JudikaturJustiz3Ob211/03f

3Ob211/03f – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. November 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei R***** reg. Genossenschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Werner Hetsch und Dr. Werner Paulinz, Rechtsanwälte in Tulln, und weiterer beigetretener betreibender Gläubiger, wider die verpflichtete Partei Anita da C*****, wegen 508.709,84 EUR sA, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei sowie der Bietergemeinschaft Herbert L*****, und Hannes P*****, vertreten durch Dr. Thomas Rüdiger, Rechtsanwalt KEG in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 11. Juni 2003, GZ 47 R 323/03b 68, womit infolge Rekurses des Bieters Robert H*****, vertreten durch Dr. Karl Schön, Rechtsanwalt in Wien, der Beschluss des Bezirksgerichts Josefstadt vom 18. März 2003, GZ 22 E 3/01v 54, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Den Revisionsrekursen wird dahin Folge gegeben, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Diesem werden die weiteren erforderlichen Anordnungen übertragen.

Der Rekurswerber Robert H***** ist schuldig, der betreibenden Partei die mit 2.833,93 EUR (darin 472,32 EUR Umsatzsteuer) und der Bietergemeinschaft L***** P***** die mit 3.092,22 EUR (darin 515,37 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Bieter Robert H***** hat die Kosten seines Rekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

In dem u.a. von der führenden betreibenden Partei zur Hereinbringung von 508.709,84 EUR sA geführten Zwangsversteigerungsverfahren gegen die Verpflichtete wurden einer Bietergemeinschaft von zwei Personen Liegenschaftsanteile um das Meistbot von 700.000 EUR je zur Hälfte zugeschlagen. Das nach den Versteigerungsbedingungen mit 70.000 EUR festgesetzte Vadium erlegten die Meistbieter beim Erstgericht in Form eines Sparbuchs mit einem Kontostand von 35.000 EUR, eines weiteren Sparbuchs mit einem solchen von 25.000 EUR und von 10.000 EUR an Bargeld. Der letztgenannte Betrag wurde vom Gerichtsvollzieher des Erstgerichts am Tag der Versteigerungstagsatzung auf ein neu eröffnetes Konto bei einer Bank eingezahlt. Nach dem Erlag der beiden Sparbücher und des Bargeldbetrags erhob ein Bieter, dessen letztes Gebot von 660.000 EUR von den Meistbietenden überboten worden war, Widerspruch wegen der nicht in der EO vorgesehenen Zahlungsform des Vadiums. Dessenungeachtet schlug das Erstgericht die Liegenschaftsanteile der Bietergemeinschaft um das Meistbot von 700.000 EUR zu.

Dem Rekurs des Bieters mit dem zweithöchsten Gebot gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluss dahin Folge, dass es den Zuschlag versagte. Die zweite Instanz gelangte zur Auffassung, dass das Vadium nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 147 Abs 1 EO entsprochen habe. Auf das Verfahren seien bereits die Bestimmungen der EO idF der EO Nov 2000 anzuwenden, weil das Verfahren nach dem 30. September 2000 eingeleitet worden sei. Bargeld sei daher nicht als Vadium geeignet. Es bilde einen Widerspruchsgrund (§ 184 Abs 1 Z 6 EO), wenn dem Meistbietenden der Zuschlag erteilt worden sei, obwohl er zu Unrecht der Aufforderung zum Erlag des Vadiums nicht oder in nicht ausreichender Höhe nachgekommen sei. Es sei daher von einem Mangel eines gesetzmäßigen Vadiums auszugehen.

Der Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil höchstrichterliche Rsp zu den Folgen einer Nichtbeachtung der Vorschrift des § 147 Abs 1 EO fehle.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse der betreibenden Partei sowie der Meistbieter sind berechtigt.

Mit der auf die vorliegende, im Jahr 2001 eingeleitete Zwangsversteigerung schon anzuwendenden EO Nov 2000 wurde in § 147 Abs 1 zweiter Satz EO festgelegt, dass als Sicherheitsleistung (Vadium) in der gerichtlichen Zwangsversteigerung von Liegenschaften nur Sparurkunden in Betracht kommen. Nach den EB zur RV der genannten Novelle (93 BlgNR 21. GP, 37 f) waren Gründe der Sicherheit der Gerichte sowie die Erleichterung der Realisierung der Sicherheitsleistung für diese Änderung maßgebend. Entgegen dieser kein Ermessen zulassendes Bestimmung akzeptierte das Erstgericht im vorliegenden Fall, dass die Ersteher zwar den größeren Teil des erforderlichen Vadiums in Form von Sparurkunden erlegten, ein Siebentel (10.000 EUR) aber in bar. Richtigerweise wäre über die Meistbietenden nach § 148 Abs 1 EO eine Ordnungsstrafe von bis zu 10.000 EUR zu verhängen und die Versteigerung ausgehend von dem dem Bietgebot der Meistbietenden vorangehenden Bietgebot (das war jenes des Rekurswerbers) weiter zu führen gewesen. Ob die Regel, auch Bargeld als Vadium auszuschließen, dem Erzielen eines möglichst hohen Meistbots dienlich ist, mag zweifelhaft sein (Mini, Die neue Zwangsversteigerung von Liegenschaften 87), dies entspricht aber zweifellos dem dargelegten Willen des Gesetzgebers.

Zu prüfen ist allerdings, ob gegen die vom Erstgericht gewählte Vorgangsweise, auch Bargeld teilweise als Vadium zu akzeptieren, erfolgreich Widerspruch nach § 184 EO geltend gemacht werden kann. Darüber lässt sich den Gesetzesmateralien nichts entnehmen. Als Widerspruchsgründe kommen allenfalls die im § 184 Abs 1 Z 5 und 6 EO genannten in Betracht.

Für die zweite Variante entschied sich das Rekursgericht. Es ist allerdings festzuhalten, dass nach den Ausführungen von Angst (in Angst, EO, § 186 Rz 2), der sich auf den aufrecht gebliebenen § 186 Abs 2 zweiter Satz EO beruft, die Beurteilung eines Falls wie des vorliegenden nicht entnehmen lässt, ist doch dort wie ohnehin vom Rekursgericht zitiert nur davon die Rede, es bilde den genannten Widerspruchsgrund, wenn dem Meistbietenden der Zuschlag erteilt wurde, obwohl er zu Unrecht der Aufforderung zum Erlag des Vadiums nicht oder wenn er ihr nicht in ausreichender Höhe nachkommt. Allerdings ist anzumerken, dass Angst offenbar nicht vom Wortlaut des § 184 Abs 1 Z 6 EO ausgeht, weil beim (nachträglichen) Nichtbefolgen der Aufforderung zum Erlag des Vadiums nicht im strengen Sinn davon die Rede sein kann, es hätte das Anbot, für das der Zuschlag verlangt wird, nach den Versteigerungsbedingungen nicht zugelassen werden dürfen. Gegen diese Auslegung spricht vor allem, dass mit derselben EO Nov 2000, auf die die Änderung des § 147 EO zurückgeht, auch § 184 Abs 1 Z 6 EO novelliert wurde, ohne dass der Fall der Annahme eines dem Gesetz in Bezug auf die verwendeten Wertträger nicht entsprechenden Vadiums als Widerspruchsgrund ins Gesetz aufgenommen worden wäre. Ihr ist daher nicht zu folgen.

Nach Breinl/Zbiral (in Burgstaller/Deixler Hübner, EO, § 184 Rz 18) soll dagegen der Widerspruchsgrund der Z 5 leg cit vorliegen, wenn versehentlich der Zuschlag erteilt werde, ohne dass der Meistbietende zuvor zum Erlag des Vadiums aufgefordert wurde und er deshalb nicht erlegt hat. Nach dieser Regel kann Widerspruch erhoben werden, wenn bei der Versteigerung die Bestimmungen der §§ 180 und 181 EO nicht beachtet worden oder ein Bieter zu Unrecht zurückgewiesen wurde. Während nicht gesagt werden kann, im vorliegenden Fall wäre ein Bieter zu Unrecht nicht zugelassen worden, und auch ein Fall des § 180 EO nicht ersichtlich ist, könnte man unter Umständen die Auffassung vertreten, das Erstgericht habe gegen § 181 Abs 2 EO verstoßen, weil es die Versteigerung schloss, obwohl der Meistbietende das Vadium nicht erlegt hätte. Auch diese Bestimmung wurde durch die EO Nov 2000 geändert. Angst (aaO § 181 Rz 1) stellt nun (sicherlich zu Recht) klar, dass die Versteigerung erst zu schließen wäre, wenn das Vadium in ausreichender Höhe "und geeigneter Form (s § 147 Rz 3)" erlegt wurde. Dessen ungeachtet ist seinen Ausführungen (aaO und § 184 Rz 9) nicht klar zu entnehmen, ob der Erlag des Vadiums (zum Teil) in Bargeld seiner Ansicht auch nach den genannten Widerspruchsgrund herstellt. Berücksichtigt man die Erwägungen, die zum Ausschluss von Bargeld als geeigneten Wertträger für ein Vadium geführt haben, dann scheint es nicht gerechtfertigt, für den Fall, dass der die Versteigerung leitende Richter das für ihn und das Gericht weniger praktische und ein höheres Sicherheitsrisiko bildende Bargeld als Sicherheit angenommen hat, das Vorliegen eines Widerspruchsgrunds nach § 184 Abs 1 EO anzunehmen (gleich nach welcher Variante), weil derartige Barerläge jedenfalls nach § 77 EO fruchtbringend anzulegen sind, und somit dadurch weder für die auf das Meistbot gewiesenen Personen noch die Parteien irgendein Nachteil gegenüber einem Sparbuch oder einer sonstigen Sparurkunde entstehen kann. Setzte man den Erlag in bar mit dem Nichterlag eines Vadiums gleich, müsste erneut eine mit erheblichen Kosten verbundene Versteigerungstagsatzung anberaumt und darin gemäß § 148 Abs 1 zweiter Satz EO (allenfalls § 185 Abs 2 erster Satz) EO die Versteigerung ausgehend vom letzten Gebot vor dem Meistbot fortgesetzt werden. Dazu kommt, dass nach § 188 Abs 1 EO dem Meistbietenden nach Rechtskraft des den Zuschlag versagenden Beschlusses die schon geleistete Sicherheit zurückzugeben ist. Daraus ergibt sich, dass für den Fall, dass das Meistbot in der bisherigen Höhe bei der neuerlichen Versteigerung nicht erreicht würde, den auf das Meistbot Gewiesenen ein Nachteil entstehen könnte. Dieser würde durch eine Geldstrafe über denjenigen, dessen Meistbot der Zuschlag versagt wurde (§ 148 Abs 1 EO) nicht kompensiert, würde diese doch dem Bund zufließen (§ 78 EO iVm § 220 Abs 2 ZPO).

Da somit weder der Wortlaut noch der Gesetzeszweck des § 184 Abs 1 Z 5 (iVm § 181) und Z 6 EO für die vom Rekursgericht gefundene Lösung sprechen, ist die vorliegende Rechtsfrage dahin zu entscheiden, dass die wenn auch gesetzwidrige Annahme von Bargeld als Vadium und die darauffolgende Erteilung des Zuschlags an den Meistbietenden nicht zur Erhebung des Widerspruchs berechtigt.

Demnach ist in Stattgebung der Revisionsrekurse der Zuschlagsbeschluss des Erstgerichts wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO iVm §§ 50, 40, 41 ZPO. Anders als bei den Meistbietenden entspricht die Bemessungsgrundlage für den Revisionsrekurs der betreibenden Partei gemäß § 13 Abs 1 lit a RATG der des betriebenen Anspruchs an Kapital.