JudikaturJustiz34R36/14k

34R36/14k – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
26. Mai 2014

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarke IHR HAUSMAKLER über die als Rekurs zu wertende Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 21.3.2013, AM 5236/2012 5, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung

Die Antragstellerin beantragte die Eintragung der Wortmarke

IHR HAUSMAKLER

für die Dienstleistungsklassen

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss wies das Patentamt die Eintragung aus dem Grund des § 4 Abs 1 Z 3 MSchG ab. Die beteiligten Verkehrskreise würden im angemeldeten Zeichen im Zusammenhang mit den Dienstleistungen nur einen allgemeinen Hinweis auf die Art und den Gegenstand der Dienstleistung sehen, dass diese von einem beliebigen Hausmakler angeboten werde, der auf die besonderen Bedürfnisse seiner Kunden eingeht oder der sich auf das Vermitteln von Häusern spezialisiert hat. Anhand des angemeldeten Zeichens sei es nicht möglich, die Dienstleistungen von jenen der Konkurrenz zu unterscheiden.

Dagegen richtet sich die an die Rechtsmittelabteilung des Patentamts gerichtete Beschwerde der Antragstellerin, die nach der Gesetzesänderung durch die Patent- und Markenrechts-Novelle 2014, BGBl I 2013/126, ab 1.1.2014 als Rekurs zu werten ist, über den das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden hat (§ 77c Abs 1 MSchG, § 176b Abs 1 Z 1 PatG). Beantragt wird, den Beschluss dahingehend abzuändern, dass die Marke IHR HAUSMAKLER ins Markenregister eingetragen werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1.1 Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben.

Ob einer Waren-/Dienstleistungsbezeichnung Unterscheidungskraft zukommt, ist wie bei beschreibungsverdächtigen Zeichen anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen (Koppensteiner, Markenrecht4 Rz 42).

Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können (EuGH C 108/97 – Chiemsee; C 104/00 P – COMPANYLINE; EuG T 471/07 – Wella AG/HABM Rn 15 mwN; EuGH C 398/08 – Audi).

Fehlt die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (OBm 1/11 – OXI-Effekt mwN; 4 Ob 38/06a – Shopping City mwN; RIS-Justiz RS0118396). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen; jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl OBm 1/13 – Malzmeister mwN). Dies bedeutet aber nicht, dass eine Marke im Zweifel zuzulassen ist. Aus Gründen der Rechtssicherheit sind Marken, deren Benutzung vor Gericht mit Erfolg entgegengetreten werden könnte, nicht einzutragen (vgl EuGH C 104/01 – Orange [Rn 58 und 59]; C 64/02 – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT).

Die Gründe nach § 4 Abs 1 Z 3 bis 5 MSchG sind zwar nach der Rechtsprechung des EuGH gesondert zu prüfen (C 304/06 - Eurohypo). Unterscheidungskraft fehlt bei einer Wortmarke aber jedenfalls dann, wenn die maßgeblichen Verkehrskreise sie als Information über die Art der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf deren Herkunft (C 304/06 P – Eurohypo [Rz 69]); eine beschreibende Marke im Sinne von § 4 Abs 1 Z 4 MSchG ist daher auch nicht unterscheidungskräftig im Sinne des § 4 Abs 1 Z 3 MSchG (C 363/99 - Koninklijke KPN Nederland NV [Rz 86]). Insofern überschneiden sich daher die Anwendungsbereiche von § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG (Om 10/09 - Lümmeltütenparty; vgl 4 Ob 11/14t - EXPRESSGLASS).

1.2 Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes gelten Zeichen als beschreibend, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne weiteres erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit oder Ähnliches der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen enthalten, das heißt sie müssen sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen herstellen können (vgl EuGH C 326/01 – Universaltelefonbuch, Rn 33 mwN).

Enthält das Zeichen dem gegenüber nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht bloß beschreibend und daher auch ohne Verkehrsgeltung registrierbar (RIS-Justiz RS0109431 [T3]; OBm 1/12 – Die grüne Linie). Bloße Andeutungen stehen einer Eintragung daher in der Regel nicht entgegen, so lange sie nur in phantasiehafter Weise auf bestimmte Eigenschaften hinweisen, ohne sie in sprach- oder verkehrsüblicher Form unmittelbar zu bezeichnen.

Eine beschreibende Angabe liegt auch dann nicht vor, wenn ein Zeichen nur einen Zusammenhang mit einem allgemeinen Begriff herstellt, ohne etwas Bestimmtes über die Herstellung oder die Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung auszusagen (17 Ob 33/08i – happykauf mwN; OBm 3/12 – Lounge.at). Ist somit die angemeldete Marke nicht geeignet, beim Durchschnittsverbraucher mehrheitlich eindeutige Vorstellungen über die Art, Natur oder Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistungen hervorzurufen, ohne dass noch weitere Überlegungen über die mit einer bestimmten Bezeichnung erzielte Aussage erforderlich wären, besitzt sie Unterscheidungskraft (vgl OBm 3/11 – ATELIER PRIVE; OBm 2/13 – PRIMERA ua).

2.1 Maßgeblich für die Frage, wie ein Kennzeichen aufgefasst wird, ist das Verständnis eines angemessen gut unterrichteten und angemessen aufmerksam und kritischen Mitglieds der angesprochenen Verkehrskreise (vgl RIS-Justiz RS0114366 [T5]).

Nach ständiger Rechtsprechung (vgl EUGH C 104/00 – COMPANYLINE; C 363/99 Postkantoor ua) ist bei der Prüfung der Schutzfähigkeit das Zeichen in seiner Gesamtheit zu beurteilen. Für die damit erforderliche Berücksichtigung aller Elemente eines Zeichens ergibt sich auch die Notwendigkeit, die einzelnen Elemente zu betrachten. Bei einer Wortkombination ist die Summe der Elemente, einschließlich der sprachlichen Art der Wortverbindung, zu prüfen, um zu einer Gesamtbeurteilung zu kommen.

Der Überlegung, ob eine Wortkombination eine „lexikalische Erfindung“ ist, kommt bei der Beurteilung ihrer Unterscheidungskraft nach der Rechtsprechung keine tragende Rolle zu. Der Eintragung von Wortverbindungen in Lexika oder das Fehlen derselben kann keine Relevanz dafür zugestanden werden, welche Bedeutung die angesprochenen Verkehrskreise einer Wortkombination beimessen werden, denn es ergibt sich aus den Erfahrungen des täglichen Lebens, dass eher einzelne Begriffe Eingang in Lexika finden, aber Wortkombinationen und/oder deren Bedeutung sich häufig nur aus einzelnen Einträgen in Lexika ermitteln lassen (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 4 Rz 94 f).

2.2 Auch aus mehreren Worten zusammengesetzte Marken, etwa Werbeslogans, sind nach denselben Kriterien zu prüfen wie herkömmliche Wortmarken (RIS-Justiz RS0122385 [T1]). Sie sind dann als bloß beschreibend nicht schutzfähig, wenn der Satz oder der Satzteil nur eine Aussage über die Ware oder die Dienstleistung selbst enthält, die sie beschreibt. Anderes gilt, wenn die Wortfolge eine interpretationsbedürftige Aussage enthält (OBm 1/12 – Die grüne Linie mwN).

2.3 Im Fall eines Werbeslogans ist insbesondere zu prüfen, ob er Bestandteile enthält, die über die offenkundige Werbeaussage hinaus die maßgebenden Verkehrskreise in die Lage versetzen, sich den Ausdruck leicht und unmittelbar als unterscheidungskräftige Marke für die bezeichneten Waren oder Dienstleistungen einzuprägen (EuG T 58/07 – Substance for Success, Rn 22; RIS-Justiz RS0122385 [T2]). Das kann der Fall sein, wenn eine Wortfolge einen gewissen Interpretationsaufwand erfordert und eine gewisse Originalität und Prägnanz aufweist, die sie leicht merkfähig machen (vgl EuGH C 398/08 P – Vorsprung durch Technik; Ingerl/Rohnke , Markengesetz3 § 8 Rz 144; Asperger aaO Rz 104 f). Enthält ein Zeichen nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es wiederum nicht rein beschreibend und daher auch ohne Verkehrsgeltung geschützt (RIS-Justiz RS0109431 [T3]; OBm 1/12 – Die grüne Linie; OBm 2/12 – einfach leben).

2.4 Der EuGH setzte in der Entscheidung Biomild (C 265/00) Grenzen zu weitläufigen Interpretationsmöglichkeiten in Bezug auf die sprachliche Unüblichkeit und/oder Ungewöhnlichkeit einer Wortzusammensetzung: „Eine Marke, die sich aus einer sprachlichen Neuschöpfung mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, hat selbst einen die Merkmale dieser Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Charakter, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen der Neuschöpfung und der bloßen Summe ihrer Bestandteile besteht; dies setzt voraus, dass die Neuschöpfung aufgrund der Ungewöhnlichkeit der Kombination in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen einen Eindruck erweckt, der hinreichend weit von dem abweicht, der bei bloßer Zusammenfügung der ihren Bestandteilen zu entnehmenden Angaben entsteht, und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht. Es spielt keine Rolle, ob es Synonyme gibt, mit denen dieselben Merkmale der beantragten Waren oder Dienstleistungen bezeichnet werden können.“

Einer sprachlich korrekten oder nicht unüblichen Wortverbindung, die in einer schlichten Aneinanderreihung von Begriffen besteht, der ein Aussagegehalt hinsichtlich der jeweiligen Waren und Dienstleistungen innewohnt, wird daher in aller Regel – unabhängig vom Vorliegen einer lexikalischen Eintragung – die Unterscheidungskraft abzusprechen sein (Asperger aaO § 4 Rz 98).

3. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Beurteilung des Patentamts nicht zu beanstanden.

Die Bezeichnung IHR HAUSMAKLER ist in Bezug auf die beantragten Dienstleistungsklassen nicht unterscheidungskräftig. In Bezug auf die Dienstleistungsklasse 36 ist sie vorwiegend bloß beschreibend und in Bezug auf die Dienstleistungsklasse 35 – in Hinblick auf einen beabsichtigte Effekt einer Vertrauensbildung – ein bloß werbemäßiger Hinweis betreffend den Begriff Vermittlung auch in Ausrichtung auf betriebswirtschaftliche Belange.

Der Begriff des Maklers ist im Wesentlichen eine Berufsbezeichnung für jemanden, der den Abschluss von Verträgen in verschiedensten Bereichen vermittelt. Die Wortkombination mit „Haus“ und dem Pronomen „Ihr“ ist geeignet, beim beteiligten Durchschnittsverbraucher mehrheitlich eindeutige Vorstellungen über die Art und die Eigenschaft der damit bezeichneten Dienstleistungen hervorzurufen und besitzt daher insgesamt keine Unterscheidungskraft. In der Gesamtbetrachtung enthält die Wortkombination auch einen werbemäßigen Hinweis in Form einer vertrauensvollen, vertrauenserweckenden Empfehlung.

Die Argumentation des Rekurswerbers mit einer gewissen Originalität, die den maßgeblichen Verkehrskreis in die Lage versetzen soll, sich den Ausdruck leicht und unmittelbar als unterscheidungskräftige Marke für die beantragten Dienstleistungen einzuprägen, erschließt sich dem Rekursgericht nicht. Im Vordergrund steht der Begriff Makler, und es bedarf keines Interpretationsaufwands (vgl OBm 2/12 – EINFACH LEBEN mwN; Om 15/12 – Gute Laune), um seinen Sinngehalt zu erfassen: die Vermittlung von Verträgen im Allgemeinen, insbesondere von Versicherungs- und Immobilienverträgen. Somit besteht ein unmittelbarer Sachzusammenhang zwischen der Marke und den beantragten Dienstleistungen (VwGH 2007/03/0154 - Gipfeltreffen ). Das Pronomen „Ihr“ ist ebenso wenig unterscheidungskräftig wie die Verbindung mit „Haus“ sowie die Wortmarke insgesamt.

In der anzustellenden Gesamtbetrachtung fehlt der angemeldeten Wortmarke der individualisierende Unternehmenshinweis, um die Dienstleistungen von jenen der Konkurrenz zu unterscheiden.

4. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist, ist der Revisionsrekurs nicht zuzulassen.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der wie hier rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

5. Ein Kostenersatz findet nach § 139 Z 7 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG nicht statt.