JudikaturJustiz34R16/14v

34R16/14v – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
28. April 2014

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarke VOLL STARK über die als Rekurs zu wertende Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 27.10.2011, AM 3149/2011 4, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung

1. Der Antragsteller beantragte die Eintragung der Wortmarke

VOLL STARK

für die Waren- und Dienstleistungsklassen 9, 16, 18, 24, 25, 26, 28, 35, 38 und 41.

2. Mit dem nun angefochtenen Beschluss wies das Patentamt die Eintragung aus dem Grund des § 4 Abs 1 Z 3 MSchG ab. Die beteiligten Verkehrskreise würden im angemeldeten Zeichen – auch in Bezug auf Medienprodukte und Druckerzeugnisse – nur eine werbliche Anpreisung quali fizieren. Das Zeichen sei daher nicht unterscheidungskräftig.

3. Dagegen richtet sich die an die Rechtsmittelabteilung des Patentamts gerichtete Beschwerde des Antragstellers, die nach der Gesetzesänderung durch die Patent- und Markenrechts-Novelle 2014, BGBl I 2013/126, ab 1.1.2014 als Rekurs zu werten ist, über den das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden hat (§ 77c Abs 1 MSchG, § 176b Abs 1 Z 1 PatG). Beantragt wird, den Beschluss zu ändern und dem Eintragungsantrag Folge zu geben; in eventu beantragt der Antragsteller die Aufhebung der Entscheidung und die neuerliche Befassung der Behörde erster Instanz.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

4.1 Grundsätzlich gesteht der Antragsteller in der Beschwerde zu, dass Werbeaussagen wegen des Fehlens einer Unterscheidungskraft nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG nicht schützbar sind; nicht in Zweifel zieht er auch, dass „voll stark“ als Werbeslogan anzusehen ist. Daran besteht auch nach Einschätzung des Rekursgerichts kein Zweifel, denn dieser aus zwei Worten bestehende Text enthält den nicht auf bestimmte Waren oder Dienstleistungen bezogenen Begriff „stark“ im Sinn von „gut“, „wirksam“ etc sowie das bloß verstärkende Wort „voll“, das in dieser Kombination nicht das Gegenteil von „leer“ ausdrückt, sondern die Bedeutung von „sehr“, „besonders“ etc hat.

Der Antragsteller argumentiert damit, dass die Verkehrsteilnehmer bei Medienprodukten an farblose Bezeichnungen zur Kennzeichnung gewöhnt seien. Den daraus gezogenen Schluss, dass daher auch Werbeaussagen in Bezug auf Medienprodukte schützbar seien, vollzieht das Rekursgericht nicht nach. Schließlich enthält die Wendung „voll stark“ für sich genommen keinen Hinweis auf eine bestimmte Ware oder Dienstleistung, sodass die Beurteilung gedanklich erst wieder zum Fehlen der Unterscheidungskraft führt (vgl dazu Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2, § 4 Rz 104 ff mwN).

In konkreten Fall ist für den Antragsteller auch aus der differenzierenden Rechtsprechung des EuGH nichts gewonnen, wonach ein Werbeslogan dann doch als unterscheidungskräftig (und daher schützbar) akzeptiert wird, wenn er einen gewissen Interpretationsaufwand erfordert, einen Denkprozess auslöst und originell und prägnant ist (Asperger aaO Rz 106; zur deutschen Rechtslage Ströbele in Ströbele/Hacker, Markengesetz10, § 8 Rz 184; Ingerl/Rohnke, Markengesetz3, § 8 Rz 144; EuGH C 398/08 P – Vorsprung durch Technik). Diese Kriterien treffen auf „voll stark“ nach Einschätzung des Rekursgerichts nicht zu.

4.2 Der Antragsteller trägt auch vor, dass die Rechtsprechung zur deutschen Parallelbestimmung (§ 8 Abs 2 Z 1 dMarkenG) für mediale Informationsträger eine Schutzfähigkeit auch dann nicht verneine, wenn die Bezeichnung nur irgendwie auf den behandelten Themenbereich hinweise (Ströbele aaO Rz 187 [9. Auflage: Rz 146]), und weist hin auf die Entscheidung des Bundespatentgerichts vom 8.2.2006, 32 W (pat) 269/03 – Der kleine Eisbär.

Eine Unterscheidungskraft von „voll stark“ lässt sich jedoch auch aus diesen Überlegungen nicht ableiten, weil diese Wendung keinen Hinweis auf einen allfälligen Inhalt von Medienerzeugnissen enthält. Die beantragte Marke ist somit keine „Phantasiebezeichnung“, sondern sie ist allgemeinen Werbeslogans wie „optimum“, „unique“ etc gleichzuhalten (vgl Asperger aaO Rz 107).

Die die Unterscheidungskraft verneinende Entscheidung des Patentamts bedarf keiner Korrektur.

5. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist, ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der wie hier rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

6. Ein Kostenersatz findet nach § 139 Z 7 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG nicht statt; der Antragsteller hat daher keine Rekurskosten verzeichnet.