JudikaturJustiz1Ob17/19k

1Ob17/19k – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. März 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Dr. E. Solé, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer Zeni Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** G*****, vertreten durch die GKP Gabl Kogler Leitner Stöglehner Bodingbauer Rechtsanwälte OG, Linz, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 170.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse: 136.000 EUR sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 22. November 2018, GZ 4 R 76/18a 88, mit dem das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 20. April 2018, GZ 2 Cg 63/14s 84, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der Oberste Gerichtshof ist an seine in derselben Rechtssache in der zu einem Aufhebungsbeschluss ausgesprochene Rechtsansicht gebunden (RIS Justiz RS0007010 [T7]; RS0043752 [T1]). Diese Bindung entfällt nur, wenn eine Änderung des zu beurteilenden Sachverhalts oder der Rechtslage – auch im Falle einer zwischenzeitigen Änderung der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs durch die Entscheidung eines verstärkten Senats oder eine bindende Rechtsauffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union – eingetreten ist (RIS Justiz RS0007010 [T4, T10, T18, T19]; RS0043723 [T7, T8]). Keine dieser Voraussetzungen liegt hier vor. Entgegen der nicht näher begründeten Meinung des Klägers steht es dem Obersten Gerichtshof nicht „frei, von seiner Vorentscheidung abzugehen“.

2. Der Kläger stützt sein Begehren auf Verdienstentgang im Rechtsmittelverfahren nur noch auf das von einer tschechischen Gesellschaft, deren geschäftsführender Alleingesellschafter er war, praktizierte Pyramidenspiel. Dazu sprach der Oberste Gerichtshof im ersten Rechtsgang zu 1 Ob 190/17y (= RIS Justiz RS0131862) aus, im Rahmen des § 1 StEG 1969 sei ein Verdienstentgangsbegehren, das sich auf unterbliebene Gewinne aus einer im Ausland ausgeübten Tätigkeit stützt, die nach den Wertungen des österreichischen Rechts im Inland nicht nur verboten, sondern sogar mit der Sanktion gerichtlicher Strafbarkeit belegt ist und Ansprüche aus einer solchen Tätigkeit im Dienste des Schutzes von Spielteilnehmern pönalisiert (hier: Pyramidenspiel), nicht berechtigt, auch wenn die Tätigkeit im Ausland möglicherweise erlaubt sei, weil dem Österreichischen Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann, er hätte die – weitgehend verschuldensunabhängige – Ersatzpflicht des Staats auf derartige Gewinne erstrecken wollen. An diese Rechtsansicht sind sowohl die Vorinstanzen (vgl § 511 Abs 1 ZPO) als auch der Oberste Gerichtshof gebunden. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Einkommensverlust, den der Kläger dadurch erlitten habe, dass er das Pyramidenspiel in Tschechien nicht weiterführen habe können, sei kein ersatzfähiger Schaden nach dem StEG 1969, ist damit nicht zu beanstanden.

3. Wenn der Kläger meint, die dargestellte Rechtsansicht verletze ihn „in seinen Grundrechten nach der Menschenrechtskonvention“, zeigt er eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht ausreichend konkret auf.

3.1. Dazu verweist der Kläger (ohne nähere Darlegungen) auf die Entschädigung für konventionswidrige Haft nach Art 5 Abs 5 EMRK. Jedoch ist Voraussetzung für einen solchen Schadenersatzanspruch, dass der Betroffene unter Verletzung der Art 5 Abs 1 bis 4 EMRK in Haft genommen wurde und er deswegen einen materiellen oder immateriellen Schaden erlitten hat ( Grabenwarter/Pabel , Europäische Menschenrechtskonvention 6 [2016] § 21 Rz 55). Dass er unter Verletzung dieser Bestimmungen in Auslieferungs und Untersuchungshaft genommen wurde, behauptet er nicht; eine Konventionswidrigkeit der Haft ist auch nicht erkennbar, sodass schon aus diesem Grund Art 5 Abs 5 EMRK seine Ansicht nicht stützt.

3.2. Weiters behauptet er in seinem „Recht auf Eigentum“ verletzt zu sein, „das er sich nach tschechischem Recht auf diese Weise in der Tschechischen Republik erwerben durfte“. Soweit der (nach dem StEG 1969 nicht zu ersetzende) Nachteil aus der faktischen Hinderung der Organisation eines (in Österreich verbotenen) Pyramidenspiels überhaupt als Eigentumseingriff verstanden werden kann, verstieße dieser nicht gegen den durch Art 5 StGG und Art 1 1. Zusatzprotokoll zur EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Eigentumsschutz. Zwar müssen auch Eigentumsbeschränkungen im „Allgemeininteresse“ liegen (VfGH B 941/88 = VfSlg 12082). Jedoch ergibt sich aus den in der Entscheidung 1 Ob 190/17y angeführten Überlegungen zur strafgerichtlichen Pönalisierung eines Pyramidenspiels, und damit des öffentlichen Interesses am Schutz von Spielteilnehmern, auch ein hinlängliches „Allgemeininteresse“ im Sinn des Art 1 Abs 2 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK.

3.3. Wenn der Kläger ausführt, „jedenfalls analog wird ... Art 7 der EMRK verletzt, da nicht beachtet wird, dass [sein] Erwerbszweig ... nach (internationalem – tschechischem) Recht am Handlungsort erlaubt war“, zeigt er keinen Bezug zu dieser Bestimmung auf. Nach Art 7 Abs 1 Satz 1 EMRK kann niemand wegen einer Handlung oder Unterlassung (strafrechtlich) verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach inländischem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Schadenersatzrechtliche Fragen berühren diese Norm nicht.

3.4. Weiters erwähnt der Kläger noch Art 14 EMRK, unterlässt aber jegliche Ausführungen zu dieser Verfassungsbestimmung.

4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).