JudikaturJustiz3Ob251/99d

3Ob251/99d – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Oktober 1999

Kopf

1Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der betreibenden Partei B*****, vertreten durch Weiss-Tessbach Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die verpflichtete Partei E*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Leitner, Rechtsanwalt in Wien, als Masseverwalter im Konkurs über deren Vermögen, wegen 1,251.330,41 S sA infolge ordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei (Interesse 154.850,41 S sA) gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 1. Juli 1999, GZ 46 R 417/99k-22, womit infolge Rekurses der verpflichteten Partei der Beschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 12. Februar 1999, GZ 11 E 42/98p-12, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden - abgesehen von der bereits rechtskräftigen und daher unberührt bleibenden Teilabweisung des Einstellungsantrags in Ansehung einer betriebenen Forderung von 1,096.480 S samt 7,5 % Zinsen seit 24. September 1997 und 15.962,01 S an Exekutionskosten - aufgehoben.

Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens über den Einstellungsantrag.

Text

Begründung:

Aufgrund der notariell bekräftigten Pfandbestellungsurkunde vom 24. September 1997 sind Miteigentumsanteile der verpflichteten Partei an einer Liegenschaft, mit denen Wohnungseigentum untrennbar verbunden ist zur Sicherung der in einem vollstreckbaren Notariatsakt gleichen Datums beurkundeten Forderung der betreibenden Partei von 1,096.480 S samt 9 % Zinsen, 12 % Verzugszinsen und 10 % Zinseszinsen verpfändet. Im gleichen Rang haftet ferner eine Sicherstellung für Nebengebühren bis zum Höchsbetrag von 219.200 S (CLNR. 45a). Über das Vermögen der verpflichteten Partei wurde mit Beschluß vom 21. Juli 1998 der Konkurs eröffnet.

Die Pfandbestellungsurkunde vom 24. September 1997 hat folgenden, im Anlaßfall bedeutsamen Wortlaut:

"I.

Die ... (betreibende Partei) ... hat zur Darlehenskonto Nr. ... den

Ankauf des Objektes ... durch Hr. Veselin T... von der

(verpflichteten Partei) ... finanziert.

II.

Da der bedungene Kaufpreis bereits an ... (die verpflichtete Partei)

... ausgezahlt wurde, erklärt diese ausdrücklich die Haftung als

Bürge und Zahler für das Darlehenskonto Nr. ... des Hr. Veselin T...

zu übernehmen.

...

III.

"Zur Besicherung dieser Bürgschaftserklärung bestellt die ...

(verpflichtete Partei) ... 84/941 Anteile, mit denen WE an Geschäft

1-2 ... untrennbar verbunden ist, jeweils der Liegenschaft EZ ... zum

Pfand und erteilt die ausdrückliche Einwilligung, daß hinsichtlich

obgenannter Liegenschaftsanteile ein Pfandrecht im Betrage von S

1,096.480,-- samt 9 % Zinsen jährlich, 12 % Verzugszinsen jährlich

und 10 % Zinseszinsen jährlich, sowie eine Nebengebührenkaution im

Höchstbetrage von S 219.200,-- für die ... (betreibende Partei) ...

einverleibt werde.

IV.

... (Die betreibende Partei) ... ist verpflichtet, die

Inanspruchnahme der Bürgschaftsverpflichtung mittels eingeschriebenen

Briefes an ... (die verpflichtete Partei) ... unter Setzung einer

Leistungsfrist von zumindest 14 Tagen vorzunehmen.

... (Die verpflichtete Partei) ... erklärt sich ausdrücklich damit

einverstanden, daß diese Urkunden in Ansehung des ihr mitgeteilten Saldos (Hervorhebung durch den erkennenden Senat) im Sinne des § 3 (...) der Notariatsordnung sofort vollstreckbar sein soll(en)."

Aufgrund dieses vollstreckbaren Notariatsakt bewilligte das Erstgericht auf Antrag der betreibenden Partei am 4. Juni 1998 die Zwangsversteigerung der verpfändeten Liegenschaftsanteile zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von 1,251.330,41 samt 7,5 % Zinsen seit 1. August 1997 und der Kosten von 15.962,01 S. Die Einleitung des Versteigerungsverfahrens wurde unter CLNR. 48 bücherlich angemerkt. Ein Hinweis, daß die Zwangsversteigerung zur Hereinbringung einer pfandrechtlich sichergestellten Forderung bewilligt worden sei, ist dieser Anmerkung nicht zu entnehmen. Die betreibende Partei hatte aber schon im Exekutionsantrag vorgebracht, daß "für diese Forderung ... unter CLNR. 45a ein Pfandrecht in Höhe von 1,096.480 S samt 9 % Z, 12 % VZ, 10 % ZZ und NGS 219.200 S" hafte.

Der Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der verpflichteten Partei beantragte gemäß § 12 KO in deren Namen die Einstellung der Exekution und die Löschung der Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahrens, weil die betreibende Partei die Exekution innerhalb eines Zeitraums von 60 Tagen vor der Konkurseröffnung beantragt habe.

Die betreibende Partei erwiderte, das Insolvenzverfahren über das Vermögen der verpflichteten Partei lasse ihr Absonderungsrecht unberührt, weil es nicht erst in den letzten 60 Tagen vor Konkurseröffnung erworben worden sei.

Das Erstgericht trat der Ansicht der betreibenden Partei bei und wies den Einstellungsantrag ab.

Das Gericht zweiter Instanz schränkte infolge Rekurses der verpflichteten Partei das Exekutionsverfahren "um den Betrag von 154.850,41 S auf 1,096.480 S samt 7,5 % Zinsen seit 24. 9. 1997 und der Kosten des Ansuchens von 15.962,01 S" ein, sprach überdies aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands 52.000 S, nicht aber 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, die Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahrens sei zwar "nicht im Rang des Pfandrechtes" der betreibenden Partei, sondern "im laufenden Rang beantragt und bewilligt" worden, die betreibende Partei habe sich jedoch bereits im Exekutionsantrag auf das für die betriebene Forderung unter CLNR. 45a einverleibte Pfandrecht berufen. Nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 3 Ob 92/92 müsse der betreibende Gläubiger in Ermangelung von Umständen, die einer Exekutionsbewilligung entgegenstünden, nicht schon im Exekutionsantrag den Nachweis der pfandrechtlichen Sicherung der betriebenen Forderung erbringen, sondern könne seinen besseren Rang "auch noch bei der Meistbotsverteilung geltend machen und durch Vorlage der erforderlichen Urkunden nachweisen, daß seine vollstreckbare Forderung durch das früher erworbene Pfandrecht gedeckt" sei. Eine Einstellung des Verwertungsverfahrens nach § 12 Abs 2 KO könne der betreibende Gläubiger "durch den Nachweis abwehren, daß für die betriebene Forderung im Grundbuch ein schon früher erworbenes Absonderungsrecht eingetragen" sei. Die betreibende Partei habe in der Äußerung zum Einstellungsantrag auf ihr Pfandrecht unter CLNR. 45a hingewiesen. Dieses Argument treffe "zum Großteil zu", liege doch sowohl dem Antrag auf Pfandrechtseinverleibung als auch jenem auf Exekutionsbewilligung der vollstreckbare Notariatsakt vom 24. September 1997 zugrunde. Nach diesem beschränke sich jedoch die hypothekarische Sicherung auf den dort in Pkt. III. beschriebenen Forderungsumfang. Deshalb müsse das Exekutionsverfahren "hinsichtlich des darüber hinausgehenden Begehrens - Kapital 154.850,41 S und Zinsen bereits ab 1. 8. 1997 - eingestellt werden". Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil keine Rechtsprechung des OGH zur gegenständlichen Frage der teilweise(n) hypothekarische(n) Besicherung einer Forderung" auffindbar sei.

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist zulässig, weil das Gericht zweiter Instanz die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wie nachfolgend darzulegen sein wird, unzutreffend anwendete, was gemäß § 78 EO in Verbindung mit § 528 Abs 1 ZPO zur Wahrung der Rechtssicherheit aufzugreifen ist; das Rechtsmittel der betreibenden Partei ist - im Rahmen des im Abänderungsantrag enthaltenen Aufhebungsbegehrens - auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Vorauszuschicken ist, daß der Oberste Gerichtshof an die rechtskräftige Exekutionsbewilligung gebunden ist. Dies bedeutet, daß das Rechtsschutzinteresse der betreibenden Partei, das Voraussetzung für die Zulässigkeit ihres Rechtsmittels ist (SZ 61/6 uva), jedenfalls vorliegt, weil ihr ein Interesse daran zugebilligt werden muß, daß die Exekution in dem rechtskräftig bewilligten Umfang durchgeführt wird. Es ist daher in diesem Zusammenhang unerheblich, daß die betreibende Partei ihr Absonderungsrecht noch im Meistbotverteilungsverfahren geltend machen kann (siehe hiezu unter 3.). Da die Exekutionsbewilligung rechtskräftig ist, muß auch nicht erörtert werden, ob die Exekution zu Recht auch zur Hereinbringung des num mehr strittigen Betrages bewilligt werde.

2. Der erkennende Senat begründete in den Entscheidungen 3 Ob 131/97d

(SZ 70/79 = ecolex 1997, 929 = immolex 1997, 333 = JBl 1997, 723 =

ÖBA 1997, 1030) und 3 Ob 8/96 (JUS Z 2055, 2082 = MietSlg 48.729 =

RPflSlgE 1996/118 = RZ 1997/17 = ZIK 1997, 139) näher, daß der

Masseverwalter in einem reinen Exekutionsverfahren gegen den

Gemeinschuldner - wie im Falle des Zugriffs auf Massebestandteile

durch einen Absonderungsgläubiger - gesetzlicher Vertreter des

Gemeinschuldners ist. Daraus folgt im Anlaßfall, daß der

Masseverwalter nicht selbst als Verfahrenspartei, sondern bloß als Vertreter der verpflichteten Partei anzusehen ist, was durch die im Kopf dieser Entscheidung gewählte Parteibezeichnung verdeutlicht wird.

Die durch das Rekursgericht vorgenommene Bewertung des

Entscheidungsgegenstands ist angesichts des Umstands, daß eine Geldforderung betrieben wird.

3. In der bereits eingangs genannten Entscheidung 3 Ob 131/97d

schrieb der erkennende Senat die zur Frage des Inhalts des

Exekutionsantrags bereits in der Entscheidung 3 Ob 92/92 (= JUS Z

1359) erläuterte Ansicht fort und kam zum Ergebnis, der betreibende

Gläubiger könne im Exekutionsantrag auf die Identität der betriebenen

mit einer bereits hypothekarisch sichergestellten Forderung hinweisen

und damit erreichen, daß darauf in der Exekutionsbewilligung Bezug

genommen werde. Ein solcher Hinweis erübrige sich, wenn die Identität

schon eindeutig jenem Titel zu entnehmen sei, den der betreibende

Gläubiger dem Exekutionsantrag zugrundelegt habe. Seien keine

Umstände aktenkundig, die einer Exekutionsbewilligung

entgegenstünden, müsse der betreibende Gläubiger nicht bereits im

Exekutionsantrag dartun, daß die betriebene Forderung auf der zu

versteigernden Liegenschaft bzw den zu versteigernden

Liegenschaftsanteilen durch ein verbüchertes Pfandrecht gesichert

sei. Er könne vielmehr seinen kraft eines solchen Pfandrechts

besseren Befriedigungsrang auch noch im Meistbotsverteilungsverfahren

geltend machen und dort urkundlich nachweisen, daß seine

vollstreckbare Forderung in dem für sie früher erworbenen und durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Verpflichteten nicht berührten Absonderungsrecht gedeckt sei.

Beantrage dagegen der Masseverwalter gemäß § 12 Abs 2 KO die Einstellung des Verwertungsverfahrens, weil das durch die Exekutionsbewilligung im Rang der Einbringung des Zwangsversteigerungsantrags begründete Befriedigungsrecht innerhalb der letzten 60 Tage vor Konkurseröffnung erworben worden sei, so könne der betreibende Gläubiger eine derartige Beschlußfassung durch den Nachweis abwehren, daß die betriebene Forderung wegen eines zur deren Sicherung schon früher erworbenen und verbücherten Absonderungsrechts durch die Konkurseröffnung über das Vermögen des Verpflichteten nicht berührt werde. Sei daher die Zwangsversteigerung von Liegenschaftsanteilen vor Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Verpflichteten beantragt und bewilligt worden, so könne in dem vom betreibenden Gläubiger noch im Meistbotsverteilungsverfahren erbringbaren Nachweis der Identität der betriebenen mit der pfandrechtlich sichergestellten Forderung keine Umgehung der insolvenzrechtlichen Exekutionssperre für Forderungen liegen, die nicht durch konkursfeste Absonderungsrechte gesichert seien, stehe es doch dem Masseverwalter bei nach seiner Ansicht fehlender Identität der betriebenen mit der durch ein konkursfestes Absonderungsrecht gesicherten Forderung frei, gemäß § 12 Abs 2 KO die Einstellung des Verwertungsverfahrens zu beantragen.

Daran ist festzuhalten.

3. 1. Vor dem Hintergrund der unter 3. dargelegten Rechtslage kann aber die betreibende Partei den Identitätsnachweis nicht durch rein hypothetische Berechnungen wie im Revisionsrekurs erbringen, sie hat vielmehr unter Darstellung der Kontoentwicklung konkret zu belegen, daß gerade die betriebene als pfandrechtlich sichergestellte Forderung in der im Exekutionsantrag behaupteten Höhe aushaftet und daher der im Einstellungsverfahren noch streitverfangene Anspruch Teil der pfandrechtlich sichergestellten Forderung ist. Nur soweit der betreibenden Partei dieser Beweis gelingt, muß der Antrag der verpflichteten Partei auf Einstellung bzw - als Minus - auf Einschränkung des Verwertungsverfahrens erfolglos bleiben. In diesem Zusammenhang ist der Wortlaut von Pkt. IV. des als Exekutionstitel herangezogenen vollstreckbaren Notariatsakts vom 24. September 1997 von Bedeutung, kann doch die betriebene Forderung danach nur in Höhe einer der verpflichteten Partei zugegangenen Saldomitteilung vollstreckbar sein. Im Zusammenhang mit einer solchen Mitteilung wird die betreibende Partei allerdings auch zu belegen haben, daß die betriebene Forderung - rechtsgeschäftlich begründete - kapitalisierte Zinsenbeträge enthält, denen nach § 216 Abs 2 EO der Rang des Kapitals zukommt, weil sich der in Anspruch genommene bücherliche Pfandrang nur auf einen Kapitalbetrag von 1,096.480 S bezieht.

3.2. Soweit das Rekursgericht meint, der betriebene Zinsenanspruch könne nur ab dem 24. September 1997 mit der pfandrechtlich sichergestellten Forderung identisch sein, übersieht es, daß sich die von der verpflichteten Partei als "Bürge und Zahler" übernommene Verbindlichkeit auf eine bereits vor Errichtung des Notariatsakts vom 24. September 1997 begründete Hauptschuld bezieht und der Zinsenlauf deshalb auch schon am 1. August 1997 begonnen haben könnte. Es ist jedoch in diesem Punkt gleichfalls zu betonen, daß sich die übernommene vollstreckbare Schuld nur auf die in der maßgebenden Saldomitteilung der betreibenden Partei ausgewiesenen Daten beziehen kann.

3. 3. Das Erstgericht wird die betreibende Partei im fortgesetzten Verfahren zur Erbringung der unter 3. 1. erläuterten Nachweise anzuleiten und sodann ergänzende Feststellungen zur Identitätsfrage zu treffen haben. Erst dann wird sich abschließend beurteilen lassen, ob die betriebene Forderung mit der pfandrechtlich sichergestellten insgesamt identisch ist und demzufolge der Einstellungsantrag der verpflichteten Partei, dem in Hinsicht auf den noch streitverfangenen Forderungsteil die Bedeutung eines Begehrens auf Einschränkung des Verwertungsverfahrens als Minus zukommt, entweder Erfolg haben oder erfolglos bleiben wird.

4. Der Kostenenvorbehalt stützt sich auf § 78 EO in Verbindung mit § 52 Abs 1 ZPO. Aus dem Ergebnis des zweiten Rechtsgangs wird folgen, inwieweit die Kosten des Rechtsmittelverfahrens Kosten eines selbständigen Zwischenstreits (Rekurskosten) bzw weitere Exekutionskosten (Revisionsrekurskosten) sind.