JudikaturJustiz3Ob20/96

3Ob20/96 – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Dezember 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Land Niederösterreich, vertreten durch Dr.Erich Hermann, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Othmar Z*****, geboren 3. November 1912, *****, wegen S 567.603,70 sA, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Krems an der Donau als Rekursgerichtes vom 27. November 1995, GZ 1 R 193/95-6, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Gmünd vom 18.September 1995, GZ 1 E 2433/95-2, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der erstinstanzliche Beschluß mit der Maßgabe wieder hergestellt wird, daß es einleitend zu lauten hat:

"Auf Grund der rechtskräftigen und vollstreckbaren Bescheide ......"

Die Kosten der betreibenden Partei für den Revisionsrekurs in Höhe von S 21.555,- (darin enthalten S 3.592,50 Umsatzsteuer) werden als weitere Exekutionskosten bestimmt.

Text

Begründung:

Die Bezirkshauptmannschaft Gmünd erließ in dem Verwaltungsvollstreckungsverfahren 2-A/90 gegen den Verpflichteten zwei Bescheide vom 7.3.1995.

Der Spruch des ersten Bescheides lautet: "Die Bezirkshauptmannschaft Gmünd trägt Ihnen den Erlag von S 405.720,- für die zwangsweise Demolierung des straßenseitigen Gebäudes (Wohnhaus) in ***** S*****, P*****gasse 5, Parzelle Nr.*****, KG S*****, im Wege der Ersatzvornahme als Kostenvorauszahlung auf. Dieser Betrag ist binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides mittels beiliegendem

Zahlschein zu entrichten. Rechtsgrundlage: § 4 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991 (VVG)." In der Begründung führte die Bezirkshauptmannschaft Gmünd im wesentlichen aus, der Verpflichtete habe die ihm mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde S***** vom 17.10.1989, 131/Z-1988-01 auferlegte Verpflichtung, nämlich den Abbruch des auf Parzelle Nr.***** der KG S***** befindlichen Wohnhauses S*****, P*****gasse 5, des Schuppengebäudes auf den Parzellen Nr.***** und ***** der KG S***** sowie des auf Parzelle Nr.***** der KG S***** befindlichen Nebengebäudes, nicht erfüllt. Es sei daher die mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 20.4.1990 angedrohte Ersatzvornahme angeordnet worden. Da die bisherigen Vollstreckungsmaßnahmen lediglich einen Teil des Abbruchobjektes hätten erfassen können, sei für die noch ausständige Demolierung als Kostenvorauszahlung der Betrag von S 405.720,- laut Kostenvoranschlag der Firma Ing.Herbert S***** vom 13.2.1994 vorzuschreiben.

Der Spruch des zweiten Bescheides lautet: "Die Bezirkshauptmannschaft Gmünd verpflichtet Sie zur Bezahlung von S 161.883,70 für die Demolierung eines Gebäudeteiles in ***** S*****, P*****gasse 5, im Wege der Ersatzvornahme binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides. Rechtsgrundlagen: §§ 4 und 11 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991 (VVG)." In der Begründung dieses Bescheides führte die Bezirkshauptmannschaft Gmünd im wesentlichen aus, der Verpflichtete sei mit dem rechtskräftigen und vollstreckbaren Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde S***** vom 17.10.1989, 131/Z-1988-01 zum Abbruch des auf der Parzelle Nr.***** der KG S***** befindlichen Wohnhauses S*****, P*****gasse 5, des Schuppengebäudes auf den Parzellen Nr.*****, ***** der KG S***** sowie des auf Parzelle Nr.***** der KG S***** befindlichen Nebengebäudes verpflichtet. Da er dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei, habe die Vollstreckung im Wege der Ersatzvornahme durchgeführt werden müssen. Die bisher exekutierten Beträge beliefen sich auf S 210.050,-, wobei für einzelne Vollstreckungsmaßnahmen (zB Sperre des Wohnhauses, Exekutionskosten) S 13.373,70 aufgewendet worden seien. Somit sei für den Abbruch ein Betrag von S 196.676,30 verblieben. Die Kosten für die Demolierung eines Teiles der Abbruchgebäude würden laut Rechnung der Firma Ing.Herbert S***** vom 17.10.1994 S 358.560,- betragen. Der Verpflichtete sei daher gemäß § 11 VVG zur Bezahlung der Differenz in Höhe von S 161.883,70 verpflichtet.

Unter Vorlage von Ausfertigungen dieser Bescheide mit Bestätigungen der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit vom 29.8.1995 beantragte das Land Niederösterreich, die Zwangsversteigerung der dem Verpflichteten zur Gänze gehörenden Liegenschaft EZ ***** GB ***** S*****. Die Ausfertigung des erstgenannten Bescheides trägt jedoch das Datum 29.8.1995 (anstatt richtig 7.3.1995).

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution "auf Grund des rechtskräftigen und vollstreckbaren Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 7.3.1995 GZ 2-A/90".

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß infolge Rekurses des Verpflichteten dahin ab, daß der Exekutionsantrag abgewiesen wurde;

es ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil die Rechtsprechung

- soweit überblickbar - die im vorliegenden Fall angeschnittenen

Formulierungsfragen noch nicht behandelt habe. Das Rekursgericht

führte zur Begründung aus, der - vom Verpflichteten beim Gerichtstag

des Erstgerichtes in Schrems am 11.10.1995 zur Post gegebene - Rekurs

enthalte zwar ausschließlich nicht zur Sache gehörige Neuerungen,

doch sei in allseitiger rechtlicher Würdigung des rechtzeitigen und

zulässigen Rechtsmittels wahrzunehmen, daß die Exekution gemäß § 7

Abs 1 EO nur bewilligt werden dürfe, wenn aus dem Exekutionstitel die

Person des Berechtigten zu entnehmen sei. Dies sei hier nicht der

Fall. Beide als Exekutionstitel herangezogenen Bescheide seien von

der Bezirkshauptmannschaft Gmünd erlassen worden. Wenn es also in dem

Bescheid vom 7.3.1995 einleitend heiße: "Die Bezirkshauptmannschaft

Gmünd verpflichtet Sie ...........", dann sei die

Bezirkshauptmannschaft Gmünd an dieser Stelle deswegen genannt, weil

sie den Bescheid erlassen habe; die Person des Berechtigten fehle

also. Der Bescheid vom 29.8.1995 werde mit den Worten eingeleitet:

"Die Bezirkshauptmannschaft Gmünd trägt Ihnen den Erlag von S

405.720,- ......... auf". Auch hier sei die Person des Berechtigten

nicht genannt; weiters sei dem Bescheid nicht zu entnehmen, wo und bei wem der Verpflichtete den genannten Betrag erlegen sollte. Mit "Erlag" sei ja grundsätzlich gemeint, daß der Schuldner bei irgendeiner vom Gläubiger verschiedenen Person oder Stelle etwas erlegen sollte. Eine Verpflichtung zum Erlag sei eben grundsätzlich etwas anderes als eine Zahlungsverpflichtung. Es fehle also in diesem Bescheid auch die genaue Beschreibung der Art der geschuldeten Leistung, weil die Angabe der Erlagstelle fehle. Weiters sei im Exekutionsantrag zwar von Bescheiden in der Mehrzahl die Rede, tatsächlich werde aber dann nur einer der beiden vorgelegten Bescheide, nämlich der vom 7.3.1995 angeführt, nicht derjenige vom 29.8.1995. Dennoch sei die Exekution zur Hereinbringung der Summe aus beiden Bescheiden begehrt und vom Erstgericht bewilligt worden.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Das Rekursgericht geht unrichtigerweise davon aus, daß im Exekutionsantrag nur einer der beiden vorgelegten Bescheide, nämlich derjenige vom 7.3.1995, angeführt werde, nicht auch derjenige vom 29.8.1995. Aus dem gesamten Vorbringen der betreibenden Partei im Exekutionsantrag ergibt sich nämlich eindeutig, daß Exekution auf Grund von zwei Bescheiden beantragt wird und daß beide Exekutionstitel vom 7.3.1995 stammen. Dies ergibt sich sowohl aus der Formulierung des Exekutionsantrags selbst als auch aus der Bewertung des Streitgegenstandes, wo gesondert zwei Bescheide vom 7.3.1995 angeführt sind. Auch aus dem Umstand, daß die Bestätigung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit auf beiden Bescheidausfertigungen mit 29.8.1995 datiert ist, folgt, daß bei der Ausfertigung des betreffenden Bescheides selbst, der ebenfalls mit 29.8.1995 datiert ist, ein offenbarer Fehler vorliegt. Der Oberste Gerichtshof hat durch Einsichtnahme in die betreffenden Urschriften der Bescheide das Datum beider Bescheide mit 7.3.1995 festgestellt. Dieser - wie ausgeführt - auch dem Exekutionsantrag bereits zu entnehmende Umstand war der Entscheidung zugrundezulegen.

Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes ist - folgend den vom Obersten Gerichtshof bereits in der Entscheidung EvBl 1980/180 dargelegten Grundsätzen - beiden Exekutionstiteln mit ausreichender Klarheit zu entnehmen, daß der Verpflichtete zur Zahlung von S 161.883,70 und von S 405.720,- an das nun betreibende Land Niederösterreich verpflichtet wird, wenn auch die betreibende Partei als Anspruchsberechtigte in den Exekutionstiteln nicht ausdrücklich angeführt ist. Dennoch ist dem Erfordernis der Angabe des Berechtigten im Exekutionstitel (§ 7 Abs 1 EO) hier entsprochen worden, weil nach dem Inhalt der Titel in ihrer Gesamtheit kein Zweifel besteht, daß das Land Niederösterreich der anspruchsberechtigte Rechtsträger ist.

Exekutionstitel sind zwei Vollstreckungsverfügungen der Bezirkshauptmannschaft Gmünd, mit denen dem Verpflichteten die Vorauszahlung bzw Zahlung der Kosten der Ersatzvornahme baulicher Maßnahmen aufgetragen wurde, deren Vornahme vom Bürgermeister der Stadtgemeinde S***** angeordnet worden war. Die Ersatzvornahme ist gemäß § 4 Abs 1 VVG auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten von der Vollstreckungsbehörde zu bewerkstelligen. Der Auftrag zur Vorauszahlung (§ 4 Abs 2 VVG) bzw zur Zahlung der Kosten der Ersatzvornahme ist daher eine mit der Vollstreckung in innerem Zusammenhang stehende Vollstreckungsverfügung. Die Vollstreckungsbehörde (Bezirkshauptmannschaft Gmünd) wurde hier sowohl organisatorisch als auch funktionell in Vollziehung einer baupolizeilichen Anordnung für das Land Niederösterreich tätig, sodaß an dieses auch die Vorauszahlung bzw Zahlung der Kosten der Ersatzvornahme zu leisten ist (EvBl 1980/180 mwN).

Die betreibende Partei ist daher die nach § 7 Abs 1 EO Berechtigte aus dem diese Exekution zugrundeliegenden Vollstreckungsverfügungen.

Die Bedenken des Rekursgerichtes, wegen der Verwendung des Wortes "Erlag" im Spruch sei dem einen Bescheid nicht zu entnehmen, an wen Zahlung zu leisten sei, sind völlig unbegründet. Vielmehr ist auch diesem Bescheid klar zu entnehmen, daß S 405.720,- an die Bezirkshauptmannschaft Gmünd zu entrichten sind, wie dies mit dem Hinweis auf einen beiliegenden Zahlschein im Spruch des Bescheides zusätzlich zum Ausdruck gebracht wird.

Da somit die Bedenken des Rekursgerichtes nicht berechtigt sind und der Verpflichtete in seinem zu Protokoll gegebenen Rekurs nur unbeachtliche Neuerungen vorgebracht hat, war in Stattgebung des Revisionsrekurses der betreibenden Partei der erstgerichtliche Exekutionsbewilligungsbeschluß wieder herzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 74 EO.