JudikaturJustiz21R321/05x

21R321/05x – LG St. Pölten Entscheidung

Entscheidung
17. November 2005

Kopf

Das Landesgericht St. Pölten hat durch die Richter des

Landesgerichtes Dr. Schramm (Vorsitzender) sowie Dr. Hintermeier und

Dr. Steger in der Rechtssache der klagenden Partei B*****

*****gesellschaft ***** gemeinnützige GesmbH, ***** Wien, *****,

vertreten durch Dr. Markus Schuster, Rechtsanwalt in Wien, wider die

beklagte Partei Mag. Andreas H*****, Architekt, *****

Sieghartskirchen, *****, vertreten durch Dr. Ernst Gruber,

Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung, über den Rekurs der beklagten

Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Tulln vom 22.7.2005,

11 C 225/01p-53, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der verspätete Rekurs wird z u r ü c k g e -

w i e s e n .

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu

tragen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt € 4.000,--, nicht

jedoch € 20.000,--.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist n i c h t

z u l ä s s i g .

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 521 Abs. 1 ZPO beträgt die Rekursfrist 14 Tage, in den Fällen des § 521 a Abs. 1 Z 1 bis 3 ZPO jedoch 4 Wochen; sie kann nicht verlängert werden.

Seit dem Erkenntnis des EGMR vom 6.2.2001, wonach der aus Art. 6 Abs. 1 MRK herleitbare Grundsatz der Waffengleichheit in einem Verfahren über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen eine angemessene Gelegenheit für jede Partei erfordere, ihren Fall unter Bedingungen zu präsentieren, die keinen wesentlichen Nachteil gegenüber dem Verfahrensgegner realisierten, hat der OGH mehrfach die Auffassung vertreten, dass bestimmte Rechtsmittelverfahren über einen Rechtsschutzanspruch nach der ZPO in Analogie zu § 521 a ZPO auch dann zweiseitig seien, wenn das Gesetz deren Zweiseitigkeit nicht anordne. Dies werde auch für einen Beschluss nach § 33 Abs. 2 MRG angenommen (9 Ob 34/04x mwN).

Die von der Rekursgegnerin erstattete Rekursbeantwortung ist somit grundsätzlich zulässig.

Allerdings hat der OGH in der zitierten Entscheidung (9 Ob 34/04x) auch auf die Entscheidung EvBl 2003/103 Bezug genommen und ausdrücklich festgehalten, dass er sich nicht in Widerspruch zu den dort angestellten Überlegungen setzen wolle, weil es dort um die Unzulässigkeit einer Analogie zu § 521 a ZPO im Hinblick auf § 521 ZPO bezüglich der Frage der Länge der Rekursfrist gehe. Tatsächlich hat der OGH überdies zu 3 Ob 96/03v dargelegt, dass er zwar grundsätzlich eine Analogie zu § 521 a ZPO in Ansehung der Zweiseitigkeit von Rechtsmitteln anerkenne, aber keinen Anlass sehe, diese Analogie auch auf die im § 521 ZPO angeführten Ausnahmetatbestände zur Rekursfrist auszuweiten.

Das Rekursgericht kommt daher im Anschluss an die zitierte Judikatur des OGH zu dem Ergebnis, dass Rekurse gegen Beschlüsse, die gemäß § 33 Abs. 2 MRG gefällt wurden, zwar zweiseitig sind, allerdings die Rekursfrist nur 14 Tage beträgt.

Aktenkundig ist, dass der Beschluss ON 53 dem Rekurswerber am 26.7.2005 zugegangen ist. Die Rekursfrist hätte unter Beachtung der verhandlungsfreien Zeit am 8.9.2005 geendet. Das Rechtsmittel wurde am 22.9.2005, sohin verspätet, zur Post gegeben und war deshalb zurückzuweisen.

Die Rekursgegnerin hat zwar zulässigerweise und rechtzeitig eine Rekursbeantwortung erstattet, jedoch hat sie auf die Verspätung des Rechtsmittels nicht hingewiesen. Bei der Verwerfung von Rechtsmitteln aus dem Grund der Unzulässigkeit, der Verspätung oder eines verfehlten Rechtsmittelantrags gebühren für die Rechtsmittelbeantwortung keine Kosten, wenn diese Verwerfungsgründe nicht geltend gemacht wurden (MGA JN/ZPO15, E. 209 zu § 41 ZPO). Die klagende Partei hat daher die Kosten ihrer zulässigen und fristgerechten Rekursbeantwortung dennoch selbst zu tragen. Die nach hg. ständiger Rechtsprechung erforderliche Bewertung des Entscheidungsgegenstandes im Rekursverfahren in bestandrechtlichen Aufkündigungs- und Räumungssachen (RIS-Justiz RS 0042364; hg. 36 R 319/03k, 21 R 36/04h, 21 R 162/04p u.a.) orientiert sich an der Höhe des festgestellten Mietzinsrückstandes.

Der ordentliche Revisionsrekurs war nicht zuzulassen, weil keine in der Rechtsprechung bislang uneinheitlich oder gar nicht gelöste Rechtsfrage von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung zur Entscheidung vorliegt (§ 528 Abs. 1 ZPO).

Landesgericht St. Pölten

3100 St. Pölten, Schießstattring 6