JudikaturJustiz34R48/14z

34R48/14z – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
15. Mai 2014

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarke SMART CITY IDEEN FÜR DIE ZUKUNFT DER STADT über die als Rekurs zu wertende Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 31.5.2013, AM 6166/2012 4, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird geändert und lautet:

«Die Wortmarke SMART CITY IDEEN FÜR DIE ZUKUNFT DER STADT wird in das Markenregister für die Waren der Klasse 16 „Zeitungen und Zeitschriften“ eingetragen.»

Text

Begründung

1. Die Antragstellerin beantragte die Eintragung der Wortmarke SMART CITY IDEEN FÜR DIE ZUKUNFT DER STADT für die Warenklasse 16 „Zeitungen und Zeitschriften“.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Patentamt den Antrag ab, weil es die Unterscheidungskraft nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG verneinte.

Der Begriff „smart city“ sei gängig und stehe für ökonomische, ökologische und auf Mobilität und Verwaltung bezogene intelligente Interaktion im städtischen Raum. Das Zeichen weise daher informativ nur auf den Inhalt der Waren hin und individualisiere nicht ein Unternehmen.

Auf „google“ ergebe „smart city“ über 4 Mio. Treffer. Auch wenn der Begriff noch nicht exakt definiert sei, habe ein Angesprochener eine Vorstellung vom Begriffsinhalt. Das Wort sei daher nicht phantasiehaft. Der informative Gehalt stehe so weit im Vordergrund, dass nach der Vermutung der Verkehrskreise jeder Anbieter damit über seine Dienstleistungen informieren könne. Dafür spreche auch der besonders lange sinnvolle und spontan verständliche Wortlaut, dessen zweiter – nach „smart city“ kommender – Teil den ersten Teil logisch ergänze und auf „intelligente Städte“ hinweise.

Wiewohl es Praxis von Medien-Anbietern sei, dem potentiellen Leser eine Auskunft über den Inhalt zu geben, widerspreche es den Grundsätzen des Markenwesens, bloß informative und teils beschreibende Titel oder Hinweise als Marke zu registrieren.

Der Begriff „smart city“ sei konkret genug, um ihn als beschreibend und die beantragte Marke als nicht unterscheidungskräftig zu bewerten.

2. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, die nach der Gesetzesänderung durch die Patent- und Markenrechts-Novelle 2014, BGBl I 2013/126, ab 1.1.2014 als Rekurs zu werten ist, über den das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden hat (§ 77c Abs 1 MSchG, § 176b Abs 1 Z 1 PatG). Die Antragstellerin beantragt, den Beschluss zu ändern und die Marke für die beantragten Waren einzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

3. Die Beschränkungen der Markenregistrierung liegen im Interesse der Allgemeinheit, dass Begriffe, die Gemeingut (geworden) sind, nicht monopolisiert werden (vgl zur korrespondierenden deutschen Rechtslage Ströbele in Ströbele/Hacker, Markengesetz10, § 8 Rz 58). Für solche Monopole besteht – abgesehen von einer hier nicht relevanten Verkehrsgeltung – nur Raum, soweit sie die Ursprungsidentität der Ware garantieren und die Herkunftsfunktion der Marke erfüllen (Ströbele aaO). Dieses Allgemeininteresse ist der Prüfungsmaßstab für das Bedürfnis, einen Begriff (einen Text als Begriffskombination) für den allgemeinen Gebrauch freizuhalten, wobei auch auf die damit zu bezeichnenden Waren (oder Dienstleistungen) abzustellen ist (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2, § 4 Rz 55 ff).

Bei der Gesamtbetrachtung kommt das Rekursgericht dabei zu einem anderen Ergebnis als das Patentamt. Wie die Antragstellerin richtig vorträgt, ist der Begriff „smart city“ noch nicht ausreichend im allgemeinen Sprachgebrauch verankert, um den Verkehrskreisen – wie von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes gefordert (C 326/01 – Universaltelefonbuch, Rn 33) – eine unmittelbare und ohne Weiteres erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit oder Ähnliches der betroffenen Waren (Zeitungen und Zeitschriften) zu präsentieren, wodurch sofort und ohne weiteres Nachdenken ein konkreter und direkter Bezug zwischen dem Zeichen und den Waren hergestellt würde (vgl auch OBm 3/11 – ATELIER PRIVE; OBm 2/13 – PRIMERA).

Das Rekursgericht berücksichtigt dabei auch die Abwägungsregel, wonach allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft die Eintragung hindert und jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (OBm 1/13 – Malzmeister mwN). Auch die Wortbildmarke „IDEEN FÜR DIE ZUKUNFT DER STADT SMARTCITY“ (AT 271370) der selben Antragstellerin ist zur selben Warenklasse eingetragen.

Der Beschwerde war Folge zu geben und die Eintragung anzuordnen.

4. Gegen diese Entscheidung ist kein weiterer Rechtszug vorgesehen. Ein Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands kann daher entfallen.

5. Ein Kostenersatz findet nach § 139 Z 7 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG nicht statt.