JudikaturJustiz15Os126/16t

15Os126/16t – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Februar 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Februar 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jorda als Schriftführerin in der Strafsache gegen Florim Z***** wegen Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 14 Hv 19/14v des Landesgerichts Klagenfurt, über den Antrag des Verurteilten auf Erneuerung des Strafverfahrens nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit gekürzt ausgefertigtem Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 13. November 2014, GZ 14 Hv 19/14v-23, wurde Florim Z***** (rechtskräftig) mehrerer zum Nachteil naher Angehöriger begangener Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt, wovon ihm ein Strafteil von acht Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Mit seiner Zustimmung (ON 22 S 7) wurde dem Genannten mit Beschluss vom selben Tag die Weisung erteilt, sich für die gesamte Dauer der Probezeit völlig dem Alkohol zu enthalten und dies bei sonstigem Widerruf der bedingten Strafnachsicht durch monatliche Vorlage von Blut Laborbefunden nachzuweisen (ON 23, 25).

Mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 2. August 2016, AZ 78 Hv 85/16y, wurde Florim Z***** sodann wegen im Zeitraum von Herbst 2015 bis Juli 2016 zum Nachteil naher Angehöriger begangener Vergehen der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Auch davon wurde ein Strafteil von sechs Monaten für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Zugleich wurde unter anderem vom Widerruf der zu AZ 14 Hv 19/14v gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert (ON 60). Neue Weisungen (§ 53 Abs 3 StGB) wurden zu diesem Verfahren nicht erteilt.

Nach Verständigung von der neuen Verurteilung und einer Anfrage des Verurteilten (ON 61) sprach das Landesgericht Klagenfurt im Verfahren AZ 14 Hv 19/14v mit Beschluss vom 7. September 2016 (Beschluss ON 62) aus, dass die seinerzeit erteilte Weisung (auch) für die Dauer der verlängerten Probezeit aufrecht bleibe und der Verurteilte deren Einhaltung beginnend ab seiner Haftentlassung mit 2. September 2016 monatlich durch Vorlage entsprechender Laborbefunde nachzuweisen habe.

Die gegen den Beschluss vom 7. September 2016 erhobene Beschwerde des Verurteilten (ON 63) wies das Oberlandesgericht Graz als Beschwerdegericht mit Beschluss vom 12. Oktober 2016, AZ 8 Bs 328/16w (ON 65), als unzulässig zurück. Begründend führte es aus, mit der rechtskräftigen Verlängerung der Probezeit habe sich automatisch auch der Geltungszeitraum der seinerzeit erteilten, zeitlich nicht befristeten Weisung verlängert, die mit dem angefochtenen – als bloß deklarativ aufzufassenden – Beschluss nicht abgeändert worden sei (§ 51 Abs 4 StGB). Unmittelbar durch die angefochtene Entscheidung sei der Genannte demnach nicht beschwert.

Rechtliche Beurteilung

Mit dem gegenständlichen Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a StPO per analogiam begehrt der Verurteilte die Aufhebung des zuletzt genannten Beschlusses des Oberlandesgerichts Graz mit der Behauptung, er sei in seinen Rechten auf ein faires Verfahren (Art 6 MRK) und auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art 8 MRK) verletzt worden.

Die umfassenden Garantien des Art 6 Abs 1 MRK beziehen sich nur auf jenen Teil des Strafprozesses, in dem über eine strafrechtliche Anklage – also über Schuld oder Nichtschuld – entschieden wird (RIS Justiz RS0120049). Weshalb auch das Verfahren über eine Beschwerde betreffend die – während der Probezeit jederzeit zulässige (§ 51 Abs 4 StGB) und mit der Möglichkeit des Widerrufs einer bedingten Strafnachsicht oder bedingten Entlassung verbundene (§ 53 Abs 2 StGB) – Erteilung von Weisungen (§§ 50 ff StGB und §§ 494 ff StPO) in den Schutzbereich des Art 6 MRK fallen sollte, erklärt der Erneuerungswerber nicht (RIS Justiz RS0124359; zum Verfahren über den Widerruf einer rechtskräftig ausgesprochenen, zunächst bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe vgl 11 Os 55/16x). Da der Antrag somit nicht erkennen lässt, weshalb hier dennoch das in Art 6 MRK garantierte Recht des Verurteilten auf rechtliches Gehör verletzt sein soll, legt er die Opfereigenschaft des Verurteilten (Art 34 MRK) nicht deutlich und bestimmt dar (vgl RIS-Justiz RS0122737 [T1, T17]).

Für p rozessförmiges Aufzeigen von Rechtsfehlern als Grund für Erneuerung des Strafverfahrens gilt nichts anderes als für prozessförmige Darstellung einer Rechts oder Subsumtionsrüge (RIS-Justiz RS0124359). Dabei hat sich der

Erneuerungswerber mit der als grundrechtswidrig bezeichneten Entscheidung in allen relevanten Punkten auseinanderzusetzen und – soweit er (auf Grundlage der Gesamtheit der Entscheidungsgründe) nicht Begründungsmängel aufzuzeigen oder erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit getroffener Feststellungen zu wecken vermag – seine Argumentation auf Basis der

Tatsachenannahmen der bekämpften Entscheidung zu entwickeln (RIS-Justiz RS0125393 [T1]).

Diesen Anforderungen wird der Antrag nicht gerecht, setzt er sich doch mit der Argumentation des Oberlandesgerichts nicht auseinander, wonach die am 13. November 2014 erteilte Weisung für die gesamte Probezeit – sohin auch für den Zeitraum ihrer Verlängerung – wirksam war ( Schroll in WK 2 § 50 Rz 8), dem angefochtenen Beschluss somit nur deklarative Bedeutung zukam, und vernachlässigt, dass er einen Antrag auf Aufhebung der Weisung gar nicht gestellt hat.

Der offenbar unbegründete, nicht auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gestützte Antrag war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 363a Abs 2 StPO).