JudikaturJustiz3Ob2/83

3Ob2/83 – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. März 1983

Kopf

SZ 56/40

Spruch

Wird bei der Wiederversteigerung kein Anbot erzielt, ist nicht sogleich das Versteigerungsverfahren einzustellen. Die Beteiligten sind vom Ergebnis mit der Mitteilung in Kenntnis zu setzen, daß sie binnen Monatsfrist die Anberaumung eines neuen Wiederversteigerungstermins beantragen können, widrigens die Exekution durch Zwangsversteigerung von Amts wegen eingestellt wird

OGH 9. 3. 1983, 3 Ob 2/83 (KG Wiener Neustadt R 354/82; BG Aspang E 1140/80)

Text

Die Liegenschaften EZ 115 und 482 Grundbuch M, deren Grundstücke als Hotel genützt werden, wurden am 29. 7. 1981 Johann und Leopoldine S um 3 015 000 S rechtskräftig zugeschlagen.

Auf Antrag des Verpflichteten wurde auf Kosten und Gefahr der säumigen Ersteher rechtskräftig die Wiederversteigerung dieser Liegenschaften bewilligt (ON 49), doch wurde bei dem auf den 13. 10. 1981 anberaumten Versteigerungstermin kein Anbot gestellt.

Das Erstgericht stellte die Exekution durch Wiederversteigerung der beiden Liegenschaften unter Berufung auf § 151 EO ein und sprach aus, daß vor Ablauf eines halben Jahres vom Versteigerungstermin die neuerliche Einleitung eines Versteigerungsverfahrens nicht beantragt werden könne. Jeder Gläubiger, zu dessen Gunsten die Einverleibung des Versteigerungsverfahrens bücherlich angemerkt worden sei, könne binnen 14 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Beschlusses beim Exekutionsgericht beantragen, daß für seine vollstreckbare Forderung in der Rangordnung der zu seinen Gunsten vollzogenen Anmerkung auf diese Liegenschaften das Pfandrecht einverleibt werde.

Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Einstellungsbeschluß gerichteten Rekurs der betreibenden Partei Folge und hob den angefochtenen Beschluß ersatzlos auf. Es schloß sich der ua. von Heller - Berger - Stix in Ablehnung der Entscheidung SZ 11/108 vertretenen Meinung an, daß bei erfolgloser Wiederversteigerung weder das Versteigerungsverfahren noch das Wiederversteigerungsverfahren einzustellen sei. Es erscheine nicht gerechtfertigt, den säumigen Ersteher nur deshalb von seiner Haftung zu befreien, weil bei der ersten Wiederversteigerung kein Anbot gestellt wurde. Eine Einstellung des Versteigerungsverfahrens würde jegliche Funktion des Exekutionsgerichtes beenden, das Vadium und allenfalls bereits erlegte Meistbotsraten, die in die Verteilungsmasse fallen würden, müßten zurückgestellt werden, ein Verfahren zur Durchsetzung der Ersatzpflicht des säumigen Erstehers nach § 155 EO wäre unterbunden. Gegen eine Einstellung des Versteigerungsverfahrens würden auch die §§ 159 Z 4 und 160 EO sprechen. Im vorliegenden Fall sei die Anberaumung eines neuerlichen Versteigerungstermins einem Antrag der nach § 154 Abs. 1 EO Berechtigten vorzubehalten. Eine amtswegige Fortsetzung des Wiederversteigerungsverfahrens scheitere schon deshalb, weil jedes Edikt nach § 3 GEG 1962 den Erlag eines Kostenvorschusses für die Veröffentlichung vorsehe. Um den Beteiligten einen Antrag auf einen neuerlichen Termin zu ermöglichen, sei der angefochtene Beschluß ersatzlos aufzuheben.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des säumigen Erstehers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die wichtigste Pflicht des Erstehers ist die Berichtigung des Meistbots. Das Exekutionsgericht hat jedoch die rechtzeitige und ordnungsgemäße Einhaltung dieser Verpflichtung weder zu überwachen noch dem Ersteher diesbezüglich Aufträge zu erteilen. Erst wenn von einer der im § 154 Abs. 1 EO genannten Personen, die ein Interesse an der Berichtigung des Meistbotes haben, ein Antrag auf Wiederversteigerung der Liegenschaft gestellt wird, kann nach der zitierten Gesetzesstelle die auf Kosten und Gefahr des säumigen Erstehers durchzuführende Wiederversteigerung bewilligt werden. Sie soll zunächst den säumigen Ersteher zum umgehenden gerichtlichen Erlag der rückständigen, durch Barerlag zu berichtigenden Meistbotsraten samt Zinsen bestimmen (vgl. § 154 Abs. 2 zweiter Satz EO). Wird dieses Ziel bis zum Ablauf der Rekursfrist gegen dem Bewilligungsbeschluß nicht erreicht, dann soll durch die Durchführung der Wiederversteigerung ein neues Meistbot erzielt (§ 154 Abs. 3 EO) und insbesondere ein sich bei der Wiederversteigerung allenfalls ergebender Ausfall am Meistbot, für den der säumige Ersteher sowohl mit dem seinerzeitigen Vadium und den bereits erlegten Meistbotsraten als auch mit seinem übrigen Vermögen haftet, hereingebracht werden (§ 155 Abs. 1 EO; vgl. auch SZ 10/108). Dabei sind der Ausfall am Meistbot und die Kosten der Wiederversteigerung von Amts wegen durch Beschluß des Exekutionsgerichtes festzustellen. Soweit diese Beträge nicht aus dem Vadium und den Meistbotsraten berechtigt werden können, findet zu ihrer Hereinbringung nach Rechtskraft des Beschlusses auf Antrag des betreibenden Gläubigers oder einer anderen auf das Meistbot gewiesenen Person die vom Exekutionsgericht zugunsten der Verteilungsmasse durchzuführende Exekution statt (§ 155 Abs. 2 EO).

Im Hinblick auf diese dargelegten Zwecke der Wiederversteigerung und aus der Erwägung, daß der säumige Ersteher im Falle einer Einstellung von seiner Haftung für den Ausfall am Meistbot befreit würde, darf dem Antrag eines Beteiligten auf Einstellung eines rechtskräftig bewilligten Wiederversteigerungsverfahrens nach nunmehr herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung (vgl. Heller - Berger - Stix II 1221 und die dort angegebene weitere Literatur; GlUNF 3349; SZ 10/108; SZ 16/91; SZ 34/65) nur mit Zustimmung aller Beteiligten stattgegeben werden.

Wenn § 154 Abs. 3 EO bestimmt, daß die Wiederversteigerung unter entsprechender Anwendung der für die erste Versteigerung geltenden Vorschriften durchzuführen ist, dann will diese Bestimmung nichts anderes sagen, als daß die bezogenen Vorschriften im Wiederversteigerungsverfahren nur so weit zu beachten sind, als sie mit dessen oben dargelegten Zweck, der in erster Linie auf die endliche Befriedigung der auf das Meistbot gewiesenen Personen gerichtet ist, zu vereinbaren sind (vgl. zB SZ 10/108; SZ 16/91). Dieser Zweck des Wiederversteigerungsverfahrens wird aber nicht nur dann vereitelt, wenn das Verfahren auf Antrag nur eines Beteiligten ohne Zustimmung der übrigen eingestellt werden könnte, sondern ebenso dann, wenn ein nicht zulässiges oder fehlendes Anbot zur Einstellung des gesamten Versteigerungsverfahrens oder auch nur der Wiederversteigerung führen würde.

Der erkennende Senat schließt sich daher unter ausdrücklicher Ablehnung der nicht ständigen gegenteiligen Rechtsprechung (insbesondere SZ 11/108) und eines Teiles der Lehre (vgl. die bei Heller - Berger - Stix II 1224 FN 1 und 2 zu Punkt 4 c angeführte Literatur und Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstrekkungsrecht[2] 181) der von Neumann, System 306 f., Neumann - Lichtblau, Kommentar zur EO[3] 554, Petschek in ZBl. 1929, 719 ff.; derselbe, Zivilprozeßrechtliche Streitfragen 199 ff. und Heller - Berger - Stix II 1223 ff. vertretenen wohlbegrundeten, auch vom Rekursgericht geteilten Rechtsmeinung an, daß in einem solchen Fall (zunächst) kein Einstellungsbeschluß zu ergehen hat. Diese Verfahrenslage läßt eine dem Zweck der Wiederversteigerung angepaßte sinngemäße Anwendung des § 188 Abs. 2 EO gerechtfertigt erscheinen, der das Verfahren nach Rechtskraft eines den Zuschlag versagenden Beschlusses bei zulässiger erneuerter Versteigerung regelt. Das Exekutionsgericht wird daher in derartigen Fällen die im § 154 Abs. 1 zweiter Satz EO genannten Beteiligten von der Ergebnislosigkeit des Wiederversteigerungstermines mit dem Beifügen in Kenntnis zu setzen haben, daß sie innerhalb eines Monates nach dieser Verständigung die Anberaumung eines neuerlichen Wiederversteigerungstermines beantragen können. Wird innerhalb dieser Frist kein solcher Antrag gestellt, dann ist anzunehmen, daß alle Beteiligten dem Unterbleiben eines weiteren Wiederversteigerungstermines zustimmen, und die Exekution durch Zwangsversteigerung von Amts wegen mit der Wirkung einzustellen, daß wegen derselben vollstreckbaren Forderung vom betreibenden Gläubiger vor Ablauf eines halben Jahres eine neuerliche Versteigerung nicht beantragt werden kann. Diese Rechtsfolgen sind den Beteiligten bei der Verständigung vom erfolglosen Wiederversteigerungstermin bekanntzugeben (im vorliegenden Fall hat die betreibende Partei allerdings ohnedies bereits einen Antrag auf Anberaumung eines neuerlichen Versteigerungstermines gestellt).

Rechtssätze
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