JudikaturJustiz15Os98/21g

15Os98/21g – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. September 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. September 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lampret als Schriftführer in der Strafsache gegen M***** E***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 22. Februar 2021, GZ 60 Hv 54/20s 50, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant wurde M***** E***** mit dem angefochtenen Urteil (unter anderem) jeweils eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (1./1./) sowie nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG (1./2./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat sie in L***** und andernorts

1./ vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Crystal Meth mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 45 % Methamphetamin,

1./1./ in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge aus Tschechien aus und nach Österreich eingeführt, indem sie im Zeitraum von März 2019 bis März 2020 in mindestens 21 Angriffen insgesamt zumindest 570 Gramm Crystal Meth, sohin zumindest 256,5 Gramm Methamphetamin (US 28), im Auto über die Grenze brachte;

1./2./ in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen teils gewinnbringend überlassen, und zwar

1./2./1./ im Zeitraum von März 2019 bis März 2020 in zumindest 21 Angriffen jeweils 5 Gramm, insgesamt somit 105 Gramm an L***** A*****;

1./2./2./ im Jänner 2020 3 Gramm an A***** Em*****;

1./2./3./ im Zeitraum von Mai 2019 bis Mai 2020 insgesamt eine unbekannte Menge an A***** H*****;

1./2./4./ im Zeitraum von Februar 2019 bis August 2020 in zirka zehn Angriffen insgesamt eine unbekannte Menge teils unentgeltlich an F***** B***** und dessen unbekannte Freundin;

1./2./5./ im Juli 2020 insgesamt eine unbekannte Menge an M***** T*****.

Rechtliche Beurteilung

[3] Ausschließlich gegen den Schuldspruch zu 1./1./ und 1./2./ richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

[4] Unvollständigkeit iSd § 281 Abs 1 Z 5 StPO liegt nur vor, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche (vgl dazu RIS Justiz RS0116877), in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt gelassen hat (RIS Justiz RS0118316, RS0098646).

[5] Indem die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) behauptet, das Schöffengericht habe den Schuldspruch ausschließlich auf die Angaben der Zeugen Em***** und S***** vor der Polizei gestützt, die weniger belastenden Aussagen der Genannten in der Hauptverhandlung aber „im Wesentlichen unberücksichtigt“ gelassen (vgl dazu aber US 18 bis 20), macht sie eine Unvollständigkeit der Entscheidungsgründe nicht geltend (RIS Justiz RS0099599).

[6] Dass – wie die Beschwerde meint – die Tatrichter im Fall von Widersprüchen in den Angaben von Zeugen einerseits vor der Polizei und andererseits vor Gericht Zweifel an der Richtigkeit der getätigten Aussagen vor der Polizei haben müssen, widerspricht der freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).

[7] Soweit die Rüge aus den die ursprünglichen Belastungen gegenüber der Angeklagten relativierenden Aussagen der genannten Zeugen günstigere Schlüsse als das Schöffengericht zieht, wird kein Begründungsmangel iSd Z 5 aufgezeigt, sondern in unzulässiger Form Beweiswürdigungskritik geübt (RIS Justiz RS0098400, RS0114524).

[8] Die den Feststellungen zum Schuldspruch 1./1./ zugrunde liegende Gesamtmenge von 570 Gramm Crystal Meth haben die Tatrichter den Kriterien der Logik und Empirie entsprechend begründet (US 17 f und 20 f), weshalb der Einwand (Z 5 vierter Fall), diese Menge sei mit Blick auf die Angaben der Zeugin S***** in der Hauptverhandlung „nicht nachvollziehbar“, versagt (RIS Justiz RS0116732).

[9] Mit Hinweisen auf die Aussagen der Zeugen S***** und Em***** vor der Polizei zu den von der Angeklagten geschmuggelten Suchtgiftmengen und der Behauptung, die von den vernehmenden Polizisten getätigten handschriftlichen Aufzeichnungen und „Hochrechnungen“ würden nicht den Aussagen dieser Zeugen entsprechen, weshalb eine tragfähige Begründung für die bekämpften Feststellungen fehle, wird Nichtigkeit nicht zur Darstellung gebracht.

[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

[11] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.