JudikaturJustiz15Os83/18x

15Os83/18x – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. November 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. November 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der FOI Bayer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alfons K***** wegen Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Schöffengericht vom 10. Jänner 2018, GZ 15 Hv 10/17t 61, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthaltenden Urteil wurde Alfons K***** der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (I.) und der Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB (II.) schuldig erkannt.

Danach hat er in F***** und an anderen Orten

I.) im Zeitraum ab Oktober 2012 bis 10. Mai 2014 außer dem Fall des § 206 StGB geschlechtliche Handlungen an einer unmündigen Person vorgenommen und von dieser an sich vornehmen lassen, indem er in zumindest 40 Angriffen den am 10. Mai 2000 geborenen Werner L***** mit der Hand befriedigte oder sich von diesem mit der Hand befriedigen ließ;

II.) mit seinem am 10. Mai 2000 geborenen minderjährigen Neffen Werner L*****, als dieser jeweils seiner Aufsicht und Erziehung unterstand, unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber dem Opfer, geschlechtliche Handlungen vorgenommen und an sich vornehmen lassen, und zwar

A.) im Zeitraum von Oktober 2012 „bis Ende 2016“ (US 4) die unter I.) beschriebenen Tathandlungen sowie

B.) ab einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt nach dem 10. Mai 2014 bis Ende 2016 in zumindest 23 Angriffen, indem er das Opfer in mindestens zehn Angriffen anal penetrierte, wobei er zumindest zwei Zentimeter und ein Mal zur Gänze mit seinem Penis in den Anus des Opfers eindrang und sich der Angeklagte in den übrigen Angriffen vom Opfer anal penetrieren ließ sowie

C.) Ende 2016 in mindestens fünf Angriffen, indem er mit dem Opfer Oralverkehr vollzog, wobei ein Mal das Opfer den Penis des Angeklagten in den Mund nahm und in den übrigen Angriffen der Angeklagte den Penis des Opfers in den Mund nahm.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen wendet sich die auf Z 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Sie verfehlt ihr Ziel.

Die zu II. erhobene Rechtsrüge (Z 9 lit a) kritisiert die Feststellungen zur subjektiven Tatseite als substanzlose Wiedergabe der verba legalia, erklärt dabei aber nicht, inwiefern die in Rede stehenden Konstatierungen – die sich nicht bloß mit der Anführung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale in ihrem Wortlaut begnügen (vgl US 4 f, 6) – unzureichenden Sachverhaltsbezug aufweisen sollten (RIS Justiz RS0119090).

Weshalb es für die rechtsrichtige Subsumtion der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Tathandlungen der Vornahme wechselseitiger Handonanie sowie des Anal- und Oralverkehrs unter § 212 Abs 1 StGB entgegen dem diesbezüglichen Wortlaut dieser Bestimmung der Konstatierung dessen Absicht (§ 5 Abs 2 StGB), sich oder einen Dritten dadurch geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, bedurft hätte, legt die Rüge nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar (vgl im Übrigen Philipp in WK 2 StGB § 212 Rz 11).

Soweit der Rechtsmittelwerber mit Blick auf § 212 StGB in der Heranziehung des Erschwerungsgrundes der „Begehung von Sexualstraftaten gegen einen Angehörigen“ (US 11) einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (Z 11 zweiter Fall) rügt, lässt er sowohl den Schuldspruch nach § 207 Abs 1 StGB außer Acht, der kein Angehörigenverhältnis voraussetzt, und übergeht zudem, dass § 212 Abs 1 Z 2 StGB – anders als bei der in Abs 1 Z 1 genannten Tätergruppe – nicht auf die Angehörigeneigenschaft des Tatopfers, sondern auf ein faktisches, auf tatsächlichen Umständen beruhendes Schutzverhältnis abstellt (vgl Philipp in WK² StGB § 212 Rz 4 f).

Mit dem Einwand, das Erstgericht habe sich nicht „mit den Bestimmungen der §§ 43 und 43a StGB und deren Anwendung auseinandergesetzt“, wird – der weiteren Sanktionsrüge zuwider – Nichtigkeit nicht angesprochen, sondern bloß ein Berufungsvorbringen erstattet (vgl RIS Justiz RS0100032; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 728). Im Übrigen haben die Tatrichter sehr wohl begründet, warum sie fallbezogen die Verhängung einer unbedingten Freiheitsstrafe sowohl in spezial- als auch generalpräventiver Hinsicht für erforderlich hielten (US 12).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.