JudikaturJustiz1Ob246/06t

1Ob246/06t – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. November 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. Haimo P*****, vertreten durch Puschner Spernbauer Rosenauer Rechtsanwälte OEG in Wien, und 2. Dr. Ingrid P*****, vertreten durch Dr. Edwin Morent, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach Elisabeth W*****, sowie die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei Marianne W*****, beide vertreten durch Dr. Georg Röhsner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens 15 C 184/03v des Bezirksgerichts Döbling, infolge außerordentlicher Revisionen der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 27. September 2006, GZ 39 R 215/06s-10, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentlichen Revisionen werden mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Entgegen der Auffassung der Revisionswerber kann aus der Rechtsprechung zur Eigenbedarfskündigung des Vermieters (vgl nur MietSlg 52.424 = 2 Ob 181/00g ua), nach der der Eigenbedarf sowohl zum Zeitpunkt der Kündigung als auch zu jenem des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz im Kündigungsprozess vorliegen muss, nicht der Schluss gezogen werden, dass die Kündigung eines nach dem Tod des ursprünglichen Mieters mit der Verlassenschaft fortdauernden Mietverhältnisses dadurch rechtswirksam würde, dass der an sich eintrittsberechtigte Angehörige im Laufe des Kündigungsverfahrens sein dringendes Wohnbedürfnis an der aufgekündigten Wohnung verliert. Gegenstand des Kündigungsverfahrens ist ausschließlich die Berechtigung der vom Vermieter (gerichtlich) ausgesprochenen Kündigung, die jedenfalls das Vorliegen eines Kündigungsgrundes zum Kündigungszeitpunkt voraussetzt (vgl nur Weixelbraun in Fasching/Konecny² IV/1 § 572 Rz 5 mwN). Hier haben die Kläger die Kündigung zum 31. 12. 2003 ausgesprochen und behauptet, der Bestandgegenstand diene nicht mehr einem dringenden Wohnbedürfnis einer eintrittsberechtigten Person. Zu diesem Zeitpunkt war aber noch in keiner Weise absehbar, dass die Eigentumswohnung der (eintrittsberechtigten) Nebenintervenientin auf Grund einer vorzeitigen Kündigung des Vertrags durch ihre Mieterin ab 1. 1. 2005 wieder frei sein könnte. Ein im Todeszeitpunkt des früheren Mieters bestehendes Eintrittsrecht eines Angehörigen kann nicht im Nachhinein dadurch wieder wegfallen, dass das zum maßgeblichen Zeitpunkt bestehende Wohnbedürfnis später auf Grund einer anderen Wohnmöglichkeit wegfällt.

In diesem Sinne wurde in der Judikatur wiederholt ausgesprochen, dass die Frage des Wohnbedürfnisses des Eintrittswerbers nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Todes des Hauptmieters zu beurteilen ist, wogegen nachträgliche Änderungen - wenn überhaupt - nur zu Gunsten des Mieters zu berücksichtigen sind (vgl nur MietSlg 48.257 = 3 Ob 117/95 mwN).

2. Soweit die Revisionswerber vermeinen, aus der zu 1 Ob 589/88 (= MietSlg 40.308) ergangenen Entscheidung etwas Gegenteiliges ableiten zu können, übersehen sie, dass auch dort für die Beurteilung des dringenden Wohnbedürfnisses des Angehörigen ausschließlich auf den Todeszeitpunkt des Mieters abgestellt wurde. Dort wurde betont, dass der Angehörige schon zum Zeitpunkt des Todes des Mieters verlässlich beurteilen konnte, in absehbarer Zeit sein Wohnbedürfnis in einer eigenen Eigentumswohnung decken zu können.

Im hier zu beurteilenden Fall musste die Nebenintervenientin zum Zeitpunkt des Todes ihrer Mutter (23. 3. 2003) jedoch damit rechnen, dass ihre eigene (vermietete) Eigentumswohnung erst am 1. 2. 2007 wieder frei sein werde. Da zu diesem Zeitpunkt die erst im September 2004 zum 31. 12. 2004 von der Mieterin dieser Eigentumswohnung erklärte Kündigung noch keineswegs absehbar war, kann das dringende Wohnbedürfnis der Nebenintervenientin zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht mit dem Argument verneint werden, das alsbaldige Freiwerden ihrer eigenen Wohnung wäre festgestanden.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtssätze
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