JudikaturJustiz16Ok2/01

16Ok2/01 – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. September 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Kartellrechtssachen durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Birgit Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Manfred Vogel und Dr. Gerhard Kuras und die fachkundigen Laienrichter Kommerzialräte Dr. Fidelis Bauer, Dkfm. Joachim Lamel, Dkfm. Alfred Reiter und Dr. Thomas Lachs in der Kartellrechtssache der Anmelder 1. Ö*****, 2. Ö*****, 3. Ö***** AG, *****, alle vertreten durch Dr. Volkmar Schicker und Dr. Alfred Roschek, Rechtsanwälte in Wien, wegen Festsetzung einer Rahmengebühr im Verfahren betreffend die Anmeldung eines Zusammenschlusses zu 26 Kt 413/00, über den Rekurs der Anmelder des Zusammenschlusses gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Kartellgericht vom 23. Jänner 2001, GZ 26 Kt 413/00-20, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Mit Schriftsatz vom 13. 10. 2000, 26 Kt 413/00-1, meldeten der Ö*****, der Ö***** und die Ö***** AG einen Beteiligungserwerb von 74 % an der Ö***** AG durch die S***** GmbH - nach Abspaltung zur Neugründung - als anmeldebedürftigen Zusammenschluss iSd § 42a Abs 1 KartG an.

Die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte stellte am 16. 11. 2000 (ON 8) neben einem Feststellungsantrag gem § 8a Abs 1 KartG und einem Antrag auf Verbesserung gem § 65 Abs 1 KartG aus "juristischer Vorsicht" auch einen Prüfungsantrag gem § 42b KartG, zog ihre Anträge jedoch (nach Übermittlung ergänzender Informationen durch die Anmelder) am 21. 12. 2000 (ON 11) zurück.

Das Erstgericht bestimmte mit dem angefochtenen Beschluss die von den Anmeldern zur ungeteilten Hand zu entrichtende Rahmengebühr mit 20.000 S. Bei angemessener Gewichtung der in § 84 KartG genannten Kriterien sei zu berücksichtigen, dass das Prüfungsverfahren noch vor Durchführung von Erhebungen zufolge der Antragsrückziehung eingestellt worden sei, weshalb die Bemessung der Rahmengebühr mit der Mindestgebühr angemessen erscheine.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Anmelder wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss ersatzlos zu beheben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Die Rechtsmittelwerber vertreten die Ansicht, die Voraussetzungen für die Anordnung einer Rahmengebühr lägen deshalb nicht vor, weil § 80 Z 10a KartG nunmehr ausdrücklich auf die Einleitung eines Prüfungsverfahrens abstelle, ein solches aber nicht eingeleitet worden sei. Lediglich für die vor dem 1. 1. 2000 geltende Rechtslage sei es für die Anordnung einer Rahmengebühr ausreichend gewesen, wenn ein Prüfungsantrag gestellt worden sei. Dieser Argumentation kann nicht beigepflichtet werden.

§ 80 KartG lautete bis 31. 12. 1999 auszugsweise:

"Im Übrigen sind in Verfahren vor dem Kartellgericht und dem Kartellobergericht folgende Gerichtsgebühren zu entrichten: Z 10a für ein Verfahren über eine Anzeige oder Anmeldung eines Zusammenschlusses eine Pauschalgebühr von 1.000 S, wenn ein Prüfungsantrag nach § 42b gestellt wurde, jedoch eine Rahmengebühr von 20.000 S bis 400.000 S (...)."

Durch die Kartellgesetznovelle 1999 (KartGNov 1999, BGBl I 1999/126) wurde der erste Halbsatz des § 80 Z 10a KartG wie folgt neu gefasst:

"(...) wenn ein Prüfungsverfahren nach § 42b eingeleitet wurde, jedoch eine Rahmengebühr von 20.000 S bis 400.000 S (...)."

Mit der KartGNov 1999 wurde dem Kartellgericht eine umfassende Befugnis zum amtswegigen Vorgehen eingeräumt (Barbist/Girsch, Die Kartellgesetznovelle 1999 als Regierungsvorlage, ecolex 1999, 410 ff; Barbist/Rungg, Neues in der österreichischen Fusionskontrolle nach der KartGNov 1999, ecolex 2000, 51 ff; Stockenhuber/Zib, Die Kartellgesetznovelle 2000, RdW 1999, 192 ff). Soweit den Amtsparteien ein Antragsrecht zusteht, kann das Kartellgericht nunmehr auch von Amts wegen einschreiten, wenn es dies im öffentlichen Interesse für notwendig hält. Das Kartellgericht hat in diesen Fällen gem § 44a Abs 1 zweiter Satz KartG über die Einleitung des Verfahrens mit Beschluss abzusprechen (Einleitungsbeschluss); will es ein Prüfungsverfahren nach § 42b einleiten, hat es darüber eine mündliche Tagsatzung anzuberaumen (§ 44a Abs 3 KartG).

Den Gesetzesmaterialen (erläuternde Bemerkungen zur Regierungsvorlage, NR: GP XX RV 1775 AB 1923 S. 174) ist zu entnehmen, dass die Änderungen der §§ 80, 82 Z 3 KartG der mit der KartGNov neu eingeführten Befugnis des Kartellgerichts zum amtswegigen Einschreiten Rechnung tragen; im § 80 KartG ist damit keine inhaltliche Änderung verbunden.

Aus § 44a Abs 3 KartG wird deutlich, dass das Gesetz nunmehr zwei Formen der Einleitung eines Prüfungsverfahrens kennt: Einerseits die Einbringung eines Prüfungsantrags durch eine Amtspartei (§ 42b KartG), in welchem Fall kein Einleitungsbeschluss vorgesehen ist, andererseits den Einleitungsbeschluss auf Durchführung eines amtswegigen Prüfungsverfahrens (§ 44a Abs 3 KartG). Die Neufassung des § 80 Z 10a iVm § 44a KartG stellt in ihrer Formulierung darauf ab, dass nunmehr beide Varianten der Einleitung eines Prüfungsverfahrens die Rahmengebühr auslösen, wird doch nach dessen klaren Wortlaut nicht danach differenziert, ob die verfahrensauslösende Handlung von einer Amtspartei oder vom Kartellgericht gesetzt wurde. Dies entspricht auch der in den Materialien deutlich zum Ausdruck kommenden Absicht des Gesetzgebers, mit der Neufassung des § 80 Z 10a iVm § 44a KartG gegenüber der früheren Gesetzeslage keine inhaltliche Änderung zu bewirken. Die von den Rechtsmittelwerbern gewünschte gegenteilige Auslegung, ein Prüfungsverfahren könne nicht schon dann als eingeleitet angesehen werden, wenn eine Amtspartei einen Prüfungsantrag gestellt habe, findet im Gesetz und in der deutlich erklärten Absicht des Gesetzgebers keine Deckung und lässt insbesondere auch ungeklärt, ab welchem Zeitpunkt oder durch welche Handlung eine Gebührenpflicht in jenen Prüfungsverfahren ausgelöst wird, die nicht durch Fassung eines Einleitungsbeschlusses von Amts wegen durch das Kartellgericht eingeleitet werden. Dass der Gesetzgeber aber eine so entscheidende Frage bewusst ungeregelt gelassen hätte, kann ihm nicht unterstellt werden.

Die Einleitung eines außerstreitigen Verfahrens kann auf dreierlei Weise erfolgen: Nur von Amts wegen, nur auf Antrag oder auf Antrag oder von Amts wegen (Mayr/Fucik, Verfahren außer Streitsachen § 1 Rz 12; Klicka/Oberhammer, Außerstreitverfahren3 Rz 40; Dolinar, Österreichisches Außerstreitverfahrensrecht, 108 f). Auch das Kartellverfahren ist ein außerstreitiges Verfahren (§ 43 KartG). Der Terminologie dieser Verfahrensart entsprechend wird ein Prüfungsverfahren daher auch schon dadurch eingeleitet, dass ein entsprechender Parteienantrag bei Gericht überreicht wird. Die Verknüpfung der Zahlungspflicht mit dieser Parteihandlung (§ 80 Z 10a KartG) ist auch sachgerecht, weil eines der Kriterien bei Festsetzung der Rahmengebühr der mit der Amtshandlung verbundene Aufwand ist (§ 84 KartG), der ja bereits in der Bearbeitung des Antrags seinen ersten Niederschlag findet.

Die Bestimmung einer Rahmengebühr durch das Erstgericht ist somit frei von Rechtsirrtum erfolgt. Dem Rekurs kann deshalb kein Erfolg beschieden sein.