JudikaturJustiz15Os137/96

15Os137/96 – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Oktober 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.Oktober 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Berger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Rosina D***** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten als Schöffengericht vom 17.April 1996, GZ 15 Vr 469/95-23, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rosina D***** wurde des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt, weil sie am 27. und 30.August 1993 in N*****mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der Raiffeisenkasse N***** durch Vortäuschen ihrer Verfügungsberechtigung über das mit Losungswort versehene Sparbuch des Verstorbenen Franz S*****, sohin durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung, nämlich zur Ausfolgung des Sparguthabens (samt Zinsen) von 1,339.782,16 S verleitet hat, die den pflichtteilsberechtigten Sohn Werner R***** im Betrag von 669.891,08 S am Vermögen geschädigt hat.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft die Angeklagte mit einer (allein) auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützten, der Sache nach aber auch eine Anklageüberschreitung (Z 8 leg cit) behauptenden Nichtigkeitsbeschwerde, die jedoch als Rechtsrüge einer gesetzmäßigen Ausführung entbehrt, weil sie - dem zwingenden Gebot zuwider - nicht vom gesamten konstatierten Urteilssachverhalt ausgeht und nicht auf dessen Basis prüft, ob dem Erstgericht die behaupteten Feststellungsmängel und Rechtsfehler unterlaufen sind.

Unter diesem Aspekt versagt zunächst der Beschwerdevorwurf (I.1. d. BS), das Erstgericht habe nicht festgestellt, "daß ich testamentarischer Alleinerbe des Franz S***** bin, dies schon im Zeitpunkt des Todes des Franz S***** gewußt und (was nach Lage der Dinge gar nicht entscheidend ist) eine unbedingte Erbserklärung abgegeben habe, wodurch als Alleinerbin mir der Nachlaß nach Franz S***** eingeantwortet wurde". Indes sind diese vermißten Konstatierungen - bei der gebotenen Gesamtschau der Entscheidungsgründe - allesamt den Urteilsausführungen unmißverständlich zu entnehmen (vgl US 3 erster Absatz, 4 erster und dritter Absatz, 5 Absatz 2, 4 und 5 Ende; 8 zweiter Absatz, wonach der testamentarisch als Alleinerbin eingesetzten Angeklagten der überschuldete Nachlaß eingeantwortet wurde).

Die von dem hier zentralen Problem abschweifenden Ausführungen unter Punkt I.2. und 3. d. BS hinwieder trachten - prozeßordnungswidrig - bloß danach, den im (anklagekonformen) Urteil unbedenklich und formal einwandfrei festgestellten Täuschungs- und Schädigungsvorsatz der Angeklagten mit privat- und handelsrechtlichen Argumenten - und dabei die bei Vermögensdelikten gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise außer acht lassend - zu Fall zu bringen.

Soweit die Beschwerdeführerin einerseits aus der Rechtsnatur des tatverfangenen Sparbuchs als Inhaberpapier sowie aus den Ergebnissen des Beweisverfahrens - selbst beweiswürdigend und urteilsfremd - folgert, weder die Angestellten der Raika N***** noch sie selbst hätten zum Zeitpunkt der Realisierung dieses Sparbuchs Zweifel an ihrer Berechtigung zur Behebung des Guthabens gehabt - in Ansehung der über die Abhebungsberechtigung getäuschten Raika-Angestellten ging das Schöffengericht ohnedies davon aus (US 4 erster Absatz) -, weshalb für ein "Vortäuschen" sowohl die subjektiven als auch die objektiven Tatbestandsvoraussetzungen fehlten (I.2.), andererseits mit dem - erneut den angestrebten wirtschaftlichen Effekt übergehenden - Hinweis auf den Anspruch des Pflichtteilsberechtigten gegen den Erben lediglich auf einen Geldbetrag des Nachlaßwertes, der sich aber vorliegend durch die Behebung des Sparguthabens nicht verringert habe, nachzuweisen sucht, daß eine Schädigung des Pflichtteilsberechtigten Werner R***** weder beabsichtigt war noch tatsächlich eingetreten ist (I.3.), bestreitet sie - ausdrücklich - gerade alle jene unbedenklichen Konstatierungen zur objektiven und subjektiven Tatseite, denenzufolge die Angeklagte im Wissen um die Existenz eines pflichtteilsberechtigten außerehelichen Sohnes des Verstorbenen und mit dem Vorsatz, durch Vortäuschen ihrer alleinigen Verfügungsgewalt über das Sparbuch, welches in die Verlassenschaft hätte einbezogen werden müssen, gegenüber den über den wirtschaftlichen Hintergrund getäuschten Angestellten der Raika N***** durch gänzliche Behebung des Sparguthabens (und anschließende Überweisung auf ihre Konten bei zwei verschiedenen Banken) sowie durch Bestreiten, jemals im Besitz des Sparbuches gewesen zu sein, Werner R***** um seinen Pflichtteil zu bringen, was ihr auch erfolgreich gelungen ist (insbesondere US 4 oben, 6 mitte, 8 f), zumal mit Grund zu ewarten war, daß der pflichtteilsberechtigte Sohn bei einem dem Schein nach überschuldeten Nachlaß keine Ansprüche werde geltend machen können.

Daß das Schöffengericht im Zuge seiner beweiswürdigenden Erwägungen zum Schädigungsvorsatz der Beschwerdeführerin auch ihre falschen Angaben gegenüber dem die Verlassenschaftsabhandlung führenden Notar heranzog, stellt keine Anklageüberschreitung dar, zumal sich dieses Geschehen gegenüber dem bereits vollendeten Betrug als dadurch konsumierte straflose Nachtat (Leukauf/Steininger Komm3 § 28 RN 51 f) darstellt und deshalb einer gesonderten Anklageerhebung gar nicht zugänglich war; Modalitäten einer vorbestraften Nachtat als Indiz für einen schon bei der Vortat bestehenden Vorsatz heranzuziehen, ist dem Schöffengericht nicht verwehrt.

Die zur Gänze nicht gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge bekämpft - wie dargelegt - lediglich unzulässig die tatrichterliche Beweiswürdigung (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 E 23 f, 26, 30), weshalb auch auf die in der Beschwerdeschrift sonst noch spekulativ - hypothetisch aufgestellten Überlegungen und auf die daran geknüpften rechtlichen Erörterungen nicht näher einzugehen ist.

Demnach war die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen, woraus folgt, daß zur Entscheidung über die Berufung das Oberlandesgericht Wien zuständig ist (§ 285 i StPO).