JudikaturJustiz34R32/14x

34R32/14x – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
15. Mai 2014

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarke DEEPSEARCH über die als Rekurs zu wertende Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 20.11.2012, AM 5501/2011 4, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung der Rechtsabteilung des Patentamts wird – unbeschadet der noch offenen Entscheidung in Bezug auf die weiteren beantragten Waren und Dienstleistungen – geändert und lautet:

«Die Wortmarke DEEPSEARCH wird in das Markenregister für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 „Computerprogramme und Software“ und 38 „Telekommunikation“ eingetragen.

In Bezug auf die Dienstleistungen der Klassen 35 „Zusammenstellung und Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken“ und 42 „Betrieb von Suchmaschinen für das Internet“ wird der Antrag abgewiesen.»

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung

1. Die Antragstellerin beantragte die Eintragung der Wortmarke DEEPSEARCH für folgende Waren und Dienstleistungen:

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Patentamt den Antrag in Bezug auf die oben durch Fettdruck hervorgehobenen Waren und Dienstleistungen ab und sprach aus, dass das Registrierungsverfahren hinsichtlich der verbleibenden Waren und Dienstleistungen nach Rechtskraft der Entscheidung fortgesetzt würde.

Das Patentamt erwog rechtlich (wie in zwei Schreiben an die Antragstellerin dargelegt), dass dem Zeichen die Unterscheidungskraft fehle (§ 4 Abs 1 Z 3 MSchG), weil die beteiligten Verkehrskreise in diesem Wort wegen der Verwendung der leicht verständlichen englischsprachigen Wörter „deep“ und „search“ nur den allgemein-werblichen Hinweis sehen würden, die damit bezeichneten Waren und Dienstleistungen ermöglichten eine besonders tiefgreifende Recherche.

2. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, die nach der Gesetzesänderung durch die Patent- und Markenrechts-Novelle 2014, BGBl I 2013/126, ab 1.1.2014 als Rekurs zu werten ist, über den das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden hat (§ 77c Abs 1 MSchG, § 176b Abs 1 Z 1 PatG). Die Antragstellerin beantragt, den Beschluss zu ändern und die Marke für alle beantragten Waren und Dienstleistungen einzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist teilweise berechtigt.

3.1 Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben.

Ob einer Waren-/Dienstleistungsbezeichnung Unterscheidungskraft zukommt, ist wie bei beschreibungsverdächtigen Zeichen anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen (Koppensteiner, Markenrecht4 Rz 42).

Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können (EuGH C 108/97 – Chiemsee; C 104/00 P – Companyline; EuG T 471/07 – TAME IT Rn 15 mwN; EuGH C 398/08 – Audi). Dabei ist auch auf die damit zu bezeichnenden Waren oder Dienstleistungen abzustellen (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2, § 4 Rz 55 ff).

Fehlt die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblichen Herkunftshinweis nicht erfüllen (OBm 1/11 – OXI-Effekt mwN; 4 Ob 38/06a – Shopping City mwN; RIS-Justiz RS0118396). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungs hindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen; jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (OBm 1/13 – Malzmeister mwN).

3.2 Die Eintragung eines fremdsprachigen Worts, das in seiner Sprache keine Unterscheidungskraft hat, ist als nationale Marke unzulässig, wenn die beteiligten Verkehrskreise imstande sind, die Bedeutung dieses Worts trotz seiner Fremdsprachigkeit zu erkennen (EuGH C 421/04 – Matratzen; Eisenführ/Schennen, Markengesetz4, Art 7 Rz 258; Asperger aaO § 4 Rz 84 ff). Ob Begriffe, die einer Fremdsprache entnommen sind, unterscheidungskräftig sind, hängt davon ab, ob ihre Kenntnis im Inland im Prioritätszeitpunkt so weit verbreitet war, dass der inländische Verkehr einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinn gehalt erkennen konnte (4 Ob 7/05s – Car Care; 4 Ob 28/06f – Firekiller; 17 Ob 21/07y – Anti-Aging-Küche; zuletzt 4 Ob 11/14t – Expressglass).

3.3 Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes gelten Zeichen als beschreibend, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne Weiteres erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit oder Ähnliches der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen enthalten, das heißt sie müssen sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen herstellen können (EuGH C 326/01 – Universaltelefonbuch, Rn 33 mwN).

Enthält das Zeichen dem gegenüber nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht bloß beschreibend und daher auch ohne Verkehrsgeltung registrierbar (RIS-Justiz RS0109431 [T3]; OBm 1/12 – Die grüne Linie). Bloße Andeutungen stehen einer Eintragung daher in der Regel nicht entgegen, so lange sie nur in phantasiehafter Weise auf bestimmte Eigenschaften hinweisen, ohne sie in sprach- oder verkehrsüblicher Form unmittelbar zu bezeichnen.

Stellt ein Zeichen nur einen Zusammenhang mit einem allgemeinen Begriff her, ohne etwas Bestimmtes über die Herstellung oder die Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung auszusagen, liegt keine beschreibende Angabe vor (17 Ob 33/08i – happykauf mwN; OBm 3/12 – Lounge.at). Ist die angemeldete Marke nicht geeignet, beim Durchschnittsverbraucher mehrheitlich eindeutige Vorstellungen über die Art, Natur oder Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistungen hervorzurufen, ohne dass noch weitere Überlegungen über die mit einer bestimmten Bezeichnung erzielte Aussage erforderlich wären, besitzt sie Unterscheidungskraft (vgl OBm 3/11 – ATELIER PRIVE; OBm 2/13 – PRIMERA ua).

4.1 Auf dieser Grundlage erachtet das Rekursgericht eine differenzierte Sicht für angebracht, bei der nach den beantragten Waren und Dienstleistungen zu unterscheiden ist (soweit sie überhaupt Gegenstand des angefochtenen Beschlusses und somit Gegenstand des Rekursverfahrens sind).

Mit Recht weist die Antragstellerin darauf hin, dass das Wort „deepsearch“ in der englischen Sprache nicht existiert. Wohl ist die Kenntnis der Wörter „deep“ („tief“) und „search“ („forschen“) in Österreich allgemein anzunehmen, doch entsteht bei der Wortkombination „deepsearch“ für sich genommen (siehe dazu unten 4.2) nicht automatisch und ausschließlich das Bild einer besonders tiefgreifenden Recherchemöglichkeit im Internet. Vielmehr sind auch andere Assoziation zu erwarten, zum Beispiel mit der Forschung in der Meerestiefe oder in anderen tiefen Gewässern oder mit geologischen Tätigkeiten, etwa im Bergbau.

Mit grundsätzlicher Berechtigung weist die Antragstellerin auch auf die Entscheidung 4 Ob 237/01h – drivecompany hin, in der der OGH Erwägungen angestellt hat, die nach Einschätzung des Rekursgerichts auf den vorliegenden Fall besonders passen, als er die Unterscheidungskraft von „drivecompany“ für eine Fahrschule mit dem Argument als unterscheidungskräftig angesehen hat, dass die Wortfolge „the drive company“ in Bezug auf Dienstleistungen einer Fahrschule nicht rein beschreibend sei. Mögen nämlich auch die der englischen Sprache entnommenen Wörter „drive“ und „company“ in ihrer deutschen Übersetzung („fahren“ und „Unternehmen“) allgemein bekannt sein, so bedürfe es aber zum Verständnis der aus diesen beiden Wörtern gebildeten Neuschöpfung „drivecompany“ als Beschreibung des Tätigkeitsbereichs von Fahrschulen jedenfalls noch weiterer Überlegungen über die damit gewollte und erzielte Aussage; etwa auch ein Taxi- oder ein Mietwagenunternehmen könnte so beschrieben werden. Das Zeichen sei damit nicht glatt beschreibend, sondern ungewöhnlich, originell und eigentümlich und besitze damit Unterscheidungskraft.

4.2 Diese hier überwiegend anwendbaren Überlegungen stoßen jedoch in Bezug auf die Dienstleistungen „Betrieb von Suchmaschinen für das Internet“ und „Zusammenstellung und Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken“ (was in Wahrheit nur eine Umschreibung für „Suchmaschinen“ ist) auch trotz der gebotenen Großzügigkeit auf eine Grenze, denn mit gehöriger Berücksichtigung der zu bezeichnenden Dienstleistung fehlt der Wortkombination „deepsearch“ wegen der sich aufdrängenden Beschreibungsfunktion die Unterscheidungskraft und die Fähigkeit, auf die Herkunft von einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen. Die adressierten Verkehrskreise verbinden mit diesem Wort ohne zusätzliches Entschlüsseln orgineller Wortkombinationen bei Suchmaschinen (und „Zusammenstellung und Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken“) zwanglos die Möglichkeit, besonders eingehend („tief“ = „deep“) zu forschen („search“).

Der Beschwerde war daher zum Teil Folge zu geben und die Eintragung von DEEPSEARCH in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang anzuordnen.

5. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist, ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der wie hier rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

6. Ein Kostenersatz findet nach § 139 Z 7 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG nicht statt.