JudikaturJustiz2Ob38/88

2Ob38/88 – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. Mai 1988

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hermann G***, Reiseunternehmer, 6993 Mittelberg, Walserstraße 29, vertreten durch Dr. Ernst Stolz und Dr. Sepp Manhart, Rechtsanwälte in Bregenz, wider die beklagten Parteien 1) Firma M*** CO, D-7800 Freiburg, Bundesrepublik Deutschland, Liebigstraße 2-4, 2) V*** DER V*** Ö***, 1015 Wien,

Schwarzenbergplatz 7, 3) Alfred W***, Kraftfahrer, D-8960 Kempten, BRD, Amselweg 62, sämtliche vertreten durch Dr. Gerold Hirn und Dr. Burkhard Hirn, Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen DM 7.053,63 s.A., infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 21. September 1987, GZ 4 R 87/87-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 16. Jänner 1987, GZ 9 Cg 248/86-14, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger die mit S 3.254,21 (darin keine Barauslagen und S 295,84 Umsatzsteuer) bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 14. Februar 1986 ereignete sich im Kleinen Walsertal in Riezlern auf der Walserstraße ein Auffahrunfall zwischen dem Omnibus, Marke Daimler-Benz 0303, polizeiliches Kennzeichen V 3.701, dessen Eigentümer, Halter und Lenker der Kläger war, und dem LKW, Marke Daimler-Benz, polizeiliches Kennzeichen (D) SR-HR 510, dessen Eigentümer und Halter die Erstbeklagte und dessen Lenker der Drittbeklagte waren und für den die Zweitbeklagte die Stelle des Haftpflichtversicherers vertritt. Der Kläger fuhr mit seinem Omnibus auf den verkehrsbedingt anhaltenden LKW auf, weil er die hinten am LKW montierte und offen gelassene Ladebordwand übersah. Unter Einräumung eines gleichteiligen Eigenverschuldens machte der Kläger die Hälfte seines mit DM 14.107,26 bezifferten Schadens, sohin einen Betrag von DM 7.053,63 geltend (der Unfall ereignete sich in einem Gebiet Österreichs, in welchem die Währung der Bundesrepublik Deutschland das gesetzliche Zahlungsmittel ist).

Der Kläger brachte hiezu vor, daß die Erstbeklagte und den Drittbeklagten ein Mitverschulden treffe. Eine auf der Ladebrücke eines LKWs montierte Hebebühne müsse während des Fahrens so fixiert werden, daß diese Ladebühne auf keiner Seite überrage. Sie müsse also hochgeklappt und entsprechend fixiert werden. Derartige Vorschriften ergäben sich zumindest analog aus der ÖNORM B 4004 Teil 2 Seite 8 sowie aus den Richtlinien für fahrbare Arbeitsbühnen, herausgegeben von der Zentralstelle für Unfallverhütung in Bonn, die auch vom Arbeitsinspektorat in Österreich angewandt würden. Die Anbringung einer Hebebühne auf einem LKW stelle eine Änderung dar, die durch die generelle Typengenehmigung des entsprechenden LKWs nicht gedeckt sei und daher nur durch Einzelgenehmigungsbescheid erfolgen könne. Ein derartiger Einzelgenehmigungsbescheid werde unter Auflagen erteilt, die in das Instruktionsbuch aufgenommen würden. Diese Auflagen erstreckten sich auch auf Vorschriften, wonach die Hubarbeitsbühne während der Fahrt des LKWs hochgeklappt und entsprechend gegen Hinunterklappen gesichert werden müsse. Die Beklagten bestritten das Klagebegehren, beantragten Klagsabweisung und wendeten ein, daß das alleinige Verschulden den Kläger treffe, der offensichtlich das vor ihm stehende Fahrzeug übersehen habe, entsprechend den örtlichen Gegebenheiten zu schnell gefahren sei und auch verspätet reagiert habe. Es sei nicht richtig, daß die Hebebühne am Fahrzeug der Erstbeklagten nicht hochgeklappt gewesen sei. Sie sei verkehrsgerecht mit einem Magnetwarnkegel auf der linken Seite abgesichert gewesen. Die Hebebühne sei in den Fahrzeugpapieren eingetragen, TÜV-abgenommen und normgerecht. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es im wesentlichen von folgenden Feststellungen ausging:

Der Kläger fuhr mit seinem Omnibus auf der Walserstraße von Hirschegg kommend talauswärts mit einer Geschwindigkeit von ca. 30 km/h. Er wollte ca. 35 m nach der späteren Kollisionsstelle nach links in Richtung Schigebiet Ifen 2000 einbiegen. Es herrschte Tageslicht. Es gab keine witterungsbedingten Sichtbehinderungen. Die in diesem Bereich asphaltierte Walserstraße wies keine Erschwernisse auf. Sie hatte in Fahrtrichtung des Klägers ein Gefälle von ca. 3 %. Der gesamte Unfallsbereich liegt innerhalb des Ortsgebietes. Die Walserstraße weist im Unfallsbereich drei gekennzeichnete Fahrstreifen auf, wovon einer für den Gegenverkehr taleinwärts, der mittlere Fahrstreifen für den Linksabbiegeverkehr und der dritte für den die Richtung beibehaltenden Talauswärtsverkehr vorgesehen ist. Der rechte Fahrstreifen ist dementsprechend mit dem Richtungspfeil geradeaus, der mittlere Fahrstreifen mit dem Richtungspfeil nach links gekennzeichnet. Im eigentlichen Unfallsbereich ist der rechte Fahrstreifen vom mittleren durch eine Leitlinie, der mittlere von dem für den Gegenverkehr vorgesehenen Fahrstreifen durch eine Sperrlinie getrennt. Der rechte Fahrstreifen weist eine Breite von 4 m, der mittlere eine solche von 2,5 m auf. In derselben Fahrtrichtung wie der Kläger war zunächst der Drittbeklagte mit dem LKW der Erstbeklagten talauswärts auf dem rechten Fahrstreifen unterwegs. Er hatte kurz vorher Ladetätigkeit verrichtet. Dabei hatte er die rückwärtige Hebebühne des LKWs (Ladebordwand rückwärts) in waagrechter Stellung ausgeklappt, wobei auf der Hebebühne des LKWs links im Bereich der linken rückwärtigen Ecke ein ca. 50 cm hoher rotweiß-gestrichener Magnetwarnkegel angebracht war. Dieser haftet magnetisch auf der eisernen Platte der Ladebordwand. Der Drittbeklagte war nach Beendigung seiner Ladetätigkeit wieder weggefahren und hatte dabei vergessen, die Ladebordwand hydraulisch hochzuklappen. Er wollte Feierabend machen. Im eigentlichen Unfallsbereich mußte er den LKW verkehrsbedingt anhalten. Der Drittbeklagte wollte gerade die Handbremse einlegen, als der Kläger mit dem rechten vorderen Eck seines Omnibusses gegen die linke hintere Ecke der waagrecht ausgeklappten Hebebühne des LKWs fuhr. Durch dieses Auffahren wurde der LKW auf einen vor ihm auf dem rechten Fahrstreifen stehenden PKW geschoben. Die Hebebühne des LKWs ist 2,5 m breit, entsprechend der Breite des LKWs, und 1,26 m hoch. Sie war hydraulisch zu betätigen. In waagrecht ausgeklappter Stellung ragte sie entsprechend ihrer Höhe 1,26 m über das Heck des LKWs hinten hinaus und befand sich 1,32 m über der Fahrbahn. In der waagrechten Stellung der Hebebühne befindet sich im Bereich der linken hinteren Ecke ein ca. 50 cm hoher rot-weiß-gestrichener Magnetwarnkegel, der magnetisch auf der rauhen rutschfesten Eisenplatte der Hebebühne haftet. Es stellt dies an sich eine Absicherung bei Verrichtung von Ladetätigkeiten mit der Hebebühne dar. Die Betätigung der Hebebühne erfolgt hydraulisch. Sie kann dabei so hochgeklappt werden, daß der LKW nach rückwärts von der Hebebühne nicht überragt wird. Die Hebebühne läßt sich in dieser Stellung arretieren. Es ist nicht möglich, daß sie danach von sich aus durch das Fahren selbständig herunterkippt. Eine waagrecht ausgeklappte Hebebühne hat für einen nachfolgenden Verkehrsteilnehmer einen an sich geringen Auffälligkeitswert. Sie war im vorliegenden Falle für den Kläger bei aufmerksamer Fahrweise erkennbar. Ein Auffahren war für den Kläger vermeidbar. Durch den Magnetwarnkegel wird der Auffälligkeitswert der waagrecht ausgeklappten Hebebühne wesentlich vergrößert. Der Magnetwarnkegel war zum Unfallszeitpunkt auf der waagrecht ausgeklappten Hebebühne vorhanden. Der Kläger wollte unmittelbar vor der Kollision noch hinter dem LKW nach links auf den mittleren Fahrstreifen überwechseln. Er hat die herausragende Hebebühne übersehen und versucht, in einem zu geringen Seitenabstand an der waagrecht nach rückwärts ausgeklappten Hebebühne vorbeizufahren. Aus technischer Sicht ist die Möglichkeit gegeben, daß es bei hochgeklappter Hebebühne und gleichem Fahrverhalten des Klägers nicht zur Kollision gekommen wäre.

Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, daß der Kläger entgegen der Vorschrift des § 18 StVO eine Fahrweise eingehalten habe, die ihm ein rechtzeitiges Anhalten nicht mehr möglich gemacht habe. Sein Verhalten habe auch den Vorschriften des § 11 Abs 1 StVO über den Wechsel des Fahrstreifens nicht entsprochen. Zudem habe er die erforderliche Aufmerksamkeit im Straßenverkehr im Sinne des § 20 StVO nicht angewandt. Der Drittbeklagte habe es verabsäumt, die Hebebühne vor Antritt der Weiterfahrt hydraulisch hochzuklappen. Angesichts des erheblichen und schwerwiegenden Aufmerksamkeitsfehlers auf Seiten des Klägers könne der Sorgfaltsverstoß des Drittbeklagten vernachlässigt werden. Infolge Berufung des Klägers änderte das Gericht zweiter Instanz das Urteil des Erstgerichtes im Sinne der Klagsstattgebung in der Hauptsache ab und wies lediglich ein Zinsenmehrbegehren ab. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die Revision zulässig sei, und traf nach Beweiswiederholung die Feststellung, es könne nicht festgestellt werden, ob vor dem Unfall auf der Ladebühne des LKWs ein Warnkegel angebracht gewesen sei. Im übrigen erachtete es das erstgerichtliche Verfahren für mängelfrei und übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, gelangte jedoch zu einer anderen rechtlichen Beurteilung. Bei der Beurteilung des Verschuldens des Klägers sei von der für ihn günstigeren möglichen Variante auszugehen, nämlich daß der Magnetwarnkegel auf der ausgeklappten Ladeplattform nicht vorhanden war, diese einen geringen Auffälligkeitswert hatte und sie der Kläger nur bei aufmerksamer Fahrweise erkennen konnte. Umgekehrt könne dem Drittbeklagten nur der Umstand zur Last gelegt werden, daß er die Ladeplattform nicht hochgeklappt hatte, sondern mit der ausgeklappten Ladeplattform gefahren sei, nicht aber irgendeine weitere Nachlässigkeit im Zusammenhang mit dem Magnetwarnkegel. Auf den vorliegenden Schadensfall sei, da sich der Verkehrsunfall in Österreich ereignete und die beiden beteiligten Fahrzeuge nicht im gleichen Staat zugelassen waren, österreichisches Recht als Recht des Unfallsortes anzuwenden. Hinsichtlich der Verkehrs- und der Sicherheitsvorschriften sei jedenfalls das Recht des Unfallsortes anzuwenden. Die Frage, ob der Drittbeklagte mit heruntergeklappter Ladeplattform fahren durfte, sei daher nach österreichischem Recht als dem Recht des Unfallsortes zu lösen. Ausdrückliche Vorschriften für Ladebordwände gebe es nicht. § 4 Abs 2 KFG schreibe zwar vor, daß Kraftfahrzeuge so gebaut und ausgerüstet sein müssen, daß der Lenker, beförderte Personen und andere Straßenbenützer bei Verkehrsunfällen möglichst geschützt sind. Sie dürften innen und außen keine vermeidbaren vorspringenden Teile, Kanten oder zusätzlichen Vorrichtungen aufweisen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen. Unvermeidbare vorspringende Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen, müßten durch geeignete Schutzvorrichtungen entsprechend abgedeckt, oder, wenn dies nicht ohne schwere Beeinträchtigung der Verwendbarkeit des Fahrzeuges im Rahmen seiner Zweckbestimmung durchführbar sei, entsprechend gekennzeichnet sein. Diese Vorschrift sei allerdings nur eine Ausrüstungsvorschrift, die auf das in der Bundesrepublik Deutschland zugelassene Beklagtenfahrzeug jedenfalls nicht unmittelbar anzuwenden sei. Wenngleich es kein ausdrückliches Verbot gebe, mit herabgeklappter Ladeplattform zu fahren, so bedeute dies doch keineswegs, daß dieses Verhalten generell erlaubt sei. In diesem Zusammenhang sei auch darauf zu verweisen, daß die StVO eine Vorschrift, wann Türen geöffnet werden und bleiben dürfen, nur in Bezugnahme auf das Halten und Parken kenne (§ 23 Abs 4), obwohl es wohl selbstverständlich sei, daß die Fahrzeugtüren während der Fahrt geschlossen zu halten sind. § 61 Abs 1 StVO schreibe vor, daß die Ladung am Fahrzeug so zu verwahren sei, daß ein sicherer Betrieb nicht beeinträchtigt, niemand gefährdet, behindert oder belästigt und die Straße weder beschädigt noch verunreinigt werde. Wenngleich diese Vorschrift unmittelbar nur auf die Ladung und nicht auf die Ausrüstungsteile des Fahrzeuges anzuwenden sei, sei sie analog auch auf eine Ladebordwand anzuwenden. Der Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, daß er, was bei Beurteilung seines Verschuldens zu seinen Gunsten anzunehmen sei, einen Warnkegel angebracht habe, weil überhaupt kein Grund vorhanden war, mit ausgeklappter Ladebordwand zu fahren. Es könne nötig sein, wegen der besonderen Beschaffenheit der Ladung die Ladebordwand in heruntergeklapptem Zustand zu belassen. Dann werde für gewöhnlich eine deutlichere Sichtbarkeit schon zufolge der Ladung gegeben sein. Zudem wäre dann eben eine Kennzeichnung nach § 61 Abs 2 StVO bzw. § 101 Abs 4 KFG, § 59 Abs 1 KDV erforderlich. Der Drittbeklagte könne sich aber nicht darauf berufen, daß nach dem bei Beurteilung seines Verschuldens günstigeren möglichen Sachverhalt ohnedies ein Warnkegel angebracht gewesen ist, denn das Fahren mit herabgeklappter Ladebordwand sei im vorliegenden Fall, weil es nicht durch eine besondere Art des Ladegutes bedingt war, überhaupt nicht erforderlich gewesen. Wie sich bereits aus dem zitierten § 4 Abs 2 KFG ergebe, wolle der Gesetzgeber vorspringende Teile nur bei Unvermeidbarkeit tolerieren. Dies ergebe sich aus dem Umstand, daß solche vorspringenden Teile immer eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer darstellten. Dies hätte dem Drittbeklagten als Berufskraftfahrer (§ 1299 ABGB) bekannt sein müssen. In einer Fahrt mit herabgelassener Ladebordwand, ohne daß eine Notwendigkeit hiefür bestand, sei daher jedenfalls eine Unterlassung der erforderlichen Sorgfalt im Straßenverkehr zu erblicken, die dem Drittbeklagten auch dann als Verschulden anzurechnen sei, wenn er einen Warnkegel angebracht habe. Bei der Abwägung des nach § 11 EKHG in erster Linie heranzuziehenden beiderseitigen Verschuldens sei davon auszugehen, daß keinen der beiden Fahrzeuglenker ein überwiegendes Verschulden treffe. Der Kläger habe daher Anspruch auf Ersatz der Hälfte seines Schadens, die nach den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes jedenfalls in dem geltend gemachten Klagsbetrag von DM 7.053,63 Deckung finde. Der Zuspruch eines Betrags in DM sei gerechtfertigt, weil sowohl der Unfallsort wie auch der Wohnsitz des Klägers in der Gemeinde Mittelberg liege, also in einer Gemeinde, in der DM das gesetzliche Zahlungsmittel sei.

Gegen den dem Klagebegehren stattgebenden Teil des Urteiles des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Beklagten aus dem Anfechtungsgrund nach § 503 Abs 1 Z 4 ZPO mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der gänzlichen Klagsabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig (§ 502 Abs 4 Z 1 ZPO); sie ist jedoch nicht berechtigt.

Die Beklagten führen in ihrem Rechtsmittel aus, das Berufungsgericht habe im vorliegenden Fall zutreffend österreichisches Recht angewendet. § 61 StVO sei aber nicht anwendbar, weil sich diese Bestimmung ausdrücklich nur auf die Ladung beziehe. Eine typisierte und mittels Einzelgenehmigung zugelassene Ladebordwand eines LKWs bilde einen integrierten Bestandteil des Fahrzeuges und es bleibe daher die Benützungsart der Ladebordwand je nach Bedarf dem jeweiligen Fahrzeuglenker überlassen. Eine Ladebordwand sei auch kein vorspringender Teil im Sinn des § 4 Abs 2 KFG und stelle damit keine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer dar. Das Verschulden des Klägers sei derart überwiegend, daß ein allfälliges geringfügiges Fehlverhalten des Drittbeklagten bei Schadensteilung außer Betracht zu bleiben habe. Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Zunächst sei darauf hingewiesen, daß die Vorinstanzen, wie auch die Revision richtig erkennt, auf den vorliegenden Fall zutreffend österreichisches Recht angewendet haben (Art. 3, 4 lit b des Übereinkommens über das auf Straßenverkehrsunfälle anzuwendende Recht, BGBl.1975/387). Gemäß Art. 7 des Übereinkommens sind unabhängig vom anzuwendenden Recht bei der Bestimmung der Haftung die am Ort und zur Zeit des Unfalles geltenden Verkehrs- und Sicherheitsvorschriften zu berücksichtigen.

Gemäß § 61 Abs 1 StVO ist die Ladung am Fahrzeug so zu verwahren, daß sein sicherer Betrieb nicht beeinträchtigt, niemand gefährdet, behindert oder belästigt und die Straße weder beschädigt noch verunreinigt wird. Nach Abs 2 ist das hintere Ende der Ladung, wenn sie das Fahrzeug mehr als 1 m überragt, deutlich zu kennzeichnen und bei Dunkelheit mit einer weißen Tafel mit rotem Rand aus rückstrahlendem Material zu versehen.

§ 4 Abs 2 KFG schreibt vor, daß Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, daß durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Sie müssen so gebaut und ausgerüstet sein, daß der Lenker, beförderte Personen und andere Straßenbenützer bei Verkehrsunfällen möglichst geschützt sind. Sie dürfen innen und außen keine vermeidbaren vorspringenden Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen aufweisen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen, müssen durch geeignete Schutzvorrichtungen entsprechend abgedeckt oder, wenn dies nicht ohne schwere Beeinträchtigung der Verwendbarkeit des Fahrzeuges im Rahmen seiner Zweckbestimmung durchführbar ist, entsprechend gekennzeichnet sein. Mag auch § 61 StVO sich nur auf die Ladung beziehen, ergibt sich doch aus dem Zusammenhalt der genannten Vorschriften, daß der Gesetzgeber über die normale Begrenzung des Kraftfahrzeuges herausragende Gegenstände oder Ausrüstungsteile grundsätzlich als gefahrenerhöhend betrachtet. Auch der Oberste Gerichtshof hat etwa auf ein über die Begrenzung des Fahrzeuges nach vorn beträchtlich hinausragendes Frontladegerät die Vorschrift des § 61 Abs 2 StVO analog angewendet (vgl. ZVR 1968/180). Ohne Rechtsirrtum hat daher das Berufungsgericht im Fahren mit herabgelassener Ladebordwand, welche die hintere Begrenzung des LKWs um 1,26 m überragte, ohne daß irgendeine Notwendigkeit dafür bestanden hätte, die Ladebordwand in dieser Stellung zu belassen, eine Unterlassung der erforderlichen Sorgfalt im Straßenverkehr erblickt, die dem Drittbeklagten selbst dann als Verschulden anzulasten wäre, wenn er einen Warnkegel angebracht hätte. Entgegen der Auffassung der Revision kann auch in der gleichteiligen Schadensteilung bei Abwägung des dem Kläger und dem Drittbeklagten zur Last fallenden Fehlverhaltens keine unrichtige rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes erblickt werden.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.