JudikaturJustiz15Os131/89

15Os131/89 – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Oktober 1989

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.Oktober 1989 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Hörburger, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Toth als Schriftführerin in der Strafsache gegen Wolfgang S*** wegen des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1 StGB, AZ 7 d Vr 11.802/87 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 8.März 1989, AZ 22 Bs 72/89, ON 41, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Stöger, sowie des Verteidigers Dr. Lindenthaler, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten, zu Recht erkannt:

Spruch

Im Verfahren zum AZ 7 d Vr 11.802/87 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien ist durch die im Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 8.März 1989, AZ 22 Bs 72/89, ON 41, vertretene Rechtsansicht, daß für Entscheidungen nach § 6 Abs. 1 Z 1 oder Z 2 StVG über Anträge auf Aufschub des Vollzuges des nicht bedingt nachgesehenen Teiles einer Freiheitsstrafe jeweils das gesamte Ausmaß der verhängten Freiheitsstrafe (einschließlich ihres bedingt nachgesehenen Teiles) maßgebend sei, das Gesetz in der Bestimmung des § 6 Abs. 1 StVG verletzt worden.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Ist an einem Verurteilten "eine Freiheitsstrafe" zu vollziehen, so ist nach § 3 Abs. 1 StVG der Strafvollzug anzuordnen; § 3 Abs. 2 StVG regelt die Aufforderung an den Verurteilten, "die Strafe" anzutreten, und sieht die Anordnung seiner Vorführung für den Fall vor, daß der Verurteilte der Strafantrittsaufforderung nicht nachkommt, oder versucht, sich dem Vollzug "der Freiheitsstrafe" durch Flucht zu entziehen. Alle diese Bestimmungen betreffen auch den Vollzug von Resten (§ 46 StGB) und Teilen (§ 43 a Abs. 3 und Abs. 4 StGB) von (als Oberbegriff:) Freiheitsstrafen (vgl. §§ 53 Abs. 1, 55 Abs. 1 StGB).

Gleiches gilt für § 6 Abs. 1 StVG, wonach unter den dort eingangs beschriebenen Prämissen die Einleitung des Vollzuges "einer Freiheitsstrafe" aufzuschieben ist, wenn beim Vorliegen der in Z 1 oder Z 2 jeweils angeführten weiteren Voraussetzungen "die Freiheitsstrafe", also jene Strafe, jener Straf-Rest oder jener Straf-Teil, auf deren vom Gericht angeordneten Vollzug (§ 3 StVG) sich der betreffende Aufschubsantrag bezieht, drei Jahre (Z 1) oder ein Jahr (Z 2) nicht übersteigt.

Die im Spruch relevierte Rechtsansicht des Oberlandesgerichtes Wien, daß für einen Strafaufschub bei teilbedingten Freiheitsstrafen jeweils die Gesamtdauer der mit dem Urteil verhängten Freiheitsstrafe maßgebend sei, ist demnach verfehlt: ebenso wie beim Vollzug von Straf-Resten kommt es vielmehr auch beim Vollzug von Straf-Teilen auf die Dauer jener "Freiheitsstrafe" an, die den Gegenstand der Strafvollzugsanordnung (§ 3 StVG) bildet; mit einer (vom Beschwerdegericht mit Recht abgelehnten) Bedachtnahme auf die (von der Vollzugsanstalt zu berechnende) jeweilige Strafzeit (§ 1 Z 5 StVG) hingegen hat diese Auslegung (ohnedies) nichts zu tun. Nicht stichhältig aber ist das Argument, der Gesetzgeber habe es bei der Novellierung des § 6 StVG mit dem StrÄG 1987 verabsäumt, den Begriff "Freiheitsstrafe" in jener Gesetzesstelle unter Berücksichtigung der erst damit geschaffenen neuen Variante eines Vollzuges des nicht bedingt nachgesehenen Teiles einer teilbedingten Freiheitsstrafe "neu zu definieren". Denn nach dem zuvor Gesagten war diesem auf den Inhalt der gerichtlichen Strafvollzugsanordnung, der sich aus § 3 StVG ergibt, bezogenen Ausdruck im Hinblick auf die begriffliche Einbeziehung von Straf-Resten schon vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts eine weitergehende Bedeutung zugekommen als die ihm vom Oberlandesgericht darnach zu Unrecht im Sinn der jeweils "urteilsmäßig verhängten Freiheitsstrafe" beigemessene.

In Stattgebung der von der Generalprokuratur erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher wie im Spruch zu erkennen, wobei für eine Maßnahme nach § 292 letzter Satz StPO schon mit Rücksicht auf die von der aufgezeigten Gesetzesverletzung nicht in Frage gestellte Richtigkeit der Beschwerdeentscheidung in ihrem Ergebnis kein Raum war.