JudikaturJustiz24Os6/14h

24Os6/14h – OGH Entscheidung

Entscheidung
02. Oktober 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 2. Oktober 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Anwaltsrichter Dr. Hofstätter und Dr. Bartl sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als weitere Richter in der Disziplinarsache gegen Mag. Walter B***** und Mag. Michael S*****, Rechtsanwälte in *****, wegen der Disziplinarvergehen der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes über die Berufungen des Beschuldigten Mag. S***** wegen Schuld und Strafe sowie des Kammeranwalts wegen Strafe gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 28. Oktober 2013, AZ D 5/13, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Eisenmenger, des Kammeranwalts Dr. Lindner, jedoch in Abwesenheit der Beschuldigten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung des Beschuldigten Mag. S***** wird nicht Folge gegeben.

Der Berufung des Kammeranwalts wird betreffend den Beschuldigten Mag. S***** nicht, im Übrigen jedoch dahin Folge gegeben, dass über den Beschuldigten Mag. B***** unter Bedachtnahme gemäß § 16 Abs 5 zweiter Satz DSt iVm §§ 31, 40 StGB auf das Erkenntnis des Disziplinarrats der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 23. Jänner 2013, AZ D 46/11, D 16/12 und D 25/12, eine Zusatzgeldbuße von 1.000 Euro verhängt wird.

Beiden Beschuldigten fallen die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurden Mag. Walter B***** und Mag. Michael S***** jeweils des Disziplinarvergehens der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 zweiter Fall DSt schuldig erkannt.

Danach haben sie in *****

(1) Mag. S***** am 15. November 2012

a) Mag. Ernest W*****, der nicht in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter eingetragen war oder über eine entsprechende Legitimationsurkunde verfügte, telefonisch die Anweisung erteilt, am 16. November 2012 in einer Hauptverhandlung vor dem Landesgericht für Strafsachen Graz in Vertretung des Rechtsanwalts Mag. B***** als Verteidiger aufzutreten, und dabei billigend in Kauf genommen, dass Mag. W***** gegenüber dem Gericht seine tatsächlich nicht bestehende Vertretungsberechtigung behaupte, sowie

b) gegenüber Mag. W***** angekündigt, dass er ihm, sofern er dieser Anweisung nicht nachkomme, nur die Hälfe des zustehenden Gehalts bezahlen und ihn entlassen werde, sohin sachlich nicht gerechtfertigte Druckmittel angewendet;

(2) Mag. B***** am 26. November 2012 es unterlassen, Mag. W***** am Tag der einvernehmlichen vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses sofort das zustehende Gehalt auszubezahlen sowie dessen Lohnabrechnungsunterlagen auszuhändigen, wobei er der erstgenannten Verpflichtung erst am 10. und 12. Dezember 2012, der letztgenannten erst am 18. Dezember 2012 nachkam.

Rechtliche Beurteilung

Beide Beschuldigten wurden hiefür nach § 16 Abs 1 Z 2 DSt zu Geldbußen, Mag. S***** von 1.500 Euro und Mag. B***** von 500 Euro verurteilt.

Während Mag. B***** das Erkenntnis unbekämpft ließ, richten sich gegen dieses die Berufungen des Beschuldigten Mag. S***** wegen Schuld und Strafe sowie des Kammeranwalts (betreffend beide Beschuldigten) wegen Strafe.

Die Berufung des Beschuldigten Mag. S***** schlägt fehl.

Der Sache nach mit Rechtsrüge (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) behauptet der Berufungswerber, Mag. W***** sei infolge Rückwirkung der am 27. November 2012 erfolgten Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter am 16. November 2012 zur Vertretung als Verteidiger (§ 48 Abs 1 Z 4 StPO) vor Gericht legitimiert gewesen. Er verkennt, dass die (konstitutive; vgl Ratz , WK-StPO § 281 Rz 146) Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter Voraussetzung für das Bestehen einer Vertretungsbefugnis iSd § 15 Abs 3 RAO ist ( Achhammer , WK StPO § 58 Rz 27), während sich die reklamierte „Rückwirkung“ nur auf die Anrechnung der Praxiszeit bezieht (§ 30 Abs 1 RAO).

Die Beweiswürdigungskritik der Schuldberufung vermag mit einer Wiederholung der Verantwortung des Beschuldigten zur subjektiven Tatseite zu a) und zum Grund für die zu b) geäußerte Drohung keine Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die ohne Verstoß gegen die Kriterien logischen Denkens und grundlegende Erfahrungen begründeten Feststellungen des Disziplinarrats zu wecken.

Auch die Straffrage wurde den Berufungen des Beschuldigten und des Kammeranwalts zuwider beim Beschuldigten Mag. S*****  zutreffend gelöst. Die verhängte Geldbuße von 1.500 Euro entspricht Tatunrecht und Täterschuld und ist daher weder einer Reduktion noch einer Erhöhung zugänglich.

Im Recht ist hingegen die Berufung des Kammeranwalts wegen Strafe betreffend den Beschuldigten Mag. B*****. Zum einen ist nunmehr zu berücksichtigen, dass die Voraussetzungen des § 16 Abs 5 zweiter Satz DSt (§§ 31, 40 StGB) vorliegen, sodass die Strafe unter Bedachtnahme auf das im Spruch genannte Erkenntnis des Disziplinarrats der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer (2.000 Euro Geldbuße) auszumessen war. Im Hinblick darauf, dass dem Beschuldigten unter Bezugnahme auf die eben genannte Verurteilung das Zusammentreffen mehrerer Disziplinarvergehen und das Bestehen weiterer disziplinärer Vorverurteilungen als erschwerend anzulasten sind, ist eine Zusatzgeldbuße von 1.000 Euro tat und tätergerecht und trägt auch Präventionsbedürfnissen hinreichend Rechnung.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 54 Abs 5 DSt.