JudikaturJustiz2Ob176/60

2Ob176/60 – OGH Entscheidung

Entscheidung
06. Mai 1960

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Elsigan als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Sabaditsch, Dr. Köhler, Dr. Pichler und Dr. Höltzel als Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei Wolfgang H*****, vertreten durch Dr. Otto Wendling, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wider den Gegner der gefährdeten Partei Heinz M. W*****, vertreten durch Dr. Herbert Glaser, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wegen 2.688 S 80 g s. A. infolge Revisionsrekurses der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 10. März 1960, GZ 2 R 153/60-7, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 26. Februar 1960, GZ C 127/60-2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die gefährdete Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Zur Sicherung des Anspruchs auf Ersatz des aus dem Kraftfahrzeugunfall vom 30. Jänner 1960 erwachsenen Schadens von 2.688 S 80 g hat das Erstgericht der gefährdeten Partei eine einstweilige Verfügung bewilligt. Es hat angenommen, dass ein gegen den Antragsgegner ergehendes Urteil im Ausland vollstreckt werden müsste (§ 379 Abs 2 Z 2 EO).

Das Rekursgericht hat angenommen, dass die gefährdete Partei ihre Forderung durch Pfändung des dem Gegner gegen die inländische Versicherungsanstalt zustehenden Anspruchs aus der nach § 56 KFG 1955 bestehenden Haftpflichtversicherung einbringlich machen könne und hat den Antrag abgewiesen.

Gegen den Beschluss der zweiten Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der gefährdeten Partei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht begründet.

Für die Erwirkung einer einstweiligen Verfügung ist Voraussetzung, dass die Hereinbringung der Geldforderung der gefährdeten Partei gefährdet erscheint. Dies trifft im vorliegenden Fall nicht zu. Während die Bestimmung des § 53 KFG 1955 verlangt, dass für Kraftfahrzeuge, die im Inland zum Verkehr zugelassen sind, eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung bei einer für diesen Versicherungszweig in Österreich zugelassenen Versicherungsunternehmung bestehe, muss nach § 56 Abs 1 KFG 1955 für Kraftfahrzeuge, die ihren dauernden Standort nicht in Österreich haben, nur die Haftung einer zum Betrieb der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung in Österreich zugelassenen Versicherungsunternehmung oder eines Verbandes solcher Versicherungsunternehmungen vorliegen. Jeder Lenker eines ausländischen Kraftfahrzeuges hat also beim Grenzübertritt den Nachweis über die Haftung einer inländischen Versicherungsunternehmung oder des Verbandes der Versicherungsunternehmungen für den Ersatz von Schäden aus Verkehrsunfällen zu erbringen. In der Praxis kommt als Dokument für einen solchen Nachweis in erster Linie die "Internationale Haftpflichtversicherungskarte für Kraftverkehr" (sogenannte "Grüne Karte") in Betracht. Sie besagt, dass der Verband der Versicherungsanstalten Österreichs "hinsichtlich des Gebrauches des in dieser Versicherungskarte bezeichneten Fahrzeuges die Verpflichtungen eines Haftpflichtversicherers" übernimmt (vgl Erl.Bem. zur Kraftfahrgesetz-Novelle 1958, BGBl Nr 49). Die zum Betrieb der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung in Österreich zugelassenen Versicherungsunternehmungen haben im Wege des Verbandes der Versicherungsanstalten Österreichs dem Bundesministerium für Finanzen und dem Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau die geschäftsplanmäßige Erklärung abgegeben, dass sie mit Inkrafttreten des § 56 KFG 1955 im Sinne des Einheitsvertrages zwischen den Büros unter Solidarhaftung die Verpflichtungen eines "Behandelnden Büros" gegenüber den Versicherten aus jenen europäischen Staaten übernehmen, mit denen bilaterale Büroabkommen gemäß dem Einheitsvertrag abgeschlossen sind. Diese Erklärung ist in den Veröffentlichungen des Bundesministeriums für Finanzen, betreffend die Vertragsversicherung, XXXIV. Jahrgang Nr 1 Seite 3, mitgeteilt. Punkt 3 des in dieser Erklärung bezogenen Einheitsvertrages bestimmt, das Behandelnde Büro, im gegenständlichen Fall also der Verband der Versicherungsanstalten Österreichs, werde, wenn sich im Inland ein Unfall ereignet, der zu einem Ersatzanspruche gegen einen Versicherten führt, die Vertretung des Versicherten in jedwedem rechtlichen Verfahren, das die Bezahlung einer Schadenersatzleistung auf Grund des Unfalles nach sich ziehen könnte, übernehmen und diesen Fall so behandeln und austragen, als wäre die Polizze von ihm ausgestellt, vorausgesetzt, dass zur Zeit des Unfalles der Versicherte eine für dieses Land gültige Versicherungskarte besaß. Zu dem mit dem Büro der Deutschen Bundesrepublik bestehenden Vertrag wurde vom Verband der Versicherungsanstalten Österreichs eine Zusatzvereinbarung getroffen. Danach wird ab 1. April 1958 jedes Kraftfahrezeug, das mit einem amtlichen deutschen Kennzeichen ausgestattet ist und sich zu diesem Zeitpunkt in Österreich befindet oder nach diesem Zeitpunkt dorthin verbracht wird, so behandelt, als ob für dieses Kraftfahrzeug eine für Österreich gültige Grüne Internationale Versicherungskarte vorliegen würde (vgl aaO Seite 4; ferner Dittrich-Veit, Österreichisches Straßenverkehrsrecht Wien 1956, II. Teil:

Kraftfahrrecht, Seite 46/1).

Diese Regelung stellt sicher, dass der Inländer durch bloße Anmeldung des Schadens, der ihm durch ein ausländisches, im Inland befindliches Kraftfahrzeug verursacht wurde, den Ersatz im Rahmen der für solche Ersätze im Inland geltenden gesetzlichen Bestimmungen erhält. Er braucht nicht zu klagen und den allfälligen Anspruch des Versicherten gegen die Versicherungsgesellschaft zu pfänden, um den Ersatz einbringlich zu machen; ebensowenig bedarf er einer einstweiligen Verfügung, um seinen Anspruch sicherzustellen, dies umso weniger, als der Anspruch durch die oben angeführte Erklärung des Verbandes der Versicherungsanstalten Österreichs nicht gefährdet erscheint. Dass der Verband den so gesicherten Anspruch abgelehnt hat, wurde von der gefährdeten Partei nicht behauptet, geschweige denn glaubhaft gemacht, wie sie überhaupt nicht einmal dargetan hat, dass sie Schritte zur Anmeldung ihres Ersatzanspruchs bei dem Verbande oder einer inländischen Versicherungsunternehmung unternommen hat. Der angefochtene Beschluss war daher, wenn auch zum Teil aus anderen Gründen, zu bestätigen.

Der Kostenausspruch gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO, 402 EO.