JudikaturJustiz33R25/23y

33R25/23y – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
17. April 2023

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hinger als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Tscherner und den Richter Mag. Schmoliner in der Rechtssache der klagenden Partei P***** , 5580 Tamsweg, vertreten durch die Lirk Spielbüchler Hirtzberger Rechtsanwälte OG in Salzburg, wider die beklagte Partei J***** , vertreten durch die FSM Rechtsanwälte GmbH Co KG in Wien, wegen zuletzt EUR 45.468,86 sA, hier über den Kostenrekurs der beklagten Partei gegen die im Urteil des Handelsgerichts Wien vom 11.1.2023, GZ 58 Cg 64/21a-18, enthaltene Kostenentscheidung (Rekursinteresse EUR 395,28) in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 167,23 (darin EUR 27,87 USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Begründung

Text

Die Klägerin begehrte von der Beklagten zuletzt EUR 45.468,86 sA an Werklohn für Trockenbauarbeiten, die sie mangelfrei erbracht habe.

Die Beklagte wandte ein, der Werklohn sei nicht fällig, weil von der Klägerin verursachte Mängel vorlägen. Zudem seien ein Nachlass sowie ein Haftrücklass vereinbart worden, die von der Werklohnforderung abzuziehen seien.

Mit Urteil vom 11.1.2023 verpflichtete das Erstgericht die Beklagte zur Zahlung von EUR 31.484,16 samt näher aufgeschlüsselter Zinsen; das Mehrbegehren wies es ab. Mit der Kostenentscheidung verpflichtete es die Beklagte zum Ersatz der Verfahrenskosten von EUR 4.426,44 (darin EUR 516,60 USt und EUR 1.326,80 Barauslagen). Es bildete zwei Verfahrensabschnitte. Im hier interessierenden zweiten Abschnitt habe die Klägerin mit 70 % obsiegt und daher nach § 43 Abs 1 ZPO Anspruch auf Ersatz von 40 % ihrer Vertretungskosten und von 70 % der Barauslagen. Der doppelte Einheitssatz für die Verhandlungen stehe der Klägerin zu, weil zwischen ihrem Firmensitz in Tamsweg und dem Kanzleisitz ihres Rechtsanwalts in Salzburg eine räumliche Nähe bestehe.

Dagegen richtet sich der Kostenrekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Das Erstgericht habe der Klägerin für die Verhandlungen vom 3.6.2022 und 18.11.2022 zu Unrecht den doppelten Einheitssatz zugesprochen. Bei einer Entfernung von 130 km zwischen Tamsweg und Salzburg könne von der geforderten räumlichen Nähe der Partei zu ihrem Rechtsvertreter nicht mehr gesprochen werden. Außerdem wäre die Notwendigkeit der Beiziehung eines auswärtigen Anwalts bereits in erster Instanz zu bescheinigen gewesen, was die Klägerin unterlassen habe.

Die Klägerin beantragte, dem Kostenrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Kostenrekurs ist nicht berechtigt.

Mehrkosten wie der doppelte Einheitssatz des § 23 Abs 5 RATG, die durch das Einschreiten eines auswärtigen Anwalts verursacht werden, sind nach § 41 Abs 3 iVm Abs 1 ZPO zu ersetzen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren.

Bei einem auswärtigen Wohnort darf die Partei einen Anwalt an einem beliebigen Ort außerhalb des Gerichtsorts mit ihrer Vertretung beauftragen, ohne den Anspruch auf den doppelten Einheitssatz zu verlieren, weil dann hinsichtlich der Mehrkosten kein Unterschied zwischen der Beauftragung eines Anwalts an ihrem Wohnort und der Beauftragung eines Anwalts mit einem anderen auswärtigen Kanzleisitz besteht ( Obermaier , Kostenhandbuch³ Rz 1.260; Fucik in Rechberger/Klicka ZPO 5 § 41 Rz 5 mwN; OLG Wien, 13 R 160/22b). Auf eine „räumliche Nähe“ zwischen der Partei und dem Anwalt kommt es dabei ebenso wenig an wie auf eine Bescheinigung der Notwendigkeit, einen auswärtigen Anwalt beizuziehen. Da die Klägerin ihren Sitz nicht in Wien hat, durfte sie einen Anwalt aus einem beliebigen anderen Ort außerhalb Wiens beauftragen, ohne den Anspruch auf den doppelten Einheitssatz zu verlieren.

Im Ergebnis hat das Erstgericht daher den doppelten Einheitssatz zu Recht zuerkannt, weshalb der Kostenrekurs ohne Erfolg bleiben musste.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Zu beachten war einerseits, dass nach § 11 Abs 1 RATG die Bemessungsgrundlage im Kostenrekursverfahren der Betrag ist, dessen Zuspruch oder Aberkennung im Kostenrekurs beantragt wird, hier also EUR 395,28. Anderseits sind Kostenrekurse nur nach TP 3A und nicht – wie verzeichnet – nach TP 3B zu honorieren.

Der Revisionsrekurs gegen Entscheidungen im Kostenpunkt ist gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.