JudikaturJustiz1Ob274/49

1Ob274/49 – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. März 1950

Kopf

SZ 23/63

Spruch

Die Verwendung von Werten, die der Beklagte zugunsten des Klägers erlegt hat, als aktorische Kaution ist zulässig.

Entscheidung vom 15. März 1950, 1 Ob 274/49.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Beklagter hat bestimmte Werte als Erbteil der Klägerin nach § 1425 ABGB. hinterlegt, weil Klägerin die erlegten Werte als ungenügend zurückgewiesen hat. Im Prozeß auf Erbteilsausfolgung beantragte Beklagter, der Klägerin eine aktorische Kaution aufzuerlegen. Daraufhin beantragte Klägerin, die zu ihren Gunsten erlegten Werte als Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten anzunehmen.

Das Erstgericht wies diesen Antrag ab, das Rekursgericht hob zwecks Feststellung der Eignung der Werte als Prozeßkostenkaution auf; in den Gründen führte es aus, daß der erwähnte Gerichtserlag grundsätzlich als aktorische Kaution verwendet werden könne.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte den Aufhebungsbeschluß.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Es ist aber auch die im Aufhebungsbeschluß dargelegte Rechtsansicht des Rekursgerichtes zu billigen. Der Kläger ist im Unrecht, wenn er meint, daß sein Rückforderungsanspruch aus der Hinterlegung nach § 1425 ABGB. unter allen Umständen, gleichgültig wie der vorliegende Rechtsstreit, der "auf Herausgabe des der Klägerin zukommenden Drittels des reinen Nachlasses" gerichtet ist, ausgehe, aufrecht bestehe: Vielmehr ist der Rückstellungsanspruch des Hinterlegers endgültig entfallen, wenn der Gläubiger, für den hinterlegt worden ist, die Annahme erklärt (Weiss bei Klang, Kommentar, 1. Aufl., IV., S. 425; 1 Ob 611/38 = EvBl. 1938, Nr. 529). Eine solche Annahme muß aber im vorliegenden Falle deshalb als erfolgt angesehen werden, weil sonst die Klägerin die in Rede stehenden Erlagswerte nicht als die von ihr zu erlegende Prozeßkostensicherheit in Anspruch nehmen könnte. Denn die Klägerin hat die aktorische Kaution aus ihrem Vermögen zu erlegen und nicht aus dem Vermögen des Beklagten. Besteht aber der Rückforderungsanspruch des Hinterlegers zufolge der Annahme des Erlagsbetrages durch den Gläubiger nicht mehr aufrecht, dann sind die erlegten Beträge nicht mehr Eigentum des Hinterlegers, sondern Eigentum des Gläubigers, also hier Eigentum der Klägerin. Wohl ist der Gläubiger nicht verhalten, Teilzahlungen anzunehmen (§ 1415 ABGB.); wenn sich jedoch, wie dies im vorliegenden Falle geschehen ist, die Klägerin entschlossen hat, den für sie als Erbteil hinterlegten Betrag als Prozeßkostensicherheit zu verwenden, so hat sie sich dennoch zur Annahme dieses Betrages, zumindest in Anrechnung auf den vollständigen Erbteil, bereit erklärt. Erst im Prozesse wird sich herausstellen, ob der Klägerin mehr als das Erlegte gebührt oder ob der ganze nach § 1425 ABGB. hinterlegte Betrag die Auszahlung ihres Erbteiles darstellt.