum der Gesellschaft übertragen werden können. Wie aber Staub - Hachenburg zu der ähnlichen Bestimmung des § 5 des deutschen GesmbHG. in Anm. 16 mit überzeugender Begründung ausführe, komme es entscheidend auf die Übertragbarkeit einer Forderung an, und zwar auch dann, wenn eine Gegenleistung zu machen sei. Dabei werden als solche unter Umständen sehr wertvolle übertragbare Vertragsverhältnisse, insbesondere Pachtrechte und Generalvertretungsrechte, ausdrücklich genannt. Die Zustimmung des Dritten müsse nur vor oder bei der Registrierung ausgewiesen werden.

Hier liege aber der Fall vor, daß der Gesellschaftsvertrag überhaupt keine Bestimmungen über Sacheinlagen enthalte, obwohl die Gesellschafter die Einbringung von Vertretungsrechten vereinbart hatten. Das Berufungsgericht schloß sich auch hier den Ausführungen von Staub - Hachenburg zu § 5 Anm. 46 an, daß eine solche im notariellen Gesellschaftsvertrag nicht enthaltene Vereinbarung unter den Gründern selbst wirksam sein könne, nicht aber gegenüber der Gesellschaft. Der gegenständliche Gesellschaftsvertrag enthalte auch im Punkt III über den Gegenstand des Unternehmens nur Bestimmungen über einen Handelsbetrieb, nicht aber Bestimmungen über Vertretungsgeschäfte, was gleichfalls den Mangel von Bestimmungen über entsprechende Sacheinlagen beweise. Eine Heilung jener Unwirksamkeit der nicht in dem notariellen Gesellschaftsvertrag aufgenommenen Vereinbarungen über die Einbringung von Sacheinlagen, insbesondere auch der klagsgegenständlichen Vertretungsrechte, könne im Sinne der überzeugenden Ausführungen von Staub - Hachenburg, S. 119 (richtig 219) oben, nur im Wege einer Änderung des Gesellschaftsvertrages erfolgen, die gemäß § 49 GesmbHG. ebenfalls der Form des Notariatsaktes bedürfe.

Die Klägerin habe im Sinne dieser Ausführungen die Vertretungsrechte desBeklagten aus seinem Vertrag mit dem B.- Verein infolge Unwirksamkeit des Einbringungsvertrages nicht erworben. Sie könne daher auch keine Rechte auf Rechnungslegung des Beklagten aus dem unwirksamen Einbringungsvertrag geltend machen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers Folge und verwies die Rechtssache an die erste Instanz zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Es ist von den Bestimmungen der §§ 6 Abs. 4 und 8 Abs. 1 des GesmbHG. auszugehen. Die erstere Vorschrift betrifft die Anrechnung von Sacheinlagen auf Stammeinlagen. Die Voraussetzungen für eine Anwendung dieser Gesetzesstelle sind nicht gegeben, weil die behauptete Verpflichtung des Beklagten zur Einbringung seiner Vertretungsrechte in keiner Beziehung zu der von ihm laut Gesellschaftsvertrag zu leistenden Stammeinlage steht. Die Frage, ob Vertretungsrechte überhaupt geeignet sind, als Sacheinlagen zu dienen, kann daher auf sich beruhen.

Die Vorschrift des § 8 Abs. 1 GesmbHG. besagt, daß dann, wenn sich ein Gesellschafter neben der Stammeinlage zu wiederkehrenden, nicht in Geld bestehenden, aber einen Vermögenswert darstellenden Leistungen verpflichtet, die im Zusammenhang mit dieser Verpflichtung stehende Vereinbarung in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen ist. Von der Anwendbarkeit der Bestimmung des § 8 Abs. 1 zit. Ges. sind also von vornherein ausgeschlossen einmalige Leistungen oder Leistungen, die keinen Geldwert haben. Zufolge dieser Einengung unterscheidet sich die Bestimmung des § 8 Abs. 1 des österr. GesmbHG. von der analogen Norm des § 3 Abs. 2 des deutschen Gesetzes, betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, wonach jede Abrede, wodurch dem Gesellschafter neben der Leistung von Kapitalseinlagen Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft auferlegt werden, der Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag bedarf.

Die vom Berufungsgericht geäußerte Rechtsansicht, daß Einbringungsverträge nach dem österr. GesmbHG. grundsätzlich ein Teil des Gesellschaftsvertrages sind und demnach zu ihrer Gültigkeit der Rechtsform des Notariatsaktes bedürfen, ist daher nur mit der aus den vorstehenden Ausführungen sich ergebenden Einschränkung richtig. Wie erwähnt, ist Voraussetzung der Anwendbarkeit der Bestimmung des § 8 Abs. 1 GesmbHG., daß die neben der Stammeinlage übernommene Leistung sich als eine wiederkehrende Leistung darstellt. Weder einmalige noch Dauerleistungen fallen unter § 8 Abs. 1 GesmbHG. Die Übertragung einer Vertretung, wenn auch nur im Innenverhältnis, ist aber eine einmalige Leistung; die Verpflichtung aber, eine Vertretung namens oder für Rechnung eines Dritten auszuüben, eine Dauerleistung. Wie immer man die von der klagenden Partei behauptete Vereinbarung auslegt, sie enthält jedenfalls keine Verpflichtung zu "wiederkehrenden Leistungen", d. h. zu Leistungen, die jedesmal, wenn ein bestimmter Anlaß eintritt, zu erfüllen sind. Ein Prototyp hiefür wäre z. B. die Rübenleistungspflicht der Rübenbauern gegenüber der Zuckerfabrik, deren Gesellschafter sie gleichzeitig sind. Der Vertreter arbeitet aber dauernd für eine bestimmte Firma, so wie der Angestellte dauernd für den Dienstgeber Dienst leistet. Der Unterschied zwischen einem Wiederkehr- und einem Dauerschuldverhältnis ist in der Entscheidung vom 20. Juni 1951, EvBl. Nr. 404, klargestellt worden. Beim Dauerschuldverhältnis ist der Schuldner verpflichtet, durch ein ständiges Verhalten zu erfüllen, während er beim Wiederkehrschuldverhältnis zu einzelnen, konkret bestimmten wiederkehrenden Leistungen innerhalb eines Rahmenverhältnisses verpflichtet ist. Die Verpflichtung, eine Vertretung für Rechnung eines Dritten zu betreiben, gehört wie die aus Bestandverträgen, Verträgen der Bühnenkünstler usw. zu den Dauerschuldverhältnissen. Es liegen also die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 GesmbHG. nicht vor. Die übernommene Verpflichtung des Beklagten unterliegt daher nur den Beschränkungen des allgemeinen Vertragsrechtes, insbesondere keiner Formvorschrift. Sie kann deshalb nicht ohneweiters für unwirksam angesehen werden.

Da das Berufungsgericht das Klagebegehren nur aus diesen Erwägungen abgewiesen hat, so mußte zur weiteren Erörterung der Sache insbesondere in der Richtung, ob der Beklagte gegenüber der klagenden Partei die Verpflichtung, die Vertretung des B.-Vereines einzubringen bzw. seine Tätigkeit für den B.-Verein im Rahmen der klägerischen Firma auszuüben, tatsächlich übernommen hat, das Berufungsurteil und, da sich eine Verhandlung in erster Instanz nicht umgehen lassen wird, auch das erstrichterliche Urteil aufgehoben werden.