JudikaturJustiz34R12/14f

34R12/14f – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
24. April 2014

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarke NERO über die als Rekurs zu wertende Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 28.8.2012, AM 692/2012 3, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung

Die Antragstellerin beantragte die Eintragung der Wortmarke

NERO

für die Waren- und Dienstleistungsklassen

Mit dem nun angefochtenen Beschluss wies das Patentamt die Eintragung aus dem Grunde des § 4 Abs 1 Z 4 und Z 8 MSchG mit Ausnahme der Waren „Mineralwässer und andere kohlensäurehältige Wässer“ in Bezug auf die Klasse 32 ab [die Bezeichnung „30“ im angefochtenen Beschluss beruht offenbar auf einem Schreibfehler]. Begründend wird ausgeführt, dass die Masse der Verkehrskreise mit „nero“ die Farbe Schwarz und somit eine Angabe zur Beschaffenheit der Waren assoziiere. Es scheide die Funktion als Unternehmenskennzeichen daher für die meisten Waren in den beantragten Klassen aus. Das Zeichen sei nicht geeignet, um als individualisierender Unternehmenshinweis zu dienen. Soweit es sich bei den angegebenen Waren um Früchtetees handle, sei das Zeichen täuschend. Keine Bedenken bestünden für Mineralwässer und andere kohlensäurehältige Wässer.

Dagegen richtet sich die an die Rechtsmittelabteilung des Patentamts gerichtete Beschwerde der Antragstellerin, die nach der Gesetzesänderung durch die Patent- und Markenrechts-Novelle 2014, BGBl I 2013/126, ab 1.1.2014 als Rekurs zu werten ist, über den das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden hat (§ 77c Abs 1 MSchG, § 176b Abs 1 Z 1 PatG). Beantragt wird, den Beschluss des Patentamts so abzuändern, dass die Marke NERO im Umfang aller beantragten Waren eingetragen werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Die Antragstellerin führt im Wesentlichen an, dass in Österreich das italienische Wort „nero“ ohne Recherche in Fremdwörterbüchern nicht bekannt sei. Es werde eher als Anspielung auf den bekannten römischen Imperator Nero gesehen. Die Bezeichnung sei daher nicht beschreibend und daher eintragungsfähig.

1.1 Gemäß § 4 Abs 1 Z 4 MSchG ist eine Registrierung ausgeschlossen, wenn das Zeichen ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Werts, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen kann; nach der Z 8 leg cit auch, wenn es geeignet ist, das Publikum zum Beispiel über die Art, die Beschaffenheit oder die geografische Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu täuschen.

Die Unterscheidungskraft fehlt bei einer Wortmarke jedenfalls dann, wenn die maßgebenden Verkehrskreise sie als Information über die Art der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf deren Herkunft (EuGH C 304/06 P – Eurohypo, Rz 69). Eine beschreibende Marke iSd § 4 Abs 1 Z 4 MSchG ist daher auch nicht unterscheidungskräftig iSd § 4 Abs 1 Z 3 MSchG (C 363/99 – Postkantoor, Rz 86). Insofern überschneiden sich die Anwendungsbereiche von § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG (Om 10/09 – Lümmeltüten Party).

Ein Zeichen ist beschreibend, wenn es im normalen Sprachgebrauch der relevanten Verkehrskreise die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer wesentlichen Merkmale kennzeichnet ( Koppensteiner , Markenrecht 4 71 mwN; Newerkla in Kucsko/Schumacher , marken.schutz2 Rz 175 ff; RIS-Justiz RS0109431). Vom Registrierungsverbot sind nur Zeichen betroffen, deren Begriffsinhalt von den beteiligten Verkehrskreisen zwanglos, ohne komplizierte Schlussfolgerungen (vgl 4 Ob 38/03x – music-channel.cc) und ohne besondere Denkarbeit (vgl 4 Ob 10/03d – More II) erschlossen werden kann. Der beschreibende Charakter muss allgemein, zwanglos und ohne besondere Gedankenoperation erkennbar sein (Om 1/01 – R Lanerossi; EuGH C 326/01 P – Universaltelefonbuch, C 494/08 P – Pranahaus; Newerkla aaO Rz 178).

Im Allgemeinen reicht es nicht zur Schutzversagung, dass nur auf eine beschreibende Angabe angespielt oder ein der Ware oder Dienstleistung zu Werbezwecken zugeschriebenes Image angedeutet wird, wenn dies nicht über den erlaubten Bereich der Suggestion oder Anspielung hinausgeht (vgl 4 Ob 239/98w; RIS-Justiz RS0109431, RS0090799, RS0066456; 4 Ob 11/14t ua).

1.2 Für fremdsprachige Wortzeichen gilt grundsätzlich, dass die Eintragung eines Worts als Gemeinschafts marke bereits dann ausscheidet, wenn sie nur in einer der innerhalb der Gemeinschaft im Verkehr verwendeten Sprachen ausschließlich beschreibend ist (vgl EuGH C 383/99 – Baby-Dry; C 363/99 – Postkantoor; C 326/01 – Universaltelefonbuch). Für die Frage, ob eine Wortmarke beschreibend ist, ist der normale Wortsinn, wie er sich aus Wörterbüchern oder ähnlichen Werken ergibt, heranzuziehen (RIS-Justiz RS0123978).

Hingegen ist die Eintragung eines fremdsprachigen Worts, das in seiner Sprache keine Unterscheidungskraft hat, als nationale Marke (nur) dann unzulässig, wenn die beteiligten Verkehrskreise im Mitgliedstaat, in dem die Eintragung beantragt wird, imstande sind, die Bedeutung dieses Worts trotz seiner Fremdsprachigkeit zu erkennen (EuGH C 421/04 – Matratzen; Eisenführ/Schennen, Markengesetz4, Art 7 Rz 258; Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 4 Rz 84 ff). Ob Begriffe, die einer Fremdsprache entnommen sind, unterscheidungskräftig sind, hängt davon ab, ob ihre Kenntnis im Inland im Prioritätszeitpunkt so weit verbreitet war, dass der inländische Verkehr einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte (4 Ob 7/05s – Car Care; 4 Ob 28/06f – Firekiller; 17 Ob 21/07y – Anti-Aging-Küche; zuletzt 4 Ob 11/14t – Expressglass).

Es ist im Einzelfall zu prüfen, wie der inländische Verkehr die fremdsprachige Form der Angabe versteht. Versteht er den Sinngehalt nicht, wird sie als Phantasiebezeichnung betrachtet, womit die Unterscheidungskraft regelmäßig zu bejahen sein wird (vgl Newerkla aaO Rz 200 ff; Ingerl/Rohnke , Markengesetz3 § 8 Rz 85; Ströbele/Hacker , MarkenG10 § 8 Rz 401 f mwN).

1.3 Mit dem Verbot, ausschließlich beschreibende Zeichen oder Angaben als Marken einzutragen, soll verhindert werden, dass Zeichen oder Angaben als Marken eingetragen werden, die wegen ihrer Übereinstimmung mit der üblichen Art und Weise, die betroffenen Waren oder Dienstleistungen oder ihre Merkmale zu bezeichnen, die Funktion, das sie vertreibende Unternehmen zu identifizieren, nicht erfüllen könnten und die daher nicht die geforderte Unterscheidungskraft besitzen. Darunter fallen nur solche Zeichen und Angaben, die im normalen Sprachgebrauch nach dem Verständnis des Verbrauchers die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer wesentlichen Merkmale bezeichnen können. Eine Marke, die dieser Definition entsprechende Zeichen oder Angaben enthält, kann außerdem nur dann von der Eintragung ausgeschlossen werden, wenn sie nicht noch weitere Zeichen oder Angaben enthält und wenn ferner die in ihr enthaltenen ausschließlich beschreibenden Zeichen oder Angaben nicht in einer Weise wiedergegeben oder angeordnet sind, die das Gesamtzeichen von der üblichen Art und Weise unterscheidet, die fraglichen Waren oder Dienstleistungen oder ihre wesentlichen Merkmale zu bezeichnen, (vgl EuGH C 383/99 – Baby-Dry; 17 Ob 4/08z; Om 10/09, OBm 4/12 – wonderful tonight).

2.1 Um zu beurteilen, ob unter den dargelegten Grundsätzen das Wort (die Wortmarke) NERO Unterscheidungskraft haben kann, ist demgemäß vom Verständnis eines inländischen und daher deutschsprachigen Verbrauchers auszugehen. Nach diesem Verständnis hängt die Beurteilung in Bezug auf Tee und Tee-ähnliche Erzeugnisse, Kaffee, alkoholfreie Getränke, insbesondere Getränke unter Beimischung von Tee/Kräutertee/Früchtetee etc (bei denen die beteiligten Verkehrskreise weit anzusetzen sind) davon ab, ob das Wort „nero“ vom Wortsinn als normale Ausdrucksweise aufgefasst werden kann, um im üblichen Sprachgebrauch diese Waren zu bezeichnen und ihre wesentlichen Merkmale wiederzugeben.

2.2 Entgegen der Ansicht der Antragstellerin wird das italienische Wort „nero“ unter den Verkehrsteilnehmern in Bezug auf die in Rede stehenden Warenklassen – mit Ausnahme der Mineralwässer und anderer kohlensäurehältiger Wässer – als Farbbezeichnung verstanden und hat daher einen ausschließlich beschreibenden Charakter für die Farbe und/oder den Geschmack und die Geschmacksstärke der Ware im Zusammenhang mit Tee („schwarzer Tee“). Das Wort wird nicht als Hinweis auf die Herkunft der Ware und daher auch nicht als individualisierender Unternehmenshinweis verstanden. In Bezug auf Tee- und Kaffeewaren ist das Zeichen darüber hinaus selbsterklärend und informativ als Angabe zur Beschaffenheit der Ware anzusehen; in Bezug auf Früchtetees (vielleicht mit Ausnahme der Schwarzkirsche) sogar als täuschend im Sinne des § 4 Abs 1 Z 8 MSchG.

Dabei konnte das Rekursgericht die Tatsachenfrage, ob das Wort „nero“ von den beteiligten Verkehrskreisen im Sinne seiner Bedeutung in der italienischen Sprache verstanden wird, auf Grund von Indizien und vor allem davon geleitet beantworten, dass es nicht auf die Quantität der Verbreitung dieser Kenntnis ankommt, sondern dass schon ausreicht, dass zumindest Fachkreise das fremdsprachige Wort in seiner eigentlichen Bedeutung verstehen (Ingerl/Rohnke aaO § 8 Rz 86). Angesichts der Tatsache, dass Italien ein Nachbarland ist, mit dem weitgehende wirtschaftliche, kulturelle und vor allem touristische Verflechtungen bestehen, muss die Kenntnis dieses Wortes sogar nicht nur in Fachkreisen angenommen werden.

2.3 Das Rekursgericht teilt daher die Einschätzung des Patentamts, wonach für alle beantragten Waren – mit Ausnahme der Mineralwässer und anderer kohlensäurehältiger Wässer – die Wortmarke NERO gemäß § 4 Abs 1 Z 4 und Z 8 MSchG nicht eintragungsfähig ist.

Diese Beurteilung steht auch im Einklang mit der Spruchpraxis des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt (HABM), wobei die Wortmarke NERO ausschließlich für Waren und Dienstleistungsklassen eingetragen wurde, bei denen keine Täuschung möglich war oder für die der Begriff „schwarz“ keinen ausschließlich beschreibende Charakter hat.

3. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist, ist der Revisionsrekurs nicht zulässig (vgl 17 Ob 3/07a; RIS-Justiz RS0121895).

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der wie hier rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

4. Ein Kostenersatz findet nach § 139 Z 7 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG nicht statt; die Antragstellerin hat daher keine Rekurskosten verzeichnet.