JudikaturJustiz2Ob237/02w

2Ob237/02w – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. Oktober 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bernd P*****, vertreten durch Mag. Wolfgang Paar, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagten Parteien 1.) Christian G*****, 2.) D***** AG, *****, beide vertreten durch Dr. Dieter Zaponig, Rechtsanwalt in Graz, wegen EUR 4.775,25 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 6. Februar 2002, GZ 5 R 329/01s-19, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 5. Oktober 2001, GZ 4 C 2711/00p-13, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, die mit EUR 439,72 (darin EUR 73,29 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung ist bei Prüfung der Frage, ob eine Behinderung des Fließverkehrs vorliegt, nicht auf den Beginn, sondern auf das Ende des Einordnungsvorganges abzustellen. Das Einordnen in den Fließverkehr ist erst dann als beendet anzusehen, wenn das Fahrzeug zur Gänze auf der für die angestrebte Bewegungsrichtung bestimmten Fahrbahnhälfte in dieser Fahrtrichtung fährt (ZVR 1982/51; ZVR 1982/241; RIS-Justiz RS0074457).

Das Erstgericht hat unter anderem folgendes festgestellt: Der Kläger (der im Bereich einer Bushaltestelle gehalten hatte, um ungestört telefonieren zu können) fuhr wiederum aus der Haltestellenbucht in die Landesstraße ein. Unmittelbar vor dem Linksabbiegebeginn des (entgegenkommenden) Erstbeklagten war das Fahrzeug des Klägers noch etwa 5,5 m von der Unfallstelle entfernt und mit mehr als der halben Wagenbreite bereits auf der Landesstraße. Als der Erstbeklagte mit dem Abbiegen begann, befand sich das Fahrzeug des Klägers noch rund 4 m vor der Unfallsposition und zum größten Teil auf der Landesstraße. Im Kollisionszeitpunkt war es weitgehend in fahrbahnparalleler Stellung.

Wenn das Berufungsgericht unter diesen Umständen zum Ergebnis gelangte, der Kläger sei mit dem Einordnen aus dem ruhenden Verkehr in den fließenden Verkehr noch nicht fertig gewesen, als der Erstbeklagte mit seinem Linksabbiegemanöver begann, und habe sich daher diesem gegenüber im Nachrang befunden, so entspricht dies den Grundsätzen der zitierten Judikatur. Es macht hiebei keinen Unterschied, ob sich die beteiligten Fahrzeuge im Begegnungsverkehr befanden oder in derselben Richtung fahren wollten. Der Vorrang des Erstbeklagten ging auch nicht dadurch wieder verloren, dass der Kläger das Einordnen in den Fließverkehr (erst) im Kollisionszeitpunkt offenbar "weitgehend" beendet hatte. Der Erstbeklagte, der auf die Achtung seines Vorranges vertrauen durfte, war somit - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht verpflichtet, das begonnene Abbiegemanöver wieder abzubrechen.

Gemäß § 19 Abs 6 StVO haben Fahrzeuge im Fließverkehr den Vorrang auch gegenüber Fahrzeugen, die zwar nicht von Parkplätzen kommen, wohl aber vom Halten oder Parken überhaupt in den fließenden Verkehr eingeordnet werden (ZVR 1982/51, ZVR 1983/302; vgl auch RIS-Justiz RS0073664). Da der Kläger nach Beendigung seines Telefonates sich vom Halten wieder in den Fließverkehr einordnen wollte, kann es - entgegen seiner Ansicht - auf sich beruhen, ob die Haltestellenbucht, in der er gehalten hatte, als untergeordnete Verkehrsfläche im Sinne des § 19 Abs 6 StVO zu qualifizieren wäre. Schon deshalb ist aus der von ihm zitierten Entscheidung ZVR 1986/26 für ihn nichts zu gewinnen.

Da es somit der Lösung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (§ 502 Abs 1 ZPO) nicht bedurfte, war die Revision - ungeachtet des auf Antrag des Klägers geänderten, den Obersten Gerichtshof aber nicht bindenden Zulässigkeitsausspruches des Berufungsgerichtes - als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagten haben in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.